Meine Damen und Herren! Die Einschätzung von Frau Fischer beruht auf der unbegründeten Mutmaßung, die im Haushalt antizipierte Einsparung im Angestelltenbereich ließe sich nicht realisieren und auch hier ergebe sich ein enormes Risiko. Zum einen muss man ganz deutlich sagen, dass eine Korrektur der Haushaltsansätze an dieser Stelle natürlich jegliche Verhandlungsstrategie des Landes und der Länder insgesamt ad absurdum führen würde, wäre doch die Zahlungsbereitschaft gesetzlich dokumentiert.
Zum anderen wird verkannt, dass sich die Länder auf einem durchaus guten und Erfolg versprechenden Verhandlungsweg befinden. Wie das Ergebnis im Einzelnen aussehen wird, ist noch offen. Klar ist jedoch, dass letztlich alle Länder, die an den Verhandlungen teilnehmen, im Angestelltenbereich eine substanzielle Entlastung anstreben und - dessen bin ich mir sicher - auch erreichen werden.
Wenn sich die Tarifverhandlungen noch eine gewisse Zeit hinziehen, dann können wir durchaus mit dieser Situation leben. Es ist nicht so, dass wir hier unter einem extremen Zeitdruck stehen. Das wird von dem Verhand
lungsführer, meinem geschätzten Kollegen Möllring aus Niedersachsen, genauso gesehen. Wir stimmen uns in der Finanzministerkonferenz, übrigens parteiübergreifend - das ist klar -, regelmäßig über diese Fragen ab. Da gibt es eine ganz klare und konsequente Linie.
Herr Präsident, erlauben Sie mir bitte, noch einige Sätze zu sagen, zumal ich vorhin von Herrn Gallert unterbrochen worden bin.
Frau Fischer, wenig überzeugend ist auch die Argumentation bezüglich der Ausgabenreste. Das Verfahren der Bildung und Übertragung von Ausgabenresten ist noch nicht abgeschlossen. Die Höhe der Belastungen für den Haushaltsvollzug ist also noch nicht abschätzbar. Allein aus diesem Grund wäre eine Berücksichtigung in einem Nachtragshaushalt nicht sinnvoll.
Verkannt wird aber auch, dass die Summe der übertragenen Ausgabenreste seit Jahren in etwa konstant geblieben ist. Ausgabenreste setzen nicht ausgeschöpfte Ausgabenermächtigungen voraus. Das wiederum bedeutet, dass sich die Belastung durch die Ausgabenreste und die Entlastung durch die nicht ausgeschöpften Ausgabenansätze erfahrungsgemäß in etwa aufwiegen werden und eine nennenswerte Belastung deshalb nicht zu erwarten ist.
Meine Damen und Herren! Substanzielle Gründe für einen Nachtragshaushalt 2005 liegen daher aus der Sicht der Landesregierung und aus meiner Sicht als Finanzminister überhaupt nicht vor. Ein Nachtragshaushalt ist eben nicht das Gebot der Stunde. Ich bitte Sie, den Antrag der SPD-Fraktion und auch den Antrag der PDSFraktion abzulehnen. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Paqué. - Nun folgen die Redebeiträge der Fraktionen. Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Tullner das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts der fortgeschrittenen Zeit und der ausführlichen Betrachtungen des Kollegen Finanzministers möchte ich mich auf einige kurze Bemerkungen beschränken. Ich bitte auch um Verständnis dafür, dass diese weitgehend mit den Ausführungen des Ministers übereinstimmen.
Die Steuerschätzung führt halbjährlich immer wieder zu den üblichen Ritualen, wohin man auch schaut: Die Regierung nimmt es zur Kenntnis; die Opposition fordert meistens einen Nachtrag, weil sie meint, sich damit in der Öffentlichkeit oder wo auch immer einen Vorteil verschaffen zu können.
Ich denke, dass das Pulver an dieser Stelle ein wenig zu früh verschossen worden ist, weil ich - in Anlehnung an
die Auffassung des Herrn Finanzministers - überhaupt keine Veranlassung dazu sehe, über einen Nachtragshaushalt nachzudenken.
Bei allem Respekt, Frau Kollegin: Auch wenn Sie es hier 27-mal wie eine tibetanische Gebetsmühle wiederholen, bleibt festzustellen: Die Vorsorge für die NordLB ist nun einmal im Haushaltsgesetz getroffen worden. Der Umfang der in der Mai-Steuerschätzung prognostizierten Steuermindereinnahmen ist wirklich verkraftbar und im Haushaltsvollzug zu erwirtschaften.
Ich denke auch, dass wir in der Debatte schon einmal ein Stück weiter waren. Kollege Bullerjahn hat schon einmal laut darüber nachgedacht, ob man die Steuerschätzung als Instrument der Haushaltsplanung durch andere Instrumente ersetzen sollte. Ich fand seinen Vorschlag nicht zielführend, weil er uns, glaube ich, nicht geholfen hätte. Zumindest über diesen Punkt sollten wir aber alle einmal gemeinsam nachdenken. Ich denke, das wäre - so hat es Kollege Wolpert vorhin gesagt - den „Schweiß der Edlen“ wert, wenn wir uns einmal so titulieren dürfen.
Es führt aber wirklich nicht weiter, jetzt mit dieser relativ billigen Forderung nach einem Nachtrag zu kommen. Man merkt auch, die Aufmerksamkeit der Kollegen und der Öffentlichkeit ist entsprechend. Deshalb bitte ich Sie, solche Anträge zukünftig nicht mehr zu stellen. Wir werden Ihren Antrag heute jedenfalls ablehnen. - Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Frau Fi- scher, Naumburg, SPD: Sie müssen uns schon selbst überlassen, was für Anträge wir stellen!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben seit einigen Jahren regelmäßig im Frühjahr und im Herbst die Diskussion über die Steuereinnahmen. Das sind im Wesentlichen keine positiven Diskussionen mehr. Sie sind von Resignation und Enttäuschung darüber geprägt, dass sich die Steuereinnahmen nicht so entwickeln, wie wir sie in unseren Haushalten geplant hatten.
Die Ursache dieser Diskussion liegt darin, dass die MaiSteuerschätzungen seit 2001 dem Bund, den Ländern und den Kommunen regelmäßig Steuerausfälle in Größenordnungen prognostizieren und dass die Prognose durch die November-Steuerschätzung noch einmal kräftig heruntergefahren wird. Die Krönung des Ganzen ist dann, dass die tatsächlichen Einnahmen in der Regel um weitere Milliarden Euro darunter liegen.
Es ist zum Ritual mutiert. Die Politik und besonders die Regierungen setzen ihre Einnahmeerwartungen aufgrund eines erhofften Wirtschaftswachstums in den Haushalten um und planen mit Geld, das sie herbeisehnen, und zwar sehnlichst. Wie das bei Ritualen so ist, wiederholt sich dann alljährlich das Erstaunen darüber, dass sich die konjunkturelle Entwicklung eben nicht nach
In dieses Ritual, Herr Minister, passt die von Ihnen soeben vorgebrachte Bemerkung hinein, dass das Tal erreicht und ein weiteres Absinken nicht zu befürchten ist. - Das hören wir seit Jahren. Genau das Gegenteil ist seit Jahren der Fall.
- Herr Kosmehl, ich prognostiziere Ihnen schon heute: Die November-Schätzung in diesem Jahr wird das gleiche Spiel wieder bringen.
In der Steuerschätzung vom Mai des laufenden Jahres werden für die nächsten vier Jahre Steuerausfälle in Höhe von 66 Milliarden €, davon 28 Milliarden € allein für die Länder prognostiziert.
Das Land Sachsen-Anhalt kommt unter den ostdeutschen Bundesländern einschließlich Berlins tatsächlich - wenn man das so sagen kann - am besten weg. Es hat nach der Prognose zumindest für das Jahr 2005 die geringsten Steuerausfälle zu erwarten. Es sind 79 Millionen € an Steuermindereinnahmen, die, wenn sie nicht über eine Nettokreditaufnahme kompensiert werden sollen, eingespart werden müssen. Auch 79 Millionen € sind keine Peanuts, wie man es vielleicht darstellen könnte.
Frau Fischer hat darauf aufmerksam gemacht, welche Risiken bestehen. Ich kann diese Risiken nur wiederholen: Das ist die Tarifentwicklung, von der wir nicht wissen, wie sie ausgehen wird. Das sind die Erlöse aus der Veräußerung von Landesbeteiligungen, von denen wir nicht wissen, in welcher Höhe sie erzielt werden. Es sind die Haushaltsreste - der Abschluss liegt vor -, von denen wir nicht wissen, in welchen Größenordnungen sie in das Jahr 2005 übernommen werden sollen. Dazu gab es bisher keinerlei Äußerung der Landesregierung.
Die mögliche Kapitalerhöhung von 150 Millionen € bei der NordLB ist im Haushalt über eine Kreditermächtigung als investive Ausgabe bereits verankert und würde im Falle der Notwendigkeit zumindest nicht zu einem verfassungswidrigen Haushalt führen. Das ist ein äußerst schwacher Trost angesichts der Verschuldung, die damit zusammenhängt; Frau Fischer hat die Zahl bereits genannt. Darüber werden wir aber dann im Juli sicherlich reden müssen.
Wir meinen allerdings, dass die 79 Millionen € in diesem Jahr tatsächlich über den Haushaltsvollzug eingespart werden können. Der Finanzminister hat von Anfang an haushaltswirtschaftliche Maßnahmen eingesetzt. Ich habe den Pressemeldungen entnommen, dass auf der einen Seite die Einsparungen im Personalbereich noch kommen sollen und auf der anderen Seite - Herr Tullner hat das in seiner Pressemeldung genannt - mögliche Mittelverteilungen zwischen EU- und Landesmitteln zu erwarten sind. Darauf sind wir sehr gespannt. Ich hoffe, dass uns das am Donnerstag ordentlich dargestellt werden wird.
Für das Jahr 2006 sehen wir das allerdings anders. Nach heutigem Wissen stehen dort Steuerausfälle in Höhe von 173 Millionen € auf der Tagesordnung und es steht, wie gesagt, die Steuerschätzung im November aus. Wenn die Rituale so bleiben, wie sie nun einmal sind - auch die vorgezogenen Bundestagswahlen werden daran überhaupt nichts ändern -,
dann werden die Erwartungen auch im November wieder weiter nach unten korrigiert werden. Ob möglicherweise die geplanten Änderungen bei der Kfz-Steuer, bei der Erbschaftsteuer dann zu weiteren Steuerausfällen für die Länder führen werden, das werden wir dann erleben. Ob die Unternehmenssteuerreform zum 1. Juli kommt, darauf sind wir ganz gespannt, ob das wirklich so kommt, wie es geplant ist. Schauen wir mal.
Spekulationen über eine Mehrwertsteuererhöhung, über Eigenheimzulage, Pendlerpauschale, Subventionsabbau etc. pp. führen uns heute nicht weiter. Allerdings bin ich schon sehr verwundert über die Wendungen, die insbesondere die CDU in diesen Punkten zurzeit auf Bundesebene vornimmt. Es ist schon etwas merkwürdig.
Fakt ist allerdings - deshalb sage ich: Wir werden im November wieder nach unten gehen -: Der ifo-Index ist zum vierten Mal in Folge nach unten korrigiert worden. Die Erwartungen hinsichtlich einer konjunkturellen Belebung sind äußerst gering. Es können also noch mehr als die bisher genannten 173 Millionen € werden. Unsere Warnung, dass die Haushaltsansätze für das Jahr 2006 heiß gestrickt waren, sind berechtigt.
Im Übrigen hat die CDU dies bereits vor einem Jahr erkannt. Herr Tullner hat am 5. März 2004 auf den Antrag der SPD-Fraktion zur Vorlage eines Nachtragshaushalts 2004 und den Verzicht auf den Doppelhaushalt 2005/06 folgendermaßen reagiert - nachzulesen im Plenarprotokoll 4/36, Seite 2662; ich zitiere, mit Ihrer Erlaubnis -:
„Es ist auch für die CDU-Fraktion unumstritten, dass ein Doppelhaushalt wegen der konjunkturellen Entwicklung Risiken birgt. Die Verabschiedung eines Doppelhaushaltes führt in der Regel zu Nachtragshaushalten,... mit denen der Haushaltsgesetzgeber aber punktgenau auf konjunkturelle Entwicklungen reagieren kann, wenn es denn notwendig sein sollte.“
Dem können wir nur beipflichten, Herr Tullner. Die Notwendigkeit für das Jahr 2006 besteht und wir erwarten, dass die CDU-Fraktion diese ihre Aussage als Forderung gegenüber der Landesregierung offensiv vertritt. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist tatsächlich ein Ritual, das wir heute aufführen: Es gibt eine Steuerschätzung, egal ob im Mai oder im November, die Opposition fordert dann - es ist guter Brauch in diesem Haus - einen Nachtrag, und die Regierung erläutert, warum der entsprechende Nachtrag nicht erforderlich ist.