Protokoll der Sitzung vom 17.12.2004

(Unruhe)

Einen kleinen Moment bitte, Herr Kurze. - Wir versuchen jetzt, den einen Tagesordnungspunkt noch durchzuhalten. - Bitte sehr.

Danke schön. - Ziel dieser Initiative ist es, Sachsen-Anhalt zu einem kinder- und familienfreundlichen Land zu machen. Aus den Diskussionen im Plenum sowie im Ausschuss für Gleichstellung, Familie, Kinder, Jugend und Sport ist Ihnen bekannt, welche Einzelmaßnahmen sich hinter dieser Familieninitiative verbergen, sodass ich auch in Anbetracht der fortgeschrittenen Tageszeit davon Abstand nehme, hier auf alle Details einzugehen.

Unstrittig ist im Rahmen dieser Beratung zwischen den Fraktionen gewesen, dass die Lebenslagen von Familien besonders geprägt werden durch die Situation, die die Familien vor Ort, sprich in ihrem Wohnort, vorfinden.

Vor diesem Hintergrund und zur Unterstützung der Familieninitiative der Landesregierung bitten die Regierungsfraktionen die Landesregierung, unter Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten einen landesweiten Wettbewerb „Kinder und familienfreundliche Kommune“ auszuloben.

Dieser Wettbewerb soll sich an Landkreise, Städte und Gemeinden richten. Ziel dieses Wettbewerbs ist es, Kindern und Familien wieder den Stellenwert in unserer Gesellschaft einzuräumen, der ihnen aufgrund ihrer großen Bedeutung für die Gesellschaft zukommt. Kinder und Familien bilden das Rückgrat der sozialen Strukturen einer Gemeinde. Vor diesem Hintergrund liegt es im Interesse aller, wenn sie gefördert werden.

Von dem Wettbewerb soll nun das Signal ausgehen, dass Kinder und Familien vor Ort willkommen sind. Leider müssen wir in der Realität immer wieder erkennen, dass Kinderlärm nicht nur bedingt durch die demografische Entwicklung ein immer seltener wahrzunehmender Tatbestand ist. Dies ist im wahrsten Sinne des Wortes ein hörbares Signal. Deshalb wollen wir mit dem Wettbewerb einen Beitrag zum gesellschaftlichen Wandel hin zu einem kinder- und familienfreundlichen Klima in unserer Gesellschaft leisten, einen kleinen Beitrag zumindest.

Wir wollen ein Klima schaffen, aufgrund dessen unter anderem die Entscheidung für das Leben mit Kindern erleichtert wird, und wollen, dass Entfaltungs- und Lebensräume für Kinder gesichert werden sowie dass die Eigenverantwortlichkeit der Familie und der Familiennetze gestärkt wird.

Wir haben sowohl im Antrag als auch in der Antragsbegründung deutlich gemacht, dass Kinder und Familien insbesondere strukturell verlässliche Rahmenbedingungen benötigen. Wir haben ebenso deutlich gemacht, welche Akteure hierbei konkret gefordert sind. Dies alles möchte ich nicht noch einmal wiederholen. Sie haben das selbst beim Studium der Unterlage lesen können. Ich denke und hoffe, dass die Intention dieses Antrages bei allen heute Abend Zustimmung findet.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Sie am Ende meines Redebeitrages um Zustimmung zu einer Ergänzung des Antrages um eine Formulierung, die wir noch anfügen wollen, zu bitten. Es soll unten auf der ersten Seite des Antrages Folgendes mit eingebracht werden:

„Der Landtag wird in dieser Jury durch fünf Abgeordnete vertreten. Entsprechend dem Ergebnis der Wahl zur vierten Wahlperiode des Landtages von Sachsen-Anhalt entsendet die CDU-Fraktion zwei Abgeordnete, die Fraktionen der SPD, der PDS und der FDP je einen. Die namentliche Benennung der Abgeordneten der Fraktionen erfolgt durch die jeweilige Fraktion.“

(Frau Bull, PDS: Machen Sie es nicht so kompli- ziert!)

Es ist also eigentlich ganz einfach. Im Hinblick auf unsere Initiative beabsichtigen wir nun, diesen Klimawechsel zu bewirken, und hoffen letztlich, dass die Jury eine ordentliche Arbeit machen kann. Ich denke, wenn wir mit fünf Abgeordneten vertreten sind, dann können wir auch als Landtag diese Initiative bis zum Ende mit begleiten und können uns auch ein wenig mit einbringen.

Ich bitte am Ende um Zustimmung zu meinem Antrag und bedanke mich für Ihre Konzentration auch beim letzten Tagesordnungspunkt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke, Herr Kurze, für die Einbringung. - Für die SPDFraktion wird Frau Schmidt sprechen. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann leider nichts zu Protokoll geben. Ich habe in meinem Redemanuskript viel zu viel herumgeschmiert. Ich schicke aber erst einmal eines voraus: Wir werden dem Antrag zustimmen.

Ich glaube, die Bundesfamilienministerin, meine Namensvetterin, würde sich darüber freuen;

(Herr Gürth, CDU: Ja!)

denn sie reist durch die ganze Republik, um in den Kommunen für das zu werben, was auch hier im Land bereits geschehen ist, um Familienbündnisse innerhalb der Kommunen zu finden.

Wir haben ja im Land schon welche. Ich möchte nur drei nennen. Das sind Familienbündnisse in Halle, Magdeburg und Schönebeck. Was an dem Bündnis in Halle ganz besonders ist - das finde ich bei so einem Bündnis besonders gut -: Da hat nicht der Stadtrat beschlossen, wir gründen jetzt ein Familienbündnis, sondern es war eine Wohnungsbaugenossenschaft. Es kam also sozusagen von den Menschen selbst und von dort, wo die Familien leben, dass wir etwas für die Familien tun müssen.

Ich begrüße jede Möglichkeit der Aktion, die zu mehr Familienfreundlichkeit auch in den Kommunen führt.

Was aber auf jeden Fall auch in ein kommunales Bündnis mit hinein muss, das ist die örtliche Wirtschaft. Die muss da mit hinein, weil sich Familien nicht nur dort wohl fühlen, wo sie leben, sondern auch dort - das sagen Sie ja selbst -, wo sie arbeiten. Die Wirtschaft brauchen wir. Anderenfalls kann keiner arbeiten gehen. Das ist nun einmal so. Das müssen wir unbedingt noch erreichen.

Es ist für mich auch wichtig, dass wir hierbei alle Formen der Familie ansprechen; denn die klassische Familie aus Mutter, Vater und Kind - Sie haben es ja heute schon vorgeführt - gibt es eben nicht mehr ausschließlich. Auch in der heutigen Fragestunde sind die Kinder von Alleinerziehenden wieder ausgespart worden. Auch diese gehören zu einer Form von Familie. Wir müssen sie dabei berücksichtigen.

Ich denke, was bei den Familienbündnissen vor Ort ganz wichtig ist, sind Netzwerke unter den Familien, weil es immer weniger geschieht, dass bei der jungen Familie mit den Kindern auch noch Großeltern, Tante oder Onkel leben, die eventuell auch einmal eingreifen könnten.

Wir stimmen dem Antrag zu. Ich habe aber noch eine Bitte. Bevor der Wettbewerb von der Landesregierung ausgerufen wird - ich gehe davon aus, dass das abgesprochen ist -, würde ich gern im Ausschuss einmal über den genauen Wettbewerbsinhalt und über die zu erwartende Auswertung sprechen wollen, insbesondere über die Frage, was eigentlich mit dem Wettbewerbssieger passiert, wenn das mit Geld zusammenhängt, wo es eigentlich drinsteckt. Den formalen Selbstbefassungs

antrag werden wir dann stellen. - Ansonsten werden wir auch der Ergänzung, Herr Kurze, zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Frau Schmidt. - Für die FDP-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Seifert. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde jetzt ein Signal für Kinder- und Familienfreundlichkeit geben. Ich werde Sie bitten, meinen Redebeitrag zu Protokoll geben zu können, und werde damit hoffentlich einen Beitrag dazu leisten, dass Sie rechtzeitig zu Ihren Familien kommen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich danke Ihnen, Frau Seifert. Sie können Ihren Redebeitrag zu Protokoll geben.

(Zu Protokoll:)

Es ist schon einiges gesagt worden über die Signalwirkung, die dieser Antrag über das Land hinaus aussenden soll. Dabei spielt die demografische Entwicklung, vor der keiner die Augen verschließen kann, eine bedeutende Rolle. Darum gibt es bereits eine Vielzahl von Initiativen, die Familienpolitik als gesamtgesellschaftliche Aufgabe weiter in den Fokus der Aufmerksamkeit zu stellen.

Der Bund, die Parteien, das Land, die Verbände und Organisationen legen Konzepte zur Bevölkerungspolitik vor, damit sich wieder mehr Menschen ihren Kinderwunsch erfüllen. Der Aufbau sozialer Netzwerke für Familien und vor allem die Kinder müssten eigentlich immer im Mittelpunkt der politischen Aufmerksamkeit stehen und das nicht nur, weil uns die demografische Entwicklung dazu zwingt.

Wir wissen, dass ein Bekenntnis zur Kinder- und Familienfreundlichkeit allein nichts an der Tatsache ändern wird, dass sich immer weniger Menschen für die Gründung einer Familie, für Kinder entscheiden. Man kann - wie es auf breiter Ebene auch schon getan wird - lange darüber diskutieren, welches die Ursachen dafür sind und wie man dieser Entscheidung entgegenwirken kann.

Zur Lösung bedarf es einer größeren Plattform als die, die ein einzelnes Bundesland allein bieten kann. Denn wir werden die Einstellung zu Kindern und Familie nur langfristig positiver beeinflussen können, wenn wir es schaffen,

− den Menschen zu vermitteln, dass Kinder und Familien in unserer Gesellschaft willkommen sind und nicht zur Belastung oder gar Ausgrenzung führen,

− eine positive Lebenseinstellung zu vermitteln,

− Zukunftsängste zu nehmen und

− soziale Sicherheit auch im höheren Lebensalter zu geben.

Das bedeutet für mich zuallererst, die Voraussetzungen dafür herzustellen, dass durch eigenes Arbeitsaufkommen der Lebensunterhalt gesichert werden kann, die Menschen in der Lage sind, heute und morgen für sich

und ihre Kinder zu sorgen. Das lässt sich nicht mit einem Antrag verwirklichen und soll auch nicht Anliegen dieses Antrages sein.

Aber es gibt einen Faktor, den wir positiv beeinflussen können: den Gedanken, die Familie - in all ihren modernen Lebensformen, ohne, aber vor allem mit Kindern - und damit auch die Kinder in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stellen, um sie als Gemeinschaft zu stärken, in der Verantwortungsbereitschaft, Leistungsfähigkeit und Sozialverhalten erlernt werden können.

Dazu sind praktische Rahmenbedingungen hilfreich, die das Signal „Kinder sind willkommen“ positiv begleiten, und dazu sind Kommunen sehr wohl in der Lage.

Der FDP-Fraktion liegt es fern, die Handlungsspielräume und deren mögliche Ausgestaltung vorzugeben, würde dies doch die Gefahr mit sich bringen, dass die Kreativität der Handelnden eingeengt wird. Es gibt schon Beispiele - und nicht nur in Deutschland - wie in Lingen im Emsland, wo ich durchaus Ansatzpunkte auch für Kommunen in unserem Bundesland sehen würde.

Der vorliegende Antrag zielt darauf ab, die Kommunen zu ermutigen, Rahmenbedingungen mit einer Signalwirkung „Kinder und Familien sind willkommen“ kreativ zu entwickeln und zu schaffen. Dies ist ein Stück auf dem Weg, um dem oben genannten Gedanken näher zu kommen.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag in der ergänzten Fassung, wie sie Herr Kurze in seiner Einbringungsrede beantrag hat.

Für die PDS-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau von Angern.

(Frau von Angern, PDS, flüstert der Vizepräsi- dentin etwas zu)

- Sie dürfen noch sagen, wie Sie abstimmen werden.