Protokoll der Sitzung vom 20.01.2006

Herr Radschunat hat Recht, der Ausschuss wird sich mit diesem Thema auf Wunsch der Ausschussmitglieder noch einmal beschäftigen. Allerdings, Herr Radschunat, ging es darum, dass wir in der nächsten Sitzung noch einmal konkret die Konzepte der IBA-Städte vorgestellt bekommen wollen. Das umfasst also nur noch einen kleinen Teilbereich des Themas Stadtumbau.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie angesichts der großen Schnittmengen bei der Betrachtung und der Bedeutung dieses Themas herzlich darum, es im Februar zu ermöglichen, nicht nur Bilanz zu ziehen, sondern auch einen Ausblick zu wagen, und zwar nicht in den Fachausschüssen, wo das bisher passiert ist, sondern in

diesem Hohen Haus; denn das bleibt ein ressortübergreifendes Thema.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Bischoff, Sie haben jetzt die Möglichkeit, Ihre Frage zu stellen.

Herr Schröder, ohne Zweifel ist dieses Thema absolut wichtig. Das merke ich als Magdeburger auch. Es ist auch nicht so - dazu gibt es sicherlich unterschiedliche Meinungen -, dass gar nichts passiert; das kann man auch nicht sagen. Das, was im Februar passieren soll, ist absolut richtig.

Meine Frage ist aber: Ist es nicht kurios, dass die regierungstragenden Fraktionen einen Antrag stellen, in dem sie die Regierung auffordern, eine Regierungserklärung abzugeben? - Man könnte vermuten, Sie sind zurzeit unzufrieden und meinen, dass die Regierung diesem Thema nicht die nötige Priorität einräumt.

(Unruhe bei der CDU)

Eine zweite Sache. Minister Herr Daehre ist doch Manns genug und kann nach der Geschäftsordnung jederzeit eine Regierungserklärung abgeben. Vielleicht kann man es, damit er dem Ministerpräsidenten nicht die Show stiehlt, so machen, dass im Rahmen der Erklärung, die der Ministerpräsident vorbringt, bei diesem Thema Minister Daehre kurz einspringt und seinen Teil dazu beiträgt und dann der Ministerpräsident weiter vorträgt. Aber das ist nur ein Vorschlag von mir.

Aber meine Frage lautet: Ist das nicht kurios?

(Unruhe)

Her Bischoff, ich möchte Ihre Frage in zwei Teilen beantworten. Erstens. Ich teile Ihre persönliche Einschätzung der Person des Ministers.

Zum zweiten Teil der Antwort. Ich möchte gern eine Äußerung des Bundestagspräsidenten Herrn Lammert zitieren, die heute schon einmal eine Rolle gespielt hat. Er hat gesagt:

„Das Parlament ist nicht purer Erfüllungsgehilfe der Landesregierung, sondern ist dessen Auftraggeber.“

In diesem Sinne, glaube ich, macht der Antrag Sinn.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Un- ruhe bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Schröder. - Meine Damen und Herren! Der Minister Dr. Daehre hat in der Tat um das Wort gebeten. Das erteile ich ihm jetzt auch. Bitte sehr, Herr Minister.

(Herr Sachse, SPD: Koalition unzufrieden mit Regierung!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hoffe, dass wir den Wahlkampf weder heute

noch im Februar, wenn wir über dieses Thema ausführlich diskutieren, so vorantreiben, dass das Thema Stadtumbau mit all seinen Fassetten zerredet wird. Ich war bisher der Meinung, dass ein großer Konsens in diesem Land zwischen Salzwedel und Zeitz besteht, dass es eine herausragende Aufgabe ist, unsere Städte umzubauen. Die Gründe hierfür sind bekannt.

Meine Damen und Herren! Ich hatte bisher, jedenfalls wenn ich durch das Land reise, den Eindruck, dass fast parteiübergreifend die Auffassung vertreten wird, dass wir als Landesregierung in diesem Bereich - ich will es einmal vorsichtig sagen - keine großen Fehler oder kaum Fehler gemacht haben.

Ich sage „kaum“, weil man sich nicht selbst überschätzen darf und bei einem solchen herausragenden Thema auch daran denken muss, dass man in fünf Jahren das eine oder andere vielleicht revidieren muss. Wir haben im Jahr 1990 die Situation in Bezug auf den Wohnungsbestand und die Entwicklung der Städte völlig anders eingeschätzt. Deshalb sollten wir vorsichtig mit Äußerungen sein, die sich darauf beziehen, wie es im Jahr 2015 in diesem Land aussehen wird.

Vielleicht können wir einmal den Aspekt in die Diskussion einbringen, dass im nächsten Jahrzehnt der Zuzug größer der Wegzug sein wird. Meine Damen und Herren! Wir sollten nicht immer nur eine Negativdiskussionen führen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Ich denke, damit würde man dem Land Sachsen-Anhalt und den Bürgern viel besser gerecht werden.

Bevor ich einige Details ansprechen werde, möchte ich auf die Anmerkungen der Vorredner eingehen. Zunächst bedanke ich mich für die Komplimente; so etwas hört man nicht sehr häufig. Wenn sie so gemeint sind, dann nehme ich sie gern an und gebe sie auch an die Abgeordneten zurück, die dieses Thema in den letzten vier Jahren im Fachausschuss mit aller Ernsthaftigkeit und natürlich auch mit einem gewissen Lokalpatriotismus - das gehört dazu - auf den Weg gebracht haben.

Wir unterhalten uns heute über dieses Thema. Deshalb bin ich den Koalitionsfraktionen ausgesprochen dankbar. Es geht nicht darum, ob wir uns bei diesem Thema profilieren. Ich denke, wir haben in der Öffentlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass wir in diesem Sektor gute Karten haben. Ich bin den Koalitionsfraktionen dankbar dafür, dass sie das Thema noch einmal auf die Tagesordnung setzen.

Man kann sich über das Thema Stadtumbau nicht oft genug unterhalten und dabei natürlich auch über die Wege streiten, meine Damen und Herren. Das ist unsere Aufgabe. Das ist auch nicht auf eine Legislaturperiode oder auf zwei Legislaturperioden beschränkt. Das Thema wird uns, wie es im Jahr 2015 auch immer heißen wird - ob wir dann von Stadtumbau oder wieder von Stadtsanierung oder vom städtebaulichen Denkmalschutz sprechen, sei einmal dahingestellt -, weiter beschäftigen.

Deshalb ist es richtig, dass wir das so auf den Weg bringen, wie es die Koalitionsfraktionen gesagt haben, nicht in einer Fünfminutendebatte. Wir werden im Februar noch einmal ausführlich darüber reden. Ich hoffe, dass wir in der Februar-Debatte nicht nur in fünf, sechs Minuten inhaltlich über das eine oder andere reden. Die Vorwürfe können wir natürlich auch aufnehmen.

Ich sage ganz deutlich: Dass wir die soziale Stadt- und Wohnumfeldverbesserung nicht weiter finanzieren, ist Politik. Dazu stehe ich. Ich weiß nicht, ob wir, wenn wir jetzt die Wohnumfeldverbesserung wieder finanzieren, in drei Jahren ein bestimmtes Gebiet tatsächlich noch brauchen. Vielleicht werden wir auch sagen: Aufgrund der demografischen Entwicklung ist dieses Gebiet gefährdet. Wir müssen aufpassen, dass wir mit den Geldern, die wir zur Verfügung haben, so sinnvoll und nachhaltig umgehen, wie wir uns das alle wünschen. Das ist eine Herausforderung.

Noch eine Anmerkung in Richtung Opposition. Meine Damen und Herren! Ich habe einmal nachgedacht, wie viele Anträge Sie seit 2002 in diesem Hohen Hause zu diesem Thema gestellt haben. Mir ist nicht viel eingefallen.

(Herr Felke, SPD: Doch!)

- Ja, Herr Felke. Aber ich meine im Verhältnis. Ich habe nicht gesagt: Es war gar nichts.

(Herr Felke, SPD: Die regelmäßigen Bericht- erstattungen gehen zum Beispiel auf uns zurück!)

- Ja, die regelmäßigen Berichterstattungen, selbstverständlich. Aber die kreativen Ideen, die auch von einer Opposition ausgehen müssten, außer dass wir soziale Stadt- und Wohnumfeldverbesserungen haben, habe ich von Ihnen auch nicht gehört. Das muss zumindest in Klammern einmal dazu gesagt werden.

(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank)

Lassen Sie uns wieder zu dem eigentlichen Thema Stadtumbau kommen. Ich denke, „Halbzeitbilanz“ ist ein Wort, das von der Zeitabfolge her zutreffend ist. Herr Schröder hat es gesagt: Das Programm läuft bis 2009.

Wir haben aber jetzt, im Jahr 2006 und in den darauf folgenden Jahren, zwei entscheidende Aufgaben. Die eine ist, dass wir uns nicht mehr vorrangig über den Abriss unterhalten müssen - das läuft. Dabei möchte ich auch gar nicht sagen, wie wir es auf den Weg gebracht haben. Jeder weiß das auch. Jetzt geht es ganz einfach darum, dass wir uns dem Thema Aufwertung widmen, damit die Städte attraktiver werden. Dafür haben wir verschiedene Voraussetzungen geschaffen, wie wir uns das wünschen, zum Beispiel mit der Internationalen Bauausstellung 2010 - damit werden wir uns im Februar 2006 noch einmal beschäftigen -, aber auch beim Stadtumbau insgesamt.

Das Thema Aufwertung sollte aufgegriffen werden, um die Attraktivität der Städte zu erhöhen und alle Beteiligten mit ins Boot zu bringen. Deshalb, meine Damen und Herren, möchte ich hier noch einmal auf die Zahlen aufmerksam machen, die wir für den Abriss und die Aufwertung in Abstimmung mit den Verbänden der Wohnungswirtschaft sowie der Wohnungsgesellschaften bzw. der Wohnungsgenossenschaften festgelegt haben.

Von beiden Verbänden ist noch einmal die Bitte an mich herangetragen worden, für das Jahr 2006 mehr Geld für den Abriss zur Verfügung zu stellen als für die Aufwertung. Das hängt ganz einfach damit zusammen, dass wir die §6a-Unternehmen auch mit entschulden müssen.

Meine Damen und Herren! Dass wir heute, im Jahr 2006, konstatieren können, die Wohnungswirtschaft hat sich wirtschaftlich erholt und kann wieder investieren

- ein herzlicher Dank an die Wohnungswirtschaft dafür, dass sie wieder investiert -,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

ist der Tatsache geschuldet, dass wir flächendeckend abgerissen haben.

Herr Minister, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Felke zu beantworten?

Herr Felke, wie immer erteile ich Ihnen die Antwort am Ende meiner Rede gern so umfangreich, wie Sie es möchten.

(Herr Bischoff, SPD: Ist das schon eine Regie- rungserklärung?)

- Wir brauchen keine neue Regierungserklärung zu geben. Das ist auch im April 2006 noch gültig, Herr Bischoff.

(Herr Bischoff, SPD: Ist das jetzt eine Regie- rungserklärung oder kommt die im Februar?)

- Die erfolgt doch im Februar 2006.

(Herr Bischoff, SPD: Ach so! Ich dachte, Sie wä- ren schon mittendrin!)