Ich bin gleich fertig. - Vor dem Hintergrund der zahlreichen offenen Fragen bitten wir das Sozialministerium, dem Fusionsvertrag zur LVA Mitteldeutschland in der vorliegenden Fassung nicht zuzustimmen. - Ich bedanke mich und beantworte jetzt die Frage.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Liebrecht. - Herr Rothe, Sie haben nun die Möglichkeit, Ihre Frage zu stellen.
Frau Kollegin Liebrecht, ist die Begleitung der Fusion der drei Landesversicherungsanstalten durch Ihre Fraktion ein Teil der Initiative Mitteldeutschland?
Das kann man so sehen. Aber es war einfach wichtig für uns, weil wir durch Anrufe, durch Äußerungen von RehaKliniken, durch verschiedene Dinge darauf aufmerksam gemacht wurden, diese Angelegenheit zu verfolgen. Es ist nahe liegend und im Prinzip stehen wir zu der Sache - die Landesversicherungsanstalt unterliegt der Selbst
verwaltung -, aber so wie es jetzt ist, denke ich, ist es unsere Pflicht und unsere Aufgabe, darauf zu schauen, dass das Land Sachsen-Anhalt - -
- Wieso spät? Das wird die ganze Zeit auch vom Sozialministerium begleitet, kritisch begleitet. So ist das nicht, Frau Dr. Kuppe. Ich denke, der Minister wird schon das Entsprechende dazu sagen.
Frau Abgeordnete, was soll mit diesem Antrag geschehen: Überweisung in den Ausschuss für Gesundheit und Soziales oder Direktabstimmung?
Vielen Dank, Frau Liebrecht. Sie haben den Herrn Minister schon angekündigt. - Ich erteile jetzt dem Minister für Gesundheit und Soziales Herrn Gerry Kley das Wort. Bitte sehr, Herr Minister.
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es mit Fusionsbestrebungen zu tun, die den Bereich von drei Bundesländern betreffen. Aus diesem Grund haben die drei Sozialministerien von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen diesen Prozess von Anfang an gemeinsam begleitet. Ich möchte Ihnen gleich am Anfang das Ergebnis unserer gegenwärtigen Prüfungen in diesem gemeinsamen Genehmigungs- und Abstimmungsverfahren mitteilen: Wir halten den Beschluss in der vorliegenden Fassung übereinstimmend schon aus Rechtsgründen - und das sind nicht die allein maßgeblichen Gründe - für nicht genehmigungsfähig.
Die Landesversicherungsanstalten sind Körperschaften des öffentlichen Rechts der Selbstverwaltung. Mittel des Landeshaushalts stehen ihnen nicht zur Verfügung. Bundesweit existieren 22 Landesversicherungsanstalten, davon allein fünf in Bayern.
Fusionsvorbereitungen auf Initiative der Selbstverwaltung werden, abgesehen von denen in Mitteldeutschland, zwischen den LVAen Berlin und Brandenburg sowie im Norden zwischen den LVAen Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein getroffen. Diese so genannten freiwilligen Fusionen bedürfen der Genehmigung durch die Sozialministerien aller jeweils betroffenen Länder. Dabei handelt es sich nicht allein um eine rein rechtliche Prüfung; landespolitische Erwägungen sind ebenso Prüfungsmaßstab.
Bereits im Juni 2003 haben der Bundeskanzler und die Ministerpräsidenten der Länder in einem gemeinsamen Konzept für die Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung Folgendes beschlossen - ich zitiere -:
„Fusionen der Regionalträger werden von den Ländern angestrebt, wenn dies unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Wettbewerbs zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit und der Stabilität der Träger erforderlich ist.“
Dasselbe Kriterium findet sich in der gesetzlichen Regelung zur freiwilligen Vereinigung von LVAen, mit der wir es hier zu tun haben. Der viel zitierte § 141 SGB VI enthält dazu den folgenden Passus - ich zitiere -:
„Regionalträger können sich zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder Leistungsfähigkeit vereinen.“
Deshalb haben die drei Sozialministerien bereits im Vorfeld des Fusionsbeschlusses darauf hingewiesen, dass die Einsparpotenziale, die sich aus der Fusion ergeben sollen, benannt werden müssen, und zwar unabhängig von bzw. zusätzlich zu den Einsparungen, die sich aus der Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung ohnehin ergeben werden. Es ist nämlich so, dass ab Oktober 2005 wesentliche Zuständigkeiten in Grundsatz- und Querschnittsangelegenheiten auf den Bundesträger übergehen werden. Das bedeutet, dass die Landesversicherungsanstalten in diesem Bereich unabhängig von einer intendierten Fusion Kompetenzen und damit auch Arbeitsmengen verlieren werden.
Die bisher hierzu von den drei Landesversicherungsanstalten gemachten Äußerungen erschöpfen sich in der Auskunft, es sei geplant, 25 % der Stellen in eben jenen Grundsatz- und Querschnittsbereichen abzubauen. Eine befriedigende Darstellung der fusionsbedingt zu erwartenden Einsparungen ist von den Trägern bislang nicht vorgelegt worden.
„Der Vereinigungsbeschluss muss eine Feststellung über die Arbeitsmengenverteilung auf die Gebiete der Länder enthalten.“
So weit die Regelung des § 141 Abs. 2 Satz 2 SGB VI. In dem uns vorliegenden Fusionsvertrag wird lediglich ausgeführt, dass die ehemaligen Hauptverwaltungen als Sitz wesentlicher Organisationsentscheidungen gleichgewichtig erhalten bleiben und insgesamt 136 Stellen aus Leipzig - 81 Stellen nach Halle und 55 Stellen nach Erfurt - verlagert werden.
Die drei Sozialministerien Sachsens, Sachsen-Anhalts und Thüringens sind übereinstimmend der Auffassung, dass eine solche Regelung nicht ausreicht, und haben dies den Trägern mit gleich lautenden Schreiben vom 9. Mai 2005 mitgeteilt. Die drei Landesversicherungsanstalten wurden darüber hinaus aufgefordert, eine vergleichende Darstellung von Einsparpotenzialen ohne bzw. mit Fusion vorzulegen und das Prinzip der wohnortnahen Rehabilitation im Fusionsvertrag festzuschreiben.
Ich komme nun zu dem nichtrechtlichen Teil der Genehmigungsvoraussetzungen, zu der Frage nach dem landespolitischen Interesse Sachsen-Anhalts.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe niemals einen Hehl daraus gemacht, dass ich mich im Sinne des Landes Sachsen-Anhalt nur für Halle als Sitz einer LVA Mitteldeutschland einsetzen kann. Ich tue dies nicht, weil ich in Halle wohne, sondern aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit im Bereich der Rentenversicherung. In Thüringen gibt es in Gera eine große Niederlassung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte. In Sachsen befindet sich in Leipzig der Sitz des Rechenzentrums aller ostdeutschen Landesversicherungsanstalten.
Die Selbstverwaltung hat sich dagegen für Leipzig als Sitz ausgesprochen. Es muss davon ausgegangen wer
den, dass dieser Verlust des Hauptsitzes innerhalb des Fusionsverfahrens nicht vollständig zu kompensieren ist.
Die Tatsache, dass die Frage der Rechtsaufsicht über die zukünftige LVA Mitteldeutschland zwischen den Ländern Thüringen und Sachsen noch nicht geklärt ist, unterstreicht dieses Ergebnis ebenso anschaulich wie die an uns herangetragenen Befürchtungen der Rehabilitationskliniken in Sachsen-Anhalt, die sich auf die unterschiedlichen Bettenkapazitäten in den mitteldeutschen Ländern stützen.
Die unter der Prämisse eines sozialverträglichen Personalabbaus in Aussicht gestellte rein nominelle Stellenverlagerung nach Halle bringt den Standort SachsenAnhalt jedenfalls nicht voran.
Es ist jetzt Sache der Selbstverwaltung der drei Rentenversicherungsträger, den Fusionsvertrag bezüglich der Arbeitsmengenverteilung nachzubessern und die fehlenden Darlegungen zur Wirtschaftlichkeit oder Leistungsfähigkeit zu liefern. Diese Aufgabe hatten wir, wie gesagt, bereits im Dezember 2004 gestellt. Auch das Gespräch am 22. Juni 2005, das Ihnen per Fax avisiert wurde, das durch Thüringen aber bislang nicht bestätigt werden konnte, wird die Vorstände der LVAen nicht davon entbinden, auf unser Schreiben vom 9. Mai 2005 dezidiert zu antworten. Wir vermuten, dass hier der Versuch unternommen wird, die darin gestellten Fragen nicht nachhaltig klären zu lassen.
Wenn die Landesregierung, nachdem dieses geschehen ist, zu dem Ergebnis kommt, dass dieses Vorhaben sowohl rechtlich als auch landespolitisch genehmigungsfähig ist, dann haben die Sozialministerien in Abstimmung mit den Innenministerien die Vorlage eines Staatsvertrages zur Regelung der dienst- und personalvertretungsrechtlichen Einzelheiten zu vereinbaren. Über den Sachstand werde ich wunschgemäß im Ausschuss für Gesundheit und Soziales gern berichten. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Minister. - Nun eröffne ich die Debatte der Fraktionen. Die Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion. Für die SPD-Fraktion erhält nun der Abgeordnete Herr Bischoff das Wort. Bitte sehr, Herr Bischoff.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war gar nicht so einfach, sich darüber kundig zu machen, was hinter dem Antrag der Regierungsfraktionen eigentlich steckt. Je mehr ich mich in den letzten Tagen damit befasst habe, obwohl wir alle den Fusionsvertrag noch nicht gesehen haben - - Ich würde gern einmal wissen, wer in diesem Hohen Hause überhaupt schon einmal einen solchen Vertrag gelesen oder wer einen solchen Vertrag in der Tasche hat und deshalb weiß, worüber er redet.
Herr Minister, wir werden jetzt erneut mit einer Angelegenheit konfrontiert, die schon vor über einem Jahr hier angesprochen worden ist. Damals hatten wir Sie aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass es zu einer vernünftigen Fusion kommt und als Hauptsitz Halle festgelegt wird, weil wir schon damals mitbekommen haben, dass die Fusionsverhandlungen zwischen den Selbstverwaltungsorganen längst - die Angelegenheit läuft ja schon länger als ein Jahr - im Gange waren.
Jetzt, zu einem Zeitpunkt, in dem der Fusionsvertrag von den Selbstverwaltungsorganen einvernehmlich ausverhandelt worden ist und zum 1. Oktober 2005 in Kraft treten soll, wird ein solcher Antrag gestellt, von dem ich den Eindruck gewonnen habe, Sie benutzen die die Regierung tragenden Fraktionen, um davon abzulenken, dass einer der wichtigsten Gründe, die „Initiative Mitteldeutschland“ ins Leben zu rufen, die Fusion der Landesversicherungsanstalten gewesen ist.
Es scheint jetzt so zu sein, dass Sachsen-Anhalt zu einem Zeitpunkt, in dem die Selbstverwaltung schon alles organisiert hat, als einziges Land am Ende blockiert und sagt: Das geht nicht; das wollen wir nicht mehr.
Bisher bin ich davon ausgegangen, dass die Landesregierung oder zumindest der Ministerpräsident, Herr Staatsminister, davon ausgegangen ist, dass es einvernehmlich geregelt ist und die Staatsverträge unterzeichnet werden können. Es wundert mich, dass es jetzt plötzlich wieder einen Rückzug davon geben soll. Dazu würde mich die Meinung der gesamten Landesregierung interessieren.
Was ich bisher zu der Frage, welche Punkte ausverhandelt worden sind, habe herausbekommen können, war, dass in dem Verhandlungsprozess - - Dabei gibt es nicht nur Gewinner und Verlierer. Selbst wenn die Bundesländer Thüringen und Sachsen aus dem Vertrag jetzt noch aussteigen wollten, würden sie dies deshalb tun, weil sie der Auffassung sind, für sie kommt dabei zu wenig heraus. - Und wir beklagen, die hätten schon zu viel. Welches Verhandlungsergebnis wollen Sie denn eigentlich noch?
Klar ist: Die Fach- und Rechtsaufsicht soll nach Thüringen, der Sitz wird in Sachsen, konkret in Leipzig sein und nach Sachsen-Anhalt - so habe ich mir sagen lassen - wird eine bestimmte Anzahl von Stellen verlagert. Bisher habe ich von 67 Stellen gehört, die direkt von Leipzig nach Halle verlagert werden sollen. Dabei ist von vornherein klar, dass die Betroffenen erst einmal von Leipzig nach Halle fahren. Die Stellen sind in Halle nicht neu geschaffen. Sie sind dort erst dann neu besetzbar, wenn die Betroffenen in den Ruhestand gehen. Anders geht es doch gar nicht.
Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, welcher Nutzeffekt, außer dass man dadurch Leitungsebenen einspart, noch in einer solchen Fusion steckt. Der Nutzen der Fusion liegt auch darin, dass - wir wissen, dass die Klärung der Rentenkonten jetzt zum großen Teil abgeschlossen und der größte Teil der Arbeit erledigt ist - in Zukunft nicht mehr Personal, sondern weniger gebraucht wird. Diesbezüglich ist zu fragen, was auf SachsenAnhalt zukommt.
Ich bin der Meinung, wir sollten im Ausschuss einmal hören, ob die Ausführungen des Geschäftsführers zutreffen, der uns schriftlich mitgeteilt hat, dass die Arbeitsmengenverteilung und - das hoffe ich auch - ebenso die Arbeitsaufteilung in dem Fusionsvertrag zum Vorteil von Sachsen-Anhalt - so hören wir es nämlich - geregelt sind.
Im Übringen finde ich es ein absolut gutes Ergebnis der Verhandlungen, dass der Vorstand der Selbstverwaltung sowohl für die Arbeitgeberseite als auch für die Arbeiternehmerseite aus Sachsen-Anhalt kommt. Ich finde, das ist ein gutes Ergebnis, weil ich hoffe, dass die für Sachsen-Anhalt das Beste herausholen werden. Wenn man
den Vorstand hat, Herr Bönisch, hat man schon viel erreicht. Ich jedenfalls denke, dass das gut ist.
Also zum Schluss: Ehe wir am Ende bei Neuverhandlungen nur noch mehr verlieren, halte ich es für richtig, uns erst einmal im Ausschuss ordentlich damit zu beschäftigen, zu hören, was im Fusionsvertrag überhaupt drin steht, und dann noch einmal die Frage zu stellen: Wo liegt denn eigentlich jetzt noch Bedarf für SachsenAnhalt?
Man sollte jedenfalls nicht davon ablenken, wer hierbei auch ein Stück weit die Verantwortung trägt. - Ich danke Ihnen.
Danke, Herr Abgeordneter Bischoff. - Die Debatte wird fortgesetzt mit dem Beitrag der FDP-Fraktion. Ich erteile dem Abgeordneten Herrn Scholze das Wort. Bitte sehr, Herr Scholze.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der geplanten Fusion der Landesversicherungsanstalten Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen soll tatsächlich ein weiterer Schritt im Rahmen der Initiative Mitteldeutschland Gestalt annehmen. Herr Bischoff bzw. Herr Rothe, Sie haben ja mit Ihrem Zwischenruf und auch mit Ihrem Redebeitrag genau das ein wenig in Frage zu stellen versucht. Ich denke, dieser Tagesordnungspunkt zu den Landesversicherungsanstalten und zur Fusion macht noch einmal deutlich, dass es letztendlich darum geht, hierbei ganz konkret die Interessen des Landes Sachsen-Anhalt zu vertreten.