Wir stimmen jetzt ab über das Gesetz in seiner Gesamtheit. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Bei gleichem Stimmverhalten ist das Gesetz angenommen worden und wir verlassen den Tagesordnungspunkt 8.
Die erste Beratung fand in der 13. Sitzung des Landtages am 6. Februar 2003 und in der 22. Sitzung des Landtages am 13. Juni 2003 statt. Berichterstatter ist der Abgeordnete Herr Hacke. Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Während der 22. Sitzung des Landtages am 13. Juni 2003 hat der Landtag von Sachsen-Anhalt den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Naturschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt in den Ausschuss für Umwelt - federführend - sowie zur Mitberatung in die Ausschüsse für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr sowie für Wirtschaft und Arbeit überwiesen.
Am 9. Juli 2003 wurden dieser Gesetzentwurf sowie der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zum Naturschutzgesetz vom 6. Februar 2003 zum ersten Mal im Umweltausschuss beraten. Die Fraktionen verständigten sich darauf, den Gesetzentwurf der Landesregierung als Beratungsgrundlage für die weitere Diskussion sowie für eine am 10. September 2003 durchzuführende öffentliche Anhörung festzulegen.
Auf Vorschlag der einzelnen Fraktionen sollten nach der bevorstehenden Sommerpause über 50 Verbände und Vertreter öffentlicher Belange zum Entwurf des Naturschutzgesetzes angehört werden. Um den sich abzeichnenden hohen zeitlichen Aufwand für die Anzuhörenden einzugrenzen, wurde unter Einbindung der mitberatenden Ausschüsse festgelegt, dass eine gemeinsame Anhörung aller mitberatenden Ausschüsse im Landtag durchzuführen ist.
Schon bei der Einbringung des Naturschutzgesetzes in den Umweltausschuss durch Frau Ministerin Wernicke meldete die SPD-Fraktion verfassungsrechtliche Bedenken gegen einzelne Regelungen des Gesetzentwurfes an. Außerdem war sie der Meinung, dass der Naturschatz im Land nicht verbessert, sondern teilweise behindert werde, weil der Einsatz von ehrenamtlich tätigen Bürgern im Gesetz nicht gesondert festgeschrieben sei.
Die verfassungsrechtlichen Bedenken kamen zustande, weil der SPD-Fraktion nicht klar war, ob es sich beim Bundesnaturschutzgesetz um ein reines Rahmenrecht handelt und es damit wörtlich in Landesrecht zu übernehmen ist oder ob einzelne Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes direkt gelten. Konkret wurden die Bedenken an § 2 - Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege - wegen der unvollständigen Übernahme aller formulierten Grundsätze aus dem Bundesnaturschutzgesetz und wegen der Nichtübernahme der Verbandsklage in Landesrecht geltend gemacht. Klarheit über die geltende Rechtslage sollte deshalb eine schriftliche Stellungnahme des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes schaffen. Das beschloss der Ausschuss noch während dieser ersten Beratung einstimmig.
Bedingt durch die Einbringung des Haushaltsplanentwurfs 2004 und durch die Einbringung eines weiteren Gesetzentwurfs zur Neuordnung der wasserwirtschaftlichen Betätigung des Talsperrenbetriebes des Landes und den damit verbundenen terminlichen Zwängen konnte die Beratung des Naturschutzgesetzes erst im Dezember 2003 fortgeführt werden.
Im Laufe der zweiten Beratung des Landesnaturschutzgesetzes am 3. Dezember 2003 zeichnete sich ab, dass wiederum § 2 - Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege - im Mittelpunkt der Diskussion stand.
Die SPD-Fraktion blieb trotz der unmissverständlichen Stellungnahme des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes der Meinung, dass der Entwurf des Naturschutzgesetzes gegen die Verfassung verstoßen würde, wenn nicht alle Grundsätze des Naturschutzes aus dem Bundesnaturschutzgesetz explizit in Landesrecht übernommen werden.
Die Koalitionsfraktionen dagegen machten deutlich, dass mit der Auflistung einzelner besonders für Sachsen-Anhalt relevanter Grundsätze und dem zusätzlichen Anfügen einer Nr. 6 an § 2 mit dem Wortlaut „Im Übrigen gelten die Grundsätze des Bundesnaturschutzgesetzes“ ausreichend Rechtssicherheit hergestellt und der Wille des Gesetzgebers deutlich zu erkennen ist.
Der Ausschuss lehnte deshalb den Änderungsantrag der SPD-Fraktion bei 7 : 5 : 0 Stimmen ab und beschloss den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP mit der gleichen Stimmenzahl.
Einen weiteren Schwerpunkt in der Diskussion über das Naturschutzgesetz bildete der § 3 - Biotopverbund. Hierbei entzündeten sich die Gemüter vor allem aufgrund der Frage, ob die im Bundesnaturschutzgesetz genannte Zahl von 10 % der Landesfläche für ein Netz verbundener Biotope explizit im Landesnaturschutzgesetz aufgeführt werden muss. Während sich die SPD-Fraktion dafür aussprach, die 10%-Regelung aus dem Bundesnaturschutzgesetz eins zu eins zu übernehmen, plädierte die PDS-Fraktion dafür, 15 % festzulegen, weil das 10-prozentige Ziel in Sachsen-Anhalt bereits überschritten ist.
Letztlich wurde der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP mit 7 : 5 : 0 Stimmen angenommen, der den Entwurf der Landesregierung durch einen Hinweis auf die im Bundesnaturschutzgesetz anhaltende 10%-Regelung in § 2 Abs. 1 ergänzt.
Einstimmig konnte sich der Umweltausschuss dagegen für eine Ergänzung der Bestandteile des Biotopverbundes, geregelt in § 3 Abs. 3, durch das Hinzufügen einer Nr. 1 mit dem Wortlaut „festgesetzte Nationalparke im Sinne des § 31“ und durch das Hinzufügen einer Nr. 4 in der Fassung „besondere Schutzgebiete nach § 45 und“ aussprechen.
Die Ausschussberatung wurde dann, wie geplant, am 17. Dezember 2003 fortgesetzt. In der vierten Beratung über das Naturschutzgesetz wurden die Regelungen zur Umweltbeobachtung, zu den Aufgaben und Inhalten der Landschaftsplanung, zum Landschaftsprogramm, zum Landschaftsrahmenplan und zum Landschaftsplan diskutiert.
Hervorzuheben ist hierbei, dass zum Zwecke der Kostenersparnis, Verwaltungsvereinfachung und Deregulierung der Vorschlag der Koalitionsfraktionen mit 7 : 3 : 3 Stimmen angenommen wurde, der besagt, dass kreisfreie Städte von einer gesonderten Landschaftsrahmenplanung absehen können, wenn ihr Landschaftsplan den Ansprüchen einer Landschaftsrahmenplanung genügt.
Im Mittelpunkt der Ausschusssitzung im Januar standen die Grünordnungspläne, die Eingriffsregelungen in Natur und Landschaft, die Genehmigungsverfahren und der Abbau von Bodenschätzen sowie die gesetzlichen Regelungen zu den Schutzgebieten. Dabei ist besonders hervorzuheben, dass auf Antrag der Koalitionsfraktionen und abweichend vom Gesetzentwurf der Landesregierung zukünftig auf Grünordnungspläne zur Vorbereitung
Da auch diese Regelung sehr umstritten war, wurde auch hierzu der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst um eine Stellungnahme gebeten. In dieser wurde klargestellt, dass Grünordnungspläne ein Bestandteil des Baurechts sind, jedoch bundesrechtlich nicht vorgeschrieben sind. Etwa fünf Bundesländer, darunter auch Sachsen-Anhalt, haben bisher Grünordnungspläne ausdrücklich vorgesehen. Um ihren Willen zur Deregulierung und Verwaltungsvereinfachung deutlich zu machen, haben die Fraktionen der CDU und der FDP ihren Antrag mit 7 : 5 : 1 Stimmen im Ausschuss durchgesetzt.
Bei den gesetzlichen Regelungen zu den Schutzgebieten ist der Ausschuss im Wesentlichen, bis auf einzelne Empfehlungen des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes zur Rechtsförmlichkeit, den Vorschlägen der Landesregierung gefolgt. Hervorzuheben ist aber, dass unter § 30 - Erklärung zum Schutzgebiet - der Vorschlag der Landesregierung, Biosphärenreservate und Naturparke durch Bekanntmachung erklären zu lassen, gestrichen wurde, weil nach mehrheitlicher Auffassung diese Gebiete in Gänze keine Schutzgebiete im Sinne dieses Gesetzes sind. Stattdessen wurde die Bekanntmachung dieser Gebiete in § 34 - Biosphärenreservate - und § 37 - Naturparke - eigenständig geregelt.
Die siebente Beratung zum Naturschutzgesetz am 12. Februar 2004 führte im Ergebnis zu einer vorläufigen Beschlussempfehlung für die mitberatenden Ausschüsse. Beginnend vom § 38 bis zum § 56 wurden bis auf wenige Ausnahmen die Empfehlungen des GBD übernommen und beschlossen.
Grundsätzlich unterschiedlicher Meinung waren die Koalitions- und die Oppositionsfraktionen bei der Frage der Anerkennung und Beteiligung von Vereinen, geregelt in § 57 des Naturschutzgesetzes. Die SPD-Fraktion befürchtete, dass die anerkannten Verbände in ihren bisherigen Möglichkeiten und Rechten beschnitten werden. Sie plädierte deshalb für die Beibehaltung der bisherigen gesetzlichen Regelungen. Die PDS-Fraktion ging darüber hinaus und sprach von einer „grundsätzlichen Beschneidung des Ehrenamtes“ und von einem „undemokratischen Vorgehen“. Die Koalitionsfraktionen wiesen diese Vorwürfe als unbegründet zurück und erteilten den Vorschlägen der SPD-Fraktion und der PDS-Fraktion eine Absage, da sie ihrer Meinung nach über die Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes weit hinausgehen würden.
Nicht unerwähnt soll bleiben, dass die SPD-Fraktion die Aufnahme einer zusätzlichen Regelung zu Rechtsbehelfen von Vereinen - gemeint ist die Verbandsklage - im Naturschutzgesetz beantragt hat. Frau Ministerin Wernicke machte allerdings deutlich, dass die Landesregierung bewusst auf eine solche Regelung verzichtet habe, weil diese Rechtsmaterie bereits in § 61 des Bundesnaturschutzgesetzes geregelt ist. Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst bemerkte ergänzend, dass diese Bestimmung bereits unmittelbar geltendes Recht sei. Eine Wiederholung im Landesgesetz sei möglich, berge aber die Gefahr, dass Diskrepanzen aufträten, sobald das Bundesrecht geändert werde. Der Ausschuss lehnte deshalb den Änderungsantrag bei 3 : 7 : 0 Stimmen ab.
Nicht einverstanden erklärte sich der Umweltausschuss mit der Übernahme und der Erweiterung einer Enteignungsregelung in das neue Naturschutzgesetz. Die Koalitionsfraktionen beantragten die ersatzlose Streichung des § 61 - Enteignung und Entschädigung - mit dem Verweis auf das Enteignungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt, über dessen Regelungen ihrer Meinung nach nicht hinausgegangen werden sollte. Der Ausschuss stimmte diesem Antrag mit 7 : 3 : 1 Stimmen zu.
Eine besondere öffentliche Aufmerksamkeit wurde der Tatsache zuteil, dass im Gesetzentwurf der Landesregierung ehrenamtliche Naturschutzbeauftragte nicht mehr gesondert erwähnt wurden. Um den Eindruck zu verwischen, dass in Zukunft auf das wertvolle Engagement ehrenamtlich tätiger Bürger im Naturschutz verzichtet werden soll, beantragten alle Fraktionen dieses Hauses, die Tätigkeit ehrenamtlicher Naturschutzbeauftragter bei Landkreisen und kreisfreien Städten in Verbindung mit ihren Aufgaben - dies ist neu - in diesen Gesetzentwurf aufzunehmen. Letztlich setzte sich hierbei der Vorschlag der Koalitionsfraktionen mit 7 : 0 : 4 Stimmen durch.
Die so entstandene vorläufige Beschlussempfehlung des Umweltausschusses wurde am 12. Februar 2004 mit 7 : 0 : 4 Stimmen beschlossen und den mitberatenden Ausschüssen mit der Bitte um Stellungnahme übergeben. Die letzte Beschlussempfehlung eines mitberatenden Ausschusses erreichte den Umweltausschuss allerdings erst am 19. April 2004, sodass der federführende Umweltausschuss seine abschließende Beratung erst am 19. Mai 2004 fortsetzen konnte.
Die vom Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie die vom Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit vorgetragenen Änderungswünsche wurden fast vollständig übernommen. Im Einzelnen bedurfte es dazu kleiner Änderungen in § 3 - Biotopverbund - und in § 13 - Begriffe und Inhalte der Landschaftsplanung - sowie in § 15 - Landschaftsrahmenplan.
In § 18 Abs. 4 - Eingriffe in Natur und Landschaft - wurde ergänzend aufgenommen, dass in der Regel Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmen an Deichen, Dämmen und Hochwasserschutzanlagen sowie Rekultivierungs-, Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmen in vorhandenen Garten- und Parkanlagen und auf Friedhöfen entsprechend dem Denkmalschutzrecht keinen Eingriff darstellen.
In § 20 - Verursacherpflichten, Ökokonto - wurden präzisierende Erläuterungen zum Ökokonto zusätzlich aufgenommen.
Letztlich wurde in § 64 - Naturschutzbehörden - geregelt, dass bei Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, die der Kampfmittelbeseitigung dienen, der Kampfmittelbeseitigungsdienst die zuständige Behörde ist und im Benehmen mit der oberen Naturschutzbehörde die Entscheidungen über die erforderlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen trifft.
Zum Ende meiner Ausführungen möchte ich noch auf einige redaktionelle Fehler in der Ihnen vorliegenden Beschlussempfehlung aufmerksam machen und um Korrektur bitten.
In § 64 Abs. 6 muss es richtigerweise heißen: „Für die Verwaltung der Schutzgebiete im Sinne der §§ 34 und 37 ist die obere Naturschutzbehörde zuständig.“
Der § 67 - Bußgeldverfahren - Abs. 1 Nr. 6 muss durch das Einfügen der Worte „oder einer Satzung nach § 30“ richtigerweise lauten: „entgegen § 36 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit einer Verordnung oder einer Satzung nach § 30 Handlungen vornimmt, die einen geschützten Landschaftsbestandteil beseitigen, zerstören, beschädigen oder verändern“.
Weiterhin ist es nötig, die Fundstellen des im Gesetz zitierten EU-Rechts aufgrund der aktuellen Entwicklung anzupassen. Die so genannte Vogelschutzrichtlinie und die so genannte FFH-Richtlinie sind inzwischen geändert worden. Aufgrund dieser Änderungen ist eine Anpassung der Änderungsfundstellen in den Nrn. 1 und 2 der amtlichen Fußnote zu der Gesetzesüberschrift sowie in den Nrn. 3 und 7 des § 11 Abs. 1 erforderlich.
Ebenso ist die Verordnung über den Schutz von Exemplaren wild lebender Tiere und Pflanzenarten durch die Überwachung des Handels geändert worden. Dies betrifft § 11 Abs. 2 Nr. 9 Buchstabe a.
Der Umweltausschuss empfiehlt mit 7 : 5 : 0 Stimmen dem Landtag von Sachsen-Anhalt, den vorliegenden Entwurf des Naturschutzgesetzes des Landes anzunehmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, Ihnen mit meinem Bericht eine übersichtliche Zusammenfassung der Ausschussarbeit und des Zustandekommens der uns vorliegenden Beschlussempfehlung gegeben zu haben. Unter Beachtung der mir zur Verfügung stehenden Zeit hielt ich es für angemessen, Ihnen nur über die Schwerpunkte der Diskussionen im Umweltausschuss zu berichten.
Trotzdem hoffe ich deutlich gemacht zu haben, dass die ungewöhnliche Länge der Beratung des Naturschutzgesetzes in erster Linie dem sorgsamen Umgang der Ausschussmitglieder mit der ungewöhnlich hohen Anzahl von Anregungen und Stellungnahmen aus einer Vielzahl von Interessenvertretungen und der herausragenden Bedeutung, die dieses Gesetz für breite Bevölkerungsschichten unseres Landes hat, geschuldet ist.
Deshalb möchte ich die in der Presse aufgetauchte Kritik bezüglich des langsamen Zustandekommen dieses Gesetzes ausdrücklich zurückweisen. Es ist nicht nur demokratisch, alle Meinungen und Anregungen in einem parlamentarischen Verfahren sorgsam abzuwägen, nein, dies ist gerade die Stärke der Demokratie und der Garant für ein Gesetz, das eine breite Zustimmung erfahren soll.