Protokoll der Sitzung vom 17.02.2006

- Entschuldigung. - Herr Tullner, würden Sie noch eine Frage beantworten? - Bitte schön.

Herr Tullner, wieso wurde im Doppelhaushalt als Sitz für die Finanzbehörden das Gebäude am Gimritzer Damm vorgesehen, obwohl eine VE nicht festgelegt werden konnte, weil Sie die Höhe der Sanierungskosten noch nicht beziffern konnten? - Das steht nämlich im Kleingedruckten.

(Zuruf von Minister Herrn Dr. Daehre)

Das heißt, am Jahresende 2004 war vom Umzug der Finanzämter in die Scheibe C noch keine Rede. Aber die grünen Netze, die vor herabfallenden Betonteilen schützen sollen, waren schon dran.

Herr Köck, ich habe jetzt Schwierigkeiten, in Ihrer Anmerkung eine Frage zu erkennen. Ich will aber eines sagen: Wir brauchen uns alle nicht gegenseitig die Taschen voll zu lügen. Wir wissen genau, dass das Immobilienproblem in Halle gelöst werden muss. Das ist eben nicht so einfach, dass man sagen kann: Behörde A geht dahin und Behörde B dorthin. Das muss alles sorgfältig geprüft werden.

Nun haben wir eine Lösung hinbekommen, mit der sozusagen fast alle Probleme, die im Moment auf der Agenda ganz oben stehen, gelöst werden. Die Oberbürgermeisterin äußert sich zufrieden. Nun verstehe ich überhaupt nicht, wo eigentlich Ihr Problem liegt.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Herr Felke, bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! - Ich nehme gern das neue Glas. Danke.

(Herr Felke, SPD, trinkt - Heiterkeit bei allen Frak- tionen)

In den zurückliegenden Wochen haben wir beim Streit um den Sitz des Landesverwaltungsamtes an einer besonderen Erfolgsgeschichte schwarz-gelber Regierungsarbeit teilhaben dürfen.

(Zustimmung bei der CDU)

Bei künftigen Eiskunstlaufwettbewerben - bitte klatschen Sie aufseiten der Koalition nicht zu früh - wird wohl vom doppelten oder vom dreifachen „Paqué“ als einem neuen Sprungelement die Rede sein.

(Zustimmung bei der SPD und bei der Linkspar- tei.PDS)

Spannend finde ich es im Übrigen auch, Herr Professor Paqué, wie Sie diese Drehungen und Wendungen den Mitarbeitern Ihres Hauses erläutern. Aber wenn man sowieso auf Abschiedstour ist, ficht einen das wahrscheinlich nicht mehr an.

(Zustimmung bei der SPD - Oh! bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Bis vor wenigen Tagen noch bin ich davon ausgegangen, dass der immobilienwirtschaftliche Sachverstand der Landesregierung im Finanzministerium bzw. bei der Limsa konzentriert ist. Das ist offensichtlich ein Irrtum. Das Innen- und das Bauministerium geben beim Umgang mit Landesimmobilien die Richtung vor.

Die Argumente, die beide Ministerien ins Feld führen, sollte man sich aber schon etwas näher ansehen. Beim MI heißt es, dass mit der Scheibe C die besonderen Objekt- und Standortmerkmale nicht hinreichend berücksichtigt seien. Zu gut Deutsch heißt das wohl, die Scheibe C ist nicht repräsentativ genug - wobei sich trefflich über die Repräsentationsaufgaben eines Landesverwaltungsamtes streiten ließe.

Der Versuch des Präsidenten des Landesverwaltungsamtes, sich jetzt als Freund der Neustadt darzustellen und zu behaupten, es gebe keine Ressentiments gegen diesen Standort, kommt allzu vordergründig daher. Die Bewohner haben da schon eine feine Antenne, können zwischen den Zeilen lesen und erkennen, wenn sich da jemand im Nachgang einschleimen will.

Heftig ist auch ein zweites Argument des MI gegen die Scheibe. Die Zahl der Fahrstühle sei mit zwei zu gering. - In jeder der Hochhausscheiben befinden sich vier Fahrstühle, von denen drei auf jeder zweiten Etage und einer auf jeder Etage halten.

Interessant sind auch die Gegenargumente des MBV. Irritationen bei der DB AG könnten ausgelöst werden, wenn die Kamieth-Straße nicht berücksichtigt würde, und erhebliche Auswirkungen auf das Gesamtgefüge der Beziehungen zur Bahn wären zu erwarten, heißt es.

Abgesehen davon, dass Vereinbarungen wie die Verkehrsverträge getroffen wurden, um sie einzuhalten, und

sie für den Fall der Nichteinhaltung Vertragsstrafen vorsehen, halte ich es für bedenklich, wenn wie auch immer geartete Kompensationsgeschäfte Standortentscheidungen vorprägen. Dies würde zwangsläufig zu einer völlig neuen Bewertung des gesamten Landesimmobilienbestandes führen.

Meine Damen und Herren! Nachdem der Finanzminister nun seit Dienstag einzusehen hat, dass er die KamiethStraße richtig finden muss, bringt er Argumente ähnlichen Kalibers wie zum Beispiel: Die Scheibe C müsse umfangreich umgebaut werden. - Das ist nicht wirklich neu.

Dann heißt es, das Landesverwaltungsamt benötige auch einige Konferenzräume. Das hätte zur Folge, dass zum Teil tragende Wände abgerissen werden müssten, was zu statischen Problemen und kuriosen architektonischen Lösungen geführt hätte.

Abgesehen davon, dass diese Räume sicherlich auch ansprechend im obersten Geschoss geschaffen werden könnten und auch ein Anbau im Erdgeschoss bzw. der Umbau eines angrenzenden ehemaligen Supermarktes dafür infrage kommt, kann man sich von den so genannten kuriosen architektonischen Lösungen in ca. 80 m Entfernung von der Scheibe C informieren; in der Scheibe D nämlich, die ein Privatinvestor vor mehr als zehn Jahren hergerichtet hat und die heute ein vollständig vermietetes Bürohochhaus ist.

Meine Damen und Herren! Die Stadt Halle hat signalisiert, dass sie mit der jetzt gefundenen Lösung leben kann, wenn die Scheibe C einer Nutzung zugeführt wird - ausdrücklich mit dieser Betonung.

Ein Umzug der Finanzämter vom Gimritzer Damm in die Scheibe C wird avisiert, heißt es in der Pressemitteilung der Staatskanzlei. Ich halte dies für ein reines Lippenbekenntnis, mit dem man sich offensichtlich über den Wahltag helfen will. Belastbare Aussagen dazu, wie eine derartige Variante finanziert und wann sie realisiert werden soll, fehlen völlig. Dies ist vorhin durch den Finanzminister noch einmal so bestätigt worden.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit ohnehin noch einmal den Finanzausschuss beschäftigen muss. Daher erwarten wir, dass Wirtschaftlichkeitsvergleiche der einzelnen Varianten vorgelegt werden und dass nach diesen entschieden wird. Eine effiziente Nutzung der Landesliegenschaften durch Landesbehörden bedeutet für uns die Entscheidung für die wirtschaftlich und städtebaulich beste Lösung. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke sehr, Herr Felke. - Für die FDP-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Dr. Hüskens.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie werden mir erlauben, dass ich mich nicht an der Hallenser Stadtratsdebatte beteilige, die wir hier gerade gehört haben, sondern dass ich einfach einige Worte zu dem Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS sage.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Mi- nister Herr Dr. Daehre: Ja!)

Wir werden den Antrag ablehnen, und zwar deshalb, weil ich ein Präjudiz für die eine wie die andere Variante bei Landesliegenschaften ablehne. Ich bin sowohl dagegen, dass man sagt, es muss immer eine Landesliegenschaft sein, in die Landesbehörden ziehen, als auch gegen die Position, es muss immer angemietet sein. Nein, ich erwarte schlicht und ergreifend, dass die Verwaltung und die Landesregierung prüfen, welche Variante die effizienteste ist; denn darauf haben unsere Bürger einen Anspruch.

(Zustimmung bei der FDP - Zuruf von der Links- partei.PDS: Eben!)

Jetzt sagt der eine oder andere, es sei immer die Landesliegenschaft. Das ist bei Weitem nicht so. Früher mag das so gewesen sein. Da hat der Kaiser eine Kaserne gebaut; die hat er so lange genutzt, wie die Soldaten da waren; das war nach seiner Vorstellung meistens sehr lange. Auch wir suggerieren uns hin und wieder noch, dass sich eine Verwaltungsbehörde wie beispielsweise ein Finanzamt, das an einer bestimmten Stelle seinen Sitz hat, auch in 50, 60 oder 100 Jahren noch dort befinden wird. Wenn wir einmal ehrlich zu uns sind, auf die letzten Jahre zurücksehen und die atemberaubende Veränderung in unserer Verwaltungsstruktur und auch bei den Verwaltungssitzen betrachten, dann wissen wir alle, dass es heute so einfach nicht mehr ist.

Der Finanzausschuss bewilligt inzwischen nur noch Mietverträge über zehn Jahre genau aus dem Grund, dass wir sagen: Wir müssen den Zeitraum, den wir bewilligen, im Auge behalten und bewerten können. Vor diesem Hintergrund sage ich ganz klar: Wir lehnen dies ab. Wir müssen immer prüfen, was die effizienteste Form ist.

Meine Damen und Herren! Dabei bin ich natürlich auch gern bereit zuzugestehen, dass hierbei der eine oder andere städtebauliche Aspekt zu beachten ist. Das haben wir hier in Magdeburg mit dem Justizzentrum getan. Das kann man - das sage ich als Magdeburger - von mir aus auch in Halle tun.

(Herr Tullner, CDU: Na, na!)

Das geht aber nicht um jeden Preis. Die Effizienz und die Funktionsfähigkeit der Landesverwaltung müssen der erste Punkt sein, den wir prüfen. Wenn ich dann zu einigermaßen gleichen Preisen auch noch städtebauliche Aspekte berücksichtigen kann, dann soll man dies tun. Vor diesem Hintergrund muss man aus unserer Sicht den Antrag bewerten. Deshalb werden wir ihn ablehnen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung von Minister Herrn Dr. Daehre)

Danke, Frau Dr. Hüskens. - Die Antragstellerin hat die Möglichkeit, darauf zu erwidern. Frau Dr. Klein, bitte sehr.

Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Herr Tullner, den Skandal um die Immobilien haben nicht wir thematisiert, den haben zwei Minister verursacht.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS und bei der SPD)

Ansonsten wäre zumindest ich immer von dem Beschluss des Finanzausschusses ausgegangen, den wir im Jahr 2004 zum Doppelhaushalt 2005/2006 gefasst haben. Da steht nämlich etwas von der Kamieth-Straße

drin. Darauf komme ich noch; denn es geht uns in diesem Zusammenhang unter anderem auch um die Arbeit der Limsa.

Die Landesregierung hat die Limsa zum 1. Januar 2004 mit viel Elan aus der Taufe gehoben und hoffte, nun werde es mit den Landesimmobilien schon seinen Gang gehen. Aber auch zwei Jahre nach der Gründung geht es mit der Limsa eben nicht seinen Gang; sie gehört vielmehr zu den vielen Baustellen, die die gegenwärtige Regierung ihren Nachfolgern hinterlassen wird.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS und bei der SPD - Minister Herr Dr. Daehre: Dazu ist der Bei- fall aber zaghaft ausgefallen! - Herr Tullner, CDU: Fortsetzen!)

- Manche müssen doch für die Koalition schon üben und ein wenig verhalten sein.

(Frau Budde, SPD, lacht)