Für den Bereich der ambulanten medizinischen Versorgung berichtete das Ministerium für Gesundheit und Soziales im Jahr 2003, dass der künftige Bedarf an Ärzten nur schwer einzuschätzen, gesicherte Prognosen ohne eine wissenschaftliche Untersuchung nicht möglich seien und die Sicherstellung der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ohnehin der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt obliege. - Das ist vollkommen richtig. Das bedeutet aber wiederum nur eingeschränkte Handlungs- und Steuerungsmöglichkeiten für die Landesregierung.
Ähnlich stellt sich die Situation bei der stationären medizinischen Versorgung dar. Die gemeinsam erarbeiteten Rahmenvorgaben entfalten an sich noch keine Rechtskraft. Sie müssen durch Leistungsverträge untersetzt werden, die zwischen den Krankenkassen und den Trägern der Krankenhäuser ausgehandelt werden. Die Qualitätssicherung muss ein Bestandteil genau dieser Verträge werden. Das Land sitzt, wie auch bisher, Herr Minister, nicht mit am Verhandlungstisch und kann damit nicht die Qualität der Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen direkt beeinflussen.
Für die Prävention, die ambulante und die stationäre kurative Medizin, die integrative Versorgung und die gesundheitliche Rehabilitation gelten im Wesentlichen bundesgesetzliche Regelungen. Das Land Sachsen-Anhalt kann über den Bundesrat gesetzgeberisch mitgestalten. Als nächste Vorhaben stehen das Präventionsgesetz und die Neuregelung der finanziellen Grundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung an, wobei ich schon jetzt für die Bürgerversicherung werbe.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin froh, dass trotz der zahlreichen Blockaden und Verschlechterungen, die die CDU-regierten Länder bei der Beratung des GKV-Modernisierungsgesetzes im vergangenen Jahr zu verantworten hatten,
einige wichtige strukturelle Neuerungen jetzt umgesetzt werden können, Herr Tullner. Das betrifft das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen als Einrichtung der Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen, die Patientenbeauftragte als Anwältin der Patienteninteressen, die Förderung der Patientenauto
nomie durch Einsicht in die Leistungsabrechnung der Ärztinnen und Ärzte und in den Haushalt der jeweiligen Krankenkasse,
die Einrichtung von medizinischen Versorgungszentren, der Ausbau der integrierten Versorgung, die Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung, die Möglichkeit, das Hausarztprinzip einzuführen, wie es die AOK bei uns bereits initiiert hat, um nur einige der Neuerungen zu nennen, bei denen sich die SPD-Fraktion im Gesetzgebungsgang Gott sei Dank durchgesetzt hat.
Im Hinblick auf die Qualitätssicherung in diesen Bereichen sind an erster Stelle die direkten Partner, die Ärzteschaft, die Kassen und die Träger von Einrichtungen mit ihren Selbstverwaltungsorganen, gefragt.
Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung ihre Verantwortung in der zuständigen Aufsicht bei den landesunmittelbaren Verbänden und ihr politisches Mandat zur Anregung von Initiativen und zur Steuerung von Prozessen wahrnimmt. Die Landesregierung kann die Qualität in den meisten Bereichen des Gesundheitswesens selbst nicht unmittelbar sichern.
Wofür ist das Ministerium für Gesundheit und Soziales im Gesundheitssektor im Land Sachsen-Anhalt nun aber tatsächlich zuständig und verantwortlich? - Da mir nur ein Bruchteil der Redezeit des Ministers zur Verfügung steht, konzentriere ich mich auf sieben Bereiche.
Erstens Rettungsdienst. Seit einem Jahr liegt der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion im Ausschuss für Gesundheit und Soziales auf Eis. Der Regierungsentwurf war für das Jahr 2003 angekündigt, lässt aber noch immer auf sich warten und wird wohl in Gänze erst nach der hinausgeschobenen Kreisgebietsreform umsetzbar sein. Damit ergibt sich ein durch Sie zu verantwortender Zeitverzug von mehr als vier Jahren. Das haben Sie zu verantworten.
Zweitens Gesundheitsziele. Die Weiterführung der Gesundheitsziele unter der Federführung des Ministeriums wird allseits anerkannt. Auch ich halte die Weiterentwicklung dieser Ziele und den Ausbau der verschiedenen Kooperationsnetze für sinnvoll. Aber die von Ihnen, Herr Kley, in den Vordergrund gerückten Maßnahmen wie Förderung der gesunden Ernährung und Förderung der Bewegung halte ich wiederum als Gesundheitsziele selbst für nicht ausreichend und schwer nachprüfbar. Hierzu werden die nächsten Landesgesundheitskonferenzen Bewertungen vornehmen müssen.
Drittens Krankenhausplanung. Nach dem neuen Krankenhausgesetz des Landes muss die Rahmenplanung mit Versorgungs- und Qualitätszielen durch das für jedes Krankenhaus auszuhandelnde Leistungspaket untersetzt werden. Menge und Struktur der jeweiligen Leistungen - egal, ob in einem Krankenhaus der Regelversorgung, in einem Fachkrankenhaus oder in einem Universitätsklinikum - müssen sich an der bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung orientieren.
Das heißt, auch unter demografischen Gesichtspunkten muss dauerhaft eine besondere Form der Qualitätssicherung durch die Vertragspartner gewährleistet wer
den. Die Analyse der stationären Inanspruchnahme im DRG-Optionsjahr 2003 durch Professor Robra und sein Team gibt immerhin Anlass zu der optimistischen Auffassung, dass dies gelingen könnte.
Viertens Maßregelvollzug. Erst in der letzten Ausschusssitzung haben Sie, Herr Minister, die dramatische Überbelegung im Maßregelvollzug erneut bestätigt. Mir liegt jede Hysterie, wie sie die frühere CDU-Kollegin Frau Stange in der letzten Legislaturperiode verbreitet hat, fern. Aber da die ersten Überlegungen im Ministerium hinsichtlich eines weiteren Standortes für den Maßregelvollzug bereits aus dem Jahr 2001 stammen, muss die Landesregierung jetzt, drei Jahre später, unverzüglich zu einer Entscheidung kommen. Hierfür ist sie direkt zuständig, hat die Hoheit und die Verantwortung dafür.
Fünftens Bedarf an Ärztinnen und Ärzten. Sowohl in der Antwort auf die schon erwähnte Große Anfrage als auch in Ihrer heutigen Darstellung schildern Sie, Herr Kley, die Mangelsituation in bestimmten Bereichen der ambulanten Versorgung, aber auch im stationären Bereich in ländlich strukturierten Regionen. Ich erwarte, dass Sie sich aktiv in die aktuelle Diskussion zur Zukunft der Hochschulmedizin, zur Struktur der medizinischen Fakultäten und der Entwicklung der Zahl der Studierenden in der Medizin und in der Zahnmedizin in Sachsen-Anhalt einmischen.
Bei voller Respektierung der Autonomie unserer beiden Universitäten müssen wir Abgeordneten auch ressortübergreifend zusammen mit den beiden Ministerien die zukünftigen Bedarfe an medizinischem Nachwuchs für Sachsen-Anhalt erörtern und auch über das Hochschulmedizingesetz die richtigen Weichen für die Ausbildung und für die Hochleistungsmedizin stellen. Das hat etwas mit der Zukunftssicherung der medizinischen Versorgung in unserem Land zu tun. Dieses Feld haben Sie leider völlig ausgeblendet, Herr Kley.
Sechstens die medizinische Versorgung älterer Menschen. So wie für junge Familien die Hausärztin oder der Hausarzt wichtige und einflussreiche Ratgeber sind, um beispielsweise durch gesunde Lebensweise einer Adipositas, einer Herzkreislauferkrankung oder der Beeinträchtigung des Bewegungsapparates vorzubeugen oder für einen altersgerechten Impfschutz zu sorgen, werden für die ältere Generation die hausarztzentrierte ambulante und die integrierte Versorgung enorm an Bedeutung gewinnen. Für die häufig multimorbiden älteren Menschen - natürlich auch für alle anderen - werden sich transparente Versorgungsketten in einer Steigerung der Lebensqualität niederschlagen. Aber auch hierbei sind an erster Stelle die Selbstverwaltungen gefragt.
Das Ministerium hatte allerdings bis vor zwei Jahren ein Koordinierungsinstrument in der Hand: den Geriatriebeirat, der die Umsetzung des im Jahr 1996 beschlossenen Geriatriekonzepts in Sachsen-Anhalt begleitete.
Herr Kley, Sie haben zugelassen, dass es nicht zu einer Einigung über eine Fortschreibung dieses Konzepts gekommen ist, und Sie haben den Beirat nicht wieder berufen. Sie haben sich damit Koordinierungsmöglichkeiten in der geriatrischen Versorgung entledigt. Das war für mich ein politischer Fehler.
Siebtens Suchtprävention. Erfreulicherweise hat sich eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe auf Eckpunkte für ein Bundespräventionsgesetz verständigt. Das gibt zu der Hoffnung Anlass, dass nach dem seit 2002 erfolgten Aufbau des Deutschen Forums Prävention und Gesundheitsförderung noch in dieser Legislaturperiode durch eine breite Allianz in Bundestag und Bundesrat Präventionsziele, deren Umsetzungsrahmen, die Qualitätssicherung und die Kontrolle beschließen wird.
In Sachsen-Anhalt haben wir seit vielen Jahren eine Kultur der Prävention und Gesundheitsförderung über zahlreiche, auch ressortübergreifende Aktionen und die Förderung von entsprechenden Projekten und Institutionen entwickelt. Die Suchtprävention spielte dabei immer eine zentrale Rolle und hat auch Eingang in die Gesundheitsziele gefunden.
Ich nehme noch einmal Bezug auf die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion. Dort verweisen Sie darauf, dass das Rahmenkonzept zur Suchtvorbeugung die Grundlage für die suchtpräventiven Aktivitäten in Sachsen-Anhalt sei. Die dann an erster Stelle genannte strukturelle Maßnahme ist die Förderung der Landesstelle für Suchtfragen, die nach Ihrer Aussage von vor einem Jahr, Herr Kley, eine unverzichtbare koordinierende Funktion wahrnimmt und dementsprechend auch in Zukunft die für ihre Arbeit notwendigen Mittel erhalten soll.
Damit ist es nun leider vorbei. Die Realität des Doppelhaushalts sieht eine Halbierung der Ansätze vor. Unsere seriös gegenfinanzierten Anträge zur Wiederherstellung der Höhe der Ansätze des Jahres 2004 haben die Fraktionen der CDU und der FDP abgelehnt. - So viel, meine Damen und Herren, zur Glaubwürdigkeit des hohen Stellenwertes der Prävention bei Ihnen.
Zusammenfassend erlaube ich mir die Feststellung, dass Sie, Herr Minister Kley, uns eine gute Übersicht über den Stand der Erkenntnisse in den einzelnen Referaten der Gesundheitsabteilung im Ministerium gegeben haben. Dahinter steckt Fleiß und das ist löblich. In der Regierungserklärung haben Sie vor allem denjenigen, die nicht über Detailkenntnisse zum Gesundheitssystem verfügen, Erklärungen zukommen lassen. Es war ein informativer Bericht.
Die Perspektive für konkretes Regierungshandeln sind Sie uns leider im Wesentlichen schuldig geblieben. Deswegen war diese Erklärung als Regierungserklärung eigentlich überflüssig.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach der eben von der Kollegin Frau Dr. Kuppe vorgetragenen Rede möchte ich an dieser Stelle direkt darauf eingehen und das Fazit ziehen, dass dabei aus meiner Sicht auch eine ganze Menge Frust mitgeschwungen hat, weil man eben seit 2002 nicht mehr in der Regierung ist.
Und als Opposition muss man von der Arbeit der Regierung naturgemäß ein möglichst schlechtes Bild in der Öffentlichkeit zeichnen.
Ich will auf einiges, das Sie angesprochen haben, direkt reagieren, insbesondere weil Sie auch die Koalitionsfraktionen angesprochen haben. Die Landesstelle für Suchtfragen soll auch nach unseren Vorstellungen in der Zukunft weiterarbeiten; allerdings haben wir eben einen anderen Ansatz. Wir sagen, dass wir die Mittel, die wir dort sozusagen aus dem administrativen Part umschichten, für direkte Projekte verwenden möchten. Es ist natürlich auch Prävention, wenn die Mittel für solche Projekte verwendet werden.
Meine Damen und Herren! Wenn ich die gesundheitspolitischen Diskussionen der jüngsten Zeit, seitdem es die Gesundheitspolitik gibt, beobachte, fallen mir zwei unterschiedliche Sichtweisen auf diese Thematik auf: erstens die individuelle Sicht; denn Gesundheit ist das höchste Gut, wir wünschen sie uns bei vielen Anlässen und um sie zu erhalten oder wiederherzustellen, ist uns nichts zu teuer; zweitens die kollektive Sicht; denn das Gesundheitswesen steckt in einer Krise. Jeder weiß: Wenn die Kosten weiter steigen, können wir uns bzw. können sich die nachfolgenden Generationen die bisherigen Standards des Gesundheitswesens nicht mehr leisten. Kurzum: Die Gesundheit scheint unbezahlbar zu sein.
Bezogen auf die beiden Sichtweisen stelle ich fest, dass das Wort „unbezahlbar“ unterschiedliche Deutungen zulässt. Auf das einzelne Individuum bezogen bedeutet es: sehr wertvoll. Auf die Gesellschaft bezogen bedeutet es: sehr teuer. An diesem Wortspiel wird letztlich deutlich, in welchem Spannungsfeld sich die Gesundheitspolitik befindet.
Genau an dieser Stelle komme ich jetzt zu der Regierungserklärung des Sozial- und Gesundheitsministers und stelle fest, dass es unter den schwierigen Ausgangsbedingungen gelungen ist, zwischen dem, was wünschenswert und notwendig ist, sowie dem, was in der aktuellen finanziellen Lage möglich und finanzierbar ist, ein ausgewogenes Verhältnis herzustellen.
Meine Damen und Herren! Ich möchte nun auf einige Gesichtspunkte zur Qualitätssicherung in der Gesundheitsversorgung in Sachsen-Anhalt aus der Sicht der FDP eingehen. Den ersten Bereich werde ich dabei unter die Überschrift „Innovationen in den Versorgungsstrukturen“ stellen; denn in diesem Bereich sind wir in Sachsen-Anhalt sicherlich ein Vorreiter für andere Bundesländer.
Neben den klassischen Versorgungsbereichen des ambulanten und stationären Sektors der ärztlichen Versorgung entwickeln sich nunmehr auch neue Versorgungsformen, zum Beispiel die integrierte Versorgung oder die hausarztzentrierte Versorgung. Positiv erwähnen muss man an dieser Stelle das schon genannte Projekt „Praxisklinik Sudenburg“ der AOK in Magdeburg und das Projekt „Integra“ des VdAK.
Hieran wird deutlich, dass die gewissermaßen „natürlichen Gegner“, die Krankenkassen und die Leistungserbringer, gut zusammenarbeiten können, um die althergebrachten Schranken zwischen den Versorgungssektoren zu öffnen und die Probleme abzubauen, die gemein
Es gibt aber auch andere Versorgungsformen, die in der Diskussion mit „innovativ“ etikettiert werden, deren Auswirkungen allerdings einer kritischen Würdigung nicht vollumfänglich standhalten. Dazu gehört aus meiner Sicht die Bindung der DMPs, der Disease-ManagementProgramme, an den Risikostrukturausgleich.