Gestatten Sie mir in der Elbestadt Magdeburg den Vergleich mit einem Schwimmer, der sich bemüht, flussaufwärts vorwärts zu kommen. Er hat seit 2002 kräftig gekrault, aber die Gegenströmung war so gewaltig, dass er nur mühsam von der Stelle kam. Aber ohne die gewaltige Gegenströmung hätte er sein Ziel erreicht; ohne das kräftige Kraulen wäre er hoffnungslos flussabwärts getrieben.
Die Anstrengungen waren keineswegs vergebens und das Ziel ist nicht aus den Augen verloren. Der Schwimmer ermüdet nicht; er schwimmt weiter. Meine sehr verehrten Abgeordneten der regierungstragenden Fraktionen: Wir werden weitermachen!
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Herr Bul- lerjahn, SPD: Das heißt, unsere Regierung schwimmt!)
Meine Damen und Herren! Die Konsolidierung des Landeshaushalts soll vorrangig durch eine Reduzierung jener Ausgaben erfolgen, die als konsumtiv gelten. Ein hohes Investitionsniveau soll auch weiterhin gewährleistet sein. Diese Forderung, die auch von den Wirtschaftsforschungsinstituten immer wieder aufgestellt wird, ist grundsätzlich richtig. Sie ist im Rahmen des Möglichen und im Rahmen des Sinnvollen umzusetzen; sie liegt schon im Eigeninteresse des Landes.
Allerdings müssen wir mehr denn je zu einer realistischen Einschätzung kommen, was möglich und was sinnvoll ist. Entsprechend der Haushaltssystematik sind alle regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben des Landes als konsumtiv zu betrachten. Solche laufenden Ausgaben sind zum Beispiel Personalausgaben, Bewirtschaftungskosten, Zinsen, Mieten und Sozialleistungen, aber auch Zuschüsse für den Betrieb von Forschungseinrichtungen und Hochschulen; diese gehören auch dazu.
Es gibt also durchaus konsumtive Ausgaben mit eindeutig investivem Charakter. Denn es ist kein schnöder Konsum, wenn im Land Sachsen-Anhalt Forschungspersonal aus den laufenden Globalhaushalten finanziert wird. Aus haushaltssystematischen Einordnungen Schlussfolgerungen nach dem Motto zu ziehen, alle Investitionen seien gut und aller Konsum sei schlecht, das geht nicht an.
Trotzdem machen die Personalausgaben einen wesentlichen Teil der konsumtiven Ausgaben aus. Die Landesregierung hat hier mit ihrem Personalabbaukonzept vom August 2002 bereits spürbare Erfolge vorzuweisen. Aber der Personalabbau ist ein auf lange Sicht angelegtes Projekt. Kurzfristige Erfolge sind kaum realisierbar, da
wegen der faktischen Unmöglichkeit von Massenkündigungen schnelle Stellenreduzierungen nicht möglich sind.
Auf diesem Gebiet sieht die Landesregierung daher auch in den kommenden Jahren weiteren Handlungsbedarf. Unser Ziel wird es bleiben, den Personalbestand des Landes zunächst mindestens auf das Niveau der alten Bundesländer zurückzuführen, auch in der kommenden Legislaturperiode.
Von 2002 bis 2004 wurden mithilfe des Personalabbaukonzepts bereits knapp 4 200 Stellen abgebaut. Bis 2006 - dies ist im Doppelhaushalt nachzulesen - werden es weitere 4 300 Stellen sein. Hinzu kommen rund 5 800 Stellen in der so genannten Titelgruppe 96. Diese Stellen sind bereits als nicht mehr notwendig identifiziert; sie können aber erst in Abgang gestellt werden, wenn entsprechendes Personal aus dem Landesdienst ausscheidet. Wir schätzen zurzeit, dass dies bis 2006 in einer Größenordnung von mindestens 2 100 Stellen erfolgen wird.
Als Bilanz am Jahresende 2006 wird also ein Stellenabbau von rund 10 600 Stellen stehen, ebenso weitere bereits jetzt identifizierte rund 3 700 Stellen in der Titelgruppe 96, die noch abgebaut werden sollen.
Legt man die durchschnittlichen Personalkosten von 35 000 € pro Stelle zugrunde, dann hat die Landesregierung beim Personal ein Einsparvolumen von jährlich einer halben Milliarde Euro auf den Weg gebracht, meine Damen und Herren. Das entspricht etwa 5 % des Haushaltsvolumens.
Erreicht wurde dieser Abbau vor allem dadurch, dass Personal, das altersbedingt oder aus anderen Gründen ausscheidet, nicht ersetzt wurde. Die Landesregierung hat in der Zeit von Januar 2003 bis August 2005, also in mehr als zweieinhalb Jahren, insgesamt nur 800 Neueinstellungen vorgenommen. Darunter waren etwa 460 Lehrkräfte vor allem in Mangelfächern und 240 Polizisten.
Das heißt, im Land herrscht ein fast vollständiger Einstellungsstopp. Nur dort, wo es absolut nicht anders geht, wurde Personal eingestellt, und zwar mit Sondergenehmigung des Ministerpräsidenten nach Prüfung durch den Minister der Finanzen. Diese Bewirtschaftung ist in ihrer Konsequenz und Dauer in Deutschland einmalig. Sie geht an die Grenzen des Ressortprinzips. Sie wird auch in den nächsten Jahren fortgeführt werden müssen, da ein anderer Weg des Personalabbaus aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen weitgehend ausscheidet.
Dies ist für die Altersstruktur der Beschäftigten in der Landesverwaltung sicherlich nicht unproblematisch; das wissen wir. Aber der Aufbau einer gleichmäßigen Alterspyramide ist uns durch die Versäumnisse der Vorgängerregierung beim Personalabbau versperrt, meine Damen und Herren. Deshalb müssen wir damit leben.
Auch im Bereich der Gehälter haben wir konsequent die Möglichkeit der Einsparung genutzt. Durch verschiedene Formen des Lohnverzichts wurden in der Summe etwa 80 bis 100 Millionen € gespart. Die Sonderzuwendungen
für Beamte sind ab diesem Jahr völlig entfallen, ausgenommen eine soziale Komponente beim Weihnachtsgeld für Beamte in den niedrigsten Besoldungsgruppen. Im Tarifbereich wurde die Arbeitszeit und damit die Vergütung der Arbeiter und Angestellten um bis zu 7,5 % reduziert.
Wie Sie sehen, haben die Beschäftigten im öffentlichen Dienst ihren Beitrag zur Haushaltskonsolidierung geleistet. Dafür gebührt ihnen unser ausdrücklicher Dank.
Dies darf nicht übersehen werden, wenn in der Öffentlichkeit von zu hohen Personalausgaben in SachsenAnhalt die Rede ist. Andere neue Länder sind diesen Weg nicht mitgegangen. Wir sind da konsequenter gewesen.
Ich sage dies ganz deutlich auch an die Adresse von Beobachtern unseres Landes, die sich nicht scheuen, unser Land wegen zu hoher konsumtiver Ausgaben an den Pranger zu stellen. Wenn zum Beispiel Professor Seitz von der Technischen Universität Dresden uns vorwirft, wir in Sachsen-Anhalt hätten zu hohe konsumtive Ausgaben, dann muss man ihn daran erinnern, dass er und seine Assistenten in Dresden weiterhin Sonderzuwendungen erhalten, die Kollegen in Magdeburg und Halle aber nicht. Wir haben hier den öffentlich Bediensteten viel zugemutet und das muss auch deutschlandweit deutlich gesagt werden.
Meine Damen und Herren! Personalabbau und Gehaltsverzicht waren nötig und haben uns weitergebracht. Alles zusammengenommen, haben wir den Haushalt perspektivisch bis 2006 um gut 600 Millionen € entlastet. Das sind fast 6 % des Haushaltsvolumens.
Im Vergleich der neuen Länder konnte sich unser Land im Benchmarking der Personalausgaben deutlich verbessern. Gleichwohl gilt: Die Maßnahmen haben den weiteren Anstieg der Personalausgaben durch Tariferhöhungen und steigende Versorgungslasten kräftig abgebremst, mehr aber auch nicht. Wir werden die Ausgaben je Beschäftigten auch künftig bestenfalls konstant halten können. Allein dies ist im Vergleich zu den Zeiten vor 2006 ein enormer Fortschritt. Dies hat die Vorgängerregierung nicht geschafft und wir haben hier etwas wirklich Wichtiges und Zukunftsweisendes vorzuweisen.
Meine Damen und Herren! Nicht nur bei der Begrenzung der Personalausgaben waren wir erfolgreich; auch beim laufenden Sachaufwand liegen wir im Ländervergleich sehr gut, sind wir geradezu vorbildlich. Wir liegen im Vergleich der neuen Länder 17 % unter dem Durchschnitt; wir liegen sogar unter dem Durchschnitt der alten Flächenländer.
Auch bei den so genannten Übertragungsausgaben wurde der angespannten Haushaltslage Rechnung getragen. Rein quantitativ sind die Übertragungsausgaben von größter Bedeutung. Sie machen rund 45 % der Landesausgaben aus. Allein ein Drittel bzw. rund 1,5 Milliarden € fließen in den kommunalen Finanzausgleich. Weitere rund 22 % - dies entspricht 1 Milliarde € - beruhen auf Bundesgesetzen oder Landesgesetzen. Dazu zählen
Bafög, Wohngeld, soziale Leistungen und auch die Zusatz- und Sozialversorgungssysteme der DDR, in die Mittel in Höhe von etwa 400 Millionen € fließen.
All diese Ausgaben sind Einsparmaßnahmen nicht oder nur begrenzt zugänglich, weil einerseits das Land nicht einen Eingriff in Bundesgesetze vornehmen kann und weil andererseits in bestimmten Bereichen eine Mindestsicherung erforderlich ist. Gleichwohl hat die Landesregierung auch hier schmerzliche Einschnitte vorgenommen, nämlich im Bereich der Kommunalfinanzen.
Des Weiteren hat sie eine grundlegende Reform der Kinderbetreuung auf den Weg gebracht, und zwar durch das Kinderförderungsgesetz, das eine zielgerichtete Betreuung und bessere Bildungsangebote mit Einsparungen paart. Wir erzielen damit Einsparungen in Höhe von etwa 40 Millionen bis 50 Millionen € pro Jahr.
Ich sage eines an dieser Stelle ganz deutlich: Dies haben die Regierung und die die Regierung tragenden Fraktionen der CDU und der FDP gegen den expliziten Widerstand der PDS und bei einer sehr wackeligen und inkonsistenten Haltung der SPD getan. Meine Damen und Herren! Wir sind einen geraden Weg gegangen und haben unser Ziel an dieser Stelle erreicht.
Für die notwendigen Konsolidierungsmaßnahmen verbleibt also im Wesentlichen der Bereich der Zuschüsse und Zuwendungen sowie sonstiger vertraglicher Leitungen. Hierbei ist zunächst zu beachten, dass ein nicht unbedeutender Teil dieser Ausgaben aus Einnahmen von Dritten resultiert, also zum Beispiel aus Fördermitteln aus dem Europäischen Sozialfonds.
Diejenigen Ausgaben, die rein landesfinanziert sind, finden sich im Wesentlichen in den Bereichen der Universitäten und Hochschulen sowie im Kulturbereich. Auch hierbei haben wir der knappen Haushaltslage Rechnung getragen. Aber wir sagen auch ganz klar: Im Bereich Wissenschaft und Forschung müssen wir unser Land als Standort attraktiv halten. Das gilt auch für den kulturellen Bereich. Ohne eine gesicherte Finanzierung von Wissenschaft und Forschung sowie der Kultur wäre Sachsen-Anhalt weder als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort attraktiv noch als Wohnsitz begehrt. Das dürfen wir und das müssen wir immer beachten. Das haben wir in der Vergangenheit auch getan.
Zusammengefasst bleibt festzustellen, dass die Einsparmöglichkeiten im konsumtiven Bereich eines Landeshaushalts dort an Grenzen stoßen, wo es bundesgesetzliche und vertragliche Verpflichtungen gibt, die kurzfristig nicht überwindbar sind. Hierbei können wir, soweit es das Landesrecht und die Landesverwaltung betrifft, nur Reformen anstoßen, die langfristig ihre Wirkung tun. Dazu gehören Verwaltungsreformen.
Die Landesregierung hat maßgebliche Verwaltungsreformen auf den Weg gebracht. Ich erinnere an die Fusion der drei Regierungspräsidien zu einem funktional gegliederten Landesverwaltungsamt. Ich erinnere an die Gründung des Landesbetriebes Bau und des Landesbetriebes Limsa zum Zwecke eines effizienteren Bau- und Gebäudemanagements.
Ich erinnere an den Aufbau der Sozialagentur, an die anstehende Neuorganisation und Zentralisierung der Vermessungs- und Katasterverwaltung und an die anste
hende Reform der Landesforstverwaltung. Auch hierbei werden sich längerfristig Einsparmöglichkeiten ergeben, die wir in späteren Haushalten finden werden.
(Herr Dr. Eckert, Linkspartei.PDS: Es kann nur besser werden! - Herr Czeke, Linkspartei.PDS: Verschiebebahnhof!)
Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat - um in einem Bild aus dem Zuständigkeitsbereich meiner geschätzten Kollegin Petra Wernicke zu bleiben - bei den Verwaltungsreformen bereits vieles gesät. Einiges steht schon in Blüte oder trägt erste Früchte, aber der wesentliche Teil der Ernte kommt erst in späteren Jahren.
Herr Kollege Bullerjahn, bei dieser Gelegenheit spreche ich Sie an. Das verstehe ich unter einer weitsichtigen Politik, die die Reformen angeht und die Weichen für künftige Einsparungen stellt.
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Herr Bullerjahn, SPD: War das ein Angebot? - Zuruf von Herrn Czeke, Linkspartei.PDS)