denn es betrifft immerhin 143 Verwaltungsgemeinschaften, 985 Mitgliedsgemeinden, zwölf Einheitsgemeinden und voraussichtlich sogar alle Landkreise.
Die durch die Blockade im Sommer 2002 verloren gegangene Zeit wollen Sie nun durch Geschwindigkeit in vier, fünf Monaten freiwilliger Phase wieder einholen, und die Kommunalwahlen am 13. Juni 2004 stehen bevor. Ich habe Zweifel, dass das funktionieren kann.
Sechstens. Das Gesetz blendet die Stadt-Umland-Problematik völlig aus. Wer sich aber einer solidarischen Landesentwicklung verpflichtet fühlt, der muss Fehlentwicklungen - die alten Bundesländer bieten eine große Zahl von Negativbeispielen - entgegenwirken. An dieser Stelle sehe ich ohnehin dringenden Handlungsbedarf.
Ein Faktum möchte ich nicht unerwähnt lassen. Vor einem Jahr habe ich hier in der Landtagssitzung gefordert,
dass die Bildung von Gebietskörperschaften über Kreisgrenzen hinweg möglich sein sollte. Diese Möglichkeit ist jetzt im Gesetzentwurf vorgesehen. Wenn sie umgesetzt werden würde, wäre das sicher auch zu begrüßen. Ich habe aber auch hierbei meine Zweifel, Herr Innenminister, dass Sie entsprechend der klaren Orientierung des Ministerpräsidenten handeln. Ich befürchte eher eine defensive Herangehensweise in dieser Frage.
Ich fasse zusammen. Der Gesetzentwurf ist ein mit einer heißen Nadel gestricktes Werk, bei dem man nicht erkennen kann, welchem Gesamtkonzept einer Verwaltungsreform er eigentlich folgt. Das Prinzip der Freiwilligkeit für die Kommunalreform haben Sie im Wahlkampf postuliert. Es haben Ihnen auch viele Menschen geglaubt, dass dies generell ginge. Nun drehen Sie in dem Gesetzentwurf Pirouetten mit dem fatalen Ergebnis, dass nicht eine höhere Verwaltungseffizienz erreicht wird, sondern mehr Bürokratie und mehr Aufwand zu erwarten sind.
Die Linie des Gesetzes erscheint mir so klar wie die Figuren der Laokoon-Gruppe. Die Suppe, die Sie sich mit diesem Gesetz eingebrockt haben, müssen Sie - ich betone das ausdrücklich - leider allein auslöffeln. Dieses „leider“ möchte ich deshalb betonen, weil ich immer für eine parteiübergreifende Lösung plädiert habe. Leider kommt sie auch jetzt wieder nicht zustande. Im Interesse unseres Landes wäre sie aber dringend nötig. - Es tut uns Leid, aber die SPD-Fraktion wird diesen Gesetzentwurf nicht mittragen können.
Herr Kollege, Sie haben die Aufgabenübertragung durch einzelne Gemeinden auf die Verwaltungsgemeinschaft kritisiert. Ist Ihnen bekannt, dass es diese Regelung im Land schon einmal gegeben hat und der Landtag sie einstimmig abgeschafft hat, weil sie nicht praktikabel war?
Das ist mir wohl bekannt. Aus diesem Grunde habe ich mit meinem Beitrag noch einmal darauf abgehoben.
Danke, Herr Abgeordneter Püchel. - Damit ist die Debatte beendet. Bevor wir in das Abstimmungsverfahren eintreten, habe ich die Freude, eine Gruppe des Volkshochschul-Bildungswerkes und des Gymnasiums „An der Rüsternbreite“ Köthen zu begrüßen. - Seien Sie recht herzlich willkommen!
Wir treten jetzt in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 4/1064 ein. Es geht zunächst um die Abstimmung über die selbständigen Bestimmungen des Gesetzentwurfes. Auch hierzu schlage ich Ihnen vor, § 32 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Landtages in Anwendung zu bringen. Danach ist eine solche Gesamtabstimmung möglich, wenn dem kein anwesendes Mitglied des Landtages widerspricht. Gibt es Widerspruch? - Das ist nicht der Fall.
Wir treten jetzt ein in die Abstimmung über die Artikel des Gesetzentwurfes in ihrer Gesamtheit. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Die Artikel sind mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen in ihrer Gesamtheit beschlossen worden.
Es geht dann um die Abstimmung über die Artikelüberschriften in der vom Ausschuss vorgelegten Fassung. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Damit sind diese gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen beschlossen.
Wir treten nun ein in die Abstimmung über die Gesetzesüberschrift. Sie lautet: „Gesetz zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und zur Stärkung der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit“. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Gleiches Abstimmungsverhalten.
Wir stimmen jetzt über das Gesetz in seiner Gesamtheit ab. Wer dem Gesetz zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Damit ist das Gesetz angenommen und wir verlassen den Tagesordnungspunkt 6.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit aus dem Jahr 1992 ist dringend zu novellieren. Es lehnt sich noch an das Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR vom Mai 1990 an und steht mit seinen Strukturen nicht mehr im Einklang mit dem geltenden Kommunalverfassungsrecht und den heutigen Vorstellungen von eigenverantwortlich handelnden Kommunen.
Der vorliegende Gesetzentwurf ist Teil der von der Landesregierung vorgesehenen Neuausrichtung der Verwaltungsstrukturen. Er soll den Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften sowie den Landkreisen zusätzliche Instrumente an die Hand geben, um ihr Verwaltungshandeln effizienter und wirtschaftlicher zu gestalten.
Diese Instrumente sollen ergänzenden Charakter haben, indem sie die Erfüllung der Aufgaben in den hauptamtlichen Verwaltungen der Gemeinden und Gemeindeverbände unterstützen. Der Gebrauch der Instrumentarien kommunaler Gemeinschaftsarbeit ermöglicht auch eine Spezialisierung bei der Erledigung kommunaler Aufgaben unter wirtschaftlicheren und kostengünstigeren Bedingungen und dient letztlich der Stärkung der kommunalen Ebene.
Vor diesem Hintergrund ist Zielsetzung des Gesetzentwurfs insoweit auch, den Spielraum der kommunalen Körperschaften bei der gemeinsamen Erfüllung von Auf
gaben zu erweitern. Bei der weiteren Ausgestaltung der kommunalen Selbstverwaltung gewinnt die Ausschöpfung der Möglichkeiten kommunaler Gemeinschaftsarbeit und damit der gemeinsamen Bewältigung unterschiedlichster kommunaler Aufgaben zunehmend an Bedeutung.
Es müssen den Kommunen daher jetzt angesichts der an sie gerichteten gegenwärtigen und künftigen Herausforderungen eindeutige Regelungen für eine effizientere und wirtschaftlichere Aufgabenerledigung unter gleichzeitiger Wahrung ihrer rechtlichen Selbständigkeit und damit der bürgerschaftlichen Mitwirkung bei der Erfüllung der Selbstverwaltungsaufgaben an die Hand gegeben werden.
In Auswertung vielfältiger Vorschläge, insbesondere aus dem kommunalen Bereich, haben wir eine Fülle von Veränderungen zum Recht der kommunalen Gemeinschaftsarbeit in den Gesetzentwurf aufgenommen. Änderungsbedarf ergibt sich nicht zuletzt aus verschiedenen Einzelfragen, die in der Verwaltungspraxis bisher strittig oder unklar waren und daher einer Ergänzung oder Klarstellung bedürfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich im Übrigen einige prägnante Änderungsregelungen herausgreifen.
Die Organstrukturen des Zweckverbandes erfahren eine grundlegende Veränderung. Sie werden denen der Gemeindeordnung angepasst. Die bisherige Doppelspitze der Verwaltung des Zweckverbandes aus Verbandsvorsitzendem und Verbandsgeschäftsführer hat sich in der Praxis nicht bewährt. Daher wird es künftig neben dem Beschlussorgan der Verbandsversammlung als zweites Organ allein den Verbandsgeschäftsführer geben. Hierdurch erhält der Verbandsgeschäftsführer deutlich mehr Verantwortung, muss dafür aber deutlich höhere Qualifikationserfordernisse erfüllen. Ziel ist eine effiziente Bündelung von Aufgabenverantwortung und -erledigung.
Eine weitere grundlegende Änderung erfolgt hinsichtlich des möglichen Aufgabeninhalts der Zweckverbände. Künftig sollen auch Mehrzweckverbände zugelassen werden, sofern die verschiedenen Aufgaben inhaltlich im Zusammenhang stehen. Andererseits können künftig auch Teilaufgaben auf Zweckverbände übertragen werden.
Meine Damen und Herren! Soweit es um die Wahrnehmung von Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises geht, stehen durch die Bildung und Fortentwicklung von Verwaltungsgemeinschaften nunmehr leistungsfähige Aufgabenträger zur Verfügung. Damit ist für Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften die Notwendigkeit der Bildung von Zweckverbänden zur gemeinsamen Erfüllung von Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises entfallen. Dem trägt das Änderungsgesetz Rechnung.
Diese Einschränkung der Aufgabenübertragung folgt einerseits den bisherigen Erfahrungen in der Praxis, wonach sich kaum Zweckverbände zur Erledigung staatlicher Aufgaben gebildet haben und insoweit eine Notwendigkeit in diesem Bereich nicht erkennbar ist. Darüber hinaus besteht, wie bereits ausgeführt, für Zweckverbände dieser Art auch kein Bedürfnis.
Für Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften werden die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises bereits von der hauptamtlichen Verwaltung der Verwaltungsgemeinschaft erfüllt, die über die erforder
liche Leistungsfähigkeit und Verwaltungskraft hierfür verfügt. Auch weiterhin kommt bei der kommunalen Zusammenarbeit dem Prinzip der Freiwilligkeit maßgebende Bedeutung zu.
Angesichts ihrer originären Zuständigkeit für die Wahrnehmung kommunaler Aufgaben entscheiden die Gemeinden und Landkreise in eigener Verantwortung, ob sie sich der im Gesetz angebotenen Formen der Gemeinschaftsarbeit bedienen wollen. Allerdings kann im Einzelfall die zwingende Notwendigkeit für eine gemeinsame Aufgabenerfüllung bestehen, aber die betroffenen Kommunen wollen die Möglichkeit zur Kooperation trotz des dringenden öffentlichen Interesses an einer Zusammenarbeit nicht nutzen.
Das Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit soll daher künftig eine rechtliche Grundlage bereithalten, die die Bildung eines Pflichtverbandes oder den Anschluss einer Gebietskörperschaft an einen bestehenden Zweckverband aus zwingenden Gründen des öffentlichen Wohls ermöglicht. Die verfassungsrechtlich verankerten Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit werden dabei gewahrt, da die Voraussetzungen für eine Pflichtmitgliedschaft eng normiert werden und eine zwangsweise Regelung nur ausnahmsweise aus zwingenden Gründen - und dann auch nur bei der Erfüllung von kommunalen Pflichtaufgaben, nicht bei den freiwilligen Aufgaben - möglich sein soll.
Im Bereich der Zweckvereinbarungen ergeben sich insoweit Neuerungen, als diese künftig auch zur Durchführung von Aufgaben beschlossen werden können. Damit ermöglicht diese modifizierte Regelung künftig auch eine abweichende Vereinbarung über den mit Wirksamwerden der Zweckvereinbarung verbundenen Aufgabenübergang, indem eine kommunale Körperschaft nicht die Aufgabe selbst, sondern lediglich ihre Durchführung auf eine andere kommunale Körperschaft übertragen kann.
Es findet in diesen Fällen also keine Übertragung der Aufgabenverantwortung statt, sondern lediglich eine Wahrnehmung im Sinne eines Auftragsverhältnisses. Um jedoch von vornherein keine Unsicherheiten über den zuständigen Aufgabenträger aufkommen zu lassen, bedarf diese Form der Zweckvereinbarung der ausdrücklichen Bestimmung in der Zweckvereinbarung selbst.
Als weitere allgemeine Änderung sind die Klarstellung der Bekanntmachungserfordernisse und deren Anpassung an die örtlichen Besonderheiten vorgesehen sowie schließlich Änderungen im Genehmigungsverfahren, die den Bedürfnissen der Praxis Rechnung tragen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts des finanzwirtschaftlichen Drucks, unter dem viele Kommunen stehen, müssen wir die Leistungsfähigkeit bei der Aufgabenerfüllung auf kommunaler Ebene stärken. Deshalb will der Gesetzentwurf den Weg erleichtern, kommunale Aufgaben durch eine möglichst optimale Ausschöpfung interkommunaler Gemeinschaftsarbeit wirtschaftlicher und fachlich kompetent zu erledigen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hoffe auf Ihre Unterstützung und auf eine zügige Beratung in den Ausschüssen, damit das Gesetz wie geplant am 1. Januar 2004 in Kraft treten kann. - Herzlichen Dank.
Danke, Herr Innenminister, für die Einbringung. - Für die Debatte der Fraktionen ist eine Redezeit von jeweils fünf Minuten vorgesehen. Als erstem Debattenredner erteile ich dem Abgeordneten Herrn Grünert für die PDS-Fraktion das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung reiht sich in die von der Koalition politisch gewollten Veränderungen auf kommunaler Ebene ein und dient in erster Linie einer weiteren Stärkung des Verwaltungshandelns - insofern kann ich dem Innenminister Recht geben -; aber er dient eben nicht der Erweiterung demokratischer Mitentscheidungsrechte kommunaler Gebietskörperschaften.
Gleichzeitig werden notwendige Korrekturen vorgenommen, da sich bestimmte Regelungen in der Praxis nicht bewährt haben. Aber auch bewährte Regelungen sollen mittlerweile abgeschafft werden. Ich werde darauf im Einzelnen eingehen.
Einige Anmerkungen zum Inhalt Ihres Gesetzentwurfs. Bisher war es nur den kommunalen Gebietskörperschaften vorbehalten, sich unter Nutzung der Möglichkeiten der kommunalen Gemeinschaftsarbeit zur wirtschaftlichen Erfüllung von Aufgaben zu vereinbaren. Nunmehr geht die Zielstellung der Landesregierung in die Richtung der kommunalen Körperschaften, also der Verwaltungsgemeinschaften. Ihnen werden nunmehr unter Nutzung des zu ändernden § 77 der Gemeindeordnung, dem vorangegangenen Gesetz, weitgehende Rechte eingeräumt, und zwar insbesondere im freiwilligen Aufgabenbereich, welche die kommunalen Gebietskörperschaften zur Mitwirkung zwingen sollen.