Meine Damen und Herren! Beim Ökotourismus sind in den letzten Jahren erfreuliche Fortschritte gemacht worden. Der Ausbau des Radwegenetzes und des Blauen Bandes geht voran. Beschwerden wird es immer geben, das liegt in der menschlichen Natur. Insgesamt befindet sich unser Land beim Ökotourismus aber im wahrsten Sinne des Wortes auf einem guten Weg.
Als die neue Landesregierung antrat, war nicht zuletzt aufgrund des Drängens der FDP der Bürokratieabbau eines der ganz großen Themen. Trotz des Gegenwindes aus Brüssel und Berlin - Frau Wernicke sprach es an - ist hierbei das Feld der Umweltpolitik einer der Vorreiter.
Der Idealfall wäre natürlich der völlige Verzicht auf Vorschriften und das Vertrauen auf die Vernunft des Einzelnen. Dies wird aller Voraussicht nach aber wohl ein Wunschtraum bleiben; denn dazu müsste jedem Bürger und Unternehmen der Wert, welchen die Umwelt darstellt, bewusst werden. Umweltschädigendes Verhalten wäre dann automatisch minimiert. In der real existierenden Welt ist das aber wohl ein Wunschtraum.
Die Vorschriften zum Umweltschutz müssen jedoch transparenter und praxisnäher gemacht werden. Wir brauchen Bagatellgrenzen und eine Verwaltung, die Vorschriften mit gesundem Menschenverstand ausführt und interpretiert. Dafür setze ich mich gemeinsam mit meiner Fraktion ein. Das gilt besonders für die Novellierung des in der Beratung befindlichen Wassergesetzes.
Denn, meine Damen und Herren, wer Umweltschutz hauptsächlich als bürokratisches Monster empfindet, der wird von sich aus kaum etwas für die Umwelt tun.
Die Koalition hat eine erhöhte Transparenz und Praktikabilität beispielsweise bei den Ausgleichsmaßnahmen durchgesetzt. Bisher mussten Eingriffe mit ökologisch fragwürdigen Maßnahmen an Ort und Stelle kleinsträumig ausgeglichen werden. Nunmehr besteht durch Ausgleichszahlungen auf ein Ökokonto die Möglichkeit der Schaffung wertvoller Biotope in größerem Stil. Ebenso können Vereinbarungen zur Landschaftspflegeverordnung nunmehr einsetzen.
Allerdings muss hier immer der Gewinn für den Umweltschutz im Vordergrund stehen. Solche Maßnahmen, meine Damen und Herren, dürfen nicht versteckte Subventionen für die Landwirtschaft sein.
Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip wurde zusätzliche Verantwortung auf die Umweltverwaltung der Kreise verlagert. Was vor Ort erledigt werden kann, muss nicht von einer Mammutbehörde auf Landesebene bearbeitet werden. Auch hier sind die Koalition und die Landesregierung auf dem richtigen Weg.
Meine Damen und Herren! Für die Koalition im Allgemeinen und für die FDP im Besonderen ist bürgerschaftliches Engagement für den Umweltschutz die beste Form des Umweltschutzes. Das Ehrenamt soll bei der Förderung durch das Land in Zukunft Vorrang vor der Strukturförderung professionell agierender Verbände erhalten. Das Land soll sich nach der Meinung der FDP künftig aus der institutionellen Förderung der Verbände möglichst vollständig zurückziehen und nur noch Projekte fördern, nach dem Motto: Bäume pflanzen und Fledermausunterkünfte bauen statt Geschäftsstellen und Geschäftsführer bezahlen.
Diese Strategie werden wir schon im Haushalt festlegen und damit manifestieren, dass wir die Stiftung Umwelt und Naturschutz mit der Stiftung Klimaschutz fusionieren wollen, um sie mit einer guten finanziellen Ausstattung endlich vom zahnlosen Tiger zu einer tatkräftigen Struk
tur zu machen. So kann Umweltschutz in breiten Schichten der Bevölkerung verankert werden und nur so können wir den Menschen den Wert des Naturschutzes begreiflich machen und umweltschädliches Verhalten reduzieren.
Lassen Sie mich am Schluss noch kurz deutlich machen, dass die FDP Umweltpolitik nie unter ideologischen Vorzeichen verstanden hat. Eine gute Umweltpolitik ist die Politik, die der Umwelt nützt. Wenn neue Technologien, etwa die Gentechnik, Herr Dr. Köck, dafür sorgen, dass die Landwirte weniger Dünger, Pestizide und Herbizide auf den Feldern ausbringen und somit weniger Giftstoffe in Nahrung und Boden gelangen, dann begrüßen wir diese Technologien als großen Vorteil für den Naturschutz.
Wenn ein Saale-Seitenkanal Güter von der Straße auf umweltfreundliche Binnenschiffe holen kann, dann sollten wir so bald wie möglich mit dem Bau des Kanals beginnen.
Es wird im Bereich des Naturschutzes immer wieder neue Erkenntnisse und Entwicklungen geben. Wir sollten uns diesen nicht verschließen. Umweltpolitik kann deshalb auch niemals ein abgeschlossener Prozess sein. Vieles wurde geschafft, einiges wurde angestoßen, aber es bleibt noch viel zu tun. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke, Herr Abgeordneter Kehl. - Für die Landesregierung hat noch einmal Frau Ministerin Wernicke um das Wort gebeten.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss sagen, die Opposition hat mich nicht enttäuscht; nur diese Redebeiträge habe ich erwartet. Immerhin hat sich die PDS bemüht, fachlich und umweltpolitisch Position zu beziehen,
und ist auf einige Akzente und einige politische Grundsätze der Landesregierung eingegangen. Die PDS hat auch erkannt, dass Umweltpolitik sehr breit anzulegen ist und viel mehr ist als das Ehrenamt im Naturschutz.
Ich bin in meiner Bilanz zur Regierungserklärung bewusst auf die DDR-Situation eingegangen und habe bewusst einen Rückblick auf die DDR-Hinterlassenschaften gehalten; denn die DDR ist das beste Beispiel dafür, dass Umweltschutz nur sichergestellt werden kann, wenn die Wirtschaft funktioniert. Meine Damen und Herren! Wenn kein Geld in der Wirtschaft erwirtschaftet wird, ist Umweltschutz nicht machbar.
Und wer nicht mehr weiß, welche Umweltsünden vielleicht von diesem oder jenem von uns - ich beziehe mich dabei durchaus mit ein - zu DDR-Zeiten verantwortet
Ich habe überlegt, was insbesondere Herr Oleikiewitz zur Umweltpolitik äußern könnte. Vor mir liegt ein Zettel, den ich mir vor einigen Tagen zurechtgelegt habe. Auf ihm steht, dass er sich auf die Kürzung der Mittel bei den Naturschutzverbänden konzentrieren könnte, dass er einiges gegen Privatisierungen sagen und vielleicht ein paar Sätze zu erneuerbaren Energien verlieren wird.
Das war auch alles. Insbesondere Sie, Herr Oleikiewitz, aber auch generell die Redner beider Oppositionsfraktionen haben noch nicht verinnerlicht, dass Umweltpolitik tatsächlich eine Querschnittsaufgabe ist, eine Querschnittsaufgabe mit einem ganzheitlichen Politikansatz. Man kann nicht einige lieb gewordene Politikansätze herausgreifen und das Ganze dabei aus den Augen verlieren.
Herr Oleikiewitz, ich bedauere eigentlich, dass Sie das Angebot nicht angenommen haben, die hohe Verantwortung, die wir in diesem Lande für den Umweltschutz tragen, gemeinsam mit der Landesregierung wahrzunehmen. Ich habe bewusst auch die Leistungen der Vorgängerregierungen aufgelistet. Ich habe bewusst auf die Leistungsbilanz seit 1990 verwiesen. Aber Sie haben sich nicht bereit erklärt, diese Verantwortung gemeinsam mit der Regierung in den nächsten Jahren zu übernehmen. Sie sind anscheinend nicht bereit oder vielleicht auch nicht in der Lage, umweltpolitische Akzente zu setzen.
Herr Oleikiewitz, Sie polarisieren - das macht mich so wütend - mit dem Blick auf den Schutz der Natur vor den Menschen gegen den Schutz der Natur mit den Menschen. Das kann so nicht funktionieren. Wir können bei den Menschen Verständnis für Natur- und Umweltschutz nur wecken, wenn wir die Menschen mitnehmen. Das ist mein kooperativer Ansatz, gemeinsam mit den Bürgern Lösungen zu finden, die finanzierbar, nachhaltig und zukunftsfähig sind.
Eigentlich ist es unverschämt, wenn Sie in Ihrem Redebeitrag den Menschen im Land, die in der Natur leben und sich in der Natur bewegen, jegliches Verantwortungsbewusstsein absprechen. Allen Menschen, die sich in der Natur bewegen, sprechen sie jegliches Verantwortungsbewusstsein ab.
Sie haben einige Konfliktfelder angerissen. Ich will daran erinnern, dass ich den Drömling und das Große Bruch erwähnt habe. Diese Konfliktfelder sind uns von der Vorgängerregierung hinterlassen worden, weil Sie sich gescheut haben, diese Konfliktfelder anzufassen. Das ist schwierig. Das gilt für die Verwaltung ebenso wie für die Politik, egal ob in der Landespolitik oder auf der kommunalen Ebene.
Ich will ein Weiteres hinzufügen: Herr Ruden hat die Wasserentnahme im Fläming genannt. Dort ist auch mit dem Blick auf die Wasserrahmenrichtlinie ein Ungleichgewicht entstanden. Wer hat denn die Entnahmerechte erteilt und wer hat jetzt den Mut, sie teilweise wieder einzuziehen? Nicht die Vorgängerregierung!
Vor einigen Tagen war ich bei der Firma Knauf im Gipskarstgebiet im Südharz. Der Vorgängerregierung ist es
nicht gelungen, dieses Biosphärenreservat als Länder übergreifendes Biosphärenreservat zu etablieren. Ich weiß nicht, ob es kein Interesse gab oder ob es an den intensiven Bemühungen, die dazu notwendig sind, fehlte.
Ich will als Beispiele für Konfliktfelder den Natur- und den Hochwasserschutz nennen. Also, meine Damen und Herren, die Schwachstellenanalyse für die Deiche lag bei der Vorgängerregierung mehrere Jahre lang in der Schublade.
Diese Analyse wurde in der Zeit der Vorgängerregierung erstellt. Das Hochwasser hat bewiesen, dass genau die Schwachstellen, die in der Analyse festgehalten worden sind, sich als Schwachstellen erwiesen haben.
Meine Damen und Herren! Diese Schwachstellen sind nicht bekannt gegeben worden. Das ist verständlich, weil ihre Beseitigung viel Geld kostet. Der Vorschlag, einen grünen Damm im Selketal zu bauen, lag mehrere Jahre lang in der Schublade. Niemand hat sich getraut, darüber zu diskutieren. Man verschweigt Alternativen, weil man Konflikte scheut, weil man Konfliktfelder nicht abbaut. - Mehr Beispiele brauche ich meines Erachtens nicht zu nennen.
Ich will nur noch zwei Bereiche herausgreifen, weil an dieser Stelle kritisiert wurde, dass wir insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien zu wenig tun würden. In meiner Regierungserklärung habe ich einiges dazu erwähnt. Es wird völlig vernachlässigt, dass das Zellstoffwerk gut gefördert worden ist, dass die Bioethanolanlagen vom Land gefördert werden, dass es Förderprogramme für Landwirte bei der Errichtung von EEAnlagen und Förderungen kommunaler Projekte, auch durch die eben genannte Stiftung Klimaschutz, gibt und dass diese Förderinstrumente mehr als 290 000 € ausmachen, wie in einem Zeitungsartikel zu lesen war, und dass sich das Land Sachsen-Anhalt für die Änderung des Energieeinspeisungsgesetzes stark gemacht hat und dass es Vergütungssätze gibt, die gerade Biomasse oder erneuerbare Energien fördern.
Ich möchte noch eine Zahl hervorheben: Die Vorgängerregierung hat im Jahr 1995 im Bereich Agrar-UmweltMaßnahmen - das sind Maßnahmen in der Fläche, ob Vertragsnaturschutz, ob Ackerrandstreifenprogramm oder eine standortangepasste Landnutzung - lediglich reichlich 18 Millionen DM ausgereicht. Im Haushaltsplan 2003 - ich glaube, Sie wissen, wer im Moment regiert - stehen rund 25 Millionen € für diese Zwecke. Es dürfte Ihnen, Herr Oleikiewitz, sehr schwer fallen, mit Zahlen zu belegen, dass wir weniger für den Umweltschutz in der Fläche tun.
Ich bin schon enttäuscht, Herr Oleikiewitz, dass Sie das Angebot nicht angenommen haben, mit der Landesregierung und den Koalitionsfraktionen künftig die großen Herausforderungen im Umweltschutz anzunehmen, sie zu begleiten und zu unterstützen. Sie haben eingangs gesagt, Sie würden Ihre Rede am liebsten zu Protokoll geben. Hätten Sie es nur getan!