Protokoll der Sitzung vom 19.01.2006

Denen fällt es eh schon schwer in der Schule.

(Frau Dr. Kuppe, SPD: Mehr Bildung ist doch kein verlorenes Jahr!)

- Nein, aber das sind Schüler, denen es besonders schwer fällt. Fragen Sie sie doch einmal! Manche haben sich richtig gequält, um das 10. Schuljahr noch zu absolvieren.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Und haben ein Jahr verloren!)

- Das habe ich gesagt. Sie haben ein Jahr verloren.

Den Anteil der Schüler ohne Schulabschluss konnte zumindest diese von Ihnen vorgegebene Struktur nicht verringern. Im Gegenteil, der Anteil ist in dieser Zeit sogar

angestiegen. Er lag damals bei 14 %, dann ist er auf 11 % gesunken und derzeit liegt er bei 8,6 %.

(Zuruf von Frau Mittendorf, SPD)

Ich denke, das ist ein Erfolg, den die jetzige Landesregierung zu verzeichnen hat, nicht ein Erfolg Ihrer vorangegangenen Politik.

(Zustimmung bei der CDU)

Nun haben wir heute erneut die Diskussion in den Oppositionsfraktionen, zumindest in ähnlicher Form, bezüglich der Option des längeren gemeinsamen Lernens. Das haben Sie in Ihren Ausführungen sehr häufig dargestellt. Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich: Mit der Einführung der AOS, wie sie zum Beispiel die SPD und in ähnlicher Weise die PDS vertritt, werden wir mit Sicherheit die Lerndefizite nicht automatisch beheben, wie Sie das hier darstellen. Das ist einfach falsch.

(Frau Mittendorf, SPD: Automatisch sowieso nicht! - Zuruf von Frau Dr. Kuppe, SPD)

- Aber es klingt immer so, Sie stellen das so dar. - Auch wir müssen - das sage ich ganz offen und ehrlich - mit Gewissheit auf diesem Feld noch ackern. Aber wir setzen ganz konkret auf individuelle Förderung,

(Frau Mittendorf, SPD: Wir auch!)

wo Maßnahmen, die wir bereits eingeleitet haben - der Kultusminister ist bereits darauf eingegangen -, zum Teil schon greifen, welche aber aus unserer Sicht noch nicht vollkommen ausgeschöpft sind. Gerade für die Schulform Sekundarschule haben wir Anstrengungen unternommen und werden wir auch in Zukunft größte Anstrengungen unternehmen, um deren Profil weiter zu stärken. Die Sekundarschule steht aber in ihrem Anforderungs- und Leistungsniveau besser da als noch vor Beginn dieser Legislaturperiode.

Ein besonderes Augenmerk hat die Koalition auf den qualitativen Ausbau - eigentlich müsste es „Rückbau“ heißen - des Gymnasiums und seiner gymnasialen Oberstufe gelegt. Auf den weit verbreiteten Wunsch der Öffentlichkeit hin haben wir die gymnasiale Schulzeit wieder auf zwölf Schuljahre reduziert und das Gymnasium wieder ab Klasse 5 beginnen lassen. Die Koalition hat damit zwei entscheidende Fehler der Vorgängerregierung, nämlich die Einführung der Förderstufe und die Einführung des 13. Schuljahres, korrigiert und die Voraussetzungen geschaffen, damit unsere Schülerinnen und Schüler frühzeitig den Berufseinstieg bzw. den Einstieg in das Studium schaffen können.

(Zustimmung bei der CDU)

Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir den Anschluss an den nationalen und internationalen Standard wieder erreicht.

Frau Mittendorf, wenn Sie bemängeln, was durchaus ein Problem ist, nämlich dass wir am Ende des Schuljahres 2006/2007 die doppelte Zahl von Abiturienten und damit einen erhöhten Ansturm auf die Hochschulen und auf den Arbeitsmarkt haben werden, was zwangsläufig der Fall sein wird, dann muss ich Sie fragen: Wer hat denn dieses Problem geschaffen?

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Frau Mit- tendorf, SPD)

Sie bemängeln das jetzt und stellen sich hin und sagen - - Mit Sicherheit müssen wir dafür eine Lösung fin

den. Aber Sie haben dieses Problem geschaffen. Das hätten wir im Land Sachsen-Anhalt nicht gehabt, wenn Sie nicht damals das 13. Schuljahr eingeführt hätten.

(Frau Mittendorf, SPD: Sie hätten es anders ma- chen können! Sie hätten die durchwachsen las- sen können!)

- Auch wenn wir es noch fünf Jahre hingezogen hätten, irgendwann hätten wir das doppelte Abitur gehabt. Aber mit Sicherheit!

(Frau Mittendorf, SPD: Nachrechnen! – Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Wo kam das Problem nur her?)

- Ach, Frau Mittendorf!

Mit der Abschaffung des 13. Schuljahres war die umfassende Neugestaltung der gymnasialen Oberstufe charakterisiert. Sie ist durch die Veränderung des alten Kurssystems zugunsten von verbindlichen Lernfächern, die im Klassenverband unterrichtet werden, modifiziert worden. Zu diesen Kernfächern zählen Deutsch, Mathematik, die erste Fremdsprache, Geschichte, eine Naturwissenschaft und eine weitere Fremdsprache oder Naturwissenschaft.

Mit dieser Veränderung des Unterrichts in der gymnasialen Oberstufe ist Sachsen-Anhalt von den hinteren Rängen des bundesdeutschen Schulwesens in eine führende Rolle geschlüpft und hat sich zum Vorbild für andere Bundesländer entwickelt.

(Beifall bei der CDU)

Ich denke dabei zum Beispiel an das Land Baden-Württemberg, das es uns gleich getan und die Zahl der Kernfächer ebenfalls erhöht hat. Ich denke auch an das Land Nordrhein-Westfalen, das seine Oberstufe gegenwärtig in ähnlicher Weise reformiert.

Wir können also mit Recht stolz auf das Erreichte sein und uns mit unserer Reform der gymnasialen Oberstufe sehen lassen.

Doch nicht nur an der Spitze des Gymnasiums gab es Veränderungen. Ich erwähnte bereits den Beginn des Gymnasiums ab Klasse 5. Der Übergang zum Gymnasium wurde ebenfalls neu geregelt. Er beinhaltet nun, wenn die Schullaufbahnempfehlung auf die Sekundarschule gerichtet ist und die Eltern für ihr Kind trotzdem den Besuch des Gymnasiums wünschen, eine besondere Eignungsfeststellung. Diese Eignungsfeststellung umfasst landeszentrale schriftliche Aufgaben in Deutsch und Mathematik sowie ein Beratungsgespräch. Hierbei wirken neben erfahrenen Lehrerinnen und Lehrern auch Fachkräfte des Schulpsychologischen Dienstes mit. Dies wird für das kommende Schuljahr erstmalig durchgeführt.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich betonen, dass wir diesen Schritt, eine Eignungsfeststellung einzuführen, unter dem Aspekt der Qualitätssicherung an unseren Schulen getan haben und nicht aus anderen Gründen, wie Sie, Frau Mittendorf, behauptet haben.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir stehen mit dieser Maßnahme keineswegs allein. Länder wie Sachsen, Thüringen, Baden-Württemberg und Bayern verlangen an ihren Schulen beim Übergang von der Grundschule in weiterführende Schulen ebenfalls Eignungsfeststellungen oder Prüfungen. Der Kritik an der

Eignungsfeststellung sehe ich deshalb mit Gelassenheit entgegen. Denn man kann von den genannten Ländern nicht gerade behaupten, dass sie bei der Pisa-Studie schlechte Plätze eingenommen hätten. Die praktische Anwendung wird die Richtigkeit der Einführung dieses Instruments bestätigen.

(Zustimmung von Herrn Dr. Schellenberger, CDU, und von Herrn Schomburg, CDU)

Verehrte Anwesende! Ich komme zu einem weiteren Aspekt des qualitativen Ausbaus unseres Schulwesens in Sachsen-Anhalt, dem Umbau unseres Sonderschulwesens zu einem Verbund von Förderschulen und Förderzentren.

Bereits im Schuljahr 2003/2004 wurde eine Rahmenkonzeption zur Entwicklung von Förderschulen und Förderzentren vorgestellt. Mittlerweile befindet sich diese Konzeption in der Umsetzung. Sie bildet die Grundlage für die Erarbeitung schulischer Konzepte zur Qualifizierung der sonderpädagogischen und insbesondere der präventiven Förderung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf.

Wesentliches Ziel der Weiterentwicklung der sonderpädagogischen und präventiven Förderung ist eine frühzeitige Lernförderung, die Brüche in der Schullaufbahn und die mangelnde soziale Einbindung in den Lernprozess weitestgehend verhindern soll. Dabei ist für das Förderschulwesen die intensive Zusammenarbeit der Förderschulen mit den allgemeinbildenden Schulen kennzeichnend.

Aber auch die veränderten Bedingungen des Arbeitsmarktes lassen für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf den Übergang in die berufliche Ausbildung immer schwieriger werden. Daher ist eine langfristige Berufsorientierung und Kooperation mit beruflichen Einrichtungen für die Förderschulen ein wesentlicher Aufgabenschwerpunkt.

Im Schuljahr 2004/2005 konnten fünf Sonderschulen, jetzt Förderschulen, mit ihren Kooperationspartnern ihr Konzept zur Entwicklung des regionalen Förderzentrums erproben. Zum Schuljahr 2005/2006 lagen weitere Anträge zur Entwicklung von Förderzentren aus Schulen vor.

Dies verdeutlicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir mit der Einführung von Förderschulen und Förderzentren den richtigen Weg beschritten haben. Die Förderschulen und die Förderzentren bilden somit einen weiteren Mosaikstein zum qualitativen Ausbau und Aufbau des gesamten Schulwesens.

Doch nicht nur die lernschwachen Schüler bzw. die Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf befinden sich im Fokus unseres Interesses. Wir haben in dieser Legislaturperiode, genau im Jahr 2005, eine Initiative zur Stärkung und zum Ausbau der Hochbegabtenförderung gestartet. Die Landesregierung hat mittlerweile erfreulicherweise unsere Initiative aufgegriffen, die bereits im Ausschuss für Bildung und Wissenschaft vorgestellt wurde.

Aus diesem Konzept geht hervor, dass wir planen, die Hochbegabtenförderung zu institutionalisieren, indem wir den betroffenen Eltern und Lehrern konkrete Ansprechpartner zur Unterstützung benennen. Wir planen auch, in diesem Bereich des schulischen Lernens Qualität und Anspruch zu verwirklichen, ohne dabei die individuellen Unterschiede der Betroffenen außer Acht zu lassen. Für

uns gilt das Motto: Nichts ist so ungerecht wie die gleiche Behandlung Ungleicher.

(Zustimmung bei der CDU)

Der zuletzt genannte Satz gilt in uneingeschränkter Weise auch für die Schulen in freier Trägerschaft, deren Zahl sich erfreulicherweise deutlich erhöht hat. Seit 2002 wurden seitens des Kultusministeriums allein 52 allgemeinbildende Schulen in freier Trägerschaft genehmigt - ein deutliches Zeichen der Wertschätzung von Trägern, die auf ihre individuelle Weise das öffentliche Schulwesen qualitativ ergänzen bzw. ersetzen. Wir haben im Haushalt die erforderlichen Mittel zur Förderung von Schulen in freier Trägerschaft zur Verfügung gestellt und werden dies auch weiterhin tun.

Verehrte Anwesende! Alle in meiner Rede bisher angesprochenen Schulformen und Schulbereiche lassen erkennen, wie ernst es die Koalition mit der Sicherung der Qualität unseres Schulwesens meint.

Die jüngsten Pisa-Ergebnisse lassen uns mit Mut, Zuversicht und Vertrauen auch die künftigen Reformschritte angehen. Zu diesen zählt - das ist bereits ein Ausblick auf die kommende Legislaturperiode - auch die qualitative Sicherung unseres berufsbildenden Schulwesens, das vor ebenso großen Herausforderungen steht wie das allgemeinbildende Schulwesen. Ich denke dabei nur an die Entwicklung der Schülerzahlen. Ich möchte jetzt nichts wiederholen; Herr Olbertz hat die entsprechende Konzeption vorgestellt.

Ich komme schließlich zur Hochschulpolitik, ohne die ein Überblick über das Bildungswesen in unserem Lande unvollständig wäre.