Ich hätte meine Frage gern gestellt, als Sie beim Schulthema waren. Aber Sie haben gesagt, Sie beantworten die Frage am Ende.
Ich habe zwei Fragen an Sie. Erstens. Sind Sie der Meinung, dass Kinder und Jugendliche, die nicht das Gymnasium besuchen bzw. nicht das Abitur machen, in dem Sinne, in dem Sie das vorgetragen haben, gescheiterte Personen sind? - Das ist meine erste Frage.
(Zustimmung bei der CDU - Frau Rotzsch, CDU: Genau! - Zuruf von der Linkspartei.PDS: Zuhö- ren! - Unruhe)
Zu der zweiten Frage. Sie legten im Rahmen Ihrer Kritik an der Schulstruktur, die die CDU-FDP-Regierung geschaffen hat, dar, dass Sie gern wieder zu den DDRStrukturen zurückkehren möchten.
So haben Sie zumindest die von Ihnen präferierten Strukturen beschrieben; das ist aus meiner Sicht das DDR-Schulsystem. Gilt das eigentlich auch für die Abiturquote, die zu DDR-Zeiten bei ungefähr 13 % lag?
Sind die Personen, die zu DDR-Zeiten kein Abitur machen durften oder konnten, auch gescheiterte Personen
Erstens. Was habe ich gesagt? Die zentrale Reform im Schulbereich muss die innere Schulstruktur der Sekundarschule betreffen. Diese hat zwei Ziele, erstens so vielen Schülern wie möglich, die in dieser Schulform unterrichtet werden, die Möglichkeit zu geben, die Sekundarstufe II zu besuchen, so vielen wie möglich die Möglichkeit zu geben, in diese hinüberzuwechseln. Das bedeutet nicht, dass ich davon ausgehe, dass das alle tun werden.
Es gibt eine zweite Zielstellung, die sich deutlich von der jetzigen Struktur unterscheidet. Diese liegt darin, möglichst alle - wir wissen, dass wir das vielleicht nicht hinbekommen - zu einem Realschulabschluss nach zehn Schuljahren zu führen. Das ist der Unterschied zur jetzigen Sekundarschule.
(Zustimmung von Herrn Höhn, Linkspartei.PDS - Frau Feußner, CDU: Nein, überhaupt nicht! - Herr Tullner, CDU: Nein! - Unruhe)
Dazu sage ich ausdrücklich - - Entschuldigen Sie, wenn die Entwicklung so weitergeht, wird in den nächsten Jahren jeder dritte Sekundarschüler diesen Schulgang mit einem Hauptschulabschluss verlassen.
(Beifall bei der Linkspartei.PDS - Frau Feußner, CDU: So ein Blödsinn! Sind Personen mit einem Hauptschulabschluss auch gescheiterte Perso- nen, oder was? - Zuruf von Minister Herrn Prof. Dr. Olbertz - Unruhe)
Zweitens, Frau Feußner. Wollen wir die DDR-Schule wiederhaben? - Dazu sage ich: Im Grunde genommen wissen die Bildungspolitiker, dass die finnische Schulstruktur im Wesentlichen von Mitarbeitern des DDRVolksbildungsministeriums aufgebaut worden ist. Es ist nun einmal so. Daran kommt man nicht vorbei. Deswegen ist das Drohpotenzial der Frage „Wollen Sie die alte DDR-Schule wiederhaben?“, nicht so groß, übrigens auch nicht in der Bevölkerung. Nein, das wollen wir aber ausdrücklich nicht haben.
Wir gehen sehr wohl davon aus, dass wir einen sehr viel höheren Anteil des jeweiligen Jahrgangs zu einem hochschulvorbereitenden Bildungsabschluss führen müssen. Das ist völlig richtig; das ist der radikale Unterschied zum DDR-Bildungssystem. Natürlich ist es so gewesen, dass der Anteil von Leuten mit Abitur extrem gering gewesen ist. Wir wollen ihn deutlich erhöhen und deshalb ist es natürlich nicht dasselbe Schulsystem, das wir haben wollen.
Sehr verehrter Herr Kollege Gallert, nachdem Sie vorhin wenigstens einmal, vielleicht sogar zweimal die Landesregierung gelobt haben, erlaube ich mir, zu Ihren Ausführungen in Bezug auf die Entwicklung im industriellen Bereich - - Sie sprachen von einem Wachstum bei den Umsätzen in der Größenordnung einer einstelligen Prozentzahl und von 10 000 verlorenen Arbeitsplätzen. Darf ich Ihnen dazu eine Mitteilung des Statistischen - -
Darf ich Ihnen dazu - - Das ist eine Frage. Vielleicht haben es noch nicht alle gemerkt. Aber es gibt ein paar Lehrer hier; die können Sie belehren.
Darf ich Ihnen, lieber Herr Gallert, die Frage stellen, ob Ihnen bekannt ist, dass unter dem 14. Februar 2006 das Statistische Landesamt unter der Überschrift „Umsatzsteigerung und Beschäftigungsanstieg in der sachsenanhaltinischen Industrie im Jahr 2005“ unter anderem mitgeteilt hat, dass der Umsatz um 14,2 % gewachsen ist und die Zahl der Beschäftigten auf 111 680 gestiegen ist, was einem Zuwachs um 0,5 % im Jahr 2005 gegenüber dem Jahr 2004 entspricht? Sind Sie bereit, dies zur Kenntnis zu nehmen?
Ich bin durchaus bereit, dieses zur Kenntnis zu nehmen. Nur sprach ich von etwas anderem. Das produzierende Gewerbe ist in der statistischen Erfassung nicht identisch mit der Industrie. Die 9 % habe ich von Herrn Böhmer. Diese Zahl hat er bereits im Januar, glaube ich, auf dem Neujahrsempfang der Wohnungswirtschaft genannt.
Selbst wenn wir nur auf Industriearbeitsplätze abstellen, werden Sie mir darin zustimmen, dass es eine Pressemeldung des Statistischen Landesamtes gab, nach der wir im letzten Jahr 20 000 Beschäftigungsverhältnisse verloren haben, um die Pendler bereinigt insgesamt 18 700. Darin werden Sie mir zustimmen.
Herr Rehberger, jetzt haben auch Sie zwei Zahlen genannt, nämlich Umsatzwachstum 14 % und Beschäftigungswachstum 0,5 %. Wie real ist es, Herr Rehberger, dass wir vielleicht in den nächsten 30 Jahren im industriellen Bereich ein Umsatzwachstum von 15 %, 20 %, 30 % erreichen, um im Bereich der Arbeitslosigkeit auch nur eine spürbare Entlastung zu schaffen? Das genau ist das Problem.
Mit Wirtschaftswachstum allein werden wir es eben nicht schaffen, weil wir angesichts der permanenten Erhöhung der Arbeitsproduktivität nicht den Eindruck erwecken dürfen, als könnten wir 300 000 Industriearbeitsplätze schaffen. Das ist das Problem, um das es geht.
Herr Abgeordneter, sind Sie bereit, eine weitere Nachfrage des Abgeordneten Herrn Dr. Rehberger zu beantworten?
Herr Gallert, sind Sie bereit zu akzeptieren, dass die Umsatzentwicklung der Industrie und die Zahl der dort Beschäftigten nicht mit dem volkswirtschaftlichen Effekt identisch ist, den eine wachsende Industrie mit sich bringt, und dass jeder industrielle Arbeitsplatz, der zusätzlich entsteht, mindestens zwei Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich zur Folge hat, sodass die ausschließliche Betrachtung der Industrie, was die Arbeitsplatzentwicklung anbetrifft, absolut falsch ist?
Herr Rehberger, ich bin durchaus bereit, das anzuerkennen. Nun bin ich ein Mann der Zahlen: 100 000 Arbeitsplätze, Steigerung um 0,5 % sind 500. Jetzt geben wir im Dienstleistungsbereich nicht nur zwei, sondern drei Arbeitsplätze drauf. Wie viele zusätzliche Arbeitsplätze haben wir insgesamt? - 2 000. Wie viele Arbeitslose haben wir? - 300 000. Das ist das Problem, vor dem wir stehen. Das sind die Dimensionen, um die wir uns kümmern müssen. - Danke.
Vielen Dank, Herr Gallert. - Meine Damen und Herren! Begrüßen Sie mit mir auf der Südtribüne Gäste der Landeszentrale für politische Bildung.
Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Es spricht zu Ihnen der Abgeordnete Herr Scharf. Bitte sehr, Herr Scharf.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jeder von uns kennt stolze Spanier, stolze Griechen, stolze Franzosen, jeder kennt auch stolze Sachsen, aber wir kennen schon etwas weniger stolze Sachsen-Anhalter. Das heißt, es gibt eine gewisse Schwierigkeit mit der Identitätsfindung, mit der landsmannschaftlichen Identitätsfindung in Bindestrichländern. Dieses Problem hat aber Sachsen-Anhalt nicht allein. Dasselbe Phänomen findet sich auch in Nordrhein-Westfalen oder anderen Ländern, die sich erst finden mussten.
Das Land Sachsen-Anhalt besteht im Wesentlichen aus dem Territorium der früheren preußischen Provinz Sachsen und dem Freistaat Anhalt, dem früheren Fürstentum Anhalt, und wurde durch einige Gebiete arrondiert. Die Kirchen arbeiten im Wesentlichen bis heute noch in diesen Territorialstrukturen.
Meine Damen und Herren! Das Land Preußen hat in der Vergangenheit schon positiv auf ganz Deutschland ausgestrahlt. Die guten preußischen Traditionen finden Sie sogar in den Rheinlanden. Ich will zu Anfang dieser Rede sagen: Der Aufbau einer effizienten und klugen Verwaltung half bestimmt auch viele andere Belange bis in die Wirtschaft hinein effektiv zu entwickeln. Vielleicht
Freilich muss man sagen, wir hätten ohne die rheinischen Provinzen bei uns vielleicht bis heute keinen Fasching. Insofern haben wir uns gegenseitig alle ein Stückchen befruchtet und voneinander gelernt.
Ich sage das deshalb, weil jedes Land sein eigenes Identitätsgefühl, seine eigene Würde und seinen eigenen Stolz entwickeln muss. Freilich müssen die Verantwortlichen des Landes dieses auch vorleben. Sie müssen ihr Land lieben. Diese Haltung muss auch öffentlich dokumentiert werden. Sachsen-Anhalt ist es wert, geliebt zu werden, meine Damen und Herren.
Mit dieser Grundhaltung gehen die CDU und alle die, die von ihr in Verantwortung gestellt worden sind, in alle Verhandlungen hinein, die sie mit den anderen Ländern oder mit dem Bund führen.