Protokoll der Sitzung vom 16.12.2004

(Frau Ferchland, PDS, meldet sich zu Wort)

Frau Ferchland, aber nur eine ganz kurze Frage bitte. Es haben sich noch andere Abgeordnete gemeldet.

Herr Daehre, wissen Sie, dass die Idee der Anrufbusse vom Frauenring in Schleswig-Holstein stammt?

(Unruhe)

Das zeigt doch, wie flexibel diese Landesregierung und die Regierungsparteien sind.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Was vernünftig ist, übernehmen wir doch. Wir würden es selbst dann übernehmen, wenn es von der PDS kommen würde. Nun haben wir es doch. Ist doch in Ordnung. Nun sind wir doch alle zufrieden.

Herr Abgeordneter Kasten, Sie haben nun die Möglichkeit, Ihre Frage zu stellen.

Herr Minister Dr. Daehre, aufgrund Ihrer Rede haben sich bei mir noch zwei Nachfragen ergeben. Die erste Frage bezieht sich auf die Finanzierung; die zweite Frage zur Preisbildung ist der ersten eigentlich nachgeordnet.

Erstens. Sie haben die Finanzierung und das Verhältnis von investiven zu konsumtiven Ausgaben erwähnt. Im Finanzausschuss hat man die beiden Zahlen konkret benannt, 12 % und 25 %. Wir hatten angeregt, einen Mindestinvestitionsanteil festzuschreiben. Sie haben sich jedoch dafür ausgesprochen, die Entscheidung darüber den Aufgabenträgern zu überlassen. Sind Sie nach Ihren Informationen über die bisherige Umsetzung durch die Aufgabenträger der Meinung, dass das so zu halten ist oder sollte das eventuell auch im Rahmen dieser Überprüfung behandelt werden, um zu verhindern, dass nur auf Verschleiß gefahren wird?

Zweitens. Sie beklagten, dass nur 7 % der Berufstätigen den ÖPNV nutzen. Ich wage zu behaupten, dass das auch mit den Preisen zusammenhängt. Die DB AG hat es nicht geschafft, für 1 € die rund 40 km zwischen Halle und Leipzig zu fahren. Ich denke fast, die DB AG braucht höhere Preise, damit sie nicht so viele Fahrgäste hat. Das Problem hatten wir beim Wochenendticket in der ersten Phase auch.

(Herr Gürth, CDU: Was war jetzt die Frage?)

Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Kasten, das ist selbstverständlich ein großer Strauß. Ich könnte jetzt ausholen. Ich mache Ihnen den Vorschlag, dass wir uns mit der Zustimmung des Hohen Hauses über das Thema Preisbildung im Ausschuss verständigen.

Was die Überprüfung angeht, verspreche ich Ihnen, dass ich das in den nächsten vier Jahren machen werde. Darauf können Sie sich verlassen. Wir werden das in den nächsten vier Jahren prüfen.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU)

Herr Abgeordneter Sachse, jetzt haben Sie die Möglichkeit, Ihre Frage zu stellen.

Herr Minister, ich bedauere dass meine etwas unglückliche Äußerung zu den Belangen der Frauen hier zu einer erweiterten Diskussion geführt hat. Wir hatten im Ausschuss die Belange der Frauen als Fahrgäste be

handelt. Es gibt Fahrgastverbände. Wir haben uns verinnerlicht, dass diese Dinge in unserem heutigen Leben eigentlich eine Selbstverständlichkeit sind und dass wir dort die Belange der Frauen aufgehoben wissen wollten. Insofern war das vielleicht von mir etwas unterbewertet worden.

Ich möchte aber noch einmal auf Ihre Äußerung zum ÖPNV Brandenburg zu sprechen kommen. Es ist uns aufgefallen, dass Sie sich an Brandenburg orientiert haben. Würden Sie zugeben, dass unsere ÖPNV-Strukturen sehr viel inhomogener als die in Brandenburg und damit gar nicht vergleichbar sind? Das betrifft sowohl die Landkreise untereinander, die manchmal sehr klein und doch bevölkerungsreich sind, aber auch Unterschiede zwischen den kreisfreien Städten. - Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt: Würden Sie zugeben, dass der Erfolgsfaktor „Fahrten je Einwohner“ eine besondere Bedeutung hat? Denn wenn ich dort die Einwohnerzahl im Nenner habe, dann wirken sich einwohnerstarke Bereiche sehr gravierend aus. Dadurch kommen extreme Ungleichheiten im Land zustande.

Wenn zum Beispiel der Landkreis Sangerhausen für eine Million Beförderungsfälle 395 000 € erhält und der Burgenlandkreis für 1,6 Millionen Bevölkerungsfälle nur 285 000 €, dann gibt das doch zumindest Anlass zum Nachdenken. Beim Größenschlüssel scheint vieles nicht ausgewogen zu sein. Wir meinen ungerecht behandelt zu werden. Können Sie diese Sicht nachvollziehen?

Zunächst einmal eines, damit das Thema mit den Frauen auch abgeschlossen ist: Ich habe Sie immer als Gentleman kennen gelernt. Deshalb spricht es für Sie, dass Sie es nicht so gemeint haben, wie Sie es vorhin gesagt haben. Ich denke, das sollte auch einmal klar zum Ausdruck gebracht werden.

Zum zweiten Punkt. Herr Sachse, die inhomogenen Strukturen haben wir von Ihnen übernommen. Die richten wir gerade mit dem Gesetz zur Kreisgebietsreform. Deswegen versuchen wir das zu machen.

(Heiterkeit bei der CDU - Frau Schmidt, SPD: Oh!)

Der dritte Punkt. Sie greifen zwei Zahlen heraus. Ich kann nur eines sagen: Vonseiten der Landkreise habe ich diese Diskussion so nicht mitbekommen. Ich sage es aber noch einmal: Ich bin gern dazu bereit. Wenn wir in den nächsten Jahren feststellen, dass die Faktoren nicht die von uns gewünschten Wirkungen zeigen, dann müssen wir - Herr Kasten, hören Sie mir jetzt bitte zu, damit Sie mich im Jahr 2007 oder 2008 wieder zitieren können - an der Stellschraube drehen. Aber wir brauchen neue Stellschrauben im ÖPNV. Das ist das Entscheidende. Es geht darum, den Mut zu haben, es einmal zu machen.

Heute ist so viel über Veränderung gesprochen worden. Jetzt wollen wir Veränderungen, jetzt wollen wir eine Reform - und sofort wird wieder gesagt: Wir wollen wieder in die alten Gleise zurück. Deshalb lassen Sie uns das jetzt gemeinsam auf den Weg bringen. Ich bin gern dazu bereit, die Angelegenheit konstruktiv zu begleiten. Wir sollten uns Ende des nächsten Jahres im Ausschuss darüber verständigen, wie es im ersten Jahr gelaufen ist. Aber jetzt, noch bevor es überhaupt anläuft, gleich wieder zu sagen, es werde nicht klappen, ist mutig. Schauen wir uns das einmal gemeinsam an.

Herr Präsident, ich weiß nicht, gibt es noch Fragen?

Herr Minister, erlauben Sie, dass noch eine Frau, nämlich Frau Fischer, die letzte Frage stellen kann? Sie sind sicherlich geneigt, auch diese Frage noch zu beantworten.

Bei einer Frau bin ich geneigt, noch ein weiteres Mal zu antworten. Bitte.

Herr Minister Daehre, ich weiß nicht, ob Sie die Frage jetzt beantworten können. Falls dies nicht der Fall sein sollte, bitte ich Sie, mir das anschließend mitzuteilen. Ist im Rahmen der Anhörung der Landesfrauenrat, der die besonderen Belange der im ländlichen Raum lebenden Frauen vertritt, angehört worden?

Damit bin ich jetzt wirklich überfragt. Sorry.

(Frau Weiß, CDU: Nein!)

- Bitte?

(Frau Weiß, CDU: Es wurde von keiner Fraktion beantragt!)

- Okay. Wenn es von keiner Fraktion beantragt worden ist, dann beruhigt mich das unheimlich. Dann kann ich eines sagen, meine Damen und Herren auch von der Opposition: Wenn es in Zukunft um diese Frage geht, dann laden Sie diese Organisationen dazu ein. Das ist meine herzliche Bitte.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Unruhe bei der SPD und bei der PDS - Zuruf von Frau Fischer, Leuna, SPD)

- Frau Fischer, ich kann es nicht anders sagen. Jede Fraktion hatte die Möglichkeit zu sagen, wer zur Anhörung eingeladen werden sollte. Sie können uns jetzt nicht vorwerfen, dass das nicht passiert ist. Ich bin aber gern bereit - vielleicht können wir uns unterm Strich wieder zusammenfinden -, auch einmal das ÖPNV-Gesetz mit dem Landesfrauenrat und den kommunalen Vertretern zu erörtern. Vielleicht ist die vorweihnachtliche Zeit eine Möglichkeit, die uns beim ÖPNV jetzt wieder miteinander verbindet. - Herzlichen Dank.

Ebenso herzlichen Dank, Herr Minister, für Ihre Bereitschaft, die Fragen zu beantworten. - Meine Damen und Herren! Damit ist die Debatte abgeschlossen. Bevor wir in die Abstimmung eintreten, begrüßen Sie mit mir auf der Südtribüne Nutzer des ÖPNV, und zwar Mitglieder des Rundfunk- und Jugendchores Wernigerode, die uns heute Abend ein kleines Weihnachtskonzert vortragen werden.

(Beifall im ganzen Hause)

Ebenso herzlich begrüßen Sie bitte Schülerinnen und Schüler der Integrierten Gesamtschule „Willy Brandt“ Magdeburg auf der Nordtribüne.

(Beifall im ganzen Hause)

Meine Damen und Herren! Wir treten nun in die Abstimmung über die Drs. 4/1908 sowie über die Änderungsanträge in den Drs. 4/1918, 4/1968 und 4/1972 ein. Über diese Änderungsanträge stimmen wir zuerst ab.

Zunächst stimmen wir über den Änderungsantrag der Fraktion der PDS in der Drs. 4/1918 ab, bei dem es um eine Änderung des § 4 des Gesetzentwurfes geht. Wer diesem Änderungsantrag der Fraktion der PDS seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei den Fraktionen der PDS und der SPD. Gegenstimmen? - Bei den Fraktionen der CDU und der FDP. Damit ist dieser Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der PDS in der Drs. 4/1968. Dazu gibt es einen Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der Drs. 4/1972. Über diesen müssen wir zunächst abstimmen. Wer also dem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP zu dem Änderungsantrag der Fraktion der PDS seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Das ist einstimmig. Damit ist dem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP zugestimmt worden.

Wir müssen nun über den Änderungsantrag der Fraktion der PDS in der Drs. 4/1968 in der durch den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP geänderten Fassung abstimmen. Wer dem geänderten Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Das ist ebenfalls wieder einstimmig. Damit ist dieser Änderungsantrag beschlossen worden.

Meine Damen und Herren, wenn Sie einverstanden sind, schlage ich vor, in Anwendung des § 32 Abs. 1 unserer Geschäftsordnung über die vorliegende Beschlussempfehlung in ihrer Gesamtheit abzustimmen. Oder verlangt ein anwesendes Mitglied des Landtages eine getrennte Abstimmung? - Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die selbständigen Bestimmungen, die wir jetzt vornehmen, betrifft auch die soeben beschlossene geänderte Fassung des § 8. Wer diesen selbständigen Bestimmungen einschließlich der beschlossenen Änderung des § 8 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei den Fraktionen der CDU und der FDP. Gegenstimmen? - Bei der SPD-Fraktion. Enthaltungen? - Bei der PDS-Fraktion. Damit ist den selbständigen Bestimmungen mit den beschlossenen Änderungen mehrheitlich zugestimmt worden.

Wir stimmen nun über die Gesetzesüberschrift - „Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr im Land Sachsen-Anhalt (ÖPNVG LSA)“ - und über das Gesetz in seiner Gesamtheit ab. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei den Fraktionen der CDU und der FDP. Gegenstimmen? - Bei der SPD-Fraktion. Enthaltungen? - Bei der PDS-Fraktion. Damit ist der Gesetzesüberschrift und dem Gesetz in seiner Gesamtheit mit Mehrheit zugestimmt worden. Wir können den Tagesordnungspunkt 7 abschließen.

Meine Damen und Herren! Wir treten in die Behandlung des Tagesordnungspunktes 8 ein:

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung des Landesbetriebes Bau Sachsen-Anhalt