Protokoll der Sitzung vom 09.09.2005

Um alle Unsicherheiten zu beseitigen und die Dinge, die man wirklich erfahren muss, noch einmal zu konkretisieren, ist meine Bitte, beide Anträge in den Ausschuss zu überweisen, um dort sachlich und ruhig darüber zu diskutieren. Denn jetzt hat es den Anschein, dass man sich zielgerichtet eine Gruppe herausgreift und andere eventuell vernachlässigt, die zumindest genauso viel Hilfe bedürften. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Minister Herrn Prof. Dr. Olbertz)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Mittendorf. - Für die FDP-Fraktion setzt nunmehr der Abgeordnete Herr Dr. Volk die Debatte fort. Bitte sehr, Herr Dr. Volk.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere Aufgabe ist es, gesetzliche Rahmenbedingungen für ein Gemeinwesen zu schaffen, das die Freiheit des Einzelnen sichert und jedem ein würdiges Leben und die Befriedigung der Bedürfnisse ermöglicht. Dabei müssen oftmals widerstreitende Interessen gegeneinander abgewogen werden. Dies gilt auch im Fall des vorliegenden Antrages.

Wir sollten aber nicht in sofortigen Aktionismus verfallen, sondern erst einmal prüfen, ob die Bedingungen der aufgestellten Behauptung - Frau Hein, Sie verweisen selbst auf einen Einzelfall, der Ihnen bekannt ist - durch die Realität gedeckt sind.

Ebenso gilt es festzustellen, ob die vorhandenen Instrumentarien ausreichen oder ob es, wie in dem Antrag gefordert, zusätzlicher Regelungen im Land bedarf. Erst dann kann über notwendige weitere Maßnahmen entschieden werden.

Es muss festgestellt werden, ob die Fahrkosten tatsächlich einen grundsätzlichen Hinderungsgrund für den Besuch weiterführender Schulen darstellen.

(Lachen bei der Linkspartei.PDS - Zuruf von Frau Bull, Linkspartei.PDS)

- Nach Ihrer Argumentation müsste seit Januar ein signifikanter Anstieg der Abmeldungen von Schülern aus den Gymnasien im Land zu verzeichnen sein.

(Herr Gallert, Linkspartei.PDS: So einfach ist die Sache doch nicht, Herr Volk!)

Ebenso benötigen wir eine Übersicht, wie viele Landkreise und kreisfreie Städte weitergehende Zuschüsse, die nach § 71 Abs. 5 unseres Schulgesetzes möglich sind, zahlen.

Wie wichtig eine fundierte Problemanalyse ist, können wir feststellen, wenn wir uns die Rechtsprechung zu den Neuerungen im SGB II ansehen. Vor wenigen Monaten entschied beispielsweise das Sozialgericht Aurich, dass die Fahrkosten zur Schule, die 6 % des Regelsatzes überschreiten, von der Arge zu übernehmen sind.

Bereits die aktuellen Verordnungen im Land ermöglichen einen Zuschuss zu den Fahrtkosten auch für Schüler der Sekundarstufe II. In diesem Zusammenhang wäre es

auch einmal interessant zu erfahren, in welchen Kreistagen Ihre Fraktion gegen die Zahlung eines Zuschusses votiert hat. Die bestehende Verordnung aus dem Jahr 1993 gilt immer noch. Sie sieht vor, dass zwei Drittel der Kosten übernommen werden können.

Meine Damen und Herren! Wir sollten uns im Ausschuss mit der aufgerufenen Problematik befassen. Deshalb haben wir unseren Änderungsantrag gestellt. Wenn wir schnell Handlungsbedarf erkennen, macht es Sinn, sich über weitergehende Maßnahmen zu unterhalten.

In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. - Besten Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Volk. - Die Debatte wird durch den Beitrag der Linkspartei.PDS abgeschlossen. Es spricht Frau Abgeordnete Dr. Hein. Frau Dr. Hein, Sie haben noch einmal das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja schon interessant, dass die FDP erst reagiert, wenn es eine Signifikanz bei einem Problem gibt. Ich dachte immer, die FDP ist für Individualrechte prädestiniert. Dafür habe ich sie bisher immer geschätzt. Nun wird sie erst tätig, wenn es eine Massenerscheinung wird. Eigenartig, aber na ja.

Ich denke, es wäre problematisch, wenn wir uns hier nicht bereitfänden, auch auf den Einzelfall zu reagieren. Auch der Einzelfall ist ein Problem, das gelöst werden muss.

Frau Mittendorf, Sie haben meiner Rede nicht richtig zugehört. Das Zitat, das ich gebracht habe, ist - das habe ich betont - aus anderen Ländern. In diesem Fall ist es aus Hamburg. Ich habe gesagt: andere Länder, andere Sitten. Bei uns gibt es andere Probleme, aber auch dieses. Schüler-Bafög erhält man nur, wenn man nicht im Elternhaus wohnt, der Weg zur Schule unverhältnismäßig lang ist und man dies nicht zumuten kann. Es gibt schon eine Reihe von Regelungen.

Es handelt sich also um eine Problemlage, die nicht geklärt ist. Ich gebe Ihnen insofern Recht, als es auch andere Personengruppen gibt. Das hatte ich in meiner Rede gesagt. Ich wäre auf einen Änderungsantrag von Ihnen aber sehr gespannt gewesen. Den hätte ich vielleicht auch mitgetragen. Aber Sie haben keinen gestellt.

Frau Abgeordnete Dr. Hein, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Bull zu beantworten?

Am Ende sehr gern.

(Herr Tullner, CDU: Das ist doch abgesprochen!)

- Nein. Ich weiß gar nicht, was Sie wollen.

(Frau Bull, Linkspartei.PDS: Eine ganz leichte!)

- Stell mir keine schwierige, die kann ich nicht.

Im Übrigen gab es in der Sozialhilfe, die eine ganze Reihe Betroffener noch bekommen hat, durchaus auch ein paar andere Regelungen, die jetzt mit dem ALG II weg

gefallen sind. Das betrifft zum Beispiel Einmalzahlungen und Ähnliches.

Ich muss Ihnen sagen, Herr Volk: Ja, es gibt nach dem Schulgesetz die Möglichkeit, dass Landkreise auch anders entscheiden, und dies hat eine ganze Reihe von Landkreisen eine ganze Menge von Jahren lang auch gemacht. Inzwischen ist die Zahl der Landkreise, die die Schülerbeförderung der 11. und 12. Klassen - die 13. Klassen betrifft es nicht mehr - noch übernehmen, sehr geschrumpft. Das mag es noch geben, aber nicht mehr oft. Wir sind aber für das ganze Land zuständig.

Die Verordnung, auf die Sie sich beziehen, haben Sie leider mit Ihrem letzten Schulgesetz geerdet. Die gibt es nämlich nicht mehr, weil das Kultusministerium in diesem Gesetz, das seit 1. August 2005 gilt, keine Verordnungsernächtigung mehr hat.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS - Herr Kos- mehl, FDP: Die Verordnung besteht doch noch!)

- Ach, Herr Kosmehl, wer verordnen will, muss eine Verordnungsermächtigung haben.

Frau Bull, bitte schön.

Frau Dr. Hein, ich würde gerne ein Missverständnis aufklären. Nach der Regelsatzverordnung beträgt der absolute Anteil des Regelsatzes für Verkehrsdienstleistungen - das hatten Sie erwähnt - 17,91 €. Dieser Regelsatz gilt in allen neuen Bundesländern, in ähnlicher Weise auch in Hamburg und in Sachsen-Anhalt. Ich könnte auch alle Bundesländer aufzählen. Somit kann es sich um keinen Einzelfall handeln. Stimmen Sie dieser Auffassung zu?

Ich stimme der Auffassung zu und bin ziemlich enttäuscht darüber, dass sich so viele Abgeordnete in diesem Haus offensichtlich von dieser Problematik nicht angesprochen fühlen. - Danke.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Frau Dr. Hein. - Meine Damen und Herren! Wir treten nun in das Abstimmungsverfahren zu den Drs. 4/2363 und 4/2391 ein. Es ist zunächst eine Überweisung des Antrages und damit auch des Änderungsantrages beantragt worden.

Vielleicht könnten wir uns vorher darüber verständigen, dass wir die Änderung, die Frau Feußner aufgrund eines Vorschlages des Ministers eingebracht hat, in den Änderungsantrag einarbeiten, nämlich dass die Landesregierung dem Ausschuss für Bildung und Wissenschaft bis Ende des Monats November statt Ende des Jahres den entsprechenden Sachstandsbericht gibt. Gibt es dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann ist der Änderungsantrag so geändert.∗)

Weiterhin wurde beantragt, diesen Antrag und damit auch den geänderten Änderungsantrag in die Ausschüsse für Finanzen, für Inneres, für Gleichstellung, Familie,

∗) Der Änderungsantrag in der geänderten Fassung wurde zwischenzeitlich als Drs. 4/2391 neu verteilt.

Kinder, Jugend und Sport, für Bildung und Wissenschaft sowie für Gesundheit und Soziales zu überweisen.

Wer einer Überweisung dieses Antrages und des geänderten Änderungsantrages in die Ausschüsse zustimmt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei allen Fraktionen. Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Keine. Damit ist zunächst die Überweisung beschlossen.

Nun können wir darüber abstimmen, dass federführend der Ausschuss für Bildung und Wissenschaft beraten soll. Wer einer Überweisung zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Bildung und Wissenschaft zustimmt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte.

(Unruhe bei allen Fraktionen)

- Dann wiederholen das: Wer dem Ausschuss für Bildung und Wissenschaft als federführendem Ausschuss zustimmt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei der Linkspartei.PDS und bei der SPD-Fraktion, vereinzelt bei der CDU- und bei der FDPFraktion.

(Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Wie bei der Kreis- gebietsreform! - Frau Mittendorf, SPD: Macht ihr nicht mehr mit? - Frau Dr. Hüskens, FDP: Wieso denn nicht? - Zurufe von der CDU)

Gegenstimmen? - Erheblich weniger Gegenstimmen. Enthaltungen? - Etliche Enthaltungen. Damit ist der Ausschuss für Bildung und Wissenschaft als federführender Ausschuss bestätigt worden.

Nun stimmen wir darüber ab, in welche weiteren Ausschüsse dieser Antrag überwiesen werden soll. Vorgeschlagen waren die Ausschüsse für Finanzen, für Inneres, für Gleichstellung, Familie, Kinder, Jugend und Sport sowie für Gesundheit und Soziales. Können wir darüber insgesamt abstimmen?

(Frau Dr. Weiher, Linkspartei.PDS: Verkehr!)