Protokoll der Sitzung vom 14.10.2004

Nach dem Wortlaut ist der Gesamtbetrag der Leistungsbezüge, also der Vergaberahmen, unter Berücksichtigung von Anpassungen und Strukturänderungen so zu bemessen, dass die durchschnittlichen Besoldungsausgaben für die in den Besoldungsgruppen W 2 und W 3 sowie C 2 bis C 4 eingestuften Professorinnen und Professoren den durchschnittlichen Besoldungsausgaben für diesen Personenkreis im Jahr 2001 entsprechen müssen. Das ist der so genannte Besoldungsdurchschnitt.

Der Bundesgesetzgeber hat aber auch Möglichkeiten einer Öffnung nach oben vorgesehen. Der Besoldungs

durchschnitt kann auf einem höheren Niveau bis auf den höchsten Besoldungsdurchschnitt beim Land oder beim Bund festgesetzt werden.

Alternativ kann er auch als so genannte Anschubfinanzierung jährlich um durchschnittlich 2 vom Hundert, insgesamt höchstens um bis zu 10 vom Hundert überschritten werden, soweit zu diesem Zweck Haushaltsmittel bereitgestellt werden. Damit sollen strukturelle Besonderheiten bzw. Nachteile ausgeglichen werden, um im Ländervergleich konkurrenzfähig zu bleiben.

Diese zuletzt genannte Option ist in den Gesetzentwurf aufgenommen worden, um grundsätzlich den Übergang in das neue System zu erleichtern. Sie wird, wie sich gezeigt hat, nicht nur von den Hochschulen, sondern auch von den Verbänden einhellig unterstützt, und zwar im Wesentlichen mit drei Argumenten, die ich hiermit zusammenfasse.

Erstens. Die besondere Struktur der Hochschulen unseres Landes erfordert nach Ansicht der Rektoren und der Verbände eine Anschubfinanzierung. Das liegt daran, dass die bundesrechtliche Konzeption der Einführung der Professorenbesoldung davon ausgeht, dass im Jahr 2005 und in den Folgejahren eine Pensionierungswelle einsetzt und eine große Zahl von Professoren mit der Endgehaltsstufe ausscheidet, in vielen Fällen zusätzlich mit Berufungszuschlägen ausgestattet.

Eben dieser Sachverhalt trifft für die Hochschulen in Sachsen-Anhalt nicht zu, weil es sich im Durchschnitt um jüngere Professorinnen und Professoren handelt, im Durchschnitt auch mit weniger als der Endbesoldung. Hier kann nur vereinzelt mit Pensionierungen gerechnet werden.

Die für Leistungsbezüge im Rahmen des festgelegten Besoldungsdurchschnitts zur Verfügung stehenden freien Mittel reichen damit nach Ansicht der Rektoren und der Verbände in Sachsen-Anhalt nicht und sind in den ersten fünf Jahren in Sachsen-Anhalt zu gering, um eine wirksame Umsetzung der Professorenbesoldungsreform durchführen zu können.

Zweitens. Die Anschubfinanzierung dient dazu, Wettbewerbsnachteile gegenüber den Hochschulen anderer Bundesländer zu vermeiden. Die jetzt vorgeschlagene Regelung entspricht weitestgehend den bundesgesetzlichen Vorgaben und ist in ähnlicher Form unter anderem von Schleswig-Holstein und Thüringen vorgesehen. Hessen hat den Besoldungsdurchschnitt generell höher festgelegt. Berlin und Rheinland-Pfalz haben eine Norm geschaffen, die eine Überschreitung des Besoldungsdurchschnitts aufgrund einer gesetzlichen Regelung zulässt.

Ohne die vorgesehene Regelung könnte man mit Wettbewerbsnachteilen in Sachsen-Anhalt gegenüber Hochschulen anderer Länder rechnen. Damit wären die Berufungsmöglichkeiten an den Hochschulen Sachsen-Anhalts eingeschränkt.

Drittens. Für eine Anschubfinanzierung spricht aus der Sicht der Rektoren und der Verbände auch, dass so die Einführung der Professorenbesoldung und die damit verbundenen Auswirkungen einen weitaus geringen Zeitraum in Anspruch nehmen dürften als ohne Anschubfinanzierung.

Neben den Wettbewerbsnachteilen gegenüber den anderen Ländern bei der Berufung besteht auch wenig Anreiz für einen Wechsel von der C- zur W-Besoldung. Der

erforderliche Anreiz zum Wechsel in die W-Besoldung ist nur dann gegeben, wenn die Möglichkeiten der Vergabe von Leistungsbezügen das geringere Grundgehalt in der W-Besoldung attraktiv ergänzen können. - So weit die Argumente für eine solche Anschubfinanzierung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aber eine solche Anschubfinanzierung verursacht natürlich Mehrkosten. Diese belaufen sich nach Berechnungen unseres Hauses über fünf Jahre auf ca. 1,3 Millionen € jährlich. Die Einführung steht unter dem Finanzierungsvorbehalt, dass die entsprechenden Haushaltsmittel auch tatsächlich aus dem Einzelplan aufgebracht werden können. Dies wird abschließend mit dem Kultusministerium zu klären sein. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hierbei geht es letztlich um eine politische Prioritätensetzung in einer hochschulpolitisch sicherlich wichtigen Frage.

Insgesamt gesehen orientieren sich die Regelungen zur Umsetzung des Professorenbesoldungsreformgesetzes inhaltlich an den vom Arbeitskreis für Besoldungsfragen erarbeiteten Musterregelungen. Das trifft auch für die bekannten Regelungen in anderen Ländern zu. Sachgerechte Änderungsvorschläge aus den Anhörungsverfahren sind in den Gesetzentwurf übernommen worden.

Meine sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zum Abschluss auf den engen Zeitkorridor hinweisen. Die Regelungen zur Umsetzung des Professorenbesoldungsreformgesetzes müssen spätestens zum 1. Januar 2005 in Kraft treten. Nur so können nach diesem Termin Professoren und Professorinnen neu berufen werden. Eine Berufung in der Besoldungsordnung C ist wegen des Auslaufens der Übergangsvorschrift ab dem 1. Januar 2005 nicht mehr möglich. Deshalb können mit Beginn des neuen Jahres keine Professorinnen und Professoren neu berufen werden, wenn nicht das Gesetz durch den Landtag und daran anschließend die Leistungsbezügeverordnung durch die Landesregierung rechtzeitig in Kraft treten.

Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich ganz ausdrücklich für Ihre Geduld; denn bei diesem Thema handelt es sich um eine außerordentlich trockene Materie, zu der man eine Rede sicherlich nicht sehr geistvoll und attraktiv gestalten kann.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Aber Sie haben trotzdem durchgehalten. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der FDP)

Vielen herzlichen Dank, Herr Minister, für die Einbringung. Herr Minister, wären Sie bereit, eine Frage des Abgeordneten Herrn Ruden zu beantworten? - Bitte sehr, Herr Ruden.

Herr Minister, würden Sie mir Recht geben in der Auffassung, dass die Doppelbezeichnung - männlich und weiblich - zu einer gewissen Sprachverwirrung in der gesamten Gesetzgebung beiträgt,

(Frau Dr. Klein, PDS: Das ist nun mal so!)

dass sie die Verbürokratisierung der Gesetzgebung unterstützt

(Zustimmung von Herrn Hauser, FDP)

und dass sie zu einem erhöhten Papierverbrauch führt?

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Oh! bei der PDS - Weitere Zurufe von der PDS)

Herr Ruden, ich gebe Ihnen vollkommen Recht. Allerdings füge ich an dieser Stelle hinzu, dass es möglicherweise dramatischere Probleme in unserer Gesellschaft gibt, denen wir uns zuerst zuwenden sollten.

(Zustimmung bei der PDS - Herr Kosmehl, FDP: Wehret den Anfängen!)

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Wir treten nun in eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion ein. Für die PDS-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Frau Dr. Sitte das Wort. Bitte sehr, Frau Dr. Sitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich würde mich gern dem Einwurf von Herrn Ruden widmen, aber mir bleiben fünf Minuten für eine hochkomplexe Materie und daher muss ich in anderer Hinsicht mit der Tür ins Haus fallen.

Dieses Landesbesoldungsgesetz - der Finanzminister hat es gesagt - setzt vor allem das Professorenbesoldungsreformgesetz des Bundes in Landesrecht um. Es geht also sowohl um die neuen Besoldungsgruppen als auch um die Einführung von Leistungsbezügen. Leider bewirkte schon das Bundesgesetz einen Einbruch an der Stimmungsbörse der Hochschulen. Statt möglichst viele Verteilungsbefugnisse den Hochschulen einzuräumen, wurden viele unnötige Detailregelungen getroffen. Das Akzeptanzdefizit wird aber durch dieses Landesgesetz und erst recht durch die beigefügte Verordnung mit Sicherheit noch vergrößert.

Erstens. Das Land unternimmt nicht einmal im Ansatz den Versuch, die Besoldungsschere zwischen Ost und West in der Wissenschaft zu schließen. Im Gegenteil, indem die Besoldungsdurchschnitte des Jahres 2001, so wie das auch das Bundesgesetz macht, für die Festsetzung des Vergaberahmens von Leistungsbezügen zugrunde gelegt werden, werden die Ost-West-Differenzen quasi konserviert.

Sachsen-Anhalt bewegt sich mit seinen Ansätzen auch noch an der letzten Stelle aller Bundesländer. Die Differenz zu anderen Ländern beträgt bei den Fachhochschulen bis zu rund 7 000 € pro Beschäftigten pro Jahr und für die Universitäten bis zu 8 000 € pro Beschäftigten pro Jahr. Das macht uns als Wissenschaftsstandort gegenüber anderen Ländern natürlich keineswegs attraktiver.

Dabei könnte - Sie haben es selbst erwähnt - vom Bundesbesoldungsdurchschnitt bzw. von Besoldungsdurchschnitten der Länder nach Maßgabe der Länder und ihrer Haushaltsmittel abgewichen werden, wenngleich in vorgegebenen Prozentsätzen. Ich gehe davon aus, dass uns die Landesregierung aber doch in den Ausschussberatungen getrennte, aktualisierte und hochschulspezifische Vergaberahmen bezogen auf das Jahr 2004 noch vorlegen wird. Wir brauchen fähige Wissenschaftler an unseren Hochschulen, aber auch der fähigste Wissen

schaftler wird irgendwo ökonomisch interessiert sein, und ich habe ein bisschen das Gefühl, dass Sie auf den Idealismus der Betreffenden setzen.

Zweitens. Die deutlichen Unterschiede zwischen Fachhochschulen und Universitäten sind ungerechtfertigt, weil ungeachtet verschiedener Leistungen Status und Aufgaben von Professoren bezogen auf Lehre und Forschung als gleichwertig betrachtet werden müssen. Beide Hochschulformen bieten zudem Bachelor- und Masterabschlüsse in zu akkreditierenden Studiengängen an. Also, woraus rechtfertigt sich dann ein so gewaltiger Unterschied?

Drittens. Die Linie des Bundesgesetzgebers wird auch in der Ansetzung der Besoldungsgruppen fortgesetzt. So liegt die Besoldungsgruppe W 3 etwa im Mittelfeld der bisherigen Dienstaltersstufen der so genannten C-3-Stellen, auch dort natürlich mit Unterschied Ost/West. Die Besoldungsgruppe W 2 bewegt sich dagegen an der untersten Dienstaltersstufe. Das sind 35-, maximal 37-Jährige.

Wenn also keine klare Regelung zur Auspufferung des Differenzbetrages kommt, wird sich wohl kaum jemand hier im Land freiwillig für einen Umstieg bereit finden. Mindestens der Status quo müsste gewährleistet sein.

Damit wird die Einführung des Besoldungssystems unnötig viele Jahre beanspruchen. Wer sich auf Ausschreibungen neu bewirbt, wird sehr genau überlegen, ob er einen Ruf in den Osten und dann noch nach SachsenAnhalt annimmt und sich bereit findet, eine geringere Besoldung zu akzeptieren.

So läuft man Gefahr, dass die Hochschulen Möglichkeiten des Bezugs von Leistungszuschlägen ihrerseits dann zur Abfederung dieser Differenzen nutzen könnten. Damit wird der Systemwechsel konterkariert oder es könnte sein, dass unsere Hochschulen quasi als Hopperinstanz fungieren, indem man sich nämlich bewirbt, um überhaupt erst einmal eine Professur zu bekommen, aber dann versucht, wenn man sie hat, sich relativ schnell in einem anderen Land an einer anderen Hochschule zu bewerben.

Viertens. Das Gesetz schreibt unter anderem den Fachhochschulen einen Anteil von Stellen der Besoldungsgruppe W 3 in Höhe von 10 % vor. Es tut dies unnötigerweise. Abgesehen davon, dass andere Länder dort auf bis zu 25 % gehen, ist diese ganze Vorschrift völlig entbehrlich, denn die Hochschulen sind budgetiert und sie haben Zielvereinbarungen. Das heißt also, sie könnten autonom entscheiden, in welchen Anteilen sich diese Gruppen bewegen. Die Kontingentierungen stehen im Widerspruch zu dieser im Gesetz erklärten Absicht.

Fünftens. Ich hätte ja darauf warten können! Der Ausschluss der Juniorprofessoren von den Berufungsleistungsbezügen bei erstmaliger Übertragung einer Professur widerspricht nicht nur dem Bundesgesetz, sondern auch dem dort definierten Vergabeprinzip. Bekanntlich sollen besondere Leistungen gewürdigt werden. Eine Prüfungsvergütung für diese Gruppe fehlt dagegen im Gesetz gänzlich, obwohl sie im Bundesgesetz vorgesehen ist. Weiter sieht das Bundesgesetz für Juniorprofessoren der Besoldungsgruppe W 1 die Möglichkeit eines Sonderzuschlages von monatlich 10 % als Leistungszuschlag vor. Nun frage ich mich, warum wir das im Land nicht tun, um wenigstens die Leute zu halten, die hier sind.

(Beifall bei der PDS)

Sechstens. Das Bundesgesetz ist schon schwer zu handhaben. Das ist wohl wahr. Aber das Landesgesetz steigert nach meinem Empfinden die Unübersichtlichkeit ganz besonders auch mit Blick auf die Regelungen zur Ruhegehaltsfähigkeit. Die Verordnung erscheint nach meinem Dafürhalten unnötig, weil sie im Grunde genommen drei Viertel dessen, was schon im Gesetz steht, wieder übernimmt.

Fazit: Die Vereinfachung der Besoldungsgruppen war angesichts von 17 000 Eingruppierungsmerkmalen nach BAT absolut sinnvoll. Der Einstieg in eine leistungsbezogene Besoldung erscheint allerdings angesichts solcher Gesetze ohne die Abschaffung des Beamtenstatus als fast unmöglich und der Wissenschaftsrat hat das seinerseits auch klar gesagt. Die aus diesem Gesetz ablesbaren Besoldungsperspektiven tragen weder dem hochkomplexen betriebspsychologischen Klima der Hochschulen Rechnung noch fordern sie Engagement an diesen Hochschulen heraus. Man wird sich also mit Widerwillen dieser Aufgabe stellen und man wird nur Frustration erzeugen.

Frau Abgeordnete, Sie haben fast um zwei Minuten überzogen. Kommen Sie bitte zum Schluss.

Danke. - Mein letzter Satz: Sie haben vorhin ein Verwaltungsvereinfachungsgesetz vorgelegt. Fangen Sie doch mit diesem Gesetz an, sonst müssen wir das in drei Jahren auch noch vereinfachen.

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank, Frau Dr. Sitte. - Für die CDU-Fraktion erteile ich nun der Abgeordneten Frau Feußner das Wort. Bitte sehr, Frau Feußner.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landtag von Sachsen-Anhalt beschäftigt sich heute zum wiederholten Male mit dem Thema Besoldung. Nachdem wir uns in dieser Legislaturperiode schon mit so spannenden Themen wie dem Besoldungs- und Versorgungsnichtanpassungsgesetz beschäftigt haben und das Thema beamtenrechtliches Sonderzahlungsgesetz uns demnächst sicherlich nicht ganz so leichte Beratungen bescheren wird, wird heute die erste Lesung des Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Landesbesoldungsgesetzes aufgerufen.