Protokoll der Sitzung vom 15.04.2005

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Herr Rothe, Sie haben jetzt die Möglichkeit, Ihre Nachfrage zu stellen.

Herr Minister, wie immer man den Rückzug Mecklenburg-Vorpommerns aus der NordLB im Ergebnis beurteilen mag, muss man nicht der dortigen Landesregierung zugute halten, dass sie die Vorgaben der Brüsseler Wettbewerbshüter konsequent umsetzt, während wir uns dem Verdacht aussetzen, diese Vorgaben zu unterlaufen?

Herr Rothe, ich kann Ihre Frage nur so interpretieren - wenn ich sie falsch interpretiere, korrigieren Sie mich bitte -, dass Sie das Ausscheiden eines Landes, also die komplette Entstaatlichung der Landesbank als die einzig denkbare Konsequenz und konsequente Lösung der Brüsseler Entscheidung ansehen.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Saubere FDP-Politik!)

- Ja, Herr Püchel, ich komme gleich dazu. Darauf läuft es ja hinaus, was Herr Rothe sagt. So viel politische Sensibilität habe ich.

So kann man die Entscheidung und die Richtung von Brüssel interpretieren. Ich interpretiere sie überhaupt nicht so, weil ich sehe, dass in unterschiedlichen Ländern - ich meine nicht die Bundesländer, ich meine Staaten - über Jahrzehnte, man möchte fast sagen, über Jahrhunderte, unterschiedliche Strukturen gewachsen sind, die eine ganz spezifische Funktion bei der Kreditversorgung der Wirtschaft und insbesondere des Mittelstandes erfüllen.

Deutschland hat eine Struktur und diese Struktur hat starke Sparkassen und auch starke Landesbanken. Jetzt stellt sich die Frage, ob wir gewissermaßen aufgrund Brüsseler Drucks grundsätzlich sagen, wir müssen diese Struktur völlig aufgeben, oder ob wir sagen, dass wir diese Struktur in eine wettbewerbsfähige Struktur, die aber die Interessen des Mittelstandes gewährleistet, überführen, sprich das deutsche Drei-Säulen-Modell in den globalisierten Wettbewerb überführen.

Ich stehe ganz klar auf der Seite derjenigen, die sagen: Wir überführen das dorthin unter Wahrung liberaler Prinzipien. Wobei ich ganz klar sage: Zwischen dem, was puristisch in einem Lehrbuch steht, und der Komplexität der Realität liegt manchmal auch bei Ihnen, wenn man in Ihre Lehrbücher schaut, der eine oder andere Unterschied.

(Herr Bischoff, SPD: Stimmt!)

Wir nehmen das mit der nötigen Pragmatik und wollen für unser Land eine vernünftige Lösung. Diese vernünftige Lösung sieht so aus, dass wir das Drei-SäulenSystem an dieser Stelle stärken müssen.

Danke, Herr Minister. - Für die SPD-Fraktion wird die Abgeordnete Frau Krimhild Fischer sprechen.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Herr Paqué, Sie haben in Ihren Ausführungen ja begründet, weshalb Sie für die Beteiligung des Landes an der Kapitalerhöhung sind. Aber Sie wissen ja, es gab eigentlich drei Optionen, wie sich das Land hätte entscheiden können. Zum einen hätten wir den gleichen Weg wie Mecklenburg-Vorpommern wählen können, aus dem Verbund auszusteigen. Wir hätten als zweite Option den Weg wählen können: Verbleib als Träger, aber ohne Beteiligung an der Kapitalerhöhung. Auch das wäre ein Weg gewesen. Und wir haben eine dritte Option: Verbleib im Verbund der NordLB und die Beteiligung an den Kapitalmaßnahmen.

Die letzte Variante ist von Ihnen, von der Landesregierung, favorisiert worden. Heute liegen nun der Entwurf des Staatsvertrages und der Antrag zur Beteiligung an der Kapitalerhöhung vor. Ich bedauere, dass wir im Parlament und auch im Finanzausschuss nicht an den grundsätzlichen Entscheidungen haben mitwirken können bzw. nur marginal beteiligt waren. Die Informationen im Ausschuss verliefen nach meinem Erkenntnisstand eher zögerlich, meist im Zuge der Selbstbefassung und eigentlich immer nur im Nachgang.

Sie, Herr Paqué, haben stets betont: Alles ist offen; das Land wartet noch ab; wichtige Entscheidungen und Gespräche sind noch nicht erfolgt. Nun hat sich das Kabinett entschieden und es gibt Gründe für und wider den Verbleib des Landes in der NordLB.

Herr Paqué, es hat mich verwundert - dabei komme ich auf die Frage von Herrn Rothe zurück -, dass Sie als Mann der FDP - einer Partei, die stets die Fahne für Privatisierung und für Liberalisierung hoch hält; Sie kennen auch die Brüsseler Entscheidungen - sich dennoch für den Verbleib des Landes in der NordLB entschieden haben. Darüber darf man nachdenken. Aber diskutieren müssen wir in den Ausschüssen über die Details des Staatsvertrages und dabei insbesondere - das liegt uns

besonders am Herzen - darüber, wie und ob ein Ausstieg des Landes in der Zukunft möglich ist.

Ab Mitte dieses Jahres - das haben Sie ausgeführt - unterliegt auch die NordLB den marktüblichen Bedingungen und keiner von uns kann voraussehen, wie sich die Geschäfte im In- und Ausland künftig entwickeln werden. Vor diesem Hintergrund ist auch der Antrag zur Beteiligung an der Kapitalerhöhung zu beleuchten.

Bis in die Schlussphase der Haushaltsberatungen 2005/ 2006 hinein hat der Finanzminister immer die Frage offen gelassen, ob sich das Land beteiligen würde oder eben nicht. Ich glaube, er hat diese Frage aus seiner Sicht aus gutem Grund offen gelassen, nämlich vor dem Hintergrund der hohen Neuverschuldung bereits im Jahr 2005 in Höhe von 950 Millionen €. Angesichts dessen wagten Sie gar nicht offen zu bekennen, dass Sie die Kapitalerhöhung mittragen und dem Land weitere Schulden in Höhe von 150 Millionen € aufbürden würden.

Damit, meine Damen und Herren, liegt die Neuverschuldung unseres Landes im Jahr 2005 nämlich bei 1,1 Milliarden €, und das bei einem Haushaltsvolumen von 10 Milliarden €. Sie können rechnen: Das sind mehr als 10 %.

Zudem haben Sie den Weg der Kreditermächtigung über das Haushaltsgesetz gewählt. Haushaltsrechtlich ist dies aber die unsauberste Vorgehensweise. Wir haben im Finanzausschuss mehrfach angemahnt, Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit zu beachten. Die neuen Schulden tauchen gleichwohl in keiner Statistik auf.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Die haben wir auch noch nicht bewilligt!)

Noch im Spätherbst war die Entscheidung nicht so weit, als dass sie etatreif gewesen wäre, so der Minister. Nun ist sie etatreif. Die 150 Millionen € werden gebraucht. 150 Millionen € - eine große Summe, aber wofür? Der Vorteil ist mir noch nicht ganz klar. Auch ohne die Beteiligung des Landes an der Kapitalerhöhung kann das Land Träger bleiben, wenn auch selbstverständlich mit einem geringeren Anteil. Die SPD-Fraktion wird die Kapitalerhöhung in Höhe von 150 Millionen € in den Ausschüssen kritisch hinterfragen, weil unter den derzeitigen finanzpolitischen Bedingungen nicht alles möglich ist, was man sich wünscht und was denn auch wünschenswert für das Land oder für die NordLB wäre.

Die volle Refinanzierung der notwendigen Kreditaufnahme ist nicht sichergestellt und das Ziel, Herr Minister, ein A-Rating zu erreichen, könnte weitere Verpflichtungen des Landes bedeuten. Wir sehen zudem infolge der Steuerschätzung, die uns am 12. Mai 2005 ereilen wird, Steuermindereinnahmen in möglicherweise dreistelliger Höhe. Der Ministerpräsident sieht das wohl ebenso. Er hat in seiner heutigen Regierungserklärung Steuermindereinnahmen aufgrund der konjunkturellen Entwicklung vorausgesagt.

Herr Finanzminister Paqué, aufgrund dieser Tatsachen sehen wir einen Nachtragshaushalt für 2005 als gerechtfertigt, ja sogar als zwingend an. Einnahmeverluste und die Erhöhung der Verschuldung in diesen Größenordnungen müssen sauber dargestellt werden.

Wir stimmen der Überweisung des Entwurfs des Staatsvertrages und des Antrags zur Kreditaufnahme zur fe

derführenden Beratung in den Finanzausschuss, aber auch in den Innenausschuss zu. - Vielen Dank.

(Herr Tullner, CDU: In wen?)

- In den Innenausschuss und in den Finanzausschuss.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr, Frau Fischer. - Für die CDU-Fraktion wird der Abgeordnete Herr Tullner sprechen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben wieder einmal die Tatsache zu verzeichnen, dass wir über 10 000 € sehr intensiv und heftig streiten und über 150 Millionen € am Ende eher müde beraten. Aber das ist vielleicht mehr der Strategie der Tagesordnung geschuldet als dem Anliegen selbst.

Die CDU-Fraktion - das ist auch kein Geheimnis - hat sich dem Anliegen, die Kapitalerhöhung bei der NordLB heute in einer ersten Runde zu diskutieren, nur sehr zögerlich genähert, weil - Frau Kollegin Fischer hat das in ihren Ausführungen schon dargestellt - durchaus verschiedene Optionen möglich gewesen wären, die alle ein Für und ein Wider haben. Ich will gar nicht ordnungspolitisch argumentieren, aber dazu könnten einem auch andere Argumente einfallen.

(Zuruf von Frau Fischer, Naumburg, SPD)

Ehe ich auf die Inhalte zu sprechen komme, Frau Fischer, möchte ich die Diskussion darüber, ob wir einen Nachtragshaushalt verabschieden sollten, doch als eher akademisch bezeichnen; denn die Steuerschätzung wird ja nicht vom Ministerpräsidenten, sondern von den Steuerschätzern gemacht. Wir sollten erst einmal in Ruhe abwarten, was uns da erwartet. Wir können einiges ahnen, aber mehr auch nicht.

(Frau Fischer, Naumburg, SPD: Das ist wahr!)

Wir haben bekanntlich hinsichtlich der Konstruktion, über die wir heute zu beraten haben, während der Beratungen zum Doppelhaushalt lange und intensiv gerungen und wir haben eine sehr transparente und sehr klare Option in das Haushaltsgesetz eingebaut. Wir haben dort folgende Formulierung aufgenommen: Wenn wir aussteigen, müssen die Einnahmen zur Deckung der Neuverschuldung, und wenn nicht, für die jetzt gewählte Option verwendet werden. Ich kann in dieser Hinsicht weder Gemauschel noch Intransparenz erkennen, sondern ich halte das für eine gute Lösung.

(Zustimmung bei der CDU - Frau Fischer, Naum- burg, SPD: Eine unsaubere Vorgehensweise!)

Meine Damen und Herren! Das Thema Landesbanken ist sehr heftig und sehr strittig diskutiert worden. Die Privatbanken sind bekanntlich in Brüssel vorstellig geworden und haben auf die ihrer Meinung nach nicht gerechtfertigten Privilegien hingewiesen. In der Folge kam es zu den Regelungen, die in Brüssel getroffen worden sind und jetzt bei uns Auswirkungen haben.

Wichtig für uns als CDU-Fraktion ist vor allen Dingen die Tatsache, dass die Sparkassen mit im Boot sind und dass die Konstruktion Landesbank/Sparkassen enger ist, als das in den letzten Jahren der Fall war. Ich denke,

auch Sie werden mit den Sparkassen gesprochen und auf die großen Vorbehalte, die es in der Familie der Sparkassen gegenüber der Landesbank gab, gestoßen sein. Dass jetzt eine einvernehmliche Lösung gefunden wurde und die Sparkassen sehr viel stärker beteiligt sind, lässt uns hoffen, dass wir in Zukunft ein stärkeres Miteinander und weniger Disharmonien haben werden.

Ganz wichtig für uns ist darüber hinaus die Neuausrichtung des Geschäftsmodells. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hat vor zwei Tagen noch einmal die Landesbank Baden-Württemberg als besonders erfolgreich gewürdigt. Sie hat dies an zwei Kriterien festgemacht: erstens enge Sparkassenverkopplung und zweitens Ausrichtung auf den Mittelstand.

Wenn wir als Land etwas von unserer Bank haben wollen, kann es nur die Mittelstandsförderung sein, denn die Geschäfte, die zwischen Honolulu und Schanghai laufen, sind für uns, denke ich, nicht so wichtig in der Hierarchie wie der Mittelstand und die Mittelstandsförderung.

Darüber hinaus - das hat der Minister auch schon angesprochen - ist die Verwurzelung, die Identität der NordLB als unsere Landesbank von großem Interesse. Ich möchte erstens doch einen deutlichen Unterschied erkennen, was das Engagement der NordLB in Mecklenburg-Vorpommern und in Sachsen-Anhalt angeht. Wir sollten im Ausschuss noch einmal klar thematisieren, wie wir das am besten sicherstellen wollen. Zweitens muss auch die Identität der NordLB durch eine stärkere Präsenz Sachsen-Anhalts in den Entscheidungsstrukturen, in Personalangelegenheiten, wie immer man das dann auch darstellt, gewährleistet sein.

Ganz wichtig ist auch die Frage der regionalen Verwurzelung durch Sponsoring und andere Aktivitäten. Der Ministerpräsident hat heute Vormittag auch noch einmal darauf hingewiesen, wie schwierig es ist, um nur ein Beispiel zu nennen, mit der Identitätsfrage umzugehen. Die NordLB könnte sich beispielsweise im regionalgeschichtlichen Bereich oder bei der Sportförderung - man kann sich sehr vieles denken - sehr viel stärker einbringen.

Die rote Lampe leuchtet. Deswegen will ich zum Schluss kommen. Ich möchte nur noch daran erinnern, dass wir nunmehr einen Schritt gehen, der aus unserer Sicht notwendig ist. Aber wir sollten damit nicht das Ende der Geschichte der Landesbanken erwarten. Der Bundeskanzler hat bekanntlich im vorigen Jahr auf dem Sparkassentag die Frage aufgeworfen, wie viele Landesbanken wir in der Zukunft brauchen. Diesbezüglich wird sich in den nächsten Jahren eine weitere Entwicklung abzeichnen, die wir sorgfältig beobachten und mit entscheiden sollten. Deswegen ist es gut, dass wir im Ausschuss darüber noch sehr viel intensiver reden können als hier angesichts der knappen Redezeit. - Vielen Dank.

Herr Tullner, gestatten Sie noch eine Nachfrage von Herrn Gallert?

Ja, gerne.

Herr Tullner, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie über den Antrag zur Bewilligung der 150 Millionen € heute schon abstimmen wollen?

Nein, nein!

Okay, dann hat sich das erledigt. Ich wollte gerade schimpfen.