Herr Ministerpräsident, in Ihren Eingangsworten - deshalb mache ich das lieber als eine Intervention; wenn Sie am Ende noch eine Frage beantworten würden, wäre das natürlich gut - haben Sie uns den Vorwurf gemacht, wir hätten das in acht Jahren nicht geschafft. Sie waren damals Ausschussvorsitzender. Sie kennen die Probleme haargenau. Es kam auch nicht vonseiten der damaligen Opposition ein Vorschlag; denn es war ein zugegebenermaßen schwieriges Geschäft, da zu Rande zu kommen. Deshalb finde ich, dass etwas mehr Sachlichkeit gewahrt werden sollte und nicht gleich jemandem ein Vorwurf gemacht werden sollte.
Darf ich gleich sagen, Herr Bischoff, ich hätte mir das erspart, wenn Frau Kuppe mir nicht die Vorlage gegeben hätte.
Sie sind ansonsten jemand, der immer sehr auf Sachlichkeit abgehoben hat, auch im Ausschuss. Ich wollte nur daran erinnern, dass es einmal so war. Ich darf doch einmal daran erinnern.
Ich möchte Ihnen noch sagen, diese grundsätzliche Sache, dass jetzt die Kassenärztliche Vereinigung den Sicherstellungsauftrag bekommt, ist in der letzten Sitzung im Januar 2006 hereingekommen,
als Tischvorlage. Dann wissen Sie, wie umfassend das bei so einem wichtigen Problem beraten worden ist. Das ist dann doch Arroganz der Macht,
wenn es dann heißt, - das war das Wort - „selbstverständlich“ lehnen wir das ab. Das Wort „selbstverständlich“ hätte hier nicht hergepasst.
Ich will noch eine zweite Sache fragen. Ich hätte gern von Ihnen etwas gehört, was die Gemeinnützigkeit angeht. Denn dass die Organisationen - man weiß von der Hochwasserkatastrophe, wie viele von ihnen draußen waren und eine Unmenge Helfer mitgebracht haben - den Vorrang haben sollten, halten wir nach wie vor für richtig. Auch im Zusammenhang mit der gestrigen Dis
kussion, bei der es um das Ehrenamt und die Freiwilligenarbeit ging, hätte es eigentlich hierher gehört.
Aber einen dritten Punkt halte ich noch für wichtiger. Der Oberbürgermeister der Stadt Magdeburg hat uns darüber informiert, dass die Gespräche und Verhandlungen zu der Rettungsdienstleitstelle, die jetzt über ein Jahr lang mit dem Bördekreis, dem Ohrekreis und dem Jerichower Land geführt worden sind, vonseiten dieser Landräte ohne jegliche Begründung abgebrochen worden sind. Da weiß man, was auf uns zukommen wird, wenn man sagt: Wir lassen das freiwillig vor sich hindümpeln und werden im Jahr 2008 staatlich eingreifen.
- Kein Thema. Zu der Ausschussregie kann ich nichts sagen. Ich weiß auch, dass einige Absprachen, auch die mit der Kassenärztlichen Vereinigung, erst relativ spät erfolgt sind und dass auch dort erst eine Meinungsbildung abgewartet werden musste. Das gebe ich alles zu, das weiß ich.
Was das Regulieren der Zusammenarbeit der Kreise betrifft, höre ich immer - das wissen Sie genauso gut wie ich -, dass Aufgaben des eigenen Wirkungskreises im eigenen Wirkungskreis zu regeln sind und nicht oberlehrerhaft von der Landesregierung. Von den Vertretern der Kommunalverbände bekomme ich dann immer die Aussage: Wenn ihr das macht, wenden wir uns an das Verfassungsgericht, weil das ein Eingriff in den eigenen Wirkungskreis ist.
Deswegen haben wir eine Lösung gefunden, die dem Innenminister die Verordnungsermächtigung für den Bereich erteilt, für den er zuständig ist und den er verfassungskonform ordnen und regeln kann. Da das im Zusammenhang mit der Einführung des digitalen Meldesystems alles mit Geld verbunden ist, gehe ich davon aus, dass die Kreise sich in Wahrnehmung ihrer Verantwortung im eigenen Wirkungskreis diesen Strukturen bewusst anschließen werden, weil es sonst für die Kreise viel zu teuer wird und die Kassen das nicht bezahlen werden. Auf diese Weise haben wir eine Form gefunden, bei der die Regelung verfassungskonform ist und das Ziel erreicht werden kann.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Herr Bischoff, SPD: Da bin ich gespannt! - Frau Dr. Kup- pe, SPD, schüttelt den Kopf)
Weder war im Gesetzentwurf der Landesregierung enthalten, dass wir eine Tarifbindung für das Rettungsdienstpersonal haben wollen, noch sind die entsprechenden Anträge jetzt von der Koalition angenommen worden. Wir kennen Ihre neue Position zu tarifgebundenen Mindestlöhnen. Was halten Sie davon?
Damit das einmal ganz deutlich wird: Sie werden keinen Fall finden, in dem ich gesagt habe, dass wir gesetzlich vorgeschriebene Mindestlöhne brauchen.
Wenn die Tarifpartner das selbst machen, dann habe ich beim besten Willen nichts dagegen. Das gibt es in einigen Bereichen schon. Das sollten sie dann aber unter sich ausmachen.
(Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Aber es geht um diejenigen, die nicht tarifgebunden sind und die wir an diese anlehnen wollen!)
(Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Und wenn Sie das nicht wollen, sind Sie auch nicht für einen tarif- lichen Mindestlohn!)
Das ist eine Sache, die meiner Ansicht nach der Gesetzgeber nicht vorschreiben sollte; da sollten wir bei der Wettbewerbswirtschaft bleiben.
Das brauchen wir nur dort, wo der Staat anfängt zu subventionieren. Das ist in diesem Bereich weder vorgesehen noch vernünftig.
Herr Ministerpräsident, Sie haben sich in der Sache geäußert, deshalb auch meine Frage in der Sache. Ich halte die Splittung der Zuständigkeit - das habe ich vorhin gesagt - für einen außerordentlich problembeladenen Vorgang. Das heißt, es muss gute Gründe dafür geben. Jetzt argumentieren Sie, dass das mit dem Verhältnis der Landräte zu den zukünftig privatisierten Krankenhäusern schwierig sei, regeln aber in einem eigenen Paragrafen des vorliegenden Gesetzes, dass die Institution KV Zugriff auf die Ärzte im Krankenhaus bekommen soll. Diese Extraregelung wäre unter Umständen auch für die Landkreise denkbar gewesen. Also dadurch erschließt sich keinesfalls die Notwendigkeit dieses Systemwechsels.
Eine zweite Frage, die ich habe: Stimmen Sie mir darin zu, dass das insofern ein Nullsummenspiel ist, als die Notärzteschaft im ambulant tätigen Bereich bereits jetzt weitgehend im Rettungsdienst fährt, dort also kein Zugewinn zu erwarten ist?
Das ist nicht so einfach. Ich will mit der zweiten Frage beginnen. Es ist auch aus meiner Sicht - das sehen viele andere ebenso - ein gewisses Ärgernis, dass der vertragsärztliche Notfalldienst völlig parallel und unabhängig vom Rettungsdienst organisiert ist. Wir sprechen schon seit den Zeiten Werner Schreibers, als wir das erste Gesetz gemacht haben, darüber - ich hatte damals schon viele Diskussionsrunden mit dem Vorsitzenden der KV hinter mir -, dass wir die Notarztversorgung aus dem KV-Bereich mit der Rettungsdienstversorgung wenigstens organisatorisch verzahnen wollen.
Es geht darum - ich empfehle Ihnen, sich einmal in einer Rettungsstelle an das Telefon zu setzen -, dass immer entschieden werden muss: Muss dort der Rettungsarzt mit dem Rettungswagen hin oder muss dort der Notarzt hin?
Das ist schwierig zu organisieren, wenn das nicht über eine Zentrale läuft. Bei der jetzt vorgesehenen Regelung habe ich die große Hoffnung, dass beides aus eigenem Interesse zusammengeführt wird.
Zweitens. Was die Vertragsgestaltung betrifft - das war Ihre erste Frage -, haben Sie völlig Recht. Bloß, bis jetzt war es so, dass jeder Landrat das allein ausdiskutieren musste und manche waren dabei erpressbar, weil sie nicht genügend Ärzte hatten, die zum Einsatz bereit waren. Die Kassenärztliche Vereinigung wird das letztlich für das Land Sachsen-Anhalt einheitlich regeln. Dann werden wir ungefähr dazu kommen - vielleicht nicht ganz, aber ungefähr -, dass für den gleichen Einsatz in allen Regionen des Landes Sachsen-Anhalt auch ungefähr der gleiche Preis erhoben werden kann. Ich bin ziemlich sicher, dass es dadurch nicht teurer wird. Ich kenne sogar die Preise, die gelegentlich gezahlt werden müssen, damit überhaupt jemand mitfährt. Ich nenne sie aber aus Höflichkeit heute nicht.
Danke sehr. - Damit ist die Debatte beendet und wir treten in das Abstimmungsverfahren zu den Drs. 4/2589, den Änderungsanträgen der Fraktion der SPD in den Drs. 4/2632 bis 4/2638 und den Änderungsanträgen der Linkspartei.PDS in den Drs. 4/2639 bis 4/2642 ein.
Meine Damen und Herren! Über die selbständigen Bestimmungen ist einzeln abzustimmen. Das ist beantragt worden. Ich schlage Ihnen vor, dass ich bei den Bestimmungen, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen, den Versuch unternehme, das Verfahren zu straffen. Wenn darüber hinaus doch noch Forderungen auf Einzelabstimmung vorhanden sind, müsste das im laufenden Verfahren angezeigt werden.