Protokoll der Sitzung vom 28.01.2005

lassen Sie also im Staatswald oder Landeswald Sachsen-Anhalts wirtschaftliche Zwänge zu? Sie wissen, dass wir Zuschussgeschäfte in Höhe von 36 Millionen € hinter uns haben. Wo sollen die Gelder herkommen?

Dann noch ein kleiner Hinweis bezüglich der Alpen: Sowohl in Frankreich, der Schweiz und Österreich als auch auf der bayerischen und baden-württembergischen Seite sind 50 % des Waldes Privatwald. Ist das ein schönes Urlaubsgebiet oder ist das kein schönes Urlaubsgebiet? Fahren Sie da gern hin oder fahren Sie da nicht gern hin? - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Ich denke, Sie haben während meiner Rede verfolgen können, dass ich in der Tat auch für das sinnvolle Abholzen von Wäldern bin; denn die Verjüngung des Waldes ist ein wesentlicher Beitrag für seine Pflege und seine Hege. Das traue ich privaten Waldbesitzern durchaus zu. Das Problem ist nur, dass, wer jetzt Wald besitzt, nicht unbedingt einen großen Gewinn machen kann, weil das ein unheimliches Zuschussgeschäft ist. Solange diese Sache einfach so läuft, ist es sinnvoll, staatliche Wälder nicht endgültig zu privatisieren, sondern diese zu hegen und zu pflegen und die Forstarbeiter als Naturschützer im weitesten Sinne zu beschäftigen.

Was die Umstrukturierung des Landesforstbetriebes betrifft: Da haben auch wir in unserer Regierungszeit die ersten Schritte unternommen. Das ist sehr behutsam und wohl durchdacht gewesen. In diesem Sinne sollte durchaus fortgefahren werden. Wir sind sehr gespannt auf das Gutachten. Dann werden wir uns im Ausschuss weiter darüber unterhalten.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Hajek. - Nun spricht für die CDUFraktion Herr Geisthardt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zuerst stirbt der Wald, dann sterben die Tiere, und wo will der Mensch dann wohnen? - Das ist nicht nur eine Frage, die die Guarani-Indianer stellen, sondern wir müssen sie uns eigentlich auch stellen; denn der Wald ist nicht nur ein Wirtschaftsgut, sondern er ist auch ein Kulturgut. Das soll er auch bleiben. Es ist kein Zufall, dass ich heute spreche. Ich wohne nun schon fast im Wald.

(Unruhe - Herr Bischoff, SPD: Auf der Heide!)

Der eine oder andere hat schon einmal gesagt, ich sei ein Waldschrat. Das stimmt nicht ganz. Aber ich habe eine sehr enge Beziehung zum Wald. Aus diesem Grunde meine ich, jeder sollte einmal, bevor er Dinge sagt, die vielleicht nur aus der Zeitung oder aus Büchern stammen können, selbst in den Wald gehen und sich selbst informieren, einfach einmal schauen, wie geht es dort zu, was passiert dort einfach.

Nicht ohne Grund hat der Waldschadensbericht viele Leute bewegt, die gesagt haben: Hier müssen wir etwas tun. Denn wir haben eine paradoxe Tendenz in unserem Wald. Auf der einen Seite haben wir Fichte und Kiefer,

deren Zustand sich verbessert hat. Auf der anderen Seite haben wir Buche und Eiche, deren Zustand sich fürchterlich verschlechtert hat.

Das ist vielleicht auch nicht ganz uninteressant: Wir Deutschen haben eine gewisse enge Beziehung zu Buchen und Eichen, auch eine kulturelle Beziehung. Auch aus diesem Grunde sollten wir sehr aufpassen, was in unserem Wald geschieht.

Als Schadensgründe kann man vieles anführen, die Dürre im Jahr 2003, die zur Schwächung des Baumbestandes geführt hat. Wir haben wahrscheinlich in diesem Jahr mit Borkenkäfern, Nonne und anderen Schädlingen unheimlich viel zu tun.

(Unruhe)

- Ich merke, das Thema ist unheimlich interessant, besonders wenn ich links hinschaue.

(Herr Gallert, PDS: Bei Herrn Czeke habe ich hingehört!)

Ein weiterer Grund ist, dass die Beräumung in den Wäldern teilweise ungenügend ist. Über den Holzeinschlag ist schon viel gesagt worden. Die Komplexität der Luftverschmutzung - wir wissen alle, man kann den Einfluss eines Agens durchaus ausrechnen. Kommen mehrere zusammen, wird es häufig so komplex - das wissen wir aus der Pharmazie -, dass das einfach nicht mehr geht. Wir leben nicht allein auf dieser Welt. Wir leben in einer globalisierten Welt. Ergo ist das, was bei uns geschieht, auch unter dem Aspekt des Einflusses auf andere zu sehen und umgekehrt genauso.

Luftreinhaltung, Walderhaltung, Waldmehrung, Klimaschutz - das sind alles Dinge, die uns sehr bewegen müssen, und - das sage ich an dieser Stelle aber auch, weil vorhin von regenerativen Energien die Rede war -: Ich finde es sehr gut, dass wir regenerative Energien verwenden. Aber wo ist der Sinn, wenn wir die Gegend mit Windrädern voll machen und dann, wenn der Wind nicht oder zu stark weht, die Dinger nicht betrieben werden können? Dann brauchen wir Kraftwerke, um das auszugleichen, und deren Wirkungsgrad ist immer noch so - -

(Frau Budde, SPD: Das ist eines! Ein bisschen simpel, ja!)

- Nein, das ist nicht simpel. Das ist die Wahrheit. Aber die Wahrheit ist meistens simpel, Frau Budde.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Frau Budde, SPD)

Die Verhältnisse in der Zeit, als Sie Minister waren, waren so simpel, dass Sie die Wahrheit nicht erkannt haben.

(Zustimmung bei der CDU - Oh! bei der SPD)

Es ist wichtig, dass wir uns darauf konzentrieren, die Leitlinie Wald konsequent umzusetzen. Es ist aber auch wichtig, dass wir sie in angemessener Zeit evaluieren; denn das, was heute richtig ist, muss in der Zukunft nicht richtig sein.

Zu dem Gutachten. Ich selbst habe es noch nicht gesehen. Wenn es vorliegt, werden wir es uns verantwortungsvoll und sorgfältig anschauen; denn weder der Wald noch die Forstorganisation brauchen Schnellschüsse; die sind immer von Schaden. Bewährte Strukturen - dazu sage ich nur ein Stichwort: das Einheits

forstamt - sollten erhalten bleiben. Hier können wir auf einem guten Wege vorangehen.

Wer sich informieren will, dem ist zu empfehlen, seine Aufmerksamkeit auf das Praxiskollegium Eberswalde mit dem Titel „Forstwirtschaft als Energielieferant“ oder die Materialien der Tagung des Landesforstvereins „Holz als grünes Gold“ zu richten. Das ist sehr vernünftig und lesenswert für denjenigen, der sich mit der Materie sonst nicht näher befasst.

Meine Damen und Herren! Dem deutschen Wald geht es nicht sehr gut. Sein Zustand verlangt unsere Aufmerksamkeit. Gleichwohl viele Menschen in den Wald hineingehen und ihn touristisch oder zur Erholung nutzen, so gibt es eben auch viele, die keine Beziehung mehr zum Wald haben. An dieser Stelle ist Arbeit notwendig. Auch an dieser Stelle ist der Staat gefordert - der Staat und die privaten Waldbesitzer -, damit wir wieder mehr Menschen eine vernünftige Beziehung zum Wald und zu ihrer Umwelt ermöglichen.

Als Reservoir für Wasser, für Energie, als Luftfilter ist der Wald unverzichtbar. Waldbewahrung und -pflege für uns und für die künftigen Generationen ist eine Aufgabe kluger Forstpolitik. Der wollen wir und müssen wir uns alle stellen. Ich denke, wir werden im Ausschuss darüber sehr ausführlich und sehr konkret sprechen können.

Ich darf an eines noch erinnern. Wenn ich mit den Guaranis angefangen habe, dann ende ich mit den Cheyennen: Wir haben die Welt nicht von unseren Eltern geerbt, sondern wir haben sie von unseren Kindern geborgt. - Daran sollten wir alle denken.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Geisthardt. Möchten Sie noch eine Frage von Herrn Czeke beantworten? - Bitte sehr, Herr Czeke, fragen Sie.

(Zuruf: Die Indianer waren Rothäute! - Heiterkeit)

Das trifft aber nicht auf Sie zu.

Herr Kollege, nicht wegen der Rothäute, sondern weil Sie eben angesprochen haben, dass es keine Unterschiede zwischen Privatwald und staatlichem Wald gebe. Jetzt frage ich als Funktionär der Reiterei; Sie selbst sind ja auch Pferdeliebhaber.

Die meisten Probleme, die wir haben, gibt es beim Durchreiten privater Flächen. Vom Landes- und vom Staatswald ist mir das nicht bekannt. Wie begründen Sie das?

Das ist sicherlich richtig. Wir haben das beste Feld- und Forstordnungsgesetz. Das gilt allerdings auch für den Privatwald. Es ist - wenn man so will - Aufgabe der staatlichen Organisation, ein Gesetz, das existiert, auch im privaten Bereich durchzusetzen. In der Regel funktioniert es bestens, wenn man sich mit den privaten Waldbesitzern an einen Tisch setzt. Das ist ähnlich, als wenn man sich mit den Jägern an einen Tisch setzt. Man wird ja auch nicht im Wald reiten, wenn gerade Ansitzzeit ist,

zumindest nicht in dieser Ecke. Da kann man eine vernünftige Form des Vergleichs miteinander finden. Ich denke, das müsste hier auch möglich sein. In dem Fall, dass es absolut nicht geht, ist der Staat gefordert. Dann muss er sein Gesetz durchsetzen. Das ist im Staatswald genauso wie im Privatwald.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Geisthardt. - Zum Schluss der Debatte erteile ich Ministerin Frau Wernicke das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gut, dass das Parlament sich mit dem Thema Waldzustand befasst, sich aber auch mit den Funktionen, die der Wald sicherzustellen hat, auseinander setzt. Aber angesichts der derzeit überall in Deutschland, auch in Sachsen-Anhalt, geführten Diskussion über Reformen in der Forstwirtschaft war ja absehbar, dass insbesondere die PDS dieses Thema auch zu einer grundsätzlichen Diskussion nutzen will.

Wir haben ja gehört, dass polarisiert worden ist in eine gute und eine böse Diskussion nach dem Motto: Staatliche Fürsorge rettet den Wald; private Waldbewirtschaftung schadet dem Wald. Letztlich führt der Debattenbeitrag der PDS dahin, dass man im Landesforst alles so zu lassen hat, wie es ist, und dass man einer Suche nach anderen Bewirtschaftungsformen eine Absage erteilt, bevor man überhaupt darüber diskutiert hat.

Fakt ist, der Waldschadensbericht bewegt die Öffentlichkeit. Die Tendenz in Deutschland ist überall ähnlich. Fakt ist, der Zustand des Waldes hat sich gegenüber den Vorjahren verschlechtert. Eine Ursache war hauptsächlich die Dürre des Jahres 2003. Die Bäume sind geschwächt. Die Schadinsekten sind begünstigt. Insbesondere der mehrjährige negative Trend bei Eichen und Buchen ist Besorgnis erregend.

Deshalb sind alle Anstrengungen im Bereich naturnaher Waldbewirtschaftung und im Bereich Waldmehrung fortzuführen. Aber Politik, Industrie und Bevölkerung sind in den Bereichen Luftreinhaltung, Immissionsminderung, Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs usw. ebenso gefordert. Klimaschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

(Zustimmung bei der CDU)

Aber, meine Damen und Herren, die Waldzustandserhebung ist stets eine Momentaufnahme, die ohne langfristige Untersuchungen nur begrenzt aussagefähig ist. Umso wichtiger ist es, neben den eben genannten Bereichen - eben Klimaschutz - auch forstwirtschaftliche Konsequenzen zu ziehen, um die Anfälligkeit der Wälder durch Schadeinwirkungen zu vermindern und dem Wald zu mehr Stabilität zu verhelfen.

Eines muss uns klar sein: Durchgreifende Verbesserungen sind erst nach Jahrzehnten wirksam. Das heißt nicht, dass wir uns Zeit lassen können. Damit sind wir bei der Intention der PDS, alles so zu lassen, wie es ist.

Insbesondere vor dem Hintergrund des Waldzustandes muss es erlaubt sein: Wir sind dringend gefordert zu prüfen, ob die Ressource Holz tatsächlich richtig genutzt wird.

Herr Kollege Rehberger und ich haben zeitweise an einem Innovationsforum „Ressource Holz“ teilgenommen. Es wäre für viele, die sich hier zu Wort melden, empfehlenswert gewesen, daran teilzunehmen. Dort wurde eindeutig gesagt: Wenn wir weiter so lamentieren, wie schlecht es dem Wald geht und wie schlecht die Einnahmesituation der Waldbesitzer ist, dann wird es uns auch nicht gelingen, die Ressource künftig optimal zu nutzen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)