Meine Damen und Herren! Wenn die Finanzierung das Herzstück des ÖPNV-Gesetzes ist, dann ist dieser Patient herzkrank und wird keine lange Lebensdauer haben. Ich habe darauf im Ausschuss hingewiesen. Die SPD-Fraktion wird den ÖPNV im Land Sachsen-Anhalt weiter sehr aufmerksam beobachten, um das Schlimmste zu verhindern.
Es ist abzusehen, dass bereits spätestens im Jahr 2007 eine Novellierung des ÖPNV-Gesetzes erfolgen muss. Insofern begrüßen wir den Änderungsantrag, der jetzt von der PDS bzw. von der CDU gestellt worden ist.
Den Antrag auf Erweiterung des Beirates im Hinblick auf die Belange der Frauen möchten wir nicht so überhöht bewertet wissen.
Die Belange der Frauen sind aus unserer Sicht ein normaler und selbständiger Bestandteil unserer Gesellschaft bzw. der ÖPNV-Planung
und sollten in dem Gesetz nicht noch einmal in herausgehobener Weise eine besondere Bewertung erfahren. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Sachse. - Für die FDP-Fraktion erhält nunmehr der Abgeordnete Herr Qual das Wort. Bitte sehr, Herr Qual.
- Meine sehr geehrten Damen und Herren, trotz der schönen Worte von Herrn Sachse beruhigen Sie sich bitte wieder.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach intensiven Beratungen und einer Anhörung befassen wir uns heute abschließend mit dem neuen ÖPNV-Gesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Es ist uns gelungen, ein Gesetz zu erarbeiten, welches sich auf die wesentlichen Regelungen beschränkt.
Meine Damen und Herren! Einige aus meiner Sicht wichtige Gedanken möchte ich an dieser Stelle noch einmal ansprechen. Den Hintergrund der Neufassung des Gesetzes bildeten verschiedene Gesichtspunkte. So reagieren wir mit diesem Gesetz vor allem auf die veränderten Mobilitätsgewohnheiten der Bevölkerung. Flexibilität wird nicht nur von der Bevölkerung erwartet, zum Beispiel von den Arbeitnehmern, sondern auch von denjenigen, die für die Organisation des öffentlichen Personennahverkehrs zuständig sind.
Wenn die Fahrgastzahlen im ÖPNV sinken und die im Individualverkehr steigen, dann hat das sicherlich viele Ursachen. Die Möglichkeit der Einrichtung flexibler Bedienformen ist deshalb aus der Sicht der FDP ein richtiger Schritt in die Zukunft und die Antwort auf eben diese geänderten Mobilitätsgewohnheiten.
Ich möchte kurz auf die Planung des öffentlichen Personennahverkehrs entsprechend § 2/1 eingehen. Er bildet die Grundlage für ein an den Bedürfnissen der Fahrgäste ausgerichtetes Angebot an Nahverkehrsleistungen und enthält Grundsätze, die auch für uns unverzichtbar sind. An erster Stelle stehen hierbei die Qualität und die Leistungsfähigkeit in Verbindung - das möchte ich unterstreichen - mit der Barrierefreiheit.
Ein weiterer für die FDP nicht minder wichtiger Grundsatz ist die Wirtschaftlichkeit; denn Nahverkehrsleistungen müssen auch in Zukunft finanzierbar bleiben, damit diejenigen Fahrgastgruppen, die nicht über ein eigenes Fahrzeug verfügen, ebenso am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Um die Interessen dieser Fahrgastgruppen und anderer relevanter Institutionen einfließen zu lassen, sind auf der Ebene der Landkreise und des Landes Beiräte zu bilden.
Ich habe großes Vertrauen, dass die in den §§ 4 und 6 genannten Interessenvertreter aus ihrer jeweiligen Sicht auch die Interessen der Frauen berücksichtigen werden.
Meine Damen und Herren! Ein besonderer Knackpunkt im Gesetz war bzw. ist zweifelsohne die Neugestaltung der Finanzierungsfaktoren in § 8 für die Zuweisungen des Landes an die Aufgabenträger. Über die Gewichtung der einzelnen Faktoren wurde im Ausschuss mehrfach diskutiert. Meinungsunterschiede dazu, wie man das am besten bewerkstelligt, sind am Beispiel des Straßenbahnfaktors offen zutage getreten.
Entscheidend ist jedoch die Frage der Ausgewogenheit. Anders kann ich es mir gar nicht erklären, dass im Ausschuss von keiner Fraktion ein Antrag gestellt worden
Meine Damen und Herren! Wir als FDP werden nach der Verabschiedung des Gesetzes sehr genau beobachten, wie seine Umsetzung seitens der Aufgabenträger in der Praxis erfolgt und welche Auswirkungen damit verbunden sein werden.
Zweifellos haben wir ein innovatives und schlankes ÖPNV-Gesetz. Die Anregung durch den vorliegenden Antrag der PDS-Fraktion begrüßen wir. Dieser Antrag wird jedoch von den Koalitionsfraktionen mittels Änderungsantrag konkretisiert und um eine Berichterstattungspflicht der Landesregierung erweitert. Daher bitte ich Sie, dem weitergehenden Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP Ihre Zustimmung zu geben. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Qual. - Für die PDS-Fraktion erhält nun der Abgeordnete Herr Kasten das Wort. Bitte sehr, Herr Kasten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach rund vier Monaten ist das neue ÖPNVGesetz zur abschließenden Beratung wieder im Plenum. Wir müssen feststellen, dass mit diesem Gesetz die Fortsetzung unseres politischen Zieles „Einstieg in den Umstieg; sich fahren lassen, statt fahren zu müssen“ nicht erreicht wird. Der Vorrang für den Fahrgast bei Bahn und Bus bei einer hohen Planungs- und Finanzierungssicherheit ist nicht gegeben. Von einem öffentlichen Personennahverkehr aus einem Guss, der die gesamte Landesfläche erreicht, sind wir heute weiter entfernt als vor neun Jahren.
Ein integraler Taktfahrplan im gesamten Land ist nicht mehr umsetzbar. Der Schienenpersonennahverkehr - SPVN - fährt nach dem Netzzustand, der öffentliche Straßenpersonennahverkehr - ÖSPNV - nach den Anforderungen des Schülerverkehrs.
Positiv hervorheben möchte ich die von Minister Dr. Daehre vertretene Auffassung, dass der öffentliche Personennahverkehr ein Teil der Daseinsvorsorge ist und bleibt.
Nicht ausgeräumt werden konnten die Bedenken in verschiedenen Aspekten, so zum Beispiel die durch das Funktionalreformgesetz vorgesehene Verlagerung von Linienverkehrsgenehmigungen vom Landesverwaltungsamt auf die Landkreise und kreisfreien Städte. Diese sind zwar die Aufgabenträger, aber oft auch Träger von kommunalen ÖPNV-Unternehmen.
Zur Finanzierung. Obwohl die Struktur der erarbeiteten Zuweisungsmatrix ein positiver Ansatz ist, lebt das System ÖPNV nur von durchgereichten Mitteln des Bundes. Welche Bewertung zu dieser Situation Herr Dr. Daehre als verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion in der Abschlussberatung zum ÖPNV-Gesetz im Jahr 1995 traf, möchte ich in zwei Punkten zitieren:
„Der Haushaltsvorbehalt, der bekanntlich auch Nullzuweisungen rechtfertigen kann, ist für jegliche Planung unzumutbar. Hierfür müssen für
die Kommunen vielmehr verlässliche Grundlagen nach Art des Kindertagesstättengesetzes in Form fester Quotierungen für die einzelnen Aufgabenfelder vorgesehen werden.“
„Zur Vermeidung von Missverständnissen ein weiterer Hinweis. Es geht hier nicht, wie häufig falsch behauptet wird, um Subventionen für die Kommunen, sondern um die Gewährleistung eines verfassungsrechtlichen Anspruchs, nämlich der angemessenen Ausstattung mit finanziellen Mitteln zur Aufgabenerfüllung nach Artikel 87 Abs. 3 der Landesverfassung.“
die leider sehr klein ist. Ich muss sagen, wenn ich in die Runde sehe, dann merke ich, es interessiert sich scheinbar nur noch eine Minderheit der Abgeordneten für den ÖPNV.
Wegen der dargelegten Sachverhalte halten wir es grundsätzlich für notwendig, dass nach einer Erprobungszeit von maximal drei Jahren eine Überprüfung der Finanzierungsmechanismen und -strukturen erfolgt. Einen entsprechenden Vorschlag haben wir mit dem vorliegenden Änderungsantrag in der Drs. 4/1969 vorgelegt. Wir tragen die Änderung und Präzisierung unseres Änderungsantrags durch den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP natürlich gern mit.
Die Belange von Frauen sollten ebenfalls gebührend berücksichtigt werden. Das war im Gesetzentwurf der Landesregierung festgeschrieben. Das wurde aber von Vertretern der CDU- und der FDP-Fraktion im Fachausschuss abgelehnt. Wir haben eine entsprechende Formulierung in unserem zweiten Änderungsantrag heute zur Entscheidung eingebracht. Ich bitte Sie, vor der Abstimmung die Begründung zu diesem Antrag noch einmal sorgfältig zu lesen.
In einem letzten Abschnitt meiner Rede möchte ich einige Anmerkungen zur durchgängigen Barrierefreiheit im ÖPNV, bei uns in § 2 - Planung des ÖPNV - verankert, machen. Seit dem 1. Mai 2002 gilt mit Zustimmung von Bundesrat und Bundestag das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen und zur Änderung anderer Gesetze. Ich weise für den Geltungsbereich des ÖPNV-Gesetzes unseres Landes insbesondere auf die Abschnitte 1 § 4 - Barrierefreiheit -, § 5 - Zielvereinbarungen - und § 8 - Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr -, den Artikel 51 - Änderung des Personenbeförderungsgesetzes -, den Artikel 52 - Änderung der Eisenbahnbau- und -betriebsordnung - und den Artikel 52a - Änderung der Straßenbahnbau- und -betriebsordnung - hin.
Ich komme zum Schluss. Wenn wir ohne Alternativen den ÖPNV im Wesentlichen mit Zuweisungen von Regionalisierungsmitteln des Bundes finanzieren, dann ist und bleibt der ÖPNV im Land ein labiles Kartenhaus mit ungewisser Zukunft - und das insbesondere weil die rotgrüne Bundesregierung keine Anstrengungen unternimmt, mit der Triade Verkehrsvermeidung, Verkehrsverlagerung und Verkehrsvernetzung ernst zu machen. Vollmundigen Wahlaussagen zu den Bundestagswahlen 1998 und 2002 folgte die graue Realität, die unter Ver
(Minister Herr Dr. Daehre: Oh, abgesprochen! Ei- ne Zeitverlängerung! - Zuruf von der CDU: Klar war das abgesprochen! - Weitere Zurufe von der CDU und von der SPD)
Lieber Herr Kollege Kasten, die Frage, die ich an Sie richten möchte, lautet: Teilen Sie die Auffassung, die Herr Kollege Sachse zur Rolle der Frauen im ÖPNV vorgetragen hat?