Protokoll der Sitzung vom 12.12.2003

Zehn Köpfe wollen wir in den Kultursenat berufen, von dem ich mir einen Quantensprung in der Kulturpolitik unseres Landes verspreche. Heute können wir die Weichen stellen, damit das Gremium die Landesregierung und den Landtag schon bald ehrenamtlich beraten und an der Erarbeitung eines Kulturkonzeptes für das Land mitwirken kann. Ich erwarte einen enormen Zugewinn an unabhängigem Rat und Sachverstand von diesem neuen Gremium.

In Sachsen, wo es bereits einen Kultursenat gibt, hat es sich bewährt, dass die Mitglieder ihre Nachfolger selbst auswählen und deshalb keine Verpflichtungen gegenüber der Politik bestehen. Niemand kann dort von allzu viel Nähe zu den Regierenden sprechen. Selbst die Unabhängigkeit von den Mehrheiten im Parlament ist gewährleistet.

An diesen Erfahrungen wollen wir anknüpfen. Von daher versteht es sich von selbst, dass wir auch bei der Erstberufung im Kulturausschuss darauf achten, unabhängige Sachverständige und wirkungsvolle Persönlichkeiten auszuwählen. Diese Vorstellung teilt im Übrigen auch der Kultusminister.

Mittlerweile gilt es im Freistaat Sachsen als besondere Ehre, in den Kultursenat berufen zu werden. Gerade in finanziell schwierigen Zeiten - diese machen wir, wie wir spätestens seit der gestrigen Haushaltsberatung wissen, durch - kann das angesehene Expertengremium die notwendige Spardiskussion versachlichen und der Kultur eine gewichtige Stimme geben. Die Leitlinien der Kulturpolitik können einmal jenseits der Verbandsinteressen diskutiert werden.

Besonders beeindruck bin ich übrigens davon, dass es dem sächsischen Kultursenat gelungen ist, das ehrenamtliche Engagement der Bürger zu steigern. Nach dem Tiefschlag, den das vom Bundestag verkündete Aus für das Programm „Kultur in den neuen Ländern“ für viele Menschen bedeutet, wäre das mehr als nur ein positiver Nebeneffekt. Die Kultur lebt doch gerade von den Menschen, die sich dafür engagieren.

Anders als in Sachsen wollen wir aber auch Fachleute aus anderen Bundesländern für den Kultursenat gewinnen. Wir brauchen Menschen, die mit ihrem Verstand für die Fortentwicklung unserer kulturellen Vielfalt wirken und mit ihrem Gesicht für das Kernland deutscher Kultur werben.

Auf diesem Wege könnte auch die Spendenbereitschaft für Kunst und Kultur erhöht werden, was angesichts leerer werdender öffentlicher Kassen wohl immer wichtiger werden dürfte. Wenn der Kultursenat nur einen kleinen Anstoß für weitere Kulturreisen in unser Land oder für Kultursponsoring gibt, dann haben wir, so meinen wir, viel erreicht.

Ich bin mir aber auch sicher, dass wir nach einer ersten Zwischenbilanz nach ein paar Jahren viel mehr Pluspunkte auf der Habenseite verbuchen können, als das heute absehbar ist.

Deshalb bitte ich Sie namens der CDU-Fraktion ganz herzlich um Ihre Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Schomburg. - Nun bitte Herr Minister Olbertz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin in der glücklichen Lage, meine Rede sozusagen ad hoc etwas umzuschreiben und umzusprechen, weil der Ausschuss für Kultur und Medien des Landtages das von uns allen gewollte Einvernehmen über die Zusammensetzung des Kultursenates, über den wir heute beschließen wollen, heute Mittag herbeigeführt hat.

Dieses Einvernehmen ist sehr wichtig, weil der Kultursenat ein Parteien übergreifendes und fraktionsübergreifendes Gremium sein soll, in dem wir uns nicht Grabenkämpfe liefern wollen, sondern in dem wir einvernehmlich versuchen wollen, über die Pflege und die Vielfalt der kulturellen Möglichkeiten, Projekte und Angebote im

Land zu kommunizieren und diesen kulturellen Diskurs an einen übergreifenden Anspruch zu binden.

Es hat sich gezeigt, dass man insbesondere in Belangen der Kultur ein Einvernehmen nicht unbedingt an die Formalitäten knüpfen muss, sondern dass ein Einvernehmen aushandelbar ist, ohne dass man darauf angewiesen ist, Formeln dafür zu finden. Das hat geklappt. Ich bin den Fraktionen der PDS und der SPD sowie den Regierungsfraktionen dafür sehr dankbar, dass wir uns auf eine Liste haben verständigen können. Das ist der Kultur gemäß, in der Einvernehmen sowieso ausgehandelt und nicht abgestimmt wird, damit es dann auch nachhaltig sein kann.

Die Aufgabenzusammensetzung und die Arbeitsweise des Senats sind im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens geregelt worden. Das Kultusministerium hat seine Hausaufgaben, die ihm vom Ausschuss auferlegt worden sind, gemacht. Der Kultursenat wird sich aus zehn namhaften Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur zusammensetzen, die der kulturellen Landschaft SachsenAnhalts verbunden sind, aber auch Erfahrungen anderswo gesammelt haben, also die sozusagen mit einem Bein im Lande stehen, sich aber auch in der Welt umsehen und ihre Reputation und - wenn Sie so wollen - in gewisser Weise auch die Exklusivität ihrer Erfahrungen, ihres Engagements in den Kultursenat einbringen können.

Wir haben uns auch über einen Modus für die Erstmitgliedschaft verständigt. Damit nach dem Ablaufen der ersten Arbeitsperiode nicht alle Mitglieder ausgetauscht werden müssen, ist, so wie es vom Ausschuss empfohlen worden ist, ein Stufenverfahren eingebaut worden.

Die Mitglieder verkörpern eine gesunde Mischung aus Vertretern des kulturellen Erbes wie auch der zeitgenössischen Kultur- und Kunstszene, sie sind öffentlich bekannt, verfügen über ein Netzwerk von Beziehungen, finden in den Medien Gehör, haben auch fachlich einen guten Namen und sind mit unserem Land in vielfacher Weise verbunden.

Um die politische Unabhängigkeit des Senats zu sichern, haben wir genau diese Einvernehmensregelung gefunden. Ich bin mir sicher, dass der Kultursenat breite Akzeptanz und hohe Anerkennung in seiner Arbeit erfahren wird.

Wir werden den Senat auch brauchen, weil es in der nächsten Zeit eine Reihe von wichtigen Entscheidung zu treffen gibt, für die wir uns parteiübergreifend positionieren müssen. Das betrifft das Landeskulturkonzept, die Handhabung von Bewerbungen um die Kulturhauptstadt Europas und grundsätzliche Entwicklungsprozesse, die wir in Bezug auf die kulturelle Identität und das kulturelle Antlitz unseres Landes auslösen wollen. Dafür brauchen wir eine Plattform für einen kritischen, aber auch konstruktiven Diskurs. Ich denke, genau diese Plattform wird der Kultursenat sehr gut ausfüllen können.

Ich möchte Ihnen empfehlen, dem Rat des Ausschusses für Kultur und Medien zu folgen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU, bei der PDS und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Olbertz. - Nun bitte Herr Gebhardt für die PDS-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wurde schon sehr viel über die Art und Weise der Arbeit des sächsischen Kultursenats gesagt. Ich kann mich dem nur anschließen. Wir haben uns im Ausschuss darüber intensiv verständigt. Es war sehr beeindruckend zu sehen, wie die Arbeit in Sachsen vonstatten geht und was man damit erreichen und bewirken kann.

Wir, die PDS-Fraktion, haben von Anfang an signalisiert, dass wir das Anliegen dieses Gesetzentwurfes, also die Errichtung eines solchen Senats in Sachsen-Anhalt, gutheißen und unterstützen. Von meiner Fraktion ist gegen den Gesetzentwurf nie Widerspruch erhoben worden. Der einzige Widerspruch, der sich im Ausschuss zum Ende der Debatte hin aufgetan hat, war der, den wir heute wieder beseitigt haben, indem ein breiter Konsens hergestellt wurde. Hinter vorgehaltener Hand wird schon gesagt: Ab sofort kennen wir keine Parteien mehr, sondern nur noch Kultursenatoren.

(Frau Dr. Sitte, PDS, lacht)

Ich glaube, dass die Errichtung des Kultursenats der Kultur insgesamt sehr gut tun kann. Ich wünsche dem Kultursenat von dieser Stelle aus in seiner Arbeit viel Erfolg. Möge er mit uns als Parlamentariern und mit Ihnen als Vertretern der Landesregierung immer gut zusammenarbeiten. Ich zumindest verspreche mir eine ganze Menge von der künftigen Arbeit dieses Senats. Meine Fraktion wird dem Gesetzentwurf zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS - Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Gebhardt. - Nun spricht unser verhinderter Berichterstatter Herr Kehl für die FDP-Fraktion.

(Zuruf von Frau Fischer, Merseburg, CDU)

Von wegen.

(Heiterkeit)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem FDP und CDU die Idee des Kultursenats in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben haben, haben wir auch im Kulturausschuss seit dem Beginn der Legislaturperiode über die genaue Ausgestaltung des Senats beraten. Im Ausschuss für Kultur und Medien haben wir uns zeitig mit diesem Thema beschäftigt, haben mit Vertretern des sächsischen Kultursenats gesprochen, haben während unserer Ausschussreise ausgiebig Hintergrundgespräche geführt und waren uns in vielen Punkten überraschend einig.

Insbesondere meine Fraktion machte von Beginn an deutlich, dass nicht noch ein unnötiger Arbeitskreis gegründet werden sollte, der sich dann womöglich nur mit sich selbst beschäftigt; vielmehr sei es Sinn und Zweck, ein fachlich versiertes Gremium von hochkarätigen Vertretern aus der Kultur für eine Mitarbeit zu begeistern.

Die Idee eines Kultursenats nach sächsischem Vorbild stieß bei allen Fraktionen im Landtag auf überraschend positive Resonanz. Nach dem Willen der Koalition rekrutiert sich der Kultursenat aus zehn herausragenden Persönlichkeiten des Kulturlebens in und außerhalb Sach

sen-Anhalts. Er soll etwa zweimal im Jahr zusammentreten. Die Amtszeit der Senatoren beträgt regulär fünf Jahre. Eine Ausnahme hiervon stellt der erste Kultursenat dar, der im Rahmen der Gespräche für Aufregung gesorgt hatte. Die Hälfte seiner Mitglieder soll demnach lediglich für drei Jahre gewählt werden.

Die ehrenamtlichen Mitglieder bestimmen aus ihrer Mitte einen Präsidenten und einen Vizepräsidenten. Für seine Arbeit erhält der Senat eine Geschäftsstelle, die beim Kultusministerium angesiedelt werden soll. Deshalb macht es nach unserer Meinung Sinn, dass der Sitz des Kultursenats in der Landeshauptstadt ist.

Die Senatoren sollen den Landtag und die Landesregierung bei der Vorbereitung prinzipieller und struktureller Entscheidungen unterstützen. Ihre Empfehlungen haben dabei selbstverständlich nur beratenden Charakter, wobei es den Gremien der Landesregierung und des Landtages gewolltermaßen schwer fallen soll, von diesen Empfehlungen allzu sehr abzuweichen.

Die Kulturpolitik des Landes soll so nach unserer Meinung von den Unwägbarkeiten der Tagespolitik ein Stück weit entkoppelt werden. Der Senat soll die langfristigen Leitlinien in der Kulturpolitik mit entwickeln. So soll er beispielsweise zum noch zu erarbeitenden Kulturkonzept des Landes Stellung nehmen und zusätzlich neue Konzepte zum Beispiel für die Kulturförderung des Landes entwickeln. Die Senatoren sollen als Botschafter das Kulturleben in Sachsen-Anhalt nach außen hin vertreten.

Damit der Senat seinen Aufgaben gerecht werden kann, muss er gegenüber den Kulturschaffenden, aber auch gegenüber seinen Mitgliedern glaubwürdig vermitteln können, dass er von Politik und Verwaltung unabhängig ist. Die Senatoren sollen deshalb auf einvernehmlichen Vorschlag des Kultursenats selbst und des Kultusministeriums hin benannt werden. Die Berufung erfolgt durch den Ministerpräsidenten, was die besondere Wertschätzung der Mitglieder des Senats ausdrücken soll.

Als problematisch - das wurde bereits angesprochen - erwies sich das Prozedere bei der Erstberufung des Senats. Die Fraktionen der SPD und der PDS forderten sogar, dass seine Mitglieder mit einer Zweidrittelmehrheit im Ausschuss bestimmt werden. Den Fraktionen der CDU und der FDP genügte die einfache Mehrheit, damit die Koalition das letzte Wort in dieser Frage behält. Die Opposition befürchtete dagegen, dass dieses Gremium ein Verlautbarungsorgan der Kulturpolitik der Landesregierung werden könnte, und drohte mit einer Nichtzustimmung zum Gesetz, was den gesamten Senat völlig überflüssig gemacht hätte, denn er wäre dann seiner Aufgabe, überparteilich zu wirken, nicht mehr nachgekommen.

Die Opposition konnte in der Sondersitzung des Ausschusses beruhigt werden. Es wurde eine Liste vorgelegt - der Minister hat es bereits ausgeführt - und man hat sich einvernehmlich geeinigt. Deshalb muss man auch einmal feststellen, dass die Zweidrittelmehrheit im Ausschuss nicht notwendig war, um sich zu einigen.

Meine Damen und Herren! Wie erfolgreich die Arbeit des Senats letztlich sein wird, hängt von den Akteuren und den Mitgliedern selbst ab, von ihrem guten Willen und ihrer Bereitschaft, sich zu engagieren. Mit dem Gesetz legen wir nur die Grundlage. - Schönen Dank.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung von Minister Herrn Prof. Dr. Olbertz)

Vielen Dank, Herr Kehl. - Zum Abschluss der Debatte bitte Herr Reck.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sehen der Arbeit des Kultursenats mit Interesse entgegen. Wir wünschen uns ein Gremium mit kritischem Blick und mit klugen Ideen, damit der Quantensprung, den Herr Schomburg gefordert hat, möglich wird. Wir hatten einen Moment den Eindruck, dass der Sachverstand der Opposition bei der Auswahl der Mitglieder nicht gehört werden sollte. Dieser Eindruck war falsch. Darüber sind wir sehr froh.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Wir werden deshalb unseren Änderungsantrag zurückziehen und dem Gesetzentwurf zustimmen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei allen Fraktionen - Zustimmung von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Reck. - Dann können wir jetzt abstimmen.

Da es einen Änderungsantrag nicht mehr gibt, stimmen wir über den Gesetzentwurf ab. Widerspricht jemand, wenn ich über die Einzelbestimmungen, die Überschrift und das Gesetz in seiner Gesamtheit zusammengefasst abstimmen lasse? - Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir so. Wer stimmt dem Gesetzentwurf insgesamt zu? - Das sind offensichtlich alle Fraktionen. Stimmt jemand dagegen? - Stimmenthaltungen? - Das ist beides nicht der Fall. Damit ist dieses Gesetz beschlossen worden und der Tagesordnungspunkt 8 ist erledigt.