Protokoll der Sitzung vom 10.11.2005

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Anhörungen, die die Landesregierung und der Landtag durchgeführt haben, zeigen deutlich, dass sich die Betroffenen und die ihnen nahe stehenden Verbände gegen die Umgestaltung der Forst wehren. Aus psychologischer Sicht ist das Verhalten der Betroffenen und ihrer Verbände nachvollziehbar und verständlich.

Ich gebe jedoch zu bedenken, dass aus der gleichen Richtung die Fachkompetenz der Gutachter, auf deren Ergebnissen die Forststrukturreform im Wesentlichen beruht, gelobt wurde, solange die ungewünschten Ergebnisse noch nicht präsentiert worden sind. Ich möchte auch daran erinnern, dass die Gutachter neutral und ohne persönliche Betroffenheit an die Thematik herangehen konnten.

Die meisten Menschen bleiben lieber beim Altbekannten stehen und lassen sich nur ungern auf Neues ein. Das ist nicht nur bei der Forststrukturreform so. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist die Aufgabe der Landespolitik, Menschen an Reformnotwendigkeiten heranzuführen und damit im Zusammenhang stehende Maßnahmen letztlich sozial abzufedern. Natürlich nehmen wir Rücksicht auf unsere Mitarbeiter, aber immer mit dem Ziel, die Forst in diesem Land zukunftsfähig zu machen.

Den entsprechenden Überhang werden wir zu einem Teil in anderen Bereichen einsetzen können, in denen ein Bedarf vorhanden ist. So können wir Neueinstellungen vermeiden. Für die Bediensteten stellt sich die Herausforderung, sich weiterzubilden; ihnen bietet sich die Chance, sich auf neuen Gebieten zu spezialisieren. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass auch die verbesserten Abfindungsregelungen für die Betroffenen durchaus attraktiv sein können.

Im Rahmen der Anhörung wurde deutlich, dass die Fachleute nur in geringem Umfang auf die künftige Organisation, auf die Personalsituation und die damit verbundenen Umstände eingegangen sind; vielmehr haben die Fachleute in der Anhörung die eigentliche Forstpolitik in den Vordergrund gerückt. Die Forstpolitik insgesamt wird in 13 Ländern in Deutschland in den unterschiedlichsten Organisationsformen umgesetzt.

Neben neuen Ländern mit einer Einheitsforstverwaltung gibt es vier Länder, die bereits andere Wege gehen. Es ist auch festzustellen, dass die Qualität der Forstarbeit kaum von der Verwaltungsform des Forstbetriebes und

schon gar nicht vom Standort der Verwaltung, sondern allein von der Umsetzung und von der Organisation der forstlichen Arbeit vor Ort abhängt.

In Bezug auf die Sicherstellung der Arbeit vor Ort bzw. auf die Sicherstellung der Qualität der Forstarbeit nach der Leitlinie Wald haben sich die rechtlichen Voraussetzungen im Waldgesetz nicht geändert. Von der Organisationsform des Betriebes wird es jedoch abhängen, ob diese Aufgaben für das Land noch wirtschaftlich tragbar umgesetzt werden können.

Durch die Trennung des hoheitlichen Bereiches von der Verwaltung der landeseigenen Flächen wird es eine erhebliche Effizienzsteigerung geben, auf die wir als Land nicht verzichten können.

Zudem ist zu erwarten, dass die Motivation der Mitarbeiter des zukünftigen Landesforstbetriebes wesentlich steigt, wenn eine realistische Möglichkeit besteht, schwarze Zahlen zu erreichen, wenn man bei der Aufstellung des Haushalts nicht mehr um jeden Zuschuss kämpfen muss, sondern die Möglichkeit hat, Gewinne zu erwirtschaften bzw. zu steigern. Denn nach dem neuen LHO-Erlass können erwirtschaftete Gewinne zumindest teilweise vom Betrieb selbst verwendet und eingesetzt werden.

Insbesondere in den vielen von mir persönlich geführten Gesprächen in den Forstämtern war durchaus der Ehrgeiz erkennbar, als Wirtschaftsbetrieb und nicht mehr als Zuschussbetrieb betrachtet zu werden.

Mit der Reform werden die im Überhang befindlichen Mitarbeiter im Wesentlichen in den Aufgabenbereichen konzentriert, die die wirtschaftliche Situation des Landes verbessern. Dazu gehört etwa der Bereich der Rohholzmobilisierung. Durch die Neuorganisation der Privatwaldbetreuung stehen wir in diesem Bereich für die Zukunft gut gerüstet da.

Die Attraktivität des Privatwaldes als Einkommensquelle wird durch die voraussehbare Effizienzsteigerung bei der Bewirtschaftung des Privatwaldes wesentlich steigen. Diese Effizienzsteigerung wird letztendlich auch die letzten Zweifler in den Forstbetriebsgemeinschaften überzeugen.

Darüber hinaus wird Sachsen-Anhalt durch die Nutzung der Rohholzreserven als Holzverarbeitungsstandort noch attraktiver; denn Sachsen-Anhalt ist der Standort in Europa, der in den letzten Jahren die höchsten Investitionen in der Holz verarbeitenden Industrie verzeichnen konnte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es liegen Änderungsanträge der Fraktionen der Linkspartei.PDS und der SPD vor. Mit diesen Änderungsanträgen würde eine Weiterentwicklung inhaltlich und finanziell verhindert. Das kann sich Sachsen-Anhalt nicht leisten. Im Übrigen steht insbesondere der Antrag der Linkspartei.PDS dem vorhin diskutierten Antrag, noch in diesem Jahr eine Funktionalreform durchzuführen, völlig entgegen.

(Herr Gürth, CDU: Typisch PDS!)

Auf der einen Seite die Forderung: Funktionalreform sofort!, auf der anderen Seite Verweigerung, wenn es um Reformen im funktionalen Bereich geht.

(Beifall bei der CDU und von der Regierungs- bank)

Außerdem stellt der Kollege Bullerjahn in seinem finanzpolitischen Programm dar, dass er jährlich 2 000 Stellen

abbauen will, wenn er in die Regierungsverantwortung käme.

(Herr Kühn, SPD: Muss!)

Die Antwort auf die Frage, wie das sozialverträglich zu leisten sein soll und wie das insbesondere vor dem Hintergrund des in Ihrem Änderungsantrag ebenfalls geforderten Aufwuchses an Aufgaben gelingen soll, ist uns die Sozialdemokratie bisher schuldig geblieben.

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Dr. Klein? - Zum Ende.

Das Personalauswahlverfahren läuft. Es ermöglicht den Bediensteten, Einfluss auf ihre Zukunft zu nehmen. Alle konnten sich auf die vorhandenen Stellen bewerben. Die Leiter der Aufbaustäbe für die jeweiligen Teile der Verwaltung treffen unter Beteiligung des Gesamtpersonalrates eine Auswahlentscheidung. Im Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt selbst werden die Entscheidungen von einer koordinierenden Gruppe noch einmal abgeglichen, damit alle Mitarbeiter Anfang nächsten Jahres wissen, wohin sie gehören.

Auch der Landkreistag hat dem Gesetzentwurf zugestimmt, da die Begründung zu dem Gesetzentwurf bereits einen Hinweis auf die im Zusammenhang mit der Kreisgebietsreform noch abschließend zu prüfende Kommunalisierung der hoheitlichen Aufgaben enthält.

Aufgrund der finanziellen Auswirkungen wurde die Änderung des Landeswaldgesetzes auch im Finanzausschuss beraten. Auch dort fanden die vorgeschlagenen Änderungen aufgrund der zu erwartenden positiven Auswirkungen auf den Finanzbedarf im Bereich der Forstverwaltung Zustimmung.

(Frau Dr. Weiher, Linkspartei.PDS: Das ist nicht wahr!)

Die immer wieder aufgemachte Behauptung, dass die Reform zu einem Kostenaufwuchs führen werde, wurde im Finanzausschuss widerlegt.

(Frau Dr. Weiher, Linkspartei.PDS: Das ist nicht wahr!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Deshalb empfehle ich, das Gesetz heute zu verabschieden, damit das Gesetz zusammen mit der Reform der Forstverwaltung zum 1. Januar 2006 in Kraft treten kann. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und von der Regierungs- bank)

Jetzt stehen noch Nachfragen aus. - Frau Dr. Klein, bitte sehr.

Frau Ministerin, gerade Ihre letzten Sätze rufen Fragen bei mir hervor. Wir haben im Finanzausschuss sehr lange diskutiert. Ich möchte jetzt nicht auf die Inhalte der Beratung eingehen. Uns lag dort aber keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung vor. Liegt diese Untersuchung inzwischen vor? Wir kennen eine solche Untersuchung je

denfalls nicht. Unsere Fraktion hat diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen können, weil eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nicht vorlag und weil auch genaue Aussagen bezüglich der Trennungsgelder und anderer Fragen nicht getroffen werden konnten.

Die Detailkonzeption zur Organisation der Forstreform lag jeder Fraktion vor. In dieser Detailkonzeption werden die finanziellen Auswirkungen und die Effizienzgewinne dargestellt.

(Frau Dr. Weiher, Linkspartei.PDS: Das stimmt doch nicht!)

Danke, Frau Ministerin. - Entschuldigung. Herr Oleikiewitz, bitte sehr.

Frau Ministerin, Sie haben in Ihrer Rede mehrmals zum Ausdruck gebracht, dass die Öffentlichkeit der Reform zustimmend gegenüberstehe. Sie haben insbesondere die Bediensteten in der Forstverwaltung genannt. Sie haben Außenstehende genannt, die dieses Werk sogar als „revolutionär“ - das haben Sie einmal in einer Ausschusssitzung gesagt - bezeichnet haben.

Wie erklären Sie sich dann, dass von den 37 in diesem Saal Angehörten gerade einmal drei Institutionen - wenn ich mich recht erinnere - für diese Reform waren? Erklären Sie sich das vielleicht damit, dass sich diejenigen - auch das haben Sie in einer Ausschusssitzung gesagt -, die hier angehört wurden, offensichtlich nicht richtig mit der Thematik beschäftigt hätten?

Man muss die Aussage von mir korrekt wiedergeben: Außenstehende aus der Forstszene, aus der Forstwirtschaft oder aus der Holzindustrie, die auf das Land Sachsen-Anhalt schauen, sagen: Das sind die richtigen Schritte; das, was Frau Wernicke und die Landesregierung hier leisten, ist revolutionär. Das sagen diejenigen, die von außen auf unser Land schauen.

Diejenigen, die betroffen sind und die aufgrund der Reform Veränderungen in ihrem persönlichen Leben oder in ihrer persönlichen Tätigkeit in Kauf nehmen müssen, sehen das selbstverständlich anders. Auch das respektiere ich. Das habe ich heute auch gesagt.

Von den 37 abgeforderten Stellungnahmen sind 28 eingegangen - dadurch relativiert sich die Zahl der Angehörten schon einmal. Die Mehrheit der 28 eingegangenen Stellungnahmen war grundsätzlich gegen die Aufhebung des Einheitsforstamtes gerichtet. Die betreffenden Institutionen sind aber bis auf ganz wenige Ausnahmen nicht auf diese Detailkonzeption, die die Folge der Aufgabe des Einheitsforstamtes ist, eingegangen.

Das habe ich damit zum Ausdruck bringen wollen, als ich sagte, dass sich die Angehörten nicht mit der Konzeption oder der Neuorganisation infolge der Aufgabe des Einheitsforstamtes befasst haben. Das war aber auch nicht ihre Aufgabe. Ihre Aufgabe war es, Stellung

dazu zu nehmen, wie sie zur Aufgabe des Einheitsforstamtes stehen.

Sie waren jedoch nicht aufgefordert, sich zu den Konsequenzen der Forstreform wie Effizienzgewinn, bessere Kontrolle des Privatwaldes, Rohholzmobilisierung, wirtschaftliche Aspekte, Fortsetzung waldpädagogischer Aufgaben und zu weiteren forstwirtschaftlichen Grundsätzen nach der Leitlinie Wald zu äußern. Einige sind darauf eingegangen, etwa der Verband der Waldbesitzer und die Holzindustrie.

Der Landkreistag sagt selbst, dass er die untere Forstbehörde gern auf die kreisliche Ebene übertragen haben möchte. Das war in der „Mitteldeutschen Zeitung“ nachzulesen. Das heißt, dass auch der Landkreistag grundsätzlich nichts dagegen hat. Er kritisiert nur, dass die Hoheit zunächst beim Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung angesiedelt werden soll.

Aber - auch das habe ich gesagt - die Landesregierung hat zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen der Funktionalreform zu prüfen, ob und wann diese Aufgabe auf die Landkreise übertragen werden kann. So differenziert muss man Stellungnahmen betrachten und so differenziert muss man auch die Aussagen der Ministerin interpretieren.

(Beifall bei der CDU und von der Regierungs- bank)

Danke, Frau Ministerin Wernicke. - Wir treten jetzt in eine Debatte mit zehn Minuten Redezeit je Fraktion ein. Als erster Debattenredner wird der Abgeordnete Herr Czeke für die Linkspartei.PDS sprechen. Herr Czeke, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Wernicke, ich muss vorab feststellen: Seitdem Sie nicht mehr im Agrarausschuss die Oppositionsführerschaft innehaben, sondern die Seiten gewechselt haben, gehen Sie im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS – Oh! bei der CDU - Herr Scharf, CDU: Ich glaube, dafür müsste es einen Ordnungsruf geben, Frau Präsi- dentin! - Zurufe von Frau Weiß, CDU, und von Herrn Gürth, CDU)