Protokoll der Sitzung vom 08.12.2005

(Oh! bei der SPD - Zuruf von Frau Dr. Kuppe, SPD)

und die der Verbreitung der grünen Ideologie diente.

(Zustimmung bei der FDP)

Ich bin sicher, dass wir mit der jetzigen Bundesregierung eine neue Ära zum Nutzen der Menschen und damit der Verbraucher einleiten werden.

Wir in Sachsen-Anhalt können heute mit einem gewissen Stolz sagen, dass unsere Verbraucherschutzpolitik auf einem sehr guten Weg ist. Wir wollen aber auch sagen, dass wir uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen und ständig nach weiteren Optimierungsmöglichkeiten Ausschau halten. Wir können auf das Erreichte stolz sein und wir sind für einen künftigen Verbraucherschutz gut gewappnet. Wir hatten in Sachsen-Anhalt nie einen besseren Verbraucherschutz, als es ihn jetzt unter unserer Verantwortung gibt.

(Beifall bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Frau Vogel. - Meine Damen und Herren! Bevor wir den nächsten Debattenbeitrag hören, begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler der Schule für Lernbehinderte „Erich Kästner“ Magdeburg.

(Beifall im ganzen Hause)

Die Debatte wird fortgesetzt mit dem Beitrag der SPDFraktion. Dazu erteile ich der Abgeordneten Frau Schmidt das Wort. Bitte sehr, Frau Schmidt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Vogel, auf Ihre Rede werde ich gleich eingehen, zumindest auf den letzten Abschnitt.

(Zustimmung bei der SPD)

In Sachsen-Anhalt alles okay? - Es ist in der Zeitung zu lesen gewesen und in der Rede heute zu hören gewesen. Ich erkenne es auch an.

Wir haben eine umfangreiche Kontrolle. Gerade im Lebensmittelbereich muss man hoch anerkennen: 80 % aller Einrichtungen sind im vorigen Jahr kontrolliert worden. Die Zahlen, die sich nach den letzten Skandalen

ergeben haben, hat der Minister ebenfalls genannt. Das sind für mich alles anerkennenswerte Strukturen, die in Sachsen-Anhalt zur Sicherheit der Verbraucher im Lebensmittelbereich führen.

Sie haben auch Recht: Der Verbraucherschutz ist eine Querschnittsaufgabe, betrifft viele Ressourcen. Das Interesse auf der Ministerbank - einschließlich des MP, muss ich sagen - ist allerdings bei der Ressortübergreifung wahrscheinlich nicht ganz so groß.

Es ist heute auch schon sehr viel davon geredet worden, welche hochwichtige Aufgaben unsere Verbraucherzentralen mit der Information und der Beratung haben. Das kann ich nur befürworten. Die Verbraucherzentralen tun eine ganze Menge; viele Menschen suchen sie auf. Aber das ist es nicht allein.

Richtig ist auch, dass der Verbraucherschutz von der EU mitbestimmt wird. Das ist ganz richtig und vor allem auch ganz wichtig in einer Zeit, in der Produkte, die unsere Gesundheit beeinflussen könnten - seien es nun Lebensmittel, Fleisch, Gemüse, Obst, seien es Verbrauchsgegenstände; alle möglichen Dinge können unsere Gesundheit beeinflussen -, quer durch Europa transportiert und sogar noch darüber hinaus gehandelt werden.

Sie erwähnten, dass sich das Landesamt für Verbraucherschutz als kompetente Fach- und Beratungsbehörde und auch als Ansprechpartner für die Öffentlichkeit erwiesen habe. Das mag richtig sein. Aber wie ist es denn nicht nur mit der Beratung, sondern auch mit dem Auskunftsrecht einzelner Bürger?

Frau Vogel, in einem muss ich Ihnen ganz gewaltig widersprechen, und zwar in dem, was Sie zu Frau Künast gesagt haben. Bereits zweimal sind in der Vergangenheit Anläufe zu einer verbesserten Verbraucherinformation im Vermittlungsausschuss gescheitert, nämlich im Jahr 2002 beim Verbraucherinformationsgesetz und im Jahr 2005 im Rahmen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzes. Zuletzt verweigerten Sie sich einem Kompromiss im Rahmen der Neuordnung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts, der einen Auskunftsanspruch gegenüber Behörden über dort vorliegende Informationen zu Lebensmitteln vorsah. Es wurde lediglich die Möglichkeit der öffentlichen Information durch Behörden ins Gesetz aufgenommen.

Inzwischen steht allerdings die Union dem Verbraucherinformationsgesetz viel aufgeschlossener gegenüber. Es gibt dafür wahrscheinlich zwei Gründe: Erst einmal haben wir jetzt eine große Koalition und wahrscheinlich ist der Denkprozess ein bisschen in die Richtung weitergegangen, und zweitens werden wahrscheinlich die letzten Fleischskandale, die wir in der Bundesrepublik hatten, dazu ein Übriges beitragen haben.

(Herr Dr. Schrader, FDP: Aha!)

Jedenfalls hat sich Herr Seehofer bereits in den Koalitionsverhandlungen - allerdings nicht zur CDU, sondern zur CSU gehörend - zur Verbraucherinformation bekannt und festgestellt, dass auch die Unternehmen in die Pflicht genommen werden und Informationen geben müssen. Selbstkontrolle allein reicht nicht.

Nach den Vorstellungen der Union sollen nun durchaus auch bei Behörden vorhandene Produktinformationen erschlossen werden. Einen Auskunftsanspruch gegenüber Unternehmen sieht sie nur als letztes Mittel. Dieser Anspruch muss auf europäischer Ebene einheitlich ge

regelt werden. Dazu kann man ja oder nein sagen, es stimmt schon: Es muss auf europäischer Ebene einheitlich geregelt werden.

Aber vor dem Hintergrund des aktuellen Fleischskandals dürfte auch der Union mittlerweile vermittelbar sein, dass nicht erst ein langwieriges Einigungs- und Rechtssetzungsverfahren auf europäischer Ebene durchgeführt werden kann. Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation muss direkt gehandelt werden und müssen entsprechende rechtliche Auskunftsansprüche und Informationsrechte der Verbraucherinnen und Verbraucher festgeschrieben werden.

Entsprechend haben sich bereits Minister Seehofer und der bayerische Minister Schnappauf geäußert, wobei die Begründung Schnappaufs für die bisherige Verweigerungshaltung der Union eine Verdrehung der Tatsachen ist. Die Einschränkung des Auskunftsanspruchs bei Betriebsgeheimnissen und laufenden Verwaltungsverfahren war vor allem eine Forderung der CDU-geführten Länder. Rot-Grün hätte sofort darauf verzichtet.

Ein umfassendes, eigenständiges Verbraucherinformationsgesetz, das den Verbraucherinnen und Verbrauchern Informationen bei Behörden und der Wirtschaft zugänglich macht, muss zügig vorgelegt werden. Ein solches Gesetz dient in besonderem Maße auch der Wirtschaft, weil schwarze Schafe genannt und zur Rechenschaft gezogen werden. Die ordentlich und verantwortlich handelnden Unternehmen müssen dann nicht mehr unter Skandalen und kriminellen Machenschaften Einzelner leiden.

Mit einem solchen Gesetz können wir unserem Anspruch an eine aktive Verbraucherpolitik gerecht werden, die sich an den Grundsätzen von Transparenz, Vorsorge, Verantwortung, Kontrolle und Nachhaltigkeit orientiert. Nur informierte Verbraucherinnen und Verbraucher können der Wirtschaft auf Augenhöhe begegnen. Das betrifft nicht nur den Lebensmittelbereich, sondern das betrifft auch andere Bereiche, die heute schon genannt worden sind. Seien es - Weihnachten steht vor der Tür - die Lichterbaumketten oder sei es im Gesundheitsschutz das Patientenrecht gegenüber dem Arzt, der Respekt gebietend im weißen Kittel vor einem kleinen Patienten steht. Trotzdem sollte man die Möglichkeit haben, auf Augenhöhe mit diesen Menschen zu sprechen.

Eine Koordinierung, wie Sie es vorhaben, Herr Minister, halte ich für wichtig und vor allen Dingen für richtig. Das ist für mich eine sehr wichtige Sache. Worüber ich sehr froh bin, ist, dass in diesem Fall offensichtlich die Initiative Mitteldeutschland mit den Ländern Thüringen und Sachsen im Gegensatz zu vielen anderen groß angekündigten Dingen, die hier im Land passieren sollten, im Verbraucherschutz oder in der Kontrolle durch die Labore, die nun wirklich sehr viel Geld kosten, funktioniert. Darüber bin ich an sich recht froh.

Aber über eines müssen wir uns auch klar sein: „Geiz ist geil“ oder „Hauptsache billig“ kann im Lebensmittelbereich, in der Pflege oder auch bei Kosmetika, vor allem bei Gesundheits- und anderen Gebrauchsgegenständen nicht immer funktionieren. Die Bezeichnung „billig“ - sie klingt übrigens für mich sogar billig - betrifft nicht unbedingt immer das Preiswerteste und schon gar nicht das, was unsere Menschen brauchen.

Es kommt noch eines dazu: Lebensmittel - Fleisch, Gemüse, Gemüse aus aller Welt vor allen Dingen; wir brauchen heute offensichtlich im Dezember noch Weintrau

ben, wir brauchen mitten im Sommer Mandarinen, ich weiß nicht warum, aber es ist so - werden heute bei einem Erzeugerpreis produziert, der nicht mehr zu händeln ist. Das Gleiche trifft auf unsere Milch und unser Schweinefleisch zu. Die Erzeuger, die Bauern, die Rinderhalter, die Milchproduzenten wissen schon bald nicht mehr, wie sie das hinbekommen sollen, um mit dem, was sie dafür bekommen, ihre Höfe zu halten.

Die Discounter setzen ihre Preise runter und wir selbst sind alle mit schuld beim Einkaufen im Discounter. Den Händler um die Ecke oder den Fleischer um die Ecke, bei dem man weiß, er bekommt sein Schlachtvieh von dort und dort, den gibt es schon fast nicht mehr.

Ferner möchte ich sagen, dass es einige Handelsketten wohl mit der Eigenkontrolle nicht so richtig halten. Die Eigenkontrolle oder wie Sie es nannten, die Kontrolle der Kontrolle, ist für mich äußerst wichtig und sie muss sein, weil es mit der Eigenkontrolle vom Erzeuger bis zur Ladentheke wohl nicht so funktioniert. Es funktioniert wohl auch nicht so mit dem QS-Siegel. Ich zitiere aus der „Zeit“ vom 1. Dezember 2005:

„Sowohl die Einzelhandelskette ‚real’ als auch der Fleischhändler Thomsen in Kiel, die verdorbenes Fleisch umetikettiert und angeboten haben, waren QS-zertifiziert. Was das Siegel garantiert, ist ohnehin gesetzlich vorgeschrieben, nämlich die Rückverfolgbarkeit des Lebensmittels von der Ladentheke bis in die Fabrik.“

Ich denke, die Kontrolle der Kontrolle ist nicht zu unterschätzen.

Allerdings muss ich eines sagen: In der gleichen Zeitung vom 1. Dezember 2005 wird etwas geschrieben, was ich absolut nicht teilen kann. Für mich ist das eine Herabsetzung der Menschen, die für uns arbeiten, nämlich derjenigen, die Kontrolle ausüben. Diese findet bei uns in den Kreisen statt. In der „Zeit“ steht: Zurzeit kontrollieren nämlich ausgerechnet die kommunalen Veterinäruntersuchungsämter die Schlachthöfe. Interessenkollisionen sind da vorprogrammiert. Ein Kreisveterinär, der den möglicherweise größten Gewerbesteuerzahler seiner Gemeinde genauer als üblich inspiziert, muss jedenfalls ein mutiger Mensch sein. - Ich denke, das trifft auf das Land Sachsen-Anhalt auf keinen Fall zu. Da muss ich jedem Recht geben, der das zurückweist.

Ich muss noch einmal auf die Discounter zurückkommen. Wir sind wirklich mit daran schuld. Die Verbraucher haben sich vermehrt den Billiganbietern zugewandt. Nur ein paar Beispiele dazu: 54 % des hierzulande verkauften Quarks werden an den Kassen der Discounter bezahlt. 53 % der Milch, 46 % des Frischgemüses und 35 % der Fleisch- und Wurstwaren - Frischfleisch ausgenommen - werden ebenfalls bei Discountern eingekauft. Dagegen stagniert die Biobranche nach dem Boomjahr 2001 trotz der verbreiteten positiven Einstellung zum Tierschutz und zum Ökoanbau bei einem Marktanteil von knapp 3 %.

Hierbei muss ich aber auch sagen, dass es eine staatliche Aufsicht und Kontrolle bei allen Produkten geben muss, sowohl beim Discounter als auch bei herkömmlich hergestellten Produkten, aber auch bei Bioprodukten. Denn so Leid es uns auch tut, es ging bereits durch die Schlagzeilen: Nicht bei allem, wo Bio draufsteht, ist auch Bio drin.

Das Ziel ist eine umfassende Verbraucherpolitik. Herr Minister, Sie sagen - ich darf Sie zitieren -, Verbraucher

schutz ist eine Querschnittsaufgabe. Unser Ziel ist eine umfassende Verbraucherpolitik. Gemeinsam gilt es zu gestalten, mit dem Wissen, dass ein Ganzes mehr ist als die Summe seiner Teile. Hierzu laden Sie ein. Ich sage Ihnen: Wir nehmen die Einladung an. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und bei der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Frau Schmidt. - Für die FDP-Fraktion setzt nun Herr Scholze die Debatte fort. Bitte, Herr Scholze.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute die Gelegenheit, anhand der Regierungserklärung über den Verbraucherschutz in Sachsen-Anhalt zu diskutieren. Ich war nach den einleitenden Worten der Kollegin Tiedge schon fast selbst in eine Depression verfallen, wie schlimm doch manches ist. Sicherlich gibt es viele Dinge, die kritikwürdig sind, aber ich denke auch, mit noch mehr Kontrolle und noch mehr Untersuchungen wird uns das an dieser Stelle nicht weiterhelfen.

Wenn Ihre Fraktion oder die andere Oppositionsfraktion bei den Haushaltsberatungen die Konsolidierungsreden hält und uns kritisiert, dass unser Personalabbau eigentlich noch nicht in dem Maße erfolgt ist, wie Sie sich das wünschen, dann muss man an dieser Stelle einfach sagen, dass das Landesamt für Verbraucherschutz mit weniger Personal als vorher in den getrennten Behörden hocheffizient arbeitet, wenn es gelingt, 80 % der relevanten Betriebe zu beurteilen, und das in anderen Bundesländern wesentlich weniger getan wird. Das ist, denke ich, eine beachtliche Leistung und das sollte man an dieser Stelle auch einmal herausstellen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Nicht nur der aktuelle Fleischskandal ist ein notwendiger Anlass, über die Verbraucherpolitik zu sprechen, sondern auch die Tatsache, dass durch unsere Koalition in den vergangenen Jahren neue Strukturen im Verbraucherschutz geschaffen wurden, die es uns jetzt zum Glück erlauben, das Treiben um das Gammelfleisch quasi als Außenstehende zu beobachten. Auf Initiative unserer Landesregierung wurden die relevanten Betriebe untersucht und es konnte Entwarnung gegeben werden.

Meine Damen und Herren! Es zeigt sich ganz offensichtlich, dass bei uns im Lande die Strukturen stimmen; denn wenn bei uns eine Kontrollquote von 80 % und im Bundesdurchschnitt nur eine von 58 % erreicht wird, haben wir unsere Hausaufgaben gemacht. Es wird aber auch deutlich, dass die Nahrungsmittelindustrie Sachsen-Anhalts sehr wohl verstanden hat, dass ihr wirtschaftlicher Erfolg untrennbar mit der Zufriedenheit und Sicherheit der Verbraucher verbunden ist.

Meine Damen und Herren! In vielen Debatten, in denen es um Wirtschafts- und Ansiedlungspolitik geht, sind wir fraktionsübergreifend stolz auf den Erfolg unserer Nahrungsmittelwirtschaft - durchweg, von den Erzeugern in der Landwirtschaft bis hin zu den verarbeitenden Betrieben. Das sollte zum Vorteil des Landes und der Verbraucher auch so bleiben. Hallorenkugeln, Rotkäppchen-Sekt, Halberstädter Würstchen sind unsere besten Werbeträger.

Meine Damen und Herren! Wenn wir uns an dieser Stelle mit dem Verbraucherschutz befassen, sollten wir uns auch einmal die Frage stellen, vor wem und wovor wir den Verbraucher schützen wollen. Am Markt treffen Angebot und Nachfrage bei Waren und Dienstleistungen zusammen. Die Freude des Nachfragenden wird direkt beeinflusst durch die Qualität und vor allem durch den Preis des Angebots. Sind beide in einem ausgewogenen Verhältnis, können Anbieter und Nachfragender gedeihlich zusammenleben.

Problematisch an diesem Verhältnis ist jedoch eine gewisse Informationsasymmetrie; denn die Kompetenz des Anbieters übersteigt oftmals die des Kunden, der sich auf das Werben des Anbieters einlassen muss. Natürlich ist es relativ einfach, den knackigen vom madigen Apfel zu unterscheiden. Doch gibt es viele Angebote, die für den Kunden eben nicht auf den ersten Blick zu durchschauen sind.