Protokoll der Sitzung vom 17.12.2004

Vielen Dank, Herr Kolze. - Eine Debatte ist nicht vereinbart worden. Möchte jemand dazu sprechen? - Das ist nicht der Fall. Dann stimmen wir ab.

Beantragt wurde lediglich die Überweisung in den Innenausschuss. Wer ist für die Überweisung in den Innenausschuss? - Das sind offensichtlich alle. Ist jemand dagegen? - Niemand. Enthält sich jemand der Stimme? - Auch niemand. Damit ist der Überweisung in den Innenausschuss zugestimmt worden und der Tagesordnungspunkt 19 ist abgeschlossen.

Meine Damen und Herren! Ich habe eine sehr erfreuliche Ansage zu machen. Wir haben für den Rest des Jahres nur noch fünf Tagesordnungspunkte. Das sollte uns motivieren durchzuhalten.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zu dem Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 4/1930

Einbringer ist Staatsminister Robra. Sie haben das Wort.

(Minister Herr Jeziorsky: Das mache ich für Herrn Robra! Herr Robra ist nicht da!)

- Herr Innenminister, Sie haben das Wort. Bei mir steht hier noch etwas anderes. Entschuldigung.

(Herr Kühn, SPD: Das hatten wir erst mit Herrn Becker!)

Es ist heute eine schwierige Thematik. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Mittel

punkt der medienpolitischen Debatte des Jahres 2004 standen die Finanzierung und die Struktur des öffentlichrechtlichen Rundfunks. Das Ergebnis dieser Debatte ist der jetzt dem Landtag zur Ratifikation vorliegende Achte Rundfunkänderungsstaatsvertrag.

Die darin enthaltenen Schwerpunkte sind Änderungen des Rundfunkstaatsvertrages, des Rundfunkgebührenstaatsvertrages und des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages. Auf diese Schwerpunkte möchte ich nachfolgend eingehen.

Erstens zum Rundfunkstaatsvertrag. Die Änderungen des Rundfunkstaatsvertrages betreffen beim öffentlichrechtlichen Rundfunk folgende Aspekte: Die Anzahl der öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Hörfunkprogramme wird auf dem Stand 1. April 2004 eingefroren. Ausschließlich digitale Fernsehprogramme werden auf die Schwerpunkte Kultur, Bildung und Information festgelegt. Ihre Anzahl wird auf drei beschränkt. Neue Fernsehprogramme werden nur im Austausch gegen die Einstellung eines anderen Fernsehprogramms zugelassen oder wenn dadurch keine Mehrkosten entstehen.

Zweitens zum Rundfunkgebührenstaatsvertrag. Das Rundfunkgebührenbefreiungsrecht wird vereinheitlicht und das Verfahren vereinfacht. Durch die Neuregelungen werden die heutigen Befreiungsverordnungen der einzelnen Länder obsolet und durch eine bundesweit einheitliche Regelung zur Rundfunkgebührenbefreiung für natürliche Personen, Betriebe, Einrichtungen und Schulen ersetzt.

Zu Diskussionen führten dabei insbesondere die neuen Regelungen zur Rundfunkgebührenbefreiung von Beherbergungsbetrieben, die Einführung der Gebührenpflicht für PCs und die Gebührenhöhe für Zweitgeräte in Hotels. Bei Betrieben mit bis zu 50 Gästezimmern bleibt es unverändert bei einer Gebührenbefreiung von 50 %. Bei Betrieben mit mehr als 50 Zimmern wird sie jedoch nur noch bei 25 % statt bei 50 % liegen. Darüber hinaus wird die bisher ausschließlich Hotels vorbehaltene Gebührenermäßigung nun auch auf Empfangsgeräte in gewerblich vermieteten Ferienwohnungen ausgedehnt.

Durch die Staffelung bis zu 50 Zimmer kann die gerade für die weniger finanzstarken kleinen und mittleren Unternehmen günstige Situation aufrechterhalten werden. Für die Betreiber von Ferienwohnungen wird sogar eine Entlastung eintreten, da sie bisher nicht an dem Privileg teilhatten.

In Sachsen-Anhalt liegt die Mehrzahl der Beherbergungsbetriebe unter der Grenze von 50 Zimmern, sodass bei uns im Lande voraussichtlich nur wenige Betriebe von der Änderung betroffen sein werden.

Ab dem 1. Januar 2007 wird die Rundfunkgebührenpflicht für so genannte neuartige Rundfunkempfangsgeräte - gemeint sind insbesondere Internet-PC - eingeführt.

Im privaten Bereich gilt: Ersetzt der PC die anderen Empfangsgeräte, also Fernsehen und Radio, so wird der PC als Erstgerät gebührenpflichtig. Werden aber neben dem PC andere Rundfunkgeräte weiterhin bereitgehalten, bleibt die Gebührenpflicht für diese Geräte als Erstgeräte bestehen, es tritt aber keine zusätzliche Gebührenpflicht für den PC hinzu.

Im nichtprivaten Bereich gilt: Solange es andere Rundfunkgeräte gibt, ist jedes dieser Geräte gebührenpflichtig, nicht hingegen der internetfähige PC. Gibt es keine

anderen Geräte mehr, ist für den ersten PC, der Rundfunk über das Internet empfangen kann, die Rundfunkgebühr zu entrichten. Jeder weitere PC fällt jedoch unter die Zweitgerätefreiheit. Damit tritt für den betrieblichen Bereich eine Besserstellung gegenüber der bisherigen Situation ein, in der generell keine Zweitgerätefreiheit besteht. Diese Neuregelung für PCs soll erst zum 1. Januar 2007 in Kraft treten.

Drittens zum Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag. Zukünftig sollen finanzwirksame Selbstverpflichtungserklärungen der Rundfunkanstalten Bestandteil des Bedarfsermittlungsverfahrens sein. So wird sichergestellt, dass die von den Rundfunkanstalten bereits abgegebenen Selbstverpflichtungserklärungen nicht bloße Absichtsbekundungen darstellen.

Kredite dürfen die Rundfunkanstalten zukünftig nur noch zur Erweiterung und zur Verbesserung der Betriebsanlagen aufnehmen. Die Kompetenzen der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs werden erweitert; denn sie soll zukünftig die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und die Entwicklung der Haushalte der öffentlichen Hand berücksichtigen.

Viertens zur Rundfunkgebührenerhöhung und zur Strukturreform. Politischer Kernpunkt der Novelle ist die Erhöhung der Rundfunkgebühren. Der 14. KEF-Bericht sah eine Erhöhung um 1,09 € vor. Abweichend von dem Vorschlag der KEF wurde von den Ministerpräsidenten eine Erhöhung um 88 Cent beschlossen. Der MPKBeschluss vom 8. Oktober 2004, der diese Entscheidung ausführlich begründet, liegt dem Landtag vor. Die Erhöhung der Rundfunkgebühren ist mit einer Strukturreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verknüpft.

Zusammenfassend ergibt sich folgendes Paket: quantitative Begrenzung bei Fernseh- und Radioprogrammen; Bündelung und Kooperationen bei Radioprogrammen; zukünftig nur noch programmliche Austauschentwicklung und Kostenneutralität; qualitative Programmentwicklung digitaler Fernsehprogramme auf die Schwerpunkte Kultur, Bildung und Information; Erweiterung der KEFPrüfungsmöglichkeiten; Kreditaufnahme nur noch in Ausnahmefällen zulässig; Protokollerklärung zur weiteren Konkretisierung des öffentlichen-rechtlichen Programmauftrags zu den Themen Überprüfung der Strukturen, technologische Fortentwicklung und Gleichwertigkeit der Versorgung sowie Bedeutung von Werbung und Sponsoring; zusätzliche Sparmaßnahmen durch Selbstverpflichtungen, die Bestandteil des Staatsvertrages sind.

Im Zentrum der intensiven politischen Verhandlungen der Länder mit den Intendanten stand eine Vielzahl von Hinweisen der KEF auf noch nicht ausgeschöpfte Einsparungspotenziale bei den Rundfunkanstalten. Teilweise konnten diese Hinweise bereits in die Selbstverpflichtungserklärungen aufgenommen werden, zum Beispiel in den Bereichen Online, Marketing und Personal.

Insbesondere im Personalbereich werden den Rundfunkanstalten schwierige Rationalisierungsanstrengungen abverlangt. Die bei den Rundfunkanstalten anstehenden Maßnahmen werden in den einzelnen Ländern spürbar sein. Der Mitteldeutsche Rundfunk hat unmittelbar nach der Entscheidung der MPK ein umfassendes Sparpaket beschlossen, das bis zum Ende der kommenden Gebührenperiode ein Einsparvolumen von 100 Millionen € vorsieht. Die vom MDR selbst formulierte Zielsetzung lautet, bis zum 31. Dezember 2008 schwarze Zahlen zu erreichen. Auch die anderen Landesrundfunk

anstalten, das ZDF und das Deutschland-Radio werden sich ein solches Ziel vornehmen müssen.

Diese Forderungen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind verfassungskonform. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Gebührenurteil von 1994 ausdrücklich gesagt, dass es Aufgabe der Länder ist, die finanziellen Interessen der Rundfunkgebührenzahler im Gebührenfestsetzungsverfahren wahrzunehmen.

Die Ministerpräsidenten haben sich davon leiten lassen, dass sich Deutschland insgesamt in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage befindet. Sie ist von Einnahmeausfällen in den öffentlichen Haushalten gekennzeichnet. Auch bei vielen Bürgerinnen und Bürgern sind sinkende Einkommen zu verzeichnen. Im erwähnten MPK-Beschluss vom 8. Oktober 2004 haben die Ministerpräsidenten die Abweichung vom KEF-Vorschlag insbesondere mit dieser zurzeit besonders problematischen Situation begründet. Das muss auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk anerkennen.

Die Forderungen des Landtagsbeschlusses vom 9. Juli 2004 sind damit erfüllt. Der Staatsvertrag hat die von der Landesregierung in ihrem Bericht vom 13. September 2004 in Aussicht gestellten Rationalisierungsziele eingehalten und noch weitere Effekte erreicht.

Insgesamt sichert der Staatsvertrag die im Landtagsbeschluss geforderte Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für die demokratische Ordnung und die freie öffentliche Meinungsbildung ebenso wie seine Entwicklungsfähigkeit für die Zukunft. Gleichwohl haben die Länder gegenüber den Rundfunkanstalten das momentan über die KEF-Ansätze hinaus noch verfügbare Rationalisierungspotenzial durchgesetzt.

Lassen Sie mich abschließend folgende Punkte festhalten:

Erstens. Der früher vielfach kritisierte Gebührenautomatismus wurde erstmals durchbrochen, eine angemessene Gebührenerhöhung wurde erreicht.

Zweitens. Das KEF-Verfahren wurde verfassungskonform durchgeführt. Die Position der KEF wird zukünftig gestärkt.

Drittens. Die Rundfunkanstalten haben sich selbst zu zusätzlichen Sparmaßnahmen verpflichtet.

Viertens. Die ständige Programmexpansion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist beendet und damit zugleich ein regelmäßiger Kostentreiber abgestellt.

Fünftens. Die Strukturreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird zu konkret festgelegten Themen fortgesetzt.

Die Länder haben damit insgesamt einen vernünftigen Kompromiss erreicht. Ich bitte daher um Überweisung in den Ausschuss für Kultur und Medien und um die Zustimmung des Landtages zu diesem Staatsvertrag. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke Ihnen, Herr Minister, für die Einbringung. - Es ist eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion vorgesehen. Der Abgeordnete Herr Höhn spricht für die PDS-Fraktion. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da ich erfahren habe, dass meine Kollegen beabsichtigen, ihre Reden zu Protokoll zu geben, sofern Sie das gestatten, ich aber nur Stichpunkte habe, habe ich zugesagt, mich kurz zu fassen, um nicht als allzu unfair zu erscheinen. Deswegen will ich mich auf ein paar Punkte konzentrieren, obwohl die Ausführungen des Ministers zu etwas mehr reizen.

Ich will nochmals ausdrücklich sagen, dass der Streit der letzten Monate - Herr Jeziorsky hat gesagt, dieser habe das Jahr 2004 in der medienpolitischen Debatte geprägt - kein Streit in erster Linie um 10 oder 20 Cent, sondern ein in der Sache sehr grundsätzlicher war. Es ging vor allem darum - das hat auch die Debatte bei uns im Landtag im Sommer geprägt -, wie sehr wir als Politiker glauben auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die Gebührenentscheidung Einfluss nehmen zu müssen und zu dürfen.

Ich nehme nach wie vor zur Kenntnis, dass es eine große Gruppe in den Parlamenten und auch unter den Ministerpräsidenten gibt, die einen starken politischen Einfluss in dieser Frage präferieren. Daneben gibt es eine bedauerlicherweise kleinere Gruppe, zu der auch die PDS gehört, die einen sehr zurückhaltenden Einfluss von Politik auf diese Entscheidung befürwortet.

Ich wünschte mir, dass wir als Politik insgesamt mit dieser so genannten vierten Säule, der Kontrollinstanz von Politik, auch in der öffentlichen Debatte etwas zurückhaltender umgehen würden. Ich glaube nicht, dass diese Diskussion dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk sehr genutzt hat.

Die Absenkung des Betrages, den die KEF vorgeschlagen hat und die uns die Ministerpräsidenten jetzt zur Beschlussfassung vorgelegt haben, wird zu erheblichen Einsparungen auch in der Struktur, in der Substanz der Anstalten führen müssen. Der Minister hat darauf hingewiesen, was dies allein für den MDR bedeutet.

Das ist genau das Problem, das ich in unseren Diskussionen sozusagen schon immer kritisiere. Ich glaube, dass wir uns nicht in Übereinstimmung mit dem Verfassungsgericht befinden, wenn wir die Gebührenentscheidung mit einer Strukturveränderung koppeln. Diese Kritik besteht nach wie vor.

Ich will deutlich sagen, dass ich heute für meine Fraktion noch nicht sagen möchte und kann, wie wir uns am Ende der Diskussion in der zweiten Beratung zu diesem Staatsvertrag verhalten werden. Ich will allerdings schon sagen, dass die PDS insgesamt in den ostdeutschen Landtagen diesen Staatsvertrag nicht scheitern lassen wird, weil wir natürlich auch in der Verantwortung stehen, dass dieser Staatsvertrag in der Sache in Kraft tritt, damit überhaupt eine Gebührenerhöhung kommt.