Bei Verdacht auf ärztliche Behandlungsfehler können sich Patienten an die Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der Norddeutschen Ärztekammer wenden. Diese führt eine weitgehend kostenlose außergerichtliche Klärung bei Streitigkeiten herbei, denen Schadenersatzansprüche von Patienten zugrunde liegen. Unabhängig davon steht natürlich der ordentliche Rechtsweg offen.
Die bestehenden Beratungsangebote, die in den letzten Jahren entwickelt worden sind, zeigen, dass die Aufgaben der Patientenberatung und Patienteninformation von den Leistungserbringern im Gesundheitswesen sehr ernst genommen werden. Verbesserungswürdig ist hierbei in erster Linie die Information der Zielgruppe Patienten. Im verbraucherpolitischen Konzept werden wir diesem Umstand Rechnung tragen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ein weiteres Handlungsfeld des verbraucherpolitischen Konzeptes möchte ich Ihnen ein Thema vorstellen, das wiederum zeigt, dass der Verbraucherschutz in vielen Lebensbereichen präsent ist.
Das Baden und das Schwimmen gehören in Deutschland zu den beliebtesten Freizeitaktivitäten. Die Badestellen an Binnenseen sind daher in den Sommermonaten gut besucht. Das Baden in natürlichen Gewässern kann aber auch mit einigen gesundheitlichen Risiken verbunden sein; denn wenn im Wasser bestimmte Krankheitserreger vorhanden sind, können Erkrankungen mit Fieber, Erbrechen und Durchfall ausgelöst werden. Ebenso kann die Wasserqualität durch die Massenentwicklung von Algen - das ist die so genannten Algenblüte - beeinflusst werden. Insbesondere Blaualgen bilden Toxine und Allergene, die Hautausschläge, seltener auch Vergiftungen verursachen können.
Wie vom Gesetzgeber gefordert, werden während der Badesaison die offiziell im Land registrierten Badestellen regelmäßig von den Landkreisen und kreisfreien Städten überwacht. Die Badegewässer werden vor Beginn der neuen Badesaison eingestuft. Dabei wird neben der Qualität des Wassers auch berücksichtigt, inwieweit beispielsweise sanitäre Einrichtungen und Umkleidemöglichkeiten vorhanden sind, ob eine öffentliche Wasserver- und Abwasserentsorgung vorhanden ist, ob der Badebetrieb durch Rettungsschwimmer gesichert ist und welche infrastrukturellen Voraussetzungen gegeben sind.
Diese Informationen sowie die aktuellen Messergebnisse der jeweiligen Badesaison stehen im Internet zur Verfügung und unterstützen die Verbraucher bei der Auswahl eines geeigneten natürlichen Badegewässers und
Die Badegewässerkarte im Internetangebot meines Hauses ist ein gelungenes Beispiel für ein bürgernahes und funktionierendes Verbraucherinformationsangebot einer Behörde. Hierzu zählen auch die Jahresberichte der Behörde.
Im Geschäftsbereich des Ministeriums für Gesundheit und Soziales werden verschiedene Berichte unter fachlich organisatorischen Gesichtspunkten herausgegeben. Obwohl eine eigenständige und ausschließliche Verbraucherschutzberichterstattung gegenwärtig nicht existiert, gibt es umfangreiches Datenmaterial, das unter dem Aspekt Verbraucherschutzberichterstattung neu aufbereitet werden soll, zum Beispiel der Gesundheitsbericht, der Jahresbericht der Arbeitsschutzverwaltung und der Jahresbericht des Landesamtes für Verbraucherschutz.
Auch wenn die Einführung einer zusätzlichen Verbraucherschutzberichterstattung im Hinblick auf Bürokratieabbau und Personalentwicklung in der öffentlichen Verwaltung problematisch ist, sollte sie doch mit in die Überlegungen einbezogen werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe in Sachen Verbraucherschutz einen Bogen von der EU über den Bund nach Sachsen-Anhalt gespannt und dabei auch deutlich gemacht, dass wirksamer Verbraucherschutz nicht zum Nulltarif zu haben ist. In Zeiten globalisierter Märkte kann eine Weiterentwicklung des Verbraucherschutzes nur gelingen, wenn die zuständigen Behörden des Bundes und der Länder kooperieren und vernetzt arbeiten. Mit der Initiative Mitteldeutschland sind wir hierbei auf dem richtigen Weg.
Der Staat kann mit seinen Kontrollen und Überwachungen aber nicht alles abdecken. Deshalb kommt der Selbstverantwortung der Industrie ein hoher Stellenwert zu, den wir auch einfordern werden. Nur ein konsequenter Ausschluss von „unsauberen“ Marktteilnehmern bringt langfristig Erfolg. Zur Verbesserung der Qualität durch Nachfrage ist die Information der Verbraucherinnen und Verbraucher eine wesentliche Herausforderung.
Aber - Sie erinnern sich -: Verbraucherschutz ist eine Querschnittsaufgabe. Unser Ziel ist eine umfassende Verbraucherpolitik. Gemeinsam gilt es zu gestalten mit dem Wissen, dass ein Ganzes mehr ist als die Summe aller Teile. Hierzu lade ich Sie alle ein. - Vielen Dank.
Herr Minister, Sie waren bereit, am Schluss eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Dr. Eckert zu beantworten. - Herr Dr. Eckert, stellen Sie jetzt bitte Ihre Frage.
Herr Minister, Sie haben mit sehr schönen Worten die Patientenberatung gelobt. Würden Sie mir darin zustimmen, dass die Patientenberatungsstellen zu fördern wären, und wie fördert das Land die Patientenberatungsstellen?
Herr Dr. Eckert, Sie wissen sicherlich genauso wie ich, dass die Patientenberatungsstellen gefördert werden, und zwar nicht durch das Land, sondern durch die Krankenkassen und die ärztliche Selbstverwaltung, die die Aufgabe haben, solche Patientenberatungsstellen zu unterhalten, und die bisher ihrer Pflicht zur Unterstützung nach meiner Kenntnis auch gut nachgekommen sind. Sollte es dort Probleme geben, die Sie offensichtlich vor Ort kennen, bin ich gern bereit, mit Ihnen darüber zu reden und auch mit der Selbstverwaltung das Gespräch zu führen.
Aber wie gesagt, es steht im SGB V, dass die Patientenberatungsstellen zu unterhalten sind. Wir sollten diejenigen, die Verantwortung haben, bei ihrer Verantwortung packen.
Meine Damen und Herren! Begrüßen Sie mit mir auf der Südtribüne Schülerinnen und Schüler der Berufsbildenden Schulen August von Parseval Bitterfeld.
Der Ältestenrat schlägt die Redezeitstruktur E und damit eine Debattendauer von 129 Minuten vor. Zunächst erhält für die Linkspartei.PDS die Abgeordnete Frau Tiedge das Wort. Bitte sehr, Frau Tiedge.
Natriumnitrit, Kaliumjodat, Säureregulator, Antioxidationsmittel E 301, Konservierungsstoffe E 250, E 200, E 211, Geschmacksverstärker E 621 und jodiertes Nitritpökelsalz - Letzteres erschien mir geradezu herrlich harmlos - all diese Angaben fand ich auf einer Wurstverpackung. Nun mag das ja alles genießbar sein. Doch zweifelsfrei beurteilen kann ich dies nicht, denn ich bin schließlich keine Lebensmittelchemikerin.
Altöl im Hühnerfutter, Klärschlamm auf der Rinderweide, Kadavermehl im Schweinetrog, vergammeltes Fleisch in der Wurst, Pestizide im Obst und Gemüse, Medikamente, die nicht heilen, Versicherungen, die nicht wirklich absichern, Kinderspielzeug, das keine Freude bereitet, sondern krank macht: Die Kette von solchen Nachrichten ist endlos. Am Ende steht immer der Verbraucher, der nicht mehr in der Lage ist zu überschauen, was er bedenkenlos benutzen und verzehren kann. Er kann sich kaum gegen diese und andere Probleme zur Wehr setzen.
Verbraucherpolitik ist ein wichtiger Teil der Gesellschaftspolitik; sie ist eine Querschnittsaufgabe und darf nicht als wirtschaftsfeindlich abgetan werden.
Die Politik muss sich bewusst sein, dass Privatisierungspolitik und Marktliberalisierung nicht automatisch Vorteile für den Verbraucher bringen. Nur aufgrund umfangreicher Informationen können Verbraucher auf verlässlicher Basis eine Wahl treffen.
Auf der Festveranstaltung „50 Jahre Verbraucherschutz“ erklärte die damalige Verbraucherschutzministerin Frau Künast - ich zitiere -:
„Jeden Tag haben Sie am Abendbrottisch die Gelegenheit, mit Messer und Gabel darüber abzustimmen, was Sie auch in Zukunft noch in den Ladenregalen finden wollen. Mit Ihrer Entscheidung darüber, was auf Ihrem Teller liegen soll, entscheiden Sie nicht nur über Ihre Gesundheit, sondern beispielsweise auch über die Einhaltung von Tierschutzbestimmungen. Sie entscheiden darüber, wie die Landschaften in unserem Land und anderswo aussehen, wo das Schwein für den Schinken gelebt hat. Es bedeutet: artgerechte Tierhaltung, faire Arbeitsbedingungen und gepflegte Kulturlandschaften.“
Dabei kommt es darauf an, bereits die Kinder und Jugendlichen in die Lage zu versetzen, sich in der Fülle der Angebote zurechtzufinden und ihre Urteilskraft auszubilden. Aus diesem Grund muss Verbraucherpolitik auch präventiv wirken; denn die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die hoch verschuldet sind, steigt stetig an. Die bestehenden erheblichen Defizite hinsichtlich der Planung von Einnahmen und Ausgaben, bei der Haushaltsführung sowie im Umgang mit Werbe- und Dienstleistungsangeboten, insbesondere der Telekommunikationsbranche, müssen durch gezielte Beratungsangebote abgebaut werden.
Dabei kommt den Verbraucherzentralen eine wichtige Aufgabe zu. So nutzten im Jahr 2004 rund eine halbe Million Bürger die Angebote der Verbraucherzentralen in Sachsen-Anhalt. Mehr als 139 700 Verbraucher suchten die Beratungsstellen und Stützpunkte auf, nutzten die Vortragsangebote, besuchten Aktionen oder erwarben Broschüren und Ratgeber.
Die ausgezeichneten Ergebnisse der Verbraucherzentralen konnten bei unveränderter Personalkapazität nur durch eine noch effektivere Arbeitsverteilung und Organisation, durch den Einsatz vernetzter Rechner und vor allem durch den engagierten Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie durch zahlreiche Überstunden erzielt werden. Dafür gebührt ihnen an dieser Stelle unser herzlicher Dank für die geleistete Arbeit.
Herr Minister, es wäre, so glaube ich, angebracht gewesen, dass Sie auch dazu etwas mehr ausgeführt hätten. Für uns sollte dies eine Veranlassung sein, bei den nächsten Haushaltsberatungen die Finanzierung der Verbraucherzentralen zu überdenken, zumal ein ernstes Problem für das Jahr 2005 die bislang nicht gesicherte Einstellung eines qualifizierten Sachbearbeiters in der Schuldnerberatungsstelle ist. Auch das gehört zum Verbraucherschutz.
Nach den jüngsten Fleischskandalen hat die Politik wieder sehr schnell Antworten bei der Hand. So wird zuallererst der Ruf nach höheren und schärferen Strafen laut. Doch das greift wieder einmal viel zu kurz, auch wenn es angesichts der Tatsache, dass ein Lebensmittelhändler nicht verklagt werden kann, wenn er verdor
bene Ware anbietet, natürlich einer gesetzlichen Änderung bedarf. Die Forderung nach einer Unternehmensbestrafung wird von uns ausdrücklich geteilt. Aber Sanktionen reichen eben nicht aus; denn diese greifen meist erst dann, wenn das verdorbene Fleisch schon verzehrt wurde.
Die Lebensmittelwirtschaft allein kann das Problem nicht lösen. Nun soll die Eigenkontrolle gestärkt werden. Nach dem Willen der CDU - so ist es im Bundestagswahlprogramm zu lesen - soll die staatliche Kontrolle auf ein Mindestmaß zurückgeführt werden. Das heißt, der Staat will sich weiter aus der Verantwortung stehlen. Gerade das wird beim Verbraucherschutz nicht funktionieren, was die letzten Ereignisse eindrucksvoll dokumentiert haben.
Nun kann man zu Frau Künast stehen wie man will, aber unter ihrer Verantwortung ist der vorsorgende Verbraucherschutz zumindest immer wieder öffentlich proklamiert worden.
Ich möchte jetzt auf zwei Teilbereiche des Verbraucherschutzes eingehen, auf die Lebensmittelsicherheit und auf den Zusammenhang zwischen Verbraucherschutz und Gesundheit.
Zunächst zu dem Zusammenhang zwischen Verbraucherschutz und Gesundheit. In Deutschland und auch weltweit kommt es zu einem Besorgnis erregenden Anstieg der Zahl der Raucher. Die WHO spricht bereits jetzt von einer Endemie größten Ausmaßes. Die Zahl der an den Folgen des Nikotinabusus Verstorbenen beläuft sich derzeit auf ca. 1,4 Millionen Menschen im Jahr, davon allein in Deutschland 170 000 im Jahr oder 330 am Tag.
Um es zu verdeutlichen: Würde es jeden Tag in Deutschland einen Flugzeugabsturz mit 330 Toten geben, würde ein Aufschrei durch das Land gehen. Nichts dergleichen passiert angesichts der erschreckenden Zahl von Nikotintoten.
Nicht allein Preiserhöhungen - diese sind zudem wegen ihrer Wirkung umstritten - können das Problem lösen. Vielmehr muss der Verbraucherschutz darauf hinwirken, die bestehenden Subventionen des Tabakanbaus abzuschaffen.
Daneben muss Rauchen als Suchtkrankheit anerkannt werden. Entsprechende Therapien unter anderem mit Nikotinersatzstoffen sollten von der GKV übernommen werden. Dies wäre insgesamt preiswerter als die Folgekosten des Rauchens einschließlich der Rehabilitation, der Betreuung, der Nachsorge, der Arbeitsausfallkosten usw. Die geschätzten Kosten belaufen sich in Deutschland auf ca. 17 Milliarden €. Die Dunkelziffer wird aber weitaus höher eingeschätzt.
Gleiches gilt auch für die alkoholassoziierten Krankheiten, die im Gegensatz zu dem Rauchen wenigstens als Sucht anerkannt wurden. Jedoch werden längst nicht alle Alkoholkranken erfasst.
Die Folgen für die Gesellschaft und den Einzelnen sind beträchtlich. Das Robert-Koch-Institut schätzte die Folgekosten auf jährlich 20 Milliarden €. Darin sind die Kosten der ambulanten, stationären und rehabilitativen Betreuung, der Arbeitsunfähigkeit, der Arbeitsunfälle, der Frühverrentung und des vorzeitigen Todes enthalten.
Durch Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum sterben jährlich mehr Menschen als durch den Konsum aller
illegalen Drogen zusammen. Der Verbraucherschutz muss daran arbeiten, erst einmal das Zugangsalter zu erhöhen und der Werbeindustrie nicht nur die bestehende freiwillige Selbstkontrolle bei der Werbung abzuverlangen, sondern diese Forderungen auch gesetzlich festzuschreiben.