Protokoll der Sitzung vom 12.06.2003

Aber insgesamt sollten wir uns, glaube ich, durch diesen Vorschlag von der Idee der Gründung einer eigenen Landeskulturstiftung nicht abbringen lassen, weil die Argumente, die dagegen sprechen, hochspekulativ sind, was Mehreinnahmen betrifft, deren Quellen ziemlich unklar sind.

Das ist der Grund, weshalb ich so antworte. Ich habe übrigens Frau Dr. Weiß nach diesem Vorschlag auch angerufen und das mit ihr besprochen. Wir sind uns durchaus darin einig, dass dies ein Vorschlag war, über den sich die Länder zwar verständigen, wobei der Verständigungsprozess im Moment jedoch in die Richtung verläuft, dass die Länder ihre ursprünglichen Pläne beibehalten. Manchmal kommt etwas Drittes, Vernünftiges dabei heraus. In Bezug auf die Künstlerhäuser bin ich gern bereit, noch einen Moment abzuwarten.

(Zustimmung von Herrn Schomburg, CDU)

Danke, Herr Kultusminister.

Ich rufe Frage 6 auf. Sie wird von Herrn Radschunat von der PDS-Fraktion zum Thema Stadtumbau gestellt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Rahmen des Stadtumbaus müssen die Kommunen entsprechend dem Entwurf der Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern bei Aufwertungsmaßnahmen ein Drittel der Kosten selbst aufbringen. Nach Aussage des Ministers für Bau und Verkehr werden alle Kommunen, die auf eigene Kosten mehr Wohnungen abreißen als geplant, dafür eine finanzielle Entschädigung erhalten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung vor, dass die Kommunen angesichts ihrer Finanzlage die Drittelfinanzierung bei Aufwertungsmaßnahmen überhaupt noch aufbringen können?

2. Wie soll die finanzielle Entschädigung für die Kommunen, die über das geplante Maß hinaus abreißen, aussehen bzw. woraus wird sie finanziert?

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter. - Für die Landesregierung erteilt die Antwort der Minister für Bau und Verkehr Dr. Daehre. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beantworte die Frage des Abgeordneten Radschunat im Namen der Landesregierung wie folgt.

Ja, der Landesregierung liegen Erkenntnisse vor, wonach es Kommunen im Rahmen der Förderung von städtebaulichen Aufwertungsmaßnahmen aufgrund der Finanzlage der kommunalen Haushalte nicht mehr möglich ist, die Fördermittel durch die entsprechenden Eigenmittel zu komplementieren. In Kenntnis der Probleme der kommunalen Haushalte haben wir neuen Länder auf Initiative des Landes Sachsen-Anhalt im Zusammenhang mit den Verhandlungen zur Verwaltungsvereinbarung Städtebauförderung 2003 gefordert, das Verhältnis der gegenwärtigen Anteilsfinanzierung, wonach sich der Bund mit einem Drittel, Land und Kommunen mit zwei Dritteln beteiligen, wobei allerdings der Landesbeitrag nicht hinter dem Bundesbeitrag von einem Drittel zurückbleiben darf, dahin gehend zu verändern, dass das Verhältnis der Anteilsfinanzierung von Bund, Ländern und Kommunen wie folgt neu bestimmt wird: Bund und Länder tragen je 40 %, die Kommunen 20 % der öffentlichen Förderung. Damit würden die Kommunen entlastet und gleichzeitig würde der Verpflichtungsrahmen an öffentlicher Förderung reduziert.

Wie Sie vielleicht der Presse entnehmen konnten, hat der Bund dem Begehren der Länder nicht entsprochen. Vielmehr sieht die gegenwärtig den Ländern zur Unterzeichnung vorliegende Verwaltungsvereinbarung die ursprüngliche Regelung zur Anteilsfinanzierung vor.

Mit Blick auf die Anträge der Kommunen zu dem in Rede stehenden Aufwertungsprogramm 2003 beläuft sich die Überzeichnung des Programms auf 321 %. Das heißt, seitens der Kommunen wurde mehr als das Dreifache der Fördermittel beantragt, die zur Verfügung stehen.

Was Ihre zweite Frage anbetrifft, Herr Abgeordneter Radschunat: Wie Sie wissen, haben die neuen Bundesländer, übrigens wieder auf Initiative des Landes Sachsen-Anhalt, angesichts der Leerstandsentwicklung und der damit verbundenen zunehmenden wirtschaftlichen Probleme für eine ganze Reihe von Wohnungseigentümern im Rahmen der bereits genannten Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern quasi eine Öffnungsklausel erstritten, die es uns, wenn auch zunächst nur im Rahmen des Programms 2003, erlaubt, von den vorgenannten Quotierungen abzuweichen. Das wiederum heißt, wir können und werden mehr Mittel aus dem Programm Stadtumbau Ost für den Abriss einsetzen als für die städtebauliche Aufwertung. Dies ist ein Steuerungsinstrument, dessen ich mich bedienen will, um den Abriss von Wohnungen im Land zu beschleunigen.

Ein zweites Steuerungsinstrument läuft darauf hinaus, Kommunen mit einem aus wirtschaftlicher Sicht erträglichen Wohnungsleerstand zwischen etwa 5 und 10 % - dieser nimmt auch in diesen Kommunen zu - im Wege

einer so genannten Zielvereinbarung über einen befristeten Zeitraum Fördermittel zuzusichern, sofern sich die Kommunen bzw. die Wohnungsunternehmen ihrerseits verpflichten, in dem genannten Zeitraum ein bestimmtes Quantum an Quadratmetern Wohnfläche abzureißen. Dabei ist angedacht, im ersten Jahr die gesamte vereinbarte abzureißende Wohnfläche, im zweiten Jahr noch 85 v. H. davon zu fördern usw. Das heißt, mit zunehmender Zeitdauer sind die Wohnungseigentümer verpflichtet, den auf eigene Kosten zu finanzierenden Abrissanteil stetig zu erhöhen.

Des Weiteren werden die Kommunen, die im Laufe dieses Jahres zum Beispiel mehr Wohnungen abreißen, als sie gefördert bekommen, im folgenden Jahr in einem höheren Umfang Fördermittel bekommen. Das bedeutet aber auch, dass die Kommunen, die dazu nicht bereit sind, im nächsten Jahr in einem geringeren Umfang Fördermittel bekommen.

Danke, Herr Minister.

Als letzte Fragestellerin rufe ich die Abgeordnete Frau Mittendorf von der Fraktion der SPD auf. Sie stellt die Frage 7 zum Thema Abschlüsse an Sekundarschulen. Bitte sehr.

Danke, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung zum Thema „Abschlüsse an Sekundarschulen“ in der Drs. 4/765 steht im Widerspruch zu Aussagen des Kultusministers Professor Dr. Olbertz im Rahmen der Landtagssitzungen am 6. Februar 2003 zur Verabschiedung des Achten Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes und am 14. März 2003 zur Beratung des Ganztagsschulprogrammes der Bundesregierung.

So führte der Kultusminister unter anderem aus, dass die im Schuljahr 1999/2000 begonnene Aufhebung der Bildungswegetrennung ab der Klassenstufe 7 dazu geführt hätte, dass die Zahl der erfolgreichen Schulabgänger mit Realschulabschluss seitdem in Größenordnungen gesunken wäre und ein immer größer werdender Anteil an Schülerinnen und Schülern die Schule ganz ohne Abschluss verlasse.

In der Antwort der Landesregierung wird jedoch eindeutig darauf verwiesen, dass bis heute noch kein einziger Abschlussjahrgang nach Klasse 10 zu verzeichnen war, der die Förderstufe und die neue Sekundarschule durchlaufen hat. Die Schulabgänger, von denen der Minister sprach, haben den bisherigen klassischen Realschulbildungsgang durchlaufen. Ebenso wird darauf hingewiesen, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die die Schule 2001/2002 ohne Abschluss verlassen haben - das ist der erste Jahrgang, der die Förderstufe und die neue Sekundarschule bis einschließlich der Klassenstufe 9 durchlaufen hat -, die geringste seit 1995/1996 war. Ebenfalls wird klargestellt, dass im Rahmen des Systems der äußeren Fachleistungsdifferenzierung der neuen Sekundarschule nach dem 9. Schuljahrgang ein Abschluss erlangt werden kann, der mit dem Hauptschulabschluss identisch ist. Auch dies hatte der Minister infrage gestellt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Hat der Kultusminister in den oben erwähnten Redebeiträgen im Landtag die Sachlage in Unkenntnis der

tatsächlichen Gegebenheiten dargestellt? Wenn nein, welche Motive bewogen ihn dann zu diesen Äußerungen?

2. Wie lässt sich die bisherige Argumentation von CDU und FDP zur Einführung des Hauptschulbildungsganges aufrechterhalten, wenn nach der Antwort der Landesregierung auch im Rahmen des Systems der äußeren Fachleistungsdifferenzierung nach Klasse 9 ein dem Hauptschulabschluss vergleichbarer Abschluss möglich war?

Danke, Frau Abgeordnete. - Für die Landesregierung erteilt Kultusminister Herr Professor Dr. Olbertz die Antwort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich beantworte die Frage der Abgeordneten Frau Rita Mittendorf namens der Landesregierung wie folgt.

Zu Frage 1: In den erwähnten Redebeiträgen im Landtag habe ich die Sachlage durchaus in Kenntnis der tatsächlichen Gegebenheiten dargestellt.

(Zustimmung bei der CDU)

Insofern bleibt mir nur noch, über die Motive zu reden. Es ist eine Tatsache, dass zumindest die bisher praktizierte Ausgestaltung der Sekundarschule dazu führte, dass weniger Schüler überhaupt vor der Möglichkeit des Erwerbs des Realschulabschlusses standen, weil sie nicht die erforderliche Anzahl von A-Kursen belegt hatten. Das steht nun im Gegensatz zu dem Anliegen der seinerzeit so genannten neuen Sekundarschule, die Zahl der Hauptschulabschlüsse zu senken. Nicht umsonst wurden, wie Sie wissen, Frau Mittendorf, die Schulen in der Vergangenheit - ich formuliere es einmal vorsichtig - immer wieder auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, entsprechende Höherstufungen von B- nach A-Kursen vorzunehmen, um die Zahl der Realschulabschlussabsolventen zu erhöhen.

Was die Zahl der Abgänger ohne Abschluss betrifft, verliert der Vorwurf eines Widerspruchs zwischen meinem Redebeitrag im Landtag und der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage zu dem Thema „Abschlüsse an Sekundarschulen“ die Substanz, sobald man die Antwort darauf korrekt und vollständig wiedergibt. In dieser Antwort und im Übrigen auch in der daran angefügten Tabelle ist nämlich überhaupt nicht die Rede davon, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die die Schule 2001/2002 ohne Abschluss verlassen hätten, die geringste seit 1995/1996 gewesen sei. Vielmehr steht dort - ich zitiere das wörtlich -:

„Der Anteil der Schulabgängerinnen und Schulabgänger, die die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen haben, war im Schuljahr 1994/1995 höher als im Schuljahr 1995/1996. Vom Schuljahr 1996/1997 bis zum Schuljahr 2000/2001 steigt der Vom-Hundert-Anteil der Schülerinnen und Schüler, die die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen haben, kontinuierlich an.“

Das war meine damalige Aussage.

(Zustimmung von Herrn Schomburg, CDU)

Der ungewöhnlich hohe Anteil im Schuljahr 2000/2001 rührt daher, dass die Zwölftklässler in diesem Jahr kein Abitur ablegten, sondern erstmals in das 13. Schuljahr wechselten. Insofern sind die Angaben nicht ohne weiteres für Vergleiche geeignet. Von diesem Schuljahr abgesehen, ist die Zahl - hiermit meine ich wirklich die Anzahl - der Abgänger ohne Abschluss in dem von Frau Mittendorf genannten Schuljahr 2001/2002 nicht etwa relativ niedrig, sondern die zweithöchste seit 1991.

In diesem Zusammenhang weise ich ferner darauf hin, dass es wenig sinnvoll ist, die Zahl der Abgänger ohne Abschluss nach dem Schulsystem zu bewerten - das wollte ich deshalb nicht machen -, das in der 9. Klasse besteht. Viele Abgänger befinden sich nämlich noch in Schuljahrgängen darunter. Übrigens war es damals mein eigentlicher Kritikpunkt, dass es auch die neue Sekundarschule nicht geschafft hat, diese Schüler aufzufangen.

Einen unmittelbaren Zusammenhang der abschlusslosen Schulabgänger und der Einführung der Förderstufe habe ich so nie behauptet. Die Zahl dieser problematischen Fälle hat sich aufgrund der Einführung der neuen Sekundarschule auch nicht vermindert, sodass wir bis heute vor einem gravierenden Problem stehen.

Zu Frage 2: Auch die Tatsache, dass in der Sekundarschule mit dem System der äußeren Fachleistungsdifferenzierung ein Hauptschulabschluss erlangt werden konnte, habe ich nicht infrage gestellt; wohl aber habe ich im Zusammenhang mit der zehnjährigen Vollzeitschulpflicht, die bis vor kurzem bestand, darauf hingewiesen, dass Schülerinnen Schüler, die die Sekundarschule nach dem 9. Schuljahrgang verlassen wollen, nur dann ein Abschlusszeugnis erhalten konnten, wenn sie nachwiesen, dass sie die bisherige zehnjährige Vollzeitschulpflicht an einer anderen Bildungseinrichtung, sei es dual oder vollzeitschulisch, erbringen.

Es ist also ein Abschluss, der im Hinblick auf die bisher erbrachten Leistungen eigentlich noch kein Abschluss ist. Dies nimmt ihm in gewisser Weise die Würde. Schülern, die nach der 9. Klasse abgehen, haftet damit das Stigma an, das eigentliche Ziel der Schulform irgendwie verfehlt zu haben. Genau das wollten wir ändern.

Die Argumentation der Regierungsfraktionen der CDU und der FDP zur Einführung des auf den Hauptschulabschluss und auf den Realschulabschluss bezogenen Unterrichts an Sekundarschulen ist wesentlich umfangreicher als ausschließlich auf den - so wird von Ihnen, Frau Mittendorf, suggeriert - Hauptschulabschluss bezogen, der regulär nach dem 9. Schuljahr erworben werden kann.

In Bezug auf das Ziel, das mit der Einführung des abschlussbezogenen Unterrichts ab dem 7. Schuljahrgang verbunden ist, wurde darauf verwiesen, dass vor allem die Inhalte und Strukturen der Sekundarschule so verändert werden sollen, dass die Schülerinnen und Schüler wieder ein Bildungsangebot erhalten, das ihren Lernvoraussetzungen und ihrer Lernbereitschaft entspricht, das an ihre Stärken anknüpft, um einen Lernerfolg zu ermöglichen, und ihnen damit ein Stück Selbstgewissheit in der Schullaufbahn vermittelt. Das ist nicht möglich, wenn sie vorher, in welcher Weise auch immer, aussortiert werden und erfolglos das System Schule verlassen müssen.

Gleichzeitig sollen klare Lern- und Abschlussziele aufgezeigt werden. Dies wird sowohl hinsichtlich des auf

den Hauptschulabschluss bezogenen als auch hinsichtlich des auf den Realschulabschluss bezogenen Unterrichts künftig besser möglich sein als bisher. Deswegen ist der Abgleich dieser Jahreszahlen und der Quoten ein Nebenkriegsschauplatz gegenüber den viel wichtigeren Dingen, über die ich - offen gestanden - mit Ihnen lieber als über solche statistischen Feinheiten streiten würde, in denen Sie zwar nicht Recht haben, die uns aber letztlich aufgrund der Langatmigkeit solcher Debatten davon abhalten, das zu tun, was Sie immer fordern, nämlich über Inhalte der Reformen zu reden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Mittendorf hat noch eine Nachfrage, die ich zulasse.

Herr Olbertz, wir streiten hier nicht über statistische Feinheiten und es ist auch kein Nebenkriegsschauplatz, sondern wir reden über Zahlen des Statistischen Landesamtes. Sie haben selbst zugegeben, dass Sie in Kenntnis der Sachlage, also de facto aus unserer Sicht falsche Informationen dargelegt haben. Ich will nur eine Frage stellen. Sie haben vorhin gesagt, dass die Verminderung der Realschulabschlüsse mit den Abschlüssen der neuen Sekundarschule durch die äußere Fachleistungsdifferenzierung zusammenhängt. Haben Sie bis heute noch nicht verstanden, dass wir noch gar keinen Jahrgang hatten, der einen Realschulabschluss hätte ablegen können? Stellen Sie das bitte vor dem Parlament klar.

Herr Kultusminister, möchten Sie antworten?

Frau Präsidentin! Frau Mittendorf, ich frage mich, was das soll. Wohin kann diese Frage führen?

(Zustimmung von Herrn Schomburg, CDU)