In der Tat: Die Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt hat sich in den vergangenen 15 Jahren, gemessen am nationalen und am europäischen Maßstab, zu einem wettbewerbsfähigen Wirtschaftszweig entwickelt. Sowohl die vorzüglichen Standortbedingungen als auch die erheb
lich größeren Betriebseinheiten, aber vor allen Dingen das Engagement der Landwirte selbst sind dafür die eigentlichen Gründe. Das hat erst einmal relativ wenig mit Politik zu tun.
Aber trotz dieser günstigen Ausgangsbedingungen waren die Landwirte in der Vergangenheit - sie werden es auch in der Zukunft sein - auf die Unterstützung, auf die Hilfe von Politik und Staat angewiesen. Das hat mit der besonderen Verantwortung der Landwirte für die Pflege und die Erhaltung unserer Kulturlandschaft zu tun. Das hat aber auch damit zu tun, dass die Landwirte mit vielen landwirtschaftlichen Produkten infolge einer recht zweifelhaften Preispolitik des Handels nicht das erwirtschaften, was sie letztlich zum Überleben brauchen.
Abgesehen von der unsinnigen Behauptung, die Schaffung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum werde von Rot-Grün gefährdet, Frau Wernicke, haben EU, Bund und Land in den vergangenen 15 Jahren erhebliche finanzielle Mittel bereitgestellt, um den landwirtschaftlichen Betrieben zu helfen, unter anderem ihre Eigenkapitalschwäche zu überwinden.
Dass die Steuern auf Agrardiesel insbesondere aufgrund der aktuellen Entwicklung des Ölpreises eine Revision erfordern, liegt nahe. Wir dürfen in diesem Zusammenhang aber nicht vergessen - Stichwort nachwachsende Rohstoffe -, dass die Landwirte auch die Möglichkeit haben, mehr als vielleicht bisher auf Pflanzenöl und Biodiesel umzusteigen. Im Übrigen halte ich Ihre Haltung zum Agrardiesel angesichts der Äußerung von Herrn Bleser, der sagte: Wir sehen derzeit keinen Spielraum, die Agrardieselverbilligung durchzusetzen, für wenig überzeugend.
Insgesamt - das möchte ich hier ausdrücklich festhalten - ist die Entwicklung der Landwirtschaft in unserem Land erfolgreich verlaufen. Deshalb gilt unsere besondere Hochachtung allen in der Landwirtschaft Beschäftigten.
Schauen wir uns den Zeitraum von 2002 bis 2005 einmal an. Dann stellen wir, wenn man sich die Agrarberichte und die statistischen Erhebungen anschaut, fest, dass das Ziel, mit dem die CDU-FDP-Koalition angetreten ist, nämlich Arbeitsplätze zu schaffen, zumindest Arbeitsplätze zu erhalten, in diesem Bereich nicht ganz funktioniert hat.
Wir haben in der Zeit zwischen 2002 und 2004 im landwirtschaftlichen Bereich einen Rückgang um 341 Arbeitsplätze zu verzeichnen. Über den Rückgang der Viehbestände, was letztlich auch etwas mit Arbeitsplätzen zu tun hat, hat bereits Herr Krause hier ausgeführt.
Frau Wernicke, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung das Veredlungsprogramm hervorgehoben und dabei die Erhöhung der Grünlandprämie in den Mittelpunkt gestellt. Es gab im parlamentarischen Raum Einigkeit darüber, dass die Grünlandprämie erhöht werden muss. Es gab auch eine Studie zur Perspektive der Gründlandnutzung, deren Ergebnisse auch wir im Ausschuss diskutiert haben. Ich muss Ihnen vorwerfen, dass Sie diese Ergebnisse während Ihrer Arbeit relativ schnell haben unter den Tisch fallen lassen. Die Zahlen belegen, dass durch Ihr Veredlungsprogramm wenig passiert ist.
Meine Damen und Herren! In der Regierungserklärung wurde auch auf die Schweinehaltungsverordnung eingegangen, die zurzeit von der CDU im Bundesrat blockiert wird, weil die CDU-regierten Länder - auch Frau Wernicke - der Meinung sind, dass hierbei europäisches Recht im Verhältnis 1 : 1 umgesetzt werden muss, wie sie in anderen Bereichen für eine 1:1-Umsetzung eintreten, wenngleich man wissen muss, dass diese Formel ein Kompromiss zwischen den europäischen Ländern ist, also zwischen Ländern, die zum Teil katastrophale Umwelt -, Natur- und landwirtschaftliche Bedingungen haben, als auch zwischen den Ländern, die gute oder hervorragende Bedingungen haben.
Nun zur Schweinehaltung. Die Auseinandersetzung mit den Inhalten der Schweinehaltungsverordnung - auch heute sind Sie nicht näher auf die Inhalte dieser Verordnung eingegangen; das wäre einmal interessant gewesen - ist bisher nicht erfolgt. Deshalb will ich das nachholen.
Frau Wernicke, worum geht es also im Kern bei dieser Verordnung? - Es geht darum, dass diese Richtlinie vorschreibt, dass pro Mastschwein ab einer bestimmten Masse - nehmen wir einmal 100 kg - eine bestimmte Fläche vorzusehen ist, auf der das Schwein lebt, gehalten wird. Dafür habe ich eine Karte mitgebracht. Zum Beispiel für ein Schwein mit einem Gewicht von 100 kg sieht die 1:1-Verordnung eine Fläche von 0,6 m² vor.
Übrigens hat die Bundesregierung gesagt: Wir haben den Tierschutz in der Verfassung, im Grundgesetz. Wir wollen den Schweinen ein bisschen mehr Raum geben. Wir plädieren mindestens für 1 m². - Das finde ich gut, vor allen Dingen im Interesse des Tierschutzes.
Nun, Frau Wernicke möchte 0,6 m² für ein 100-kgSchwein. Ich habe hier eine Karte von Sachsen-Anhalt, die 0,6 m² groß ist.
Ich denke, das musste auch einmal anschaulich gemacht werden, damit wir wissen, wovon wir reden, wenn wir von Schweinehaltung sprechen.
Frau Wernicke, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung den Druck auf die Preise für Ökoprodukte beklagt und den an angestrebten Marktanteil von 20 % als Fantasterei abgestempelt. Widersprüchlicher kann eine Aussage nicht sein, denke ich.
Vor zehn Jahren war der ökologische Landbau eine Marktnische, vorrangig in der Umgebung großer Zentren und getragen von meist kleineren Betrieben, die durch hohe Preise und Selbstvermarktung hauptsächlich die Klientel Besserverdienender bedienen mussten, um damit ihren Betrieb aufrechterhalten zu können. Heute finden sich die Produkte von Ökobetrieben schon in den Discountmärkten. 1 l Milch zum Beispiel, der vielleicht 20 Cent teurer ist als konventionell erzeugte Milch, wird durchaus gekauft, auch von Leuten, die nicht eine solch dicke Börse haben wie manche andere.
Betrachtet man allerdings die Dumpinglohnvorstellungen Ihrer Kanzlerkandidatin, so muss man in der Tat schwarz sehen;
Meine Damen und Herren! Ein großes Defizit in unserem Land besteht ohne Zweifel auch noch hinsichtlich der Einbindung der Primärproduktion in die Wertschöpfungsketten. Von der landwirtschaftlichen Primärproduktion wird auch in Zukunft kein nennenswerter Zuwachs an Arbeitsplätzen zu erwarten sein. Vielmehr muss es uns gelingen, die Verarbeitungsstufen im Land stärker zu etablieren.
Um das zu erreichen, müssen Vermarktungsstrukturen aufgebaut werden. In diesem Zusammenhang ist der Landesmarketinggesellschaft besondere Bedeutung beizumessen. Der finanzielle Streit um die Ausstattung der Agrarmarketinggesellschaft, den wir jedes Jahr während der Haushaltsdiskussion erleben, zeigt, dass Frau Wernicke manchmal eben nur durch die geballte Front aller Fraktionen dazu bewegt werden kann, für die Agrarmarketinggesellschaft mehr Geld einzustellen,
(Herr Gürth, CDU: Frau Wernicke bewegt sich ganz allein viel zu schnell, da kommen Sie doch gar nicht hinterher!)
Stichwort landwirtschaftliche Fakultät der Uni Halle. Das ist heute überhaupt noch nicht Thema gewesen. Was uns betrifft, ist klar, dass die älteste deutsche Agrarfakultät als wesentlicher Garant für die Ausbildung und die Forschung im Bereich der Landwirtschaft, der Züchtungsforschung, aber auch für die nachhaltige Entwicklung im Agrarbereich und im Umweltbereich nach wie vor von erheblicher Bedeutung ist. Aus diesem Grunde glauben wir, dass sie in ihrer Grundstruktur unbedingt erhalten bleiben muss.
Zum Beispiel der geplante Wegfall des Lehrstuhls Umwelt- und Agrarpolitik ist aus unserer Sicht geradezu absurd, wenn man darüber nachdenkt, wie oft Politiker, insbesondere von Ihrer Seite, die Begriffe „Nachhaltigkeit“ und „Zukunftsfähigkeit“ im Munde führen. Ein nachhaltiges Engagement in der Frage dieser Fakultät seitens der Ministerin habe ich in den letzten Jahren - vielleicht habe ich es überhört - eher nicht wahrgenommen.
Da vermisse ich den entsprechenden Einfluss. Da Sie selbst auch an dieser Universität studiert haben, Frau
Wernicke, wäre es, denke ich, angemessen gewesen, wenn Sie sich an entsprechender Stelle öffentlich etwas deutlicher eingemischt hätten. - Ich kürze etwas, weil ich sonst nicht fertig werde.
Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat in den vergangenen drei Jahren oft genug - zu oft - Kritik an der Bundesregierung hinsichtlich der Agrarpolitik geübt. Erst seitdem auf Bundesebene vorgezogene Neuwahlen in Aussicht gestellt worden sind, hält sie sich etwas zurück. Man erkennt jetzt auf einmal: Wenn wir selbst in die Verantwortung kommen, können wir möglicherweise auch nicht viel mehr machen als diese Bundesregierung, nämlich europäisches Recht umsetzen, europäische Richtlinien umsetzen.
Deswegen, glaube ich, ist es an dieser Stelle in Ihren Reihen etwas ruhiger geworden. Vielleicht tritt auch ein kleines Umdenken ein. Das kann man noch nicht sagen. Aber ich glaube, Sie werden rechtzeitig erkennen, welche Spielräume vor allem die Landespolitik in diesem Bereich hat.
Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren. Die unternehmerische Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt hat eine Zukunft. 100-prozentig gebe ich Ihnen darin Recht, Frau Wernicke. Sie hat aber nicht deswegen eine Zukunft, weil Sie während der letzten dreieinhalb Jahre regiert haben, und erst recht nicht, weil Sie einen Wechsel in Berlin wünschen.
Die Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt hat eine Zukunft, weil die Landwirte in Sachsen-Anhalt nicht nur über günstige Standort- und Produktionsbedingungen verfügen, nicht nur weil die Landwirte in Sachsen-Anhalt über Generationen viel Erfahrung und viel Wissen angehäuft haben. Sie hat auch nicht nur deswegen eine Zukunft, weil die Landwirte in Sachsen-Anhalt früher aufstehen, wie Sie gesagt haben, wobei Sie nicht unterschieden haben, ob nun die Ökolandwirte oder die konservativen Landwirte früher aufstehen.
Aber die Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt hat deswegen eine Zukunft, weil ab 2006 in Sachsen-Anhalt wieder ein sozialdemokratischer Landwirtschaftsminister