Protokoll der Sitzung vom 03.03.2005

Das Land finanziert die Einnahmeverbesserung im kommunalen Bereich mit - darauf muss man an dieser Stelle hinweisen -, und zwar durch die Absenkung der Gewerbesteuerumlage. Dadurch unterstützen wir die finanzielle Gesundung der Gemeinden. Dieser Schritt kostet uns gut 20 Millionen € pro Jahr. Damit sind wir allerdings auch an unsere finanziellen Leistungsgrenzen gegangen.

Die Kommunen haben im letzten Jahr - wenn man das noch einmal zusammenfasst - rund 360 Millionen € netto an Gewerbesteuern eingenommen, was, wie gesagt, eine Steigerung um über 100 Millionen € bedeutet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser Hauptaugenmerk liegt derzeit auf der Umsetzung von Hartz IV. Die Kommunen erwartet eine sehr schwierige finanzielle Situation. Manche sprechen von einer finanziellen Katastrophe. Die ersten Zahlen aus Sachsen-Anhalt fallen besser aus als befürchtet; in anderen Ländern ist es ähnlich. In den letzten Tagen ist das auch in der Presse berichtet worden.

Dies ist aber in keiner Weise ein Grund zur Entwarnung. Das federführende Wirtschaftsministerium und die anderen Ressorts beobachten mit großer Aufmerksamkeit und auch Sorge - das muss an dieser Stelle klar gesagt werden - die weitere Entwicklung. Sollte die Hartz-IVReform zu einer Belastung der Kommunen führen, dann werden wir dies bei der Umsetzung der bundesweiten Revisionsklausel wieder rückgängig machen müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! In der derzeitigen stagnativen Wirtschaftslage ist eine nachhaltige Entlastung der Kommunen kaum möglich. Nachdem jetzt auch wieder die Wirtschaftsprognosen nach unten korrigiert wurden, ist eher noch mehr Skepsis angebracht als zuvor. Wir brauchen dringend höhere volkswirtschaftliche Wachstumsraten und eine Entlastung bei den kommunalen Ausgaben.

Eine Gemeindefinanzreform, die in eine umfassende Einkommen- und Unternehmenssteuerreform eingebettet wäre, könnte einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung der Wirtschaftskraft in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus leisten. Dazu bedarf es aber eines in sich schlüssigen Konzeptes, das nicht nur Finanzlöcher stopft oder Geldmittel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden neu verteilen möchte. Wir benötigen vielmehr eine breitere Steuerbasis der Gemeinden und ein größeres Maß an Steuerautonomie.

Die Kommunen sind sehr wohl in der Lage, ihre eigenen Einnahmeninteressen und die Belastungsprobleme für die Bürgerschaft und die Wirtschaft auszutarieren. Dazu gibt es Vorschläge auch von meiner eigenen Partei. Diese Vorschläge sind im Bundestag derzeit aber nicht mehrheitsfähig. Man muss leider wahrscheinlich darauf warten, dass sich die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag im nächsten Jahr verändern und dann neue Möglichkeiten entstehen.

(Zustimmung bei der FPD und bei der CDU)

Gleichwohl sage ich deutlich - in den zuständigen Gremien bringen wir das immer wieder auf die Tagesordnung -: Die Bundesregierung bleibt aufgefordert, eine vernünftige und eine umfassende Konzeption für eine Gemeindefinanzreform vorzulegen. Das hat sie bisher nicht getan. Deswegen sind wir in der misslichen Situation, die wir in den Gemeinden vorfinden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich zu später Stunde für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Die Fünfminutendebatte wird eröffnet durch den Abgeordneten Herrn Laaß von der CDU-Fraktion. Bitte sehr, Herr Laaß.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich möchte zu diesem Antrag nur kurz Stellung nehmen. Wir haben uns im Ausschuss schon ausführlich mit diesem Thema beschäftigt. Wir haben uns in der letzten Beratung im Landtag damit ebenfalls ausführlich auseinander gesetzt.

Ich denke, in der Analyse der Situation sind sich alle Beteiligten einig. Die Haushaltssituation der Kommunen ist überaus schwierig. Das zeigt sich jetzt wieder bei den Beratungen über die Haushaltspläne der Kreise sowie der Gemeinden und der Städte. Ich kann das nur bestätigen. Ich habe mir einmal die Haushaltspläne von einigen Landkreisen, Gemeinden und Städten zukommen lassen. Ein Ausgleich ist fast nirgendwo mehr machbar. Auch unter größten Anstrengungen und bei größtem Sparwillen scheint ein Ausgleich oftmals nicht erreichbar zu sein.

Das Ziel aller Fraktionen bzw. aller, die an der Beratung teilgenommen haben, war es, die Haushaltssituation zu verbessern, damit die den Kommunen übertragenen Aufgaben wieder ordnungsgemäß erledigt werden können.

Die Gewerbesteuerreform und die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe haben - Minister Professor Dr. Paqué hat es schon ausgeführt - nicht zu einem durchschlagenden Erfolg beigetragen. Die Situation ist zwar besser geworden, von einer generellen Lösung des Problems kann jedoch nicht gesprochen werden.

In Bezug auf die Frage, wie dieses Problem in den Griff zu bekommen ist, werden in den einzelnen Fraktionen verschiedene Wege aufgezeigt.

Für mich und meine Fraktion ist es wichtig, dass eine grundlegende Gewerbesteuerreform durchgeführt wird,

deren Ziel eine Vereinfachung ist, die die Schwankungsanfälligkeit hinsichtlich der bisherigen Gewerbesteuer ausschließt und die dafür Sorge trägt, dass die Gewerbesteuer im internationalen Kontext zukunftsfähig ist. Das heißt, die Höhe und die Struktur der Ausgestaltung des Systems müssen den internationalen Gepflogenheiten in der EU angepasst werden.

Ich für meine Begriffe sehe einen Weg - über diesen ist auch diskutiert worden - in der Koppelung der Gewerbesteuer an das bestehende Ertragssteuersystem von Einkommen- und Körperschaftsteuer.

Ertragsunabhängige Elemente sind für meine Begriffe kein adäquates Mittel, um Gewerbesteuereinnahmen sicherzustellen. Das belastet die Betriebe; das führt im Gegenzug wieder dazu, dass Betriebe diese nicht aufbringen können und unter Umständen Insolvenz anmelden müssen.

Als weitere Maßnahme sehe ich eine angemessene Beteiligung der Gemeinden am Umsatzsteueraufkommen. Es ist wichtig - das hat Herr Professor Paqué bereits gesagt -, dass man die Rahmenbedingungen für die deutsche Wirtschaft ändert, damit wieder Ertrag erwirtschaftet wird, damit Unternehmen auch Steuern bezahlen können. Das ist gegenwärtig - das ist bekannt - bei 5,2 Millionen Arbeitslosen, bei den schwachen Eigenkapitalquoten und Renditen wohl kaum noch möglich.

Die CDU/CSU hat in den letzten Tagen der Bundesregierung in diesem Zusammenhang wieder die Hand gereicht. Ich kann nur hoffen, dass gemeinsam an diesem Projekt gearbeitet wird, um das Projekt Deutschland wieder in Schwung zu bringen.

Für meine Begriffe sollte dieses Thema schnell wieder auf die Agenda gesetzt werden, um dieses Problem im Interesse der Kommunen zu lösen.

Es liegt eine Beschlussempfehlung vor. Ich bitte Sie um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Laaß. - Für die SPD-Fraktion erhält der Abgeordnete Herr Doege das Wort. Bitte sehr, Herr Doege.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde nicht ankündigen, dass ich mich kurz fasse; denn meine Redezeit beträgt ohnehin nur fünf Minuten.

Der Beschlussempfehlung liegt ein Antrag zugrunde, der bereits vor fast einem Jahr im Plenum behandelt worden ist. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwieweit dieser Problematik tatsächlich eine herausragende Bedeutung beigemessen wird.

In den Diskussionen in den Fachausschüssen wurde sehr schnell deutlich, dass die Lösung der drängenden Probleme der kommunalen Haushalte nur bedingt im Interesse der einbringenden Fraktion, aber auch der Koalitionsfraktionen lag. Es gab vielmehr das bekannte Schwarzer-Peter-Spiel mit Blick auf den Bund.

Bezüglich der Bewertung der Ergebnisse der Gemeindefinanzreform lagen die Fraktionen - darin stimme ich

meinen Vorrednern zu - nicht allzu weit auseinander. Aus der Sicht der Kommunen sind bisher keine grundlegenden Verbesserungen bei den kommunalen Einnahmen zu verzeichnen. Der Unterschied besteht allerdings in der Bewertung der Frage, wer letztlich dieses magere Ergebnis, das im Zuge der Gemeindefinanzreform erreicht worden ist, zu vertreten hat.

An dieser Stelle erlaube ich mir den Hinweis, dass die Länder aus verfassungsrechtlicher Sicht für die Kommunen zuständig sind. Die Haushalte der Kommunen sind Teil der Länderhaushalte. Letztlich haben die Länder gegenüber dem Bund die Interessen der kommunalen Ebene wahrzunehmen.

Wenn die Koalitionsfraktionen heute in der Beschlussempfehlung das Scheitern der Gemeindefinanzreform feststellen, dann stellt sich die Frage: Was hat die Landesregierung, die Sie, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, tragen, getan, um die Not leitenden Kommunen in Sachsen-Anhalt in eine bessere Situation zu bringen?

Die Bemühungen um eine grundlegende Gemeindefinanzreform auf Bundesebene waren nach meiner Auffassung bereits sehr früh zum Scheitern verurteilt, da weder der Bund noch die Länder bereit waren, angesichts ihrer eigenen drängenden Haushaltsprobleme bei der Aufteilung von Steuereinnahmen substanzielle Zugeständnisse an die Kommunen zu machen.

Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Verbreiterung der Bemessungsgrundlagen auf die freien Berufe wurde insbesondere von der FDP abgelehnt. Ohne eine grundsätzliche Bereitschaft der Länder, hierbei parteipolitische und Landesinteressen hinter die Interessen der Kommunen zu stellen, wird auch auf absehbare Zeit jeder Versuch scheitern, diese Problematik einer grundlegenden Lösung zuzuführen.

Im Zusammenhang mit der Bewertung der Gewerbesteuerreform hat der Herr Finanzminister bereits darauf hingewiesen, dass auch anhand der Statistik nachgewiesen ist, dass im vergangenen Jahr wesentlich höhere Gewerbesteuereinnahmen erzielt worden sind, als das allgemein erwartet worden ist. Die diesbezüglich Bewertung in der Beschlussempfehlung kann man daher nicht mittragen.

Meine Damen und Herren! Wir halten diese Beschlussempfehlung - das gilt auch mit Blick auf den Antrag - für zu spät. Hierbei handelt es sich zum Teil um reines Wunschdenken, das so in Kürze nicht umsetzbar sein wird - ich sagte es bereits.

Die SPD-Fraktion wird die Beschlussempfehlung ablehnen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Doege. - Für FDP-Fraktion spricht nun die Abgeordnete Frau Dr. Hüskens. Bitte sehr, Frau Dr. Hüskens.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Finanzsituation in unseren Kommunen begleitet uns nun schon seit Jahren.

Herr Doege, wir haben in den letzten Jahren versucht, Einzelheiten in den Gesetzen zu verändern und den Kommunen das Haushalten leichter zu machen. Wir haben bei allen Haushaltsberatungen versucht, den Kommunen im Rahmen des Möglichen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, aber wir haben dabei feststellen müssen, dass wir dies angesichts leerer Kassen auch im Landeshaushalt nur in einem sehr begrenzten Umfang tun können. Jeder, der damit schon etwas zu tun hatte, Herr Doege, weiß, dass wir das, was wir den Kommunen geben, an anderer Stelle hätten wegnehmen müssen. Ich kenne eine Fraktion, die bei solchen Dingen ganz sicher nicht mitgemacht hätte.

Frau Dr. Hüskens, sind Sie bereit, eine Frage zu beantworten?

Am Schluss.

Am Schluss.

Diese Sachen, die zulasten des Landes gehen, waren nur in einem begrenzten Umfang möglich. Daher müssen wir akzeptieren, dass eine wirkliche Verbesserung nur mit einer grundsätzlichen Steuerreform auf der Bundesebene oder mit wirklichen Reformen im Wirtschaftsbereich möglich wäre. Das ist - so sehr ich das bedauere - nun einmal Bundeshoheit. Der Bund hat es in den vergangenen Jahren immer abgelehnt - egal ob in der Föderalismuskommission oder in anderen Runden -, den Ländern hierbei mehr Kompetenz zu geben.

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, dass ich mich nicht der Illusion hingebe, dass sich bei dieser Bundesregierung in den nächsten anderthalb Jahren irgendetwas bewegen wird. Ich glaube nicht, dass sich nach dem ungeheuren Verhandlungsergebnis im Vermittlungsausschuss zur Jahreswende 2003/2004 noch irgendeine neue Reform am Horizont sehen lässt. Die im Vermittlungsausschuss beschlossenen Änderungen sind nur ein Reförmchen - mehr nicht. Wie so oft waren sie sicherlich gut gemeint, aber sie waren nicht gut gemacht.

Es bleibt uns als Land also nur, alles zu tun, um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in unserem Bundesland zu verbessern, um mehr Gewerbesteuereinnahmen zu erzielen und vielleicht die Entwicklungen, die Herr Minister Paqué hier dargestellt hat, zu verstetigen - auch dies natürlich nur in dem Rahmen, den wir als Land haben.

Ich will hier keinen Vortrag über die negativen Auswirkungen eines Bund-Länder-Finanzausgleichs in diesem Bereich halten. Das Geld, das wir hierbei zusätzlich einnehmen, das andere Länder nicht einnehmen, fließt auf diese Art und Weise wieder aus unserer Fläche.

Darüber hinaus - das muss ich offen sagen - können wir nur auf das Prinzip Hoffnung setzen. Die SPD kann hoffen, dass wenigstens irgendetwas von den Dingen, die sie in den letzten Jahren angepackt hat, endlich einmal funktioniert.