Die Übernahme der Immobilie des ehemaligen Reichsbahnpräsidiums erfolgte aber ausdrücklich unter dem Vorbehalt einer Beteiligung des Landes an den Sanierungskosten. Dazu hat es offenbar eine verbindliche Zusage des Landes gegeben, wie einem vom Vorstandsvorsitzenden Herrn Mehdorn eigenhändig unterzeichneten Dankschreiben an den damaligen Verkehrsminister Dr. Heyer zu entnehmen ist. Ich zitiere:
„Die Modernisierung des Gebäudes kann nunmehr mit Fördergeldern des Landes zügig beginnen. Der Bahnstandort Halle erhält damit eine langfristige Sicherung.“
Die Förderung in Höhe von 6 Millionen € aus dem Bereich Städtebauförderung sollte über die Stadt Halle abgewickelt werden, die einen Eigenanteil von 2 Millionen € beisteuern sollte.
Meine Damen und Herren! Diese Summe sollten Sie sich auf der Zunge zergehen lassen: 6 Millionen €! Über das Urban-21-Programm fließen über die gesamte Laufzeit etwa 3,5 Millionen € an Fördermitteln nach HalleNeustadt. Erinnern Sie sich bitte: Für 6 Millionen € ließe sich die Scheibe C auch schon zu einem Drittel sanieren. Weil Angesichts dieser Rechnung der Stadtrat in Halle nicht mitspielen wollte, wurde der Ton erheblich rauer. Das Schreiben eines hochrangigen Vertreters der DB AG drei Tage vor der entscheidenden Stadtratssitzung im Oktober 2002 ist geradezu erpresserisch.
Darin wird deutlich gemacht, dass nur eine ausgelastete Immobilie für die Bahn wirtschaftlich vertretbar sei. Ein Schelm, wer Arges dabei denkt oder an Zufälle glaubt: Nur kurze Zeit später mietet sich die Schulaufsichtsbehörde bei Herrn Mehdorn ein und Herr Leimbach findet Gefallen an den nicht nur für Archive gut geeigneten Kellerräumen.
Meine Damen und Herren! Es ist kein Wort darüber zu hören, dass die Vermietung nur deshalb notwendig wird, weil sich mittlerweile die Geschäftsphilosophie der Deutschen Bahn geändert hat und von den angekündigten zehn Firmen letztlich nur noch drei Firmen in Halle sind, davon wahrscheinlich nur noch eine Firma für längere Zeit. Doch was der Bahn recht ist, muss der öffentlichen Hand nun endlich auch billig sein, und das angesichts der Fülle öffentlicher Gebäude allein in Halle, für die die Limsa oder auch die Stadt händeringend geeignete Nachnutzer suchen.
Es ist auch nicht einzusehen, dass wir neben dem Verlust von Arbeitsplätzen bei der Bahn - in den letzten Jahren jährlich über 400 - auch noch für die Kosten des daraus folgenden Leerstandes aufkommen sollen.
Meine Damen und Herren! Ich fordere hiermit von der Landesregierung in aller Öffentlichkeit eine Revision ihrer Standortentscheidung oder aber, wenn dies aufgrund der eingegangenen Verpflichtungen gegenüber der DB nicht möglich sein sollte, zumindest die Offenlegung aller
Danke, Herr Dr. Köck. - Wir treten in die Debatte ein. Die Landesregierung hat um das Wort gebeten. Bitte sehr, Herr Finanzminister Professor Paqué.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag wird der bestehenden Situation bei Liegenschaften des Landes schon deswegen nicht gerecht, weil er undifferenziert von einer einförmigen Liegenschaftssituation im Land Sachsen-Anhalt ausgeht und regionale Verschiedenheiten unberücksichtigt lässt.
Dass dies zu kurz greift, lässt sich beispielhaft bei einem Vergleich der beiden größten Oberzentren des Landes, Magdeburg und Halle, erkennen. Während die Liegenschaftssituation in Halle von einem erheblichen Leerstand landeseigener Liegenschaften geprägt ist, der sich durch die Verlagerung von universitären Nutzern im Zusammenhang mit dem neuen Campus noch zuspitzen wird, ist die Situation in Magdeburg grundlegend anders. Hier ist die Unterbringung von großen Landesbehörden, die zusammengeführt werden, nur durch Anmietungen realisierbar gewesen.
Dennoch lässt sich die Landesregierung bereits aus wirtschaftlichen Gründen selbstverständlich von dem Grundsatz leiten - es ist ein Grundsatz -, der Nutzung und Sanierung von landeseigenen Liegenschaften den Vorrang vor der Anmietung zu geben. Dieser Grundsatz findet natürlich dort seine Grenzen, wo geeignete landeseigene Liegenschaften nicht zur Verfügung stehen. Das gilt in Sonderheit dann, wenn es um die Zusammenführung einer Behörde geht mit dem Ziel, entsprechende Synergieeffekte zu realisieren. Es sind relativ große Behörden, die bei der Unterbringung gerade in der Stadt Magdeburg - ich habe es bereits gesagt - auf Schwierigkeiten stoßen.
Meine Damen und Herren! Für freigezogene Liegenschaften sind zur Sicherung, zur Werterhaltung sowie zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht in der Regel erhebliche Aufwendungen notwendig. Die möglichst zügige Anpassung des Flächenbestandes an den Bedarf durch Reduzierung des Flächenüberschusses ist daher aus wirtschaftlichen Gründen geboten. Eine Reduzierung des Flächenüberschusses durch Veräußerung ist dabei in der gegenwärtigen Marktsituation nur sehr schwer zu realisieren. Die erzielbaren Erlöse bewegen sich oft eher im symbolischen Bereich. Ein Verkauf zum Verkehrswert ist die Ausnahme. Bei einigen Liegenschaften stehen der Veräußerung zudem Ziele der Städtebauförderung entgegen.
Anmietungen werden daher nur vorgenommen, wenn der Raumbedarf nicht in landeseigenen Liegenschaften befriedigt werden kann. Die Anmietungen erfolgen derzeit nach einer Bestätigung durch die Limsa, dass geeignete landeseigene Liegenschaften nicht zur Verfügung stehen, - mit Ausnahme des Justizministeriums, der Staatskanzlei und des Finanzministeriums - noch durch die Ressorts. Sobald die Übernahme der Liegenschaften mit Nutzungsvereinbarungen erfolgt ist, werden
Meine Damen und Herren! Die Entscheidung über die Unterbringung von Landesbehörden orientiert sich zunächst an der Verfügbarkeit und an der Wirtschaftlichkeit. Es wäre jedoch zu kurz gegriffen, sich auf eine reine Kostengegenüberstellung zu beschränken. Selbstverständlich sind beispielsweise städtebauliche Aspekte sowie die Entwicklungsziele der Städte in die Betrachtungsweise einzubeziehen.
Als Partner der Städte und Gemeinden ist es der Landesregierung ein Anliegen, die Entwicklung der landeseigenen Liegenschaften sowie die Unterbringung der eigenen Behörden wenn möglich in Übereinstimmung mit den Entwicklungszielen der Städte zu bringen. Wir betrachten es als eine Selbstverständlichkeit, dass das Land hierbei kooperativ mit den Städten handelt und deren Entwicklungsziele berücksichtigt.
Dies war uns ein Anliegen zum Beispiel in Magdeburg. Ich erinnere an die Diskussion zum Justizzentrum gegenüber im Hauptpostgebäude am Breiten Weg. Dies war uns ein Anliegen in Stendal - nehmen Sie das dortige Justizzentrum - und dies ist uns auch aktuell ein wesentliches Anliegen bei den anstehenden Unterbringungsentscheidungen in der Stadt Halle.
Die Stadt Halle hat sich in ihrem im Jahr 2001 beschlossenen Stadtentwicklungskonzept auf einen Rückbau von außen nach innen festgelegt. Darauf wurden auch die Rückbaukonzepte der Stadt ausgerichtet. Es wurden Entwicklungskorridore erarbeitet, in denen die Stadtentwicklung Schwerpunkte setzt. Dabei ist es beschlossener Wille der Stadt, das A-Zentrum, die Altstadt, wie auch das B-Zentrum, Halle-Neustadt, mit überregionaler Bedeutung zu stärken. - Herr Köck, das ist eine selbstverständliche Grundlage für alle Entscheidungen, die auch vom Land berücksichtigt wird.
In diesen Korridoren werden die Entwicklungen gebündelt. Um diesen Prozess zu unterstützen, wurde die Revitalisierung des Zentrums in Halle-Neustadt sowie dessen infrastrukturelle Anbindung durch die Verlängerung der Straßenbahn vom Land mit mehreren Millionen Euro Fördermitteln gefördert. Dies ist auch wichtiger Bestandteil der Stadtumbaustrategie, die im Rahmen des Beitrags der Stadt Halle als Standort der Internationalen Bauausstellung „Stadtumbau 2010“ unter dem Thema „Balanceakt Doppelstadt“ präsentiert werden soll.
Um dieser Bedeutung Rechnung zu tragen, ist es unser Ziel, auch eine Nutzung der Scheibe C in der Neustädter Passage durch Landesbehörden sicherzustellen.
Herr Köck, was den Begriff „avisieren“ betrifft, kann ich Sie beruhigen. Das ist schon ein außerordentlich nachdrückliches Avisieren, das wir im Blick haben. Die Scheibe C wird in jedem Fall durch Landesbehörden genutzt werden müssen.
Meine Damen und Herren! Das Ministerium der Finanzen und das Ministerium für Bau und Verkehr sind vom
Kabinett beauftragt worden, die für die Verlagerung der Finanzämter in die Scheibe C in Halle-Neustadt notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Eine Nutzung der Scheibe C durch das Landesverwaltungsamt war nach sorgfältiger Prüfung und nach intensiven Gesprächen zwischen den zuständigen Ministerien aufgrund der baulichen Anforderungen, die der Dienstbetrieb bedingt, nicht möglich.
Sowohl durch die Sanierung der Liegenschaft in der Ernst-Kamieth-Straße für das Landesverwaltungsamt und die damit verbundene Aufwertung des Bahnhofsumfeldes als auch durch die Sanierung der Scheibe C werden erhebliche positive städtebauliche Impulse für die Stadt Halle entstehen.
Meine Damen und Herren! Ich will hier deutlich machen: Es ist in der Tat im Finanzministerium schon ein längerfristiges Projekt gewesen - Herr Köck hat es erwähnt -, dass die Scheibe C möglicherweise, bei entsprechender Eignung, für die Finanzämter genutzt wird. Das ändert aber nichts daran, dass selbstverständlich auch eine Prüfung der Unterbringung des Landesverwaltungsamts nötig war.
Es zeichnet sich ab - wenn ich noch einmal auf das „Avisieren“ zu sprechen kommen darf -, dass eine Lösung Scheibe C für die Finanzämter und die Liegenschaft in der Ernst-Kamieth-Straße für das Landesverwaltungsamt und schließlich der Abriss des Komplexes Gimritzer Damm am Ende stehen wird. Dabei werden wirtschaftliche Gesichtspunkte, aber eben auch ganz wesentlich städtebauliche Gesichtspunkte berücksichtigt.
Meine Damen und Herren! Mit der Errichtung des Landesbetriebes „Liegenschafts- und Immobilienmanagement Sachsen-Anhalt“ wurden der Limsa neben der Grundstücksentwicklung und der Verwertung von Immobilien unter anderem auch die Aufgabe der Bedarfsplanung und der Behördenunterbringung sowie das Standortmanagement übertragen. Die Limsa hat das operative Geschäft am 1. Januar 2005 aufgenommen und ist seitdem damit beschäftigt, die aktuellen Unterbringungsprobleme zu koordinieren.
Wir sind zuversichtlich, dass diese ressortübergreifende Betrachtung von Unterbringungs- und Liegenschaftsfragen künftig zu einer deutlichen Verbesserung der sachlichen Entscheidungsgrundlagen beitragen wird. Das gilt insbesondere für Fälle wie die Stadt Halle. In der Tat ist es eine große Aufgabe für die Stadt und das Land, in den nächsten Jahren für eine Revitalisierung der Innenstadt zu sorgen, damit Halle den wunderbaren Immobilienbestand, den die Stadt ja tatsächlich hat, auch in der Zukunft vernünftig nutzen kann.
Das sind schwierige Aufgaben, die eine intensive Zusammenarbeit der zuständigen Ministerien und der Limsa erfordern. Ich glaube, dass wir für diese Aufgaben gut gerüstet sind. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Dann würden das Nachfragen von Herrn Felke, von Frau Dr. Klein und von Herrn Rothe sein. Herr Felke, bitte sehr.
Herr Minister Paqué, so ganz konkret ist das leider nicht, was Sie uns gerade erzählt haben; deswegen doch noch einmal eine konkrete Nachfrage. Sie haben ins Spiel gebracht, dass die Scheibe C künftig durch die Finanzämter genutzt werden könnte. Über welche Zeiträume reden wir? Wann konkret kann dieser Umzug veranstaltet werden? Wie soll das finanziert werden, was dazu an Aufwendungen notwendig ist, also konkret für die Sanierung der Scheibe C und, soweit ich gehört habe, auch für den Abriss der Gebäude am Gimritzer Damm?
Herr Felke, das wird zu gegebener Zeit geprüft; aber ich sage ganz deutlich, auch als Finanzminister, der für die Finanzämter zuständig ist: Wir werden das ohne schuldhaftes Verzögern machen; denn die Verhältnisse für die Mitarbeiter in den Gebäuden am Gimritzer Damm müssen sich schnellstmöglich verbessern. Das würde bedeuten, dass wir den Umzug in die Scheibe C schnellstmöglich vorbereiten, vorausgesetzt, die Planungen erweisen sich als so durchführbar, wie wir sie im Moment avisieren.
Herr Minister, es geht noch einmal um die Scheibe C, weil Sie sagten, dass das schon in der langfristigen Planung sei. Ich habe hier die „Mitteldeutsche Zeitung“ vom 17. Dezember 2005. Darin werden Sie nach einer möglichen Unterbringung der Finanzämter in der Scheibe C gefragt. Ich gebe Ihnen völlig Recht, dass die Zustände dort dringend zu ändern sind. Sie antworten auf die Frage, das müsse im Rahmen eines Gesamtkonzepts geklärt werden.
Die andere Frage ist dann natürlich: Die 13,2 Millionen € bleiben trotzdem im Raum stehen. Die brauchen wir ja trotzdem für die Sanierung. Oder wird eine abgespeckte Variante realisiert?
Frau Dr. Klein, was Sie zitieren, ist vollkommen richtig. Ich war am 16. Dezember 2005 bei den Finanzämtern. Herr Bönisch war auch da. Wir haben über dieses Thema gesprochen.