Die Fakten sprechen eindeutig dagegen. Für Arbeitslose ist es besser, einen niedrig bezahlten Job zu haben, als auf der Straße zu stehen. Vielleicht, meine Damen und Herren von der PDS, sollten Sie sich einmal überlegen, ob die Mindestlöhne gerade denjenigen Arbeitslosen nützen, die gering qualifiziert sind und wieder Tritt fassen wollen. Ich sage: Nein. Deshalb bitte ich darum, der Beschlussempfehlung zuzustimmen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Fischer und Herr Laaß, nach dem, was Sie sagen, würden Mindestlöhne Arbeitsplatzverluste bringen und Schwarzarbeit sichern. - Von 25 EU-Ländern haben 18 Länder geregelte Mindestlöhne.
Nach dem, was Sie beide gesagt haben, schlussfolgere ich, dass das, was tariflich geregelt ist, in den Ruin führt. - Den Herren von der GdP wird das runtergehen wie Öl. Das konterkariert aus meiner Sicht 50 Jahre Tarifautonomie in Deutschland. Dann müsste Deutschland schon längst pleite sein.
Der Gesetzgeber ist unabhängig von der Tarifautonomie Sozialpartner und durch das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes verpflichtet, einer Ausweitung von Arbeitsverhältnissen entgegenzuwirken, die einerseits keine eigenständige, dem gegenwärtigen gesellschaftlichen Lebensniveau entsprechende Lebensführung erlauben und andererseits mit den Risiken des weiteren Abstiegs und der späteren Armut verknüpft sind. Ich möchte daran erinnern, dass das schon Gegenstand meines ersten Redebeitrags war.
Die Debatte über die Agenda 2010, die ständige Debatte über zu hohe Lohnkosten und Lohnnebenkosten, die die Arbeitnehmer selbst übernehmen sollen, die Gehaltsreduzierung bei den Beamten und im öffentlichen Dienst, die Verlängerung der Arbeitszeit und die reale Kürzung von Einkommen verstärken bei den Menschen die Sorge um ihr Morgen. Ich möchte Sie wirklich bitten, das einfach einmal zur Kenntnis zu nehmen.
Haben Sie eigentlich gewusst, dass die Verlängerung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 37,8 Stunden auf 40,4 Stunden bei gleichem Lohn bis zum Jahr
2008 weitere 800 000 Arbeitsplätze vernichtet und die Erfolgsstory der Minijobzentralen einen Verlust von einer halben Million versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse bedeutet hat?
Ab dem 1. Januar 2005 gilt das Arbeitslosengeld II und die Regelung, dass Mann oder Frau sich 1 € bzw. 2 € pro Stunde als Aufwandsentschädigung erarbeiten kann. Wussten Sie eigentlich, dass die Anbieter der sozialen Dienste, die hochgradig an diesen Maßnahmen interessiert sind, 500 € erhalten, betroffene Menschen aber eigentlich nur 129,90 € dazuverdienen dürfen?
Ich kann Ihre Presseerklärung von gestern natürlich gut verstehen, Herr Gürth, dass Ihre Sorge den mittelständischen Unternehmen gilt, die auch bis zu 270 € verdienen möchten. Verantwortungsvoller wäre es aber, sich dafür einzusetzen, dass anständige Arbeit auch anständig bezahlt wird.
Sie fühlen sich von den verantwortlichen Politikern - deswegen haben wir es zum Thema gemacht - verraten und mit ihren Nöten allein gelassen. Viele wissen nicht mehr, wie es ab dem 1. Januar weitergehen soll.
Meine Damen und Herren! Mit unserem Antrag, eine Mindestlohnregelung für Deutschland zu erwirken, haben wir versucht, im Land Sachsen-Anhalt ein Signal zu setzen. Deshalb hat die PDS-Fraktion im Mai dieses Jahres mit ihrem Antrag die Landesregierung aufgefordert, sich im Bundesrat für die Einführung eines gesetzlich geregelten Mindestlohnes einzusetzen.
Ich war sehr überrascht, dass Sie diesen Antrag nicht abgelehnt haben - ich hatte fest damit gerechnet -, sondern ihn einstimmig - Sie können das im Protokoll nachlesen - in den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit überwiesen haben. Nicht nur für mich war das ein Signal dafür, dass alle Fraktionen es für wichtig erachten, sich in Sachsen-Anhalt eine Position zum Mindestlohn zu erarbeiten.
Die Überweisung des Antrages ist einstimmig beschlossen worden. - Ich habe noch einige Zitate, aber leider ist meine Redezeit zu Ende. - Wo ist diese Einmütigkeit eigentlich geblieben? Hatten die Kollegen der Regierungsfraktionen keine Lust, waren sie nicht vorbereitet oder hatten sie Angst davor, dass wir Argumente liefern, die ihr Weltbild erschüttern, oder was auch immer?
Ohne Debatte und mit der Begründung von Herrn Gürth, dass genügend Argumente ausgetauscht worden seien, wurde der Antrag gestellt, über die Beschlussempfehlung mit der Intention Ablehnung abzustimmen. Trotz der Proteste der PDS und der SPD - Frau Fischer hat es bereits gesagt - wurde der Antrag zur Abstimmung gebracht.
Wir werten diesen Vorgang neben der persönlichen Betroffenheit als einen Verstoß gegen die §§ 14, 29, 34 und 38 der Geschäftsordnung. Den Auftrag, der uns vom Parlament erteilt wurde, haben wir nicht erfüllt. Der Ausschuss ist seiner Beratungspflicht nicht nachgekommen. Die Beschlussempfehlung wurde ohne inhaltliche Beratung im Ausschuss an das Parlament zurückgegeben. Das bedeutet für uns eine Ignoranz der Position aller Mitglieder des Ausschusses. Wir fühlen uns diskriminiert
Die der PDS-Fraktion angehörenden Mitglieder des Wirtschaftsausschusses erwarten, dass der Antrag im Ausschuss beraten wird. Deshalb stellt die PDS-Fraktion den Antrag, die Drs. 4/1563 - Regelungen für Mindestlohn - in den Wirtschaftsausschuss zurückzuüberweisen. - Danke schön.
Danke, Frau Abgeordnete Rogée. - Für die FDP-Fraktion wird die Abgeordnete Frau Röder sprechen. Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich hatte ich vor, mich persönlich für die Art der Behandlung dieses Antrages im Wirtschaftsausschuss zu entschuldigen, aber das habe ich jetzt nicht mehr vor. Das tue ich nach dieser Polemik nicht mehr.
Meine Damen und Herren! Vor wenigen Wochen entfachte der Vorsitzende der SPD Franz Müntefering die seit langem schwelende Diskussion über einen gesetzlichen Mindestlohn aufs Neue. Nun ist ein gesetzlicher Mindestlohn an sich keine revolutionäre Idee. 18 der 25 Mitgliedsländer der EU haben diesen Mindestlohn seit Jahren. Die Höhe variiert zwischen 21 € in Litauen und 1 400 € in Luxemburg. Selbst die USA kennen einen Mindestlohn.
Bei den Voraussetzungen gibt es allerdings kleinere Unterschiede. In vielen Ländern gibt es ein Mindestalter, teilweise ist für den Mindestlohn eine Berufserfahrung oder die Größe und der Umsatz des jeweiligen Unternehmens ausschlaggebend. Im Großen und Ganzen scheint diesen Ländern ein Mindestlohn nicht geschadet zu haben. Eigentlich spräche wenig dagegen, ein ähnliches Instrument auch in Deutschland einzuführen.
Bei näherem Hinsehen aber entpuppt sich das Thema als nicht ganz so einfach. Ein Arbeitnehmer wird von einem Arbeitgeber theoretisch nach seiner Produktivität bezahlt. Ist diese gering, ein gesetzlicher Mindestlohn verhindert aber einen angemessenen niedrigen Lohn, wird der Arbeitnehmer nicht eingestellt oder er wird ent
lassen. Ein vernünftiger Mindestlohn müsste deshalb so niedrig liegen, dass er keine negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft hat. Dann ist es aber sehr wahrscheinlich, dass er auch keine positiven Auswirkungen hat. In Deutschland ist zu befürchten, dass ein solcher Mindestlohn, wenn er eingeführt werden würde, in einem relativ hohen Bereich angesiedelt wäre. Dort wären dann negative Auswirkungen zu befürchten.
In den meisten EU-Ländern liegen die Grenzwerte zwischen 60 und 80 % des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens. Rechnet man das auf Deutschland um, müsste der Wert bei knapp 900 € liegen, was bei einer 40-Stunden-Woche 5,60 € pro Stunde bedeuten würde. Damit wäre die Reichweite eines solchen Mindestlohnes relativ begrenzt.
Nach Informationen des Instituts der deutschen Wirtschaft liegt die Quote der Menschen, die pro Stunde weniger als 6,30 € verdienen, nur knapp über 8 %. Ich weiß, es gibt Berufsgruppen, die weniger verdienen. Das ist mir klar, das streite ich hier nicht ab. Aber der Anteil der Bevölkerung, der von einem solchen Mindestlohn real profitieren würde, ist sehr klein. Ähnlich wie in Großbritannien wären die ökonomischen Auswirkungen auch in Deutschland sehr überschaubar.
Hinzu kommt, dass es de facto einen Mindestlohn in Deutschland schon gibt: bisher durch die Sozialhilfe, in Zukunft durch das Arbeitslosengeld II.
- Moment, lassen Sie mich weiterreden. - Der jeweilige Tariflohn der Branche minus 30 %, das ist der niedrigste Satz, zu dem ein Arbeitsloser einen Job akzeptieren muss.