Protokoll der Sitzung vom 06.10.2005

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht das wiederholen, was bereits gesagt worden ist. Der Innenminister hat in seinem Redebeitrag das Wesentliche dargelegt. Ich möchte meine Rede mit Ihrem Einverständnis zu Protokoll geben.

(Beifall bei der CDU)

(Zu Protokoll:)

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll dem Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über die Bereitstellung von Mitteln aus den Oddset-Sportwetten für gemeinnützige Zwecke im Zusammenhang mit der Veranstaltung der Fußball-Weltmeisterschaft zugestimmt und das Glücksspielgesetz des Landes Sachsen-Anhalt entsprechend geändert werden.

Die in Deutschland stattfindende FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006 ist ein herausgehobenes gesamtgesellschaftliches Ereignis, das weit über die eigentliche Veranstaltung hinauswirkt. Durch den so genannten Oddset-Staatsvertrag brachten alle Bundesländer schon im Jahr 2002 ihren Willen zum Ausdruck, durch eine gemeinsame bundeseinheitliche Regelung die Voraussetzungen für die Bereitstellung von Mitteln für ein gemeinnütziges Begleitprogramm zur WM zu schaffen. Nach dem von allen Landtagen ratifizierten Staatsvertrag sollen dem Deutschen Fußballbund 12 % der jährlichen Mehreinnahmen aus den Einnahmen der OddsetWetten zur Verfügung gestellt werden, die über einen bestimmten Basisbetrag hinausgehen. Als Basisjahr gilt dabei das in den jeweiligen Ländern erzielte Ergebnis des Jahres 2001.

Hier im Landtag haben wir das Zustimmungsgesetz zu dieser Änderung des Oddset-Staatsvertrages am 14. November 2002 mit großer Mehrheit - bei lediglich einigen Enthaltungen - beschlossen.

Da die ursprünglich prognostizierten Umsätze der Oddset-Sportwetten sich nicht realisierten und damit kein Aufkommen in der erhofften Höhe zu erzielen ist, wird jetzt von allen Landesregierungen eine weitere Änderung des Staatsvertrages für notwendig erachtet. Dies soll nach dem Staatsvertrag dadurch erreicht werden, dass als Bemessungsgrundlage künftig jeweils der niedrigste Basiswert aus den Jahren 2001 und 2003 zugrunde gelegt wird.

Für Sachsen-Anhalt, das kein Austragungsort von Spielen der Fußball-WM ist, sind die Begleitveranstaltungen - zum Beispiel Projekte im Bereich des Breiten-, Jugend- und Behindertensports - von besonderer Bedeutung. Daher sollte die vorgeschlagene Änderung des Oddset

Staatsvertrages - die zu keiner Belastung des Landeshaushalts führt - wie im Jahr 2002 unterstützt werden.

Für die SPD-Fraktion - -

(Frau Budde, SPD: Wir verzichten!)

- Die SPD-Fraktion verzichtet. - Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Rauls. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann es aufgrund der Vorbemerkungen des Ministers und der anderen Beteiligten kurz machen. Es ist begründet worden, warum der Staatsvertrag notwendig ist, nämlich um die Durchführung von Veranstaltungen am Rande der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Deutschland 2006 zu finanzieren. Auch der Deutsche Fußballbund hat immer wieder betont, dass auch in den Regionen ohne Weltmeisterschaftsspiele vielfältige sportliche und kulturelle Aktivitäten im Vorfeld wie auch während der FußballWeltmeisterschaft stattfinden sollen.

Wir begrüßen es, dass hiermit Planungssicherheit entsteht. Wir beantragen ebenfalls die Überweisung in den Innenausschuss.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Damit sind die Redebeiträge abgeschlossen.

Herr Grünert, können Sie bitte wiederholen, was Sie beantragt haben? Federführend soll der Innenausschuss beraten.

(Herr Grünert, Linkspartei.PDS: Mitberatend Fi- nanzen!)

- Mitberaten soll der Finanzausschuss. - Einer Überweisung als solcher steht nichts im Wege. Wir stimmen jetzt über die Überweisung in die Ausschüsse ab. Wer mit einer Überweisung in den Innenausschuss einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig in den Innenausschuss überwiesen worden.

Wer stimmt für die Überweisung in den Ausschuss für Finanzen? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist der Gesetzentwurf nicht in den Ausschuss für Finanzen überwiesen worden. Es erledigt sich die Feststellung der Federführung. Damit ist der Tagesordnungspunkt 9 beendet.

Mein Kollege Vizepräsident Dr. Fikentscher wird jetzt die Sitzungsleitung übernehmen. Wir fahren fort mit dem Antrag der SPD-Fraktion zu dem Thema „Perspektiven der berufsbildenden Schulen im Land Sachsen-Anhalt“. Frau Mittendorf war zwischenzeitlich schon im Saal. Jetzt ist sie wieder da.

Meine Damen und Herren! Bevor ich den Tagesordnungspunkt 12 aufrufe, habe ich die Freude, Schülerinnen und Schüler des Elisabeth-Gymnasiums aus der schönen Stadt Halle an der Saale begrüßen zu können.

(Beifall im ganzen Hause)

Nun geht es mit dem Tagesordnungspunkt 12 weiter:

Beratung

Perspektiven der berufsbildenden Schulen im Land Sachsen-Anhalt

Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 4/2401

Ich bitte Frau Mittendorf, für die einbringende Fraktion das Wort zu nehmen. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte das Hohe Haus um Entschuldigung, dass es zu dieser Verschiebung der Anträge gekommen ist. Aber so etwas passiert schon einmal, wenn die Tagesordnung zu schnell abgearbeitet wird.

Meine Damen und Herren! Es ist noch gar nicht lange her, dass wir in diesem Landtag kontroverse und zum Teil hochemotionalisierte Debatten über die Zukunft der Grund- und Sekundarschulen und auch der Gymnasien geführt haben. Mittlerweile werden die beschlossenen Schulentwicklungspläne vor Ort umgesetzt. Die damals von uns prognostizierten Probleme in Bezug auf Schulschließungen in der Fläche sind inzwischen leider eingetreten. Nur noch einmal zur Erinnerung: Zum Schuljahresbeginn 2005/2006 wurden wiederum fast 100 Schulen im Land geschlossen.

(Zuruf von Minister Herrn Prof. Dr. Olbertz)

Jeder Abgeordnete und jede Abgeordnete kennt die Probleme aus seinem bzw. ihrem Wahlkreis. Das ist kein Vorwurf. Das ist einfach so. Ich konstatiere das völlig wertfrei.

In vielen Orten setzen sich Elterninitiativen und Kommunalpolitiker für den generellen Erhalt ihrer Schulen ein oder sie kämpfen um Ausnahmegenehmigungen.

Meine Damen und Herren! Es bleibt zu konstatieren: Das Schulnetz hat viele Löcher bekommen und es ist, glaube ich, ohne Frage an der Grenze der Belastbarkeit angelangt. Ich glaube sogar, dass diese Grenze an einigen Stellen, wenn man in die ganz dünn besiedelten Bereiche schaut, schon überschritten worden ist.

Meine Damen und Herren! Bisher standen die Grund- und Sekundarschulen sowie die Gymnasien im öffentlichen Blickpunkt. Ich glaube, dass es notwendig ist, unsere Aufmerksamkeit in den folgenden Jahren auf die berufsbildenden Schulen zu lenken. Ich will dies auch begründen.

Erstens. Ab dem Schuljahr 2006/2007 erreichen die ersten geburtenschwachen Nachwendejahrgänge die berufsbildenden Schulen. Das Kultusministerium prognostizierte im Januar dieses Jahres einen Rückgang der Schülerzahl an öffentlichen berufsbildenden Schulen von 75 500 im laufenden Schuljahr auf 48 400 im Schuljahr 2010/2011. Das wäre ein Rückgang um fast 40 %.

Zweitens. Die Verordnung zur Schulentwicklungsplanung des Ministeriums enthält auch Vorgaben zur Mindestgröße berufsbildender Schulen. Sie gibt einen rechnerischen Richtwert von 700 Vollzeitschülern vor.

Was heißt „Vollzeitschüler“? Warum ist dieser Richtwert so gegeben? - Unter dem Dach einer berufsbildenden Schule existieren in der Regel mehrere Schulformen, unter anderem die herkömmliche Teilzeitberufsschule für

Schüler im dualen Ausbildungssystem, aber auch vollzeitschulische Schulformen wie Berufsfachschulen, Fachschulen, Fachoberschulen, Fachgymnasien oder das BVJ.

Jedoch sind 700 Vollzeitschüler nicht einfach 700 Schüler und Schülerinnen; denn gemäß einer Formel in der Verordnung entsprechen erst 2,5 Teilzeitschüler einem Vollzeitschüler. Es ist also eine komplizierte Berechnungsgeschichte, die ich hier nicht ausbreiten will. Das können wir im Ausschuss machen.

Ein Unterschreiten dieses Richtwertes - das ist jetzt interessant - ist nur dann zulässig, wenn es sich hierbei um die einzige berufsbildende Schule eines Landkreises oder einer kreisfreien Stadt handelt. Dieser Ausnahmetatbestand, meine Damen und Herren, erübrigt sich aber vor dem Hintergrund der aktuellen, nämlich heute beschlossenen Kreiszusammenlegungen.

Drittens. Das heute beschlossene Kommunalneugliederungsgesetz sieht zum 1. Juli 2007 de facto eine Halbierung der Zahl der Kreise von 21 auf elf vor. Bisher hatte jeder Landkreis bzw. jede kreisfreie Stadt mindestens eine Berufsschule, einige auch mehr.

Meine Damen und Herren! Im Schuljahr 2004/2005 verfügte das Land Sachsen-Anhalt über insgesamt 38 öffentliche berufsbildende Schulen. Ein Großteil dieser Schulen wurde in den vergangenen Jahren mit Mitteln der EU, des Bundes, des Landes und der Schulträger umfassend saniert oder neu gebaut. Entstanden sind moderne und gut ausgestattete Berufsschulzentren in den Regionen und Städten. Es sind Berufsschulzentren, um die uns andere Bundesländer beneiden.

Dass die geburtenschwachen Jahrgänge auch um unsere Berufsschulen keinen Bogen machen würden, bedarf keiner Erklärung. Das ist seit Jahren absehbar. Dass eine Kreisgebietsreform notwendig ist, wissen wir auch schon seit Jahren. Entscheidend ist nun, welche Schlussfolgerungen wir aus dieser Situation ziehen.

Ich fange mit dem an, was wir nicht wollen. Wir wollen kein Schulsterben wie bei den allgemein bildenden Schulen. Wir wollen möglichst auch ein erneutes Diktat der Kultusbürokratie durch entsprechende Vorgaben vermeiden.

Wir wollen, dass die Schulträger in den neu gebildeten und auch in den in alter Form bestandsfähigen Kreisen unter Prüfung der Rahmenbedingungen über die Perspektiven ihrer Berufsschulen möglichst selbst entscheiden können. Da schon heute nicht alle Ausbildungsberufe an allen berufsbildenden Schulen des Landes ausgebildet werden, entsteht noch ein zusätzliches Problem.

Schuljährlich werden durch das Kultusministerium entsprechend der zu erwartenden Anzahl Auszubildender und unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen überregionale Fachklassen festgelegt. Dazu zählen Länder übergreifende Fachklassen, Landesfachklassen und Bezirksfachklassen, durch die den berufsbildenden Schulen in den einzelnen Regionen einzelne Ausbildungsberufe zugeordnet werden. Diese Zuordnung, meine Damen und Herren, wird sicherlich künftig noch an Bedeutung gewinnen, wobei die regionale Wirtschaftsstruktur bzw. regionale Besonderheiten Eingang in die weitere Profilierung der Berufsschulen finden müssen.

Ich denke, es steht außer Frage, dass man die bereits beschriebenen Rahmenbedingungen nicht ignorieren

kann. Ich denke, dass die Einbringung unseres Antrags dokumentiert, dass wir uns diesbezüglich auch Gedanken machen. Wir glauben, dass diese Konzepte für die weitere Zukunft der berufsbildenden Schulen notwendig sind. Gerade vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit der Schulentwicklungsplanung bei den allgemein bildenden Schulen haben wir allerdings die Sorge - diese werden sicherlich die meisten im Raum teilen -, dass weniger inhaltliche als vielmehr mathematische und finanzielle Argumente die Diskussion bestimmen könnten.

Meine Damen und Herren! Wir denken, dass das Land den Schulträgern Möglichkeiten eröffnen muss, damit die umfangreichen Ressourcen an unseren berufsbildenden Schulen auch bei sinkenden Schülerzahlen und einer veränderten Kreisstruktur genutzt werden können.

Eine Möglichkeit ist nach unserer Meinung die Weiterentwicklung der berufsbildenden Schulen zu regionalen Berufsbildungs- oder Kompetenzzentren. Das Ziel könnte darin bestehen, ein ortsnahes und abgestimmtes Aus- und Weiterbildungsangebot in der Region unter Nutzung der unterschiedlichen Ressourcen der einzelnen Partner bei der Berufsausbildung zu ermöglichen. Die jeweiligen Partner bleiben dabei selbständig und agieren eigenverantwortlich, und die berufsbildenden Schulen können entsprechend dem regionalen Bedarf Partnerrollen oder auch eine federführende Rolle übernehmen. Um die Berufsschulen als regionale Partner in derartige Modelle stärker einbeziehen zu können, müssen allerdings ihre Handlungs- und Gestaltungsspielräume vor Ort erheblich ausgeweitet werden.