Protokoll der Sitzung vom 08.07.2005

Schüler der Humboldt-Sekundarschule aus Naumburg begrüßen zu können.

(Beifall im ganzen Hause)

Jetzt bitte Herr Hauser.

Danke schön. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Debatte steht die Änderung des Landeswaldgesetzes. Wir alle wissen, dass diese Änderung den Weg für eine weitere Forststrukturreform frei macht. Es ist nicht die erste Forststrukturreform. Wie bei allen anderen gibt es natürlich auch bei dieser Proteste, Einwände und Bedenken.

Die Deutschen und ihr Wald - ein hoch sensibles Thema. Ich bitte darum, da nicht „draufzuhauen“ und keinen Populismus zuzulassen. Ich bitte auch darum - ich bin in Bayern geboren und bewirtschafte dort einen Forstbetrieb -, west- und ostdeutsche Forstbetriebe nicht unbedingt miteinander zu vergleichen. Ich erspare es mir, das jetzt im Detail zu erläutern. Mit Verweis auf die Nachkriegshistorie sage ich nur: Es passt nicht zusammen.

Ich bin davon überzeugt, dass es ohne Wandel keine Zukunft gibt. Die Welt dreht sich weiter. Die Dinge ändern sich. Das Erreichte ist nur durch Veränderung zu bewahren. Das Geld ist knapp und der Staat muss sich überlegen, welche Aufgaben er erledigen muss und von welchen er sich trennen kann. Das gilt uneingeschränkt auch für den Forstbereich unseres Landes.

Die Landesregierung holte ein Gutachten ein, mit dem die Fragen der Effizienz, der Aufgaben- und der Mitarbeiterverteilung beleuchtet werden sollten. Es spricht nichts dagegen, die Meinung Außenstehender einzuholen und Ideen zu verlangen. Es spricht aber auch nichts dagegen, sich mit den Betroffenen hinzusetzen, sich seine eigene Meinung zu bilden und - das ist durch Arbeitsgruppen bereits geschehen; einige sagen, es ist unvollkommen; die anderen sagen, das passt - sich ein eigenes Bild zu machen.

Ich selbst habe in den letzten Wochen viele Fragen gestellt, habe aber - das muss ich hier ganz offen sagen - nicht alle konkret beantwortet bekommen. Ich habe mich mit vielen sachkundigen Forstleuten in verschiedenen Forstämtern im Land besprochen, mit Befürwortern und mit Gegnern dieser Reform.

Für mich sind die wichtigsten Fragen bis jetzt - ich betone: bis jetzt - offen geblieben. Sie lauten: Lohnt sich die Reform? Welcher nachhaltige Wirkungsgrad wird damit erzielt? Wann genau kommen die Finanzeinsparungen zum Tragen? Wie sind sie langfristig bilanzierbar? - Das möchte die FDP-Fraktion belegt haben.

Das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt hat vor einigen Tagen - die Ministerin hat es soeben gesagt - eine vorläufige Konzeption zur Aufgabenverteilung und Verwendung der 1 142 Mitarbeiter des Landesforstbetriebes vorgelegt.

Herr Hauser, möchten Sie eine Frage von Herrn Czeke beantworten?

Einen Moment noch.

Herr Kollege Czeke, ich bemühe mich, schnell zu sein.

(Herr Czeke, PDS: Ich warte gern fünf Minuten!)

Es sind ja nur noch zwei Minuten Redezeit.

Ja.

(Heiterkeit)

Mir wird Angst und Bange, wenn ich daran denke - das muss ich hier auch sagen -, dass ein weiterer LHOBetrieb gegründet werden soll und Behörden und Betriebe der Landesverwaltung verteilt werden.

Frau Wernicke, Sie sagen, dass der Umfang der Personalkosten des Landesforstbetriebes erheblich reduziert würde. Das stimmt wohl. Ich gebe Ihnen darin Recht. Wenn man Personal in einer erheblichen Größenordnung aus einem Betrieb abzieht, verringert man die Personalkosten. Das ist nicht schwer zu verstehen. Wenn man das Personal jedoch in andere Bereiche umsetzt, dann sind dort die Personalkosten nicht geringer. Unter dem Strich spare ich nur bei wirklichen Abgängen etwa durch Verrentung. Ich bin schon dafür, dass wir ehrlich bleiben. Sprechen wir also von Personalumsetzungen und nicht von Personaleinsparungen.

Die dem Gutachten zugrunde gelegten Zahlen aus dem Jahr 2003 gehen von einem Zuschussbedarf von 40 Millionen € aus. Das ist für einen Forstbetrieb in dieser Größe eine enorme Zahl. Dass dieser Zuschuss verringert werden muss, ist in diesem Hause, so glaube ich, unstrittig.

Hier ist die nächste offene Frage: Warum wird nicht zur Kenntnis genommen, dass der Landesforstbetrieb für das Jahr 2004 seinen Zuschussbedarf auf 28 Millionen € reduziert hat? Das Argument, dass das durch höhere Holzpreise usw. erreicht wurde, lasse ich aufgrund meiner praktischen Erfahrungen nur bedingt gelten.

Der Landesforstbetrieb hat innerhalb eines Jahres in seiner bestehenden Struktur den Zuschussbedarf von 40 Millionen € auf 28 Millionen € senken können. Der Ansatz für das Jahr 2005 beträgt 27,5 Millionen €. Die Einsparungen bis zum 31. Mai 2005 zeigen, dass sich der Bedarf wieder um 24 % reduziert, wenn dieser Trend bis zum Ende des Jahres fortgeführt werden kann. Auch diese Möglichkeiten müssen berücksichtigt werden, wenn wir eine offene und ehrliche zukunftsfähige Debatte mit einem entsprechenden Ergebnis führen wollen.

Ich behaupte nicht, dass das Einheitsforstamt die alleinige Organisationsform für eine effiziente Forstverwaltung ist. Ich kann aber nicht erkennen, dass das bisher vorgelegte Konzept besser ist und es für die Zukunft besser macht.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS)

Vor exakt zwölf Wochen forderte ich an dieser Stelle eine Strategie, die langfristig Bestand haben sollte - das können wir alles nachlesen - und nicht die siebte, achte oder neunte Forststrukturreform mit sich bringt. Ich ver

misse die Strategie. Wir brauchen diese Strategie. Die FDP-Fraktion besteht darauf, dass wir das belegen.

(Zuruf von der SPD: Bravo, Herr Hauser!)

Aber da ich ein positiv denkender Mensch bin, gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass eine auf breiter Basis beruhende Lösung gefunden wird.

Sehr geehrte Frau Wernicke, ich bitte darum, dass wir uns gemeinsam zusammensetzen, vor allem in den Ausschüssen für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Finanzen, und die Sache tiefgründig erörtern. Wir sind, wenn wir es so wollen, auf einem gutem Weg. - Vielen Dank.

(Frau Mittendorf, SPD: Auf einem Holzweg! - La- chen bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Hauser. - Jetzt, Herr Czeke, bitte Ihre Frage.

Hoffentlich nicht auf dem Holzweg.

(Frau Mittendorf, SPD: Das war mein Satz!)

Herr Kollege Hauser, ich frage Sie als streitbaren Geist der Praxis.

(Unruhe - Herr Hauser, FDP: Es ist so unruhig!)

Die fünfte Reform innerhalb von 15 Jahren - ist aus der Sicht des Forstwirtes mit Blick auf die Nachhaltigkeit der Zeithorizont nicht arg überhastet?

Sprechen wir von dem Gutachten. Dort wurde der Datenbestand des Landesforstbetriebes von knapp einem Jahr beleuchtet, noch dazu von Kollegen, die in den alten Bundesländern ausgebildet wurden und vielleicht, wie wir Ihrer Rede entnehmen konnten, die Vergleiche nicht so anstellen können. Ist das nicht problematisch? Meine Unterstellung ist, dass es politische Willkür ist, so etwas vorzulegen. Können Sie diese Ansicht teilen?

Es ist Folgendes mit wenigen Worten gesagt. Am 1. Juli dieses Jahres hat in meinem ehemaligen Heimatforstamt in Mitterfels im Bayerischen Wald - - Bayern und Baden-Württemberg haben nach 30 Jahren eine ziemlich starke Forststrukturreform durchgeführt.

(Frau Budde, SPD: Nach 30 Jahren!)

- Nach 30 Jahren, aber mit einem anderen Ergebnis. Das muss man auch sagen. Aus 247 Einheitsforstämtern wurden 27 Betreuungsforstämter für den Privatwald. Das ist schon ein Kracher.

Das, was dort auch geschehen ist, muss man ganz offen sagen: In den Jahren 1998, 1999 und 2000 sind diese Forsthäuser mit wirklich viel Geld renoviert worden und stehen jetzt auf dem Immobilienmarkt. Das ist auch eine problematische Frage.

Ich möchte vor allem erreichen - das sage ich ganz offen und ehrlich -, dass wir für Sachsen-Anhalt einen optimalen zukunftsfähigen und strategisch richtigen Weg einschlagen, der auf fundierten Fakten und Erkenntnissen

beruht. Das ist mein Anliegen. Das will ich durchsetzen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Hauser. - Weitere Fragen gibt es nicht. Nun hören wir den Beitrag der SPD-Fraktion. Ich erteile Frau Hajek das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit der Vorlage dieses Gesetzentwurfes habe ich erneut festgestellt, dass uns und die Landesregierung Welten trennen. Ich nehme dabei jetzt die Koalitionsparteien und vor allem Herrn Hauser aus. Ich hoffe, Sie bleiben auch im Ausschuss so standhaft wie eine deutsche Eiche bei Ihren Auffassungen,

(Oh! bei der FDP)

nämlich bei Ihrer Auffassung dazu, wie die Landeswaldbewirtschaftung zu erfolgen hat.

Ich jedenfalls halte es mit Bertolt Brecht, der da sagt: Weißt du, was ein Wald wert ist? Ist ein Wald nur zehntausend Klafter Holz? Oder ist er eine grüne Menschenfreude? - Die Landesregierung hat sich offenbar für die zehntausend Klafter Holz entschieden.

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es gegen ein Vorhaben der Landesregierung jemals einen solchen breiten Widerstand gegeben hat wie gegen die geplante Forststrukturreform.