Protokoll der Sitzung vom 28.01.2005

Unter den Sicherheitsexperten ist völlig unstrittig, dass eine möglichst optimale Gewinnung, Zusammenführung und Analyse von Informationen über Mitglieder oder Unterstützer des Netzwerkes des islamistischen Terrorismus eine der wichtigen Maßnahmen der Gefahrenabwehr ist. Auch die Anschläge in Madrid haben dies deutlich gemacht.

Wir können es uns daher in keiner Weise erlauben, dass durch eine unzureichende Zusammenarbeit von Polizei und Verfassungsschutz terrorismusrelevante Informationen „unter den Tisch fallen“, nicht zeitgerecht weitergegeben oder in ihrer Bedeutung unterschätzt werden, nur weil die eine Hand nicht weiß, was die andere tut.

(Herr Bischoff, SPD: Das hat er auch nicht ge- sagt!)

Ich habe kein Verständnis dafür, dass die SPD-Fraktion in Sachsen-Anhalt Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung kritisiert, die in allen anderen Ländern, auch bei der SPD, völlig unstrittig sind. Ich habe kein Verständnis dafür, dass die SPD-Fraktion bei diesem für die Sicherheit der Menschen wichtigen Thema durch Haarspalterei auf höchstem Niveau von erforderlichen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr ablenken will.

Warum haben Sie nicht zunächst vom Innenministerium weitere Informationen zu dem Erlass vom 13. Dezember 2004 eingeholt? Darin wird klar zum Ausdruck gebracht, dass die gesetzlich festgeschriebenen Zuständigkeiten beibehalten werden und dass das Trennungsgebot unangetastet bleibt. Das, Herr Rothe, haben Sie versäumt. Sie haben Ihre Hausaufgaben nicht richtig gemacht.

(Frau Kachel, SPD: Nein!)

Das müssen Sie sich schon fragen lassen.

Ich glaube, meine Damen und Herren, es sollte unser gemeinsames Ziel sein - das sind auch Ihre Bekundungen

hier gewesen -, die Menschen hier in Sachsen-Anhalt wirkungsvoll gegen terroristische Anschläge schützen. Wir werden den Antrag der SPD-Fraktion ablehnen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Reichert. - Herr Rothe, jetzt haben Sie die Möglichkeit, zu erwidern. Bitte sehr.

Herr Reichert, Sie haben uns großzügigerweise zugebilligt, Kritik an der Landesregierung üben zu dürfen. Auch dies ist ein gesetzlich verankertes Recht.

(Beifall bei der SPD)

Zu den Rechten des Landtages im Verhältnis zur Landesregierung gehört selbstverständlich auch das Informationsrecht, wobei die Koalitionsfraktionen offenbar über einen gewissen Vorsprung verfügen. Ich habe dem Ministerialblatt den neuen Organisationserlass für das Landeskriminalamt vom 17. Dezember 2004 entnommen, nicht jedoch den Erlass vom 13. Dezember 2004, dessen Nicht-Berücksichtigung Sie mir vorwerfen. Man sollte so etwas dann auch im Ministerialblatt veröffentlichen oder es den Abgeordneten unaufgefordert zur Verfügung stellen.

(Starker Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Man darf ihnen aber nicht vorwerfen, dass sie Erlasse nicht kennen, die nur den Koalitionsfraktionen exklusiv zugehen. So geht das nicht, meine Damen und Herren.

(Herr Gürth, CDU: Blödsinn!)

Im Übrigen - Herr Minister, Sie haben auf Berlin abgestellt - handelt es sich in Berlin um zwei Zentren. Es ist eine organisatorische, auch eine räumliche Trennung gegeben. An dieser fehlt es hier. Das wird auch durch das, was Sie aus dem Erlass eben vorgetragen haben, nicht widerlegt.

Herr Kosmehl, Sie haben gesagt, Sie gehen davon aus, dass das Trennungsgebot eingehalten wird. Sie haben sich also noch nicht Gewissheit darüber verschafft, dass das so ist.

Ich sage Ihnen etwas Persönliches: Ich habe als Student in Bonn den damaligen nordrhein-westfälischen Innenminister Burkhard Hirsch kennen gelernt, einen wichtigen Liberalen, der in Magdeburg geboren ist.

Nachdem Herr Kosmehl soeben selbst gesagt hat, dass es noch den Bedarf an Antworten gibt - meine Fragen, etwa die zu den datenschutzrechtlichen Grundlagen, sind vorhin auch unbeantwortet geblieben -, bitte ich Sie nicht nur, sondern ich fordere Sie, meine Damen und Herren der FDP-Fraktion, die Liberalen in diesem Haus auf, Ihrer Verantwortung gerecht zu werden und dem zu folgen, was ich nun beantragen werde, nämlich dass wir den Antrag der SPD-Fraktion in den Innenausschuss überweisen,

(Herr Gürth, CDU: Nein!)

damit die Beratung im Rahmen der Selbstbefassung dort ohne weitere Umstände stattfinden kann. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Rothe. - Damit ist die Debatte zu diesem Antrag abgeschlossen.

Der Einbringer hat eine Überweisung in den Innenausschuss beantragt. Darüber stimmen wir jetzt ab. Wer einer Überweisung in den Innenausschuss seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei der PDS-Fraktion und bei der SPD-Fraktion. Gegenstimmen? - Bei der CDU- und bei der FDP-Fraktion. Damit ist die Überweisung abgelehnt.

(Herr Kosmehl, FDP, meldet sich zu Wort)

Wir stimmen nun über den Antrag selbst ab.

(Frau Feußner, CDU: Herr Kosmehl hat sich ge- meldet!)

Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei der PDS- und bei der SPD-Fraktion. Gegenstimmen? - Bei der CDU- und bei der FDP-Fraktion. Damit ist dieser Antrag ebenfalls mehrheitlich abgelehnt und der Tagesordnungspunkt 14 ist abgeschlossen.

(Herr Kosmehl, FDP, meldet sich zu Wort)

- Bitte sehr, Herr Kosmehl.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte eine persönliche Erklärung abgeben. Herr Kollege Rothe, auch wenn der Versuch, die Liberalen sozusagen zu separieren, durchaus legitim ist, so wird Ihnen das nicht gelingen.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir werden aber - das habe ich in meiner Rede deutlich gemacht - im Innenausschuss einen Selbstbefassungsantrag stellen

(Herr Gallert, PDS: Ach, Mann! - Weitere Zurufe von der PDS - Herr Bischoff, SPD: Das ist Dis- ziplin!)

und uns mit diesem Thema auseinander setzen, was das GIAZ betrifft. Aber das Trennungsgebot - das sage ich noch einmal - ist aus unserer Sicht eingehalten. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Zu- ruf von Herrn Reck, SPD)

Meine Damen und Herren! Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 14 und kommen zu Tagesordnungspunkt 15:

Beratung

Keine Ausweitung von DNA-Analyse

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 4/2008

Alternativantrag der Fraktion der SPD - Drs. 4/2012

Einbringer des Antrags der PDS-Fraktion ist der Abgeordnete Herr Gärtner. Bitte sehr, Herr Gärtner.

(Unruhe bei der CDU und bei der FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das heute zur Rede stehende Thema ist im Zusammenhang mit dem schrecklichen Mord an Rudolph Moshammer in den Mittelpunkt der Debatte gerückt. Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich eines ganz deutlich sagen: Sicherlich teilen alle, die hier im Saal sitzen, das Entsetzen über die Grausamkeit dieser Mordtat.

Mir ist allerdings eines deutlich geworden: Eigentlich braucht diese Republik eine Debatte darüber, warum Personen aus der Generation Moshammer so unterdrückt und anonym mit ihrer Sexualität umgehen mussten, sodass sie natürlich erpressbar waren und sind und Opfer von kriminellen Machenschaften werden können.

(Zustimmung bei der PDS)

Es ist letztlich eine Diskussion über das Klima einer Gesellschaft in den 60er-, 70er- bis in die 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts. Das gilt für beide deutsche Staaten. Das ist letztlich ein wichtiges und notwendiges Stück Geschichtsaufarbeitung.

(Zustimmung bei der PDS)

Aber nun zum eigentlichen Thema. Kurz nachdem der Mörder von Moshammer aufgrund von DNA-Spuren aufgegriffen werden konnte, kamen die ersten Forderungen insbesondere von der CDU und der CSU auf, die DNAAnalyse routinemäßig anzuwenden und auf alle Straftäter auszuweiten. Verwunderlich beim Ausgangspunkt der Debatte ist erst einmal ein Fakt: Der Fall Moshammer zeigt eigentlich sehr klar und deutlich, dass die bisherigen gesetzlichen Grundlagen ausreichend sind; denn genau auf dieser Grundlage wurde der Mörder von Moshammer ergriffen.