Protokoll der Sitzung vom 03.03.2005

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch das zeigt, dass die Landesregierung eine durchaus ausgewogene Verordnung vorgelegt hat, die mit denen in anderen Ländern vergleichbar ist, sodass keine Ungereimtheiten entstehen können. Wir sind deshalb im Ausschuss zu dem Ergebnis gekommen, dass wir die beiden Anträge, den Antrag der PDS-Fraktion und den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP, für erledigt erklären können.

Das heißt aber nicht, dass wir uns des Themas der Härtefallkommission entledigen, sondern wir werden deren Arbeit begleiten. Der Minister hatte bereits in der Ausschusssitzung zugesagt, dass er, sobald die Verordnung in Kraft getreten sein wird, noch einmal ausführlich darüber berichten werde.

Allen Mitgliedern des Innenausschusses ist die Verordnung zugegangen. Wir werden deren Arbeit begleiten und sehen, ob diese Kommission funktioniert und ihre Arbeit erledigen kann. Zu gegebenem Zeitpunkt kann man dann entweder im Rahmen einer Selbstbefassung im Innenausschuss oder vielleicht auch im Landtag über diese Härtefallkommission debattieren.

Meine Damen und Herren! Ich möchte meinen Redebeitrag damit schließen, dass ich den Mitgliedern bzw. stellvertretenden Mitgliedern dieser Kommission einen reibungslosen Start für ihre zweifelsohne nicht einfache Arbeit, die vor Ihnen liegt, wünsche. Ich hoffe, dass wir mit der Einrichtung der Härtefallkommission in SachsenAnhalt in Härtefällen tatsächlich helfen können. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kosmehl. - Als Nächster spricht für die PDS-Fraktion Herr Gärtner. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Einführung einer Verordnung zur Einrichtung einer Härtefallkommission, die uns nun auch zugeleitet worden ist, wurde eine alte Forderung der PDS-Fraktion erfüllt. Die Einrichtung einer solchen Kommission war längst überfällig und wird von der PDS-Fraktion ausdrücklich begrüßt.

Allerdings muss man zum Inhalt dieser Verordnung noch ein paar Sätze verlieren. Wir hätten es als günstig empfunden, die Anträge, die im Innenausschuss behandelt worden sind, nicht für erledigt zu erklären, sondern eine nochmalige Beratung im Ausschuss durchzuführen.

Die Verordnung sieht vor, dass die Härtefallkommission ausschließlich im Wege der Selbstbefassung auf Antrag eines oder mehrerer Mitglieder tätig wird. Inwiefern sich ein solches Verfahren in der Praxis bewährt, muss man nach einiger Zeit überprüfen.

Die Zugangskriterien, die im Erlass definiert sind, stellen aus der Sicht der PDS-Fraktion eine zu hohe Hürde dar und sollten verändert werden. So können sich Ausländer

und Ausländerinnen, die ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommen, sich nicht an die Kommissionsmitglieder wenden. Da der Beurteilung einer Mitwirkung immer ein subjektives Empfinden von Behörden zugrunde liegt, könnte an dieser Stelle aus unserer Sicht Willkür entstehen; denn wer kann das schon objektiv beurteilen?

Die Annahme eines Härtefalls wird auch ausgeschlossen, wenn der Ausländer bzw. die Ausländerin bereits ausgewiesen ist oder keinen Aufenthaltstitel besitzt. Auch das ist kritisch zu beleuchten. Zugleich kritisiert die PDS-Fraktion, dass die Härtefallkommission nicht in gesetzlicher Form verankert worden ist, sondern dass dies auf dem Verordnungsweg geschieht. Damit hatten die Parlamentarierinnen und Parlamentarier keine Chance, sich aktiv in die Ausgestaltung der Kriterien einzubringen.

Meine Damen und Herren! Wir sind grundsätzlich erst einmal froh, dass nunmehr eine solche Kommission existieren soll, und hoffen, dass sie gut und gerecht entscheiden wird. Dazu wüschen wir alles Gute. Nach einiger Zeit der Arbeit gilt es, eine Zwischenbilanz zu ziehen, um zu sehen, ob Veränderungen bei der Verordnung notwendig sind. Wir werden uns bei der Abstimmung über die Beschlussempfehlung der Stimme enthalten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Gärtner. - Für die CDU-Fraktion erteile ich nun Herrn Kolze das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da alles Wesentliche insbesondere vom Herrn Innenminister Jeziorsky gesagt wurde und ich mich in diesem Fall nur wiederholen würde, möchte in den Herrn Präsidenten bitten, meine Rede zu Protokoll geben zu dürfen.

(Beifall bei der CDU)

Das ist genehmigt.

(Zu Protokoll:)

Der Innenminister hat zu den näheren Umständen der Einrichtung einer Härtefallkommission schon einiges gesagt. Dennoch möchte ich nicht darauf verzichten, erneut auf einige mir wichtig erscheinende Punkte hinzuweisen.

Wie Sie alle wissen, ist das Zuwanderungsgesetz zum 1. Januar 2005 in Kraft getreten. § 23a des Aufenthaltsgesetzes eröffnet der Landesregierung die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung eine Härtefallkommission (HFK) einzurichten.

Von seiner rechtlichen Struktur stellt § 23a des Aufenthaltsgesetzes eine Ausnahmeregelung dar. Die Regelung bezweckt daher nicht, dass zusätzliche verfahrensbedingte Aufenthalte entstehen. Dies ist auch der Grund dafür, dass eine Härtefallkommission ausschließlich im Wege der Selbstbefassung tätig wird und Dritte nicht verlangen können, dass sich eine Härtefallkommission mit einem bestimmten Einzelfall befasst oder

eine bestimmte Entscheidung trifft. Kurz: Es besteht kein Rechtsanspruch auf eine Befassung der Härtefallkommission.

Ferner steht die Anordnungsbefugnis der obersten Landesbehörde ausschließlich im öffentlichen Interesse und begründet keine subjektivöffentlichen Rechte. Der Rechtsweg ist daher ausgeschlossen. Dies stellt auch keinen Verstoß gegen den verfassungsrechtlich in Artikel 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes verankerten Justizgewährleistungsanspruch dar; denn der betroffene Ausländer konnte seine subjektiven Rechte bereits hinreichend in gerichtlichen Verfahren geltend machen. Die hier gegenständliche Härtefallregelung muss daher als eine „Zusatzleistung“ des Gesetzgebers angesehen werden.

Von der gesetzlichen Ermächtigung zur Einrichtung einer Härtefallkommission hat das Land mit der Härtefallkommissionsverordnung (HFK-VO) vom 8. Februar 2005 Gebrauch gemacht. Als Ergebnis des in der Verordnung normierten Verfahrens kann aufgrund des Ersuchens der Härtefallkommission die oberste Landesbehörde anordnen, vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern abweichend von den sonst erforderlichen Erteilungs- und Verlängerungsvoraussetzungen aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen ein Aufenthaltsrecht zu gewähren.

Lassen Sie mich den wesentlichen Regelungsinhalt der Verordnung kurz darstellen. Die HFK wird beim Ministerium des Innern eingerichtet und setzt sich aus acht Mitgliedern zusammen, die auf Vorschlag des Landkreistages, des Städte- und Gemeindebundes, der Liga der Freien Wohlfahrtspflege, des Flüchtlingsrates, der Katholischen Kirche, der Evangelischen Kirchen und des MS vom Innenminister berufen werden. Das MI entsendet ebenfalls einen Vertreter. Zudem soll die HFK paritätisch mit Männern und Frauen besetzt werden.

Die HFK wird zudem ausschließlich im Wege der Selbstbefassung tätig. Anträge können somit nur von den Kommissionsmitgliedern eingebracht werden. Für ein Härtefallersuchen ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig.

Von der Ermächtigung des § 23a Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes, Ausschlussgründe für die Annahme eines Härtefalls durch die Rechtsverordnung zu bestimmen, wurde Gebrauch gemacht. Die Annahme eines Härtefalls ist insbesondere ausgeschlossen bei Ausländern,

- die in den letzten drei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Jugend- oder Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder einer Geldstrafe von mindestens 180 Tagessätzen verurteilt worden sind,

- die gemäß §§ 53 und 54 des Aufenthaltsgesetzes ausgewiesen sind,

- die ihre Abschiebung über einen längeren Zeitraum durch falsche Angaben oder fehlende Mitwirkung vereitelt haben und

- die zur Fahndung ausgeschrieben sind.

Nach alledem besteht auch für die Kollegen der PDS kein Grund, daran zu zweifeln, dass es sich bei der Verordnung um eine ausgewogene Regelung handelt. Zum einen sind die wesentlichen gesellschaftlichen Gruppen in Sachsen-Anhalt, die sich mit der Ausländerarbeit befassen, in der Härtefallkommission vertreten und können sich damit einbringen. Insoweit ist es wichtig und auch

richtig, dass in der Kommission Vertreter des Städte- und Gemeindebundes sowie des Landkreistages mitwirken.

Daneben - dies ist ebenso wichtig - bieten Ausschlussgründe Gewähr dafür, einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der neuen Regelung entgegenzuwirken. Das war eine der wesentlichen Forderungen der CDU im Vermittlungsausschuss zu diesem Punkt. Der Innenminister hat bereits darauf hingewiesen.

Denn man muss sich verdeutlichen, dass die Einrichtung einer Härtefallkommission dazu „verführt“, die Kommission als letztes Mittel vor einer drohenden Abschiebung noch in Anspruch zu nehmen. Es kann aber nicht sein, über die Härtefallkommission ein Aufenthaltsrecht zu erhalten, wenn es sich um Straftäter handelt oder wenn Betroffene durch eigenes Zutun über einen unter Umständen langen Zeitraum ihre Abschiebung verhinderten oder zumindest nicht aktiv bei den erforderlichen Maßnahmen, zum Beispiel im Rahmen der Passbeschaffung, mitwirkten. Ein derartiges Verhalten darf nicht „belohnt“ werden. Die Verordnung stellt sicher, dass diese Personen kein Aufenthaltsrecht aufgrund eines Härtefallersuchens erwirken können.

Vielleicht lässt sich das zuvor Gesagte auf folgende Kurzformel bringen: Aufgabe der Kommission ist es, im öffentlichen Interesse echte Härtefälle zu erkennen und die Fälle, die zweifelsfrei keine sind, zügig auszufiltern.

Zusammenfassend erlaube ich mir die Feststellung: Mit der hier in Rede stehenden Härtefallkonzeption wurde ein gangbarer Weg gefunden, um in naturgemäß wenigen Einzelfällen - unter Anwendung eines strengen Maßstabes - aus humanitären Gründen einen Verbleib zu ermöglichen.

Nun kann ich Frau Krimhild Fischer aufrufen. Sie spricht für die SPD-Fraktion. Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Wir haben uns bereits in mehreren Anträgen und mehreren Debatten mit dem Thema der Notwendigkeit der Einrichtung einer Härtefallkommission befasst. Nun hat in der Sitzung des Innenausschusses am 2. Februar 2005 der Innenminister Herr Jeziorsky die Eckdaten dieser Härtefallkommissionsverordnung vorgestellt. Bereits in der Diskussion hierzu sind Fragen vor allem auch zum Verfahren offen geblieben.

Uns liegt seit gestern die Härtefallkommissionsverordnung vor, die am 8. Februar 2005 vom Kabinett beschlossen worden ist. Ich bin erst einmal sehr froh und begrüße es ausdrücklich, dass nunmehr der Weg frei ist für die Möglichkeit, behördliche Entscheidungen zu überdenken und zu schauen, ob aus dringlichen humanitären oder persönlichen Gründen das Bleiberecht in Deutschland, selbstverständlich nur in Ausnahmefällen, möglich gemacht wird.

Die Kommission wird sich aus acht Mitgliedern zusammensetzen, und zwar aus Vertretern der kommunalen Spitzenverbände, der Liga der freien Wohlfahrtspflege, der Kirchen und von zwei Ministerien. Im Innenausschuss hatte sich Herr Kosmehl dafür ausgesprochen, auch Mitglieder des Petitionsausschusses in die Härte

fallkommission einzubeziehen, wie zum Beispiel in Hessen, wo eine solche Regelung vorgesehen sei.

Ich meine, das ist nicht unbedingt erforderlich. Aber mit Blick auf diesen Vorschlag sollte die Möglichkeit eröffnet werden, dass entsprechende Petitionen an die Härtefallkommission oder ein Mitglied dieser Kommission weitergeleitet werden können. Ich denke, diese Möglichkeit könnte man dem Petitionsausschuss vielleicht einräumen. In der Verordnung steht nicht direkt geschrieben, dass man so verfahren könnte. Vielleicht können wir das im Ausschuss noch einmal bereden. Des Weiteren könnte dem Petenten auch Hilfestellung dadurch gegeben werden, dass man ihm zum Beispiel die Namen der Mitglieder oder die Anschrift der Geschäftsstelle der Härtefallkommission mitteilt, damit er sich an die richtige Stelle wenden kann.

Ich denke, über die in der Verordnung ausgewiesenen Ausschlussgründe müssen wir im Innenausschuss auch noch einmal diskutieren. Vielleicht ist es nur eine Verständnisfrage, zum Beispiel zu Punkt 1. Ich denke, an dieser Stelle geht man etwas über die im Aufenthaltsgesetz vorgesehene Regelung hinaus. Aber vielleicht ist das nur eine Frage der Begrifflichkeit, über die diskutiert werden müsste. Auch hinsichtlich der Mitwirkungspflicht der Ausländer ist die Formulierung ziemlich weitgehend ausgelegt worden. Man sollte sich darüber unterhalten, wie es denn gemeint ist.

Insgesamt gehen wir davon aus, Herr Innenminister, dass die Fragen, die noch unbeantwortet sind, im Innenausschuss noch einmal erörtert und von Ihnen beantwortet werden. Sie haben es versprochen. Deshalb freue ich mich auf die Diskussion. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Fischer. - Damit ist die Debatte abgeschlossen.

Wir stimmen über die Beschlussempfehlung des Ausschusses in der Drs. 4/2029 ab, worin empfohlen wird, die beiden genannten anderen Drucksachen für erledigt zu erklären. Wer stimmt zu? - Die Koalitionsfraktionen und die SPD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich? - Die PDS-Fraktion. Damit ist die Beschlussempfehlung mit großer Mehrheit und ohne Gegenstimme angenommen worden. Der Tagesordnungspunkt 12 ist abgeschlossen.

Da die Behandlung des Tagesordnungspunktes 13 auf die nächste Landtagssitzung verschoben wurde, rufe ich Tagesordnungspunkt 14 auf:

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