Ich will auch ein Beispiel dafür bringen, unlängst - am 1. April - zu lesen in der „Mitteldeutschen Zeitung“:
„Unirektor: Sparkurs stoppt Reform - Wilfried Grecksch befürchtet, dass der Sparkurs des Landes Sachsen-Anhalt verheerende Folgen für die Uni Halle hat. Nach seinen Worten“
„sind die Sparvorgaben aus Magdeburg so einschneidend, dass der zugleich angestrebte Umbau der Hochschulstruktur letztlich auf der Strecke bliebe. Befördert werde dieser fatale Trend, so Grecksch, durch die für Freitag geplante Verabschiedung des Hochschulgesetzes im Landtag. Dieses Gesetz verschaffe dem Kultusminister neue Einwirkungsmöglichkeiten auf die Hochschulen.“
Da nimmt ein Rektor seine ureigenste Aufgabe wahr und was bekommt er als Erwiderung? - War auch zu lesen:
- Toll, überraschend kommt sie, prima. Die haben zwar in Halle bloß mit 5 000 Leuten demonstriert, aber es kommt überraschend.
„Er sieht das Land bei der Hochschulentwicklung ‚auf einem guten Weg‘. Zugleich verweist er auf laufende Gespräche,“
- Lieber Herr Minister, das mag ja sein. Aber offensichtlich sind Sie so weit, dass der Rektor immer noch meint, dass er sich kritisch in der Zeitung äußern muss.
(Beifall bei der PDS - Herr Gallert, PDS: Da ist die Strafe ja dann angedroht! Die Gespräche sind belastet!)
Zurück zu dem Gesetz selbst: Die Unübersichtlichkeit des Gesetzes und die vielfältigen Eingriffsmöglichkeiten der Landesregierung werden den Hochschulleitungen die Anwendung erheblich erschweren. Der zuständige Staatssekretär hat in seinen ersten, besonders unbedarften Tagen der Amtsführung ein Hochschulgesetz angekündigt, das nicht mehr als 30 Paragrafen enthalten sollte. „Prima“, habe ich gedacht, „klasse, bin ich echt gespannt.“ Nun steht man bei 17 Abschnitten mit 126 Paragrafen.
Das Gesetz, lieber Herr Minister, gibt den Hochschulen keineswegs mehr Autonomie. Sonst bedürfte es nämlich des Regelungsdschungels nicht. Ein Gremium wie das Konzil abzuschaffen und Aufgaben von Senaten an Rektorate zu verlagern hat nichts mit mehr Autonomie zu tun. Denn insgesamt bekommen die Hochschulen nämlich nicht mehr Entscheidungsrechte, Sie verlagern sie nur innerhalb der Hochschule.
Es werden also Leitungsentscheidungen an einem Punkt konzentriert, und demokratische Mitwirkungsrechte von anderen Hochschulangehörigen werden schlicht und ergreifend abgeschafft, denn auch die Zusammensetzung dieser Gremien vertieft die Ungleichgewichtung.
Die Hochschule in Unternehmensstruktur hier zu konzipieren, hier einzurichten und Hochschulen dann als Tochterunternehmen des Ministeriums zu führen, konterkariert dann sogar Ihren Ansatz.
Die Einführung von Studiengebühren, Lernmittelgebühren und Langzeitstudiengebühren wird von den Studienbewerberinnen und -bewerbern vor allem als Hürde wahrgenommen werden.
Der Ruf der ostdeutschen Hochschulen gibt kein zutreffendes Bild vom Hochschulalltag hier. Das wissen wir. Daher müssten zur Veränderung dieses Bildes doch heutzutage ganz andere, ganz sicher andere Maßnahmen beschlossen werden als die gesetzlich sanktionierte und zusätzliche Verteuerung des Studiums hier.
Vor dem Hintergrund der geplanten Änderungen in den Hochschulstrukturen, der zu erwartenden Wanderungsverluste von Studierenden und Studienbewerbern infolge dieser Entscheidung und angesichts der demografischen Entwicklung ist das eben ein nachhaltig wirkender Schritt, und zwar ein nachhaltig negativ wirkender Schritt. Er schwächt demzufolge auch nachhaltig die Ausbildung eines eigenen Fachkräftepotenzials.
Ein grundsätzlicher sozialer Ausgleich findet ohnehin nicht statt, weil die Gebühren an den Hochschulen verbleiben, die ihre Unterfinanzierung dadurch letztlich aber auch nicht überwinden. Die eigentlichen sozial Benachteiligten - das ist das Übel daran - kommen nicht in den Genuss dieser Umverteilung; denn sie kommen nicht bei den Hochschulen an. Sie scheiden in unserem Bildungssystem schon viel früher aus.
Wenn mittlerweile ohnehin nur weniger als 20 % der Studierenden aus so genannten einkommensschwachen und so genannten bildungsferneren Haushalten kommen, dann ist doch klar, dass dieser Lösungsansatz wirklich nur dazu dienen kann, den Hochschulen hier und heute ein kleines Zubrot zu verschaffen. Es geht gar nicht um die vielen Kinder und Jugendlichen, die nie dort ankommen können. Die Tatsache, dass dazu auch noch Rechte der Studierendenschaften beschnitten werden, rundet das Bild letztlich nur ab.
Der Umgang mit wissenschaftlichem Nachwuchs macht diesem zudem auch keinen Mut, sich hier zu bewerben, weil auch die Möglichkeiten, die das Hochschulrahmengesetz - Frau Kuppe hat schon davon gesprochen - bietet, unterlaufen werden.
Abschließend sei gesagt: Dieses Gesetz wird keinen aktiven Beitrag gegen die Abwanderung junger Menschen und für die Entwicklung qualitativer Wachstumspotenziale des Landes leisten. Es wird vielmehr viele Hochmotivierte und Engagierte in den Hochschulen und um
die Hochschulen herum erhebliche Kraft zur Einhaltung von Paragrafen kosten, die letztlich nichts, aber auch gar nichts mit Wissenschaft und Forschung zu tun haben. - Danke schön.
Vielen Dank, Frau Dr. Sitte. - Die Debatte wird abgeschlossen durch den Beitrag der FDP-Fraktion. Es spricht Herr Dr. Volk. - Jetzt liegen hier vorne schon vier Schreibgeräte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der heutigen zweiten Beratung des Hochschulgesetzes steht ein Gesetz zur Abstimmung, über das in den letzten vier Monaten außerordentlich intensiv beraten wurde. Eine solche zweite Beratung ist noch einmal der politische Blick der einzelnen Fraktionen auf die Arbeit an dem Gesetz und das Ergebnis. Ich denke, die Beratung wird und muss kontrovers werden.
Ich habe für die FDP damals, bei der Einbringung des Gesetzes, eine intensive Beratung angekündigt. Wir haben Wort gehalten. Sowohl in der FDP-Fraktion bzw. in der Koalition als auch im Ausschuss für Bildung und Wissenschaft