Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! „Die Zukunft gehört denjenigen, die die Möglichkeiten sehen, bevor sie offensichtlich werden.“ Diese Weisheit von Oskar Wilde erfasst eigentlich schon die Ziele der Gemeinschaftsinitiative Interreg III C und sie erklärt auch, warum unser Bundesland vor kurzem Gastgeber der ersten Zukunftskonferenz unter dem Thema „Perspektiven für unsere Regionen“ war. Während anderenorts die Zukunft nur auf dem Papier zu finden ist, schafft Sachsen-Anhalt wie des Öfteren Fakten.
Eingeladen dazu waren die Partnerregionen Centre in Frankreich, Valencia in Spanien und North Great Plains in Ungarn. Die rund 200 Teilnehmer haben über gemeinsame Strategien zur Lösung zentraler wirtschaftlicher Probleme beraten. Zuvor konnte unser Ministerpräsident Wolfgang Böhmer führende Repräsentanten dieser Regionen begrüßen.
Die vier Regionen hatten sich im Rahmen der europäischen Gemeinschaftsinitiative Interreg III C zusammengefunden. Als besonders positiv hervorzuheben ist, dass der Organisator des Zusammenschlusses das Verbindungsbüro Sachsen-Anhalt in Brüssel ist.
Es ist wichtig und richtig, dass das Land Sachsen-Anhalt hier aktiv auf dem europäischen Parkett agiert, um eine effiziente und nachhaltige Nutzung der EU-Strukturfondsmittel zu erreichen. Zugleich wird deutlich - wie auch beim Agieren bezüglich des Chemienetzwerkes -, dass Sachsen-Anhalt mittlerweile einen angemessenen Platz unter den 256 Regionen in der EU gefunden und im vereinten Europa einen Namen hat.
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Gemeinschaftsinitiative Interreg III C der Europäischen Union unterstützt den Erfahrungsaustausch und den Zugang zu Informationen, die im Zuge der Strukturfonds und anderer Aktionen gesammelt wurden. Im Rahmen der Initiative sollen sich Regionen mit ähnlicher Ausgangssituation aus ganz Europa zusammenfinden, Erfahrungen austauschen und gemeinsame Handlungskonzepte für zentrale wirtschaftliche Probleme entwickeln. Diese so genannten regionalen Rahmenmaßnahmen erlauben es den Regionen, in den nächsten drei Jahren in zentralen Fragen der Regionalentwicklung eng zu kooperieren.
Beantragt wurde die Zusammenarbeit in den Feldern regionale Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit. Dafür werden von der Europäischen Kommission insgesamt 3,02 Millionen € für die kommenden drei Jahre bereitgestellt. Ich möchte an dieser Stelle deutlich machen, dass dies zusätzliche Gelder sind, die normalerweise für Sachsen-Anhalt nicht zur Verfügung gestanden hätten.
Entgegen der bisher üblichen Beantragung der Förderung von Einzelprojekten ermöglicht das Großprojekt „Perspektive 2007 bis 2013“ den Regionen einen weitaus größeren Handlungsspielraum. So wurden im Rahmen der Antragstellung im Wesentlichen die Ziele und die Strategien der künftigen Zusammenarbeit der Regionen beschrieben, ohne dass jede Einzelheit ausformuliert und festgeschrieben werden musste.
Nun liegt es an den Regionen, in den kommenden drei Jahren im Bereich der Förderung der Wettbewerbsfähig
keit und der Dauerhaftigkeit eigene Kooperationsschwerpunkte zu entwickeln und daraus tragfähige Kooperationsbeziehungen zu bilden.
Damit ist die regionale Rahmenmaßnahme ein wichtiges Element für die Unterstützung und Untersetzung der Regionalpartnerschaften des Landes; denn angesichts der neuen Strukturfondsperiode von 2007 bis 2013 sind die teilnehmenden Regionen mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert. Sie müssen die Stärken und Schwächen ihrer Regionen angesichts der globalen ökonomischen Trends, sich ändernder Sozialmuster, des demografischen Wandels und sich ändernder Rahmenbedingungen identifizieren, sie müssen in die Zukunft schauen und umfassende regionale Strategien zur Bewältigung dieser Herausforderungen entwickeln, um so den effizienten und effektiven Einsatz der vorhandenen Mittel sicherzustellen.
Meine Damen und Herren! Wenn man in einer solchen Veranstaltung sitzt und zuhört, dann stellt man fest, dass man zunächst den Nutzen des einen oder anderen nicht so recht erkennen kann, dann aber anhand der dargestellten Entwicklung sieht, dass dadurch doch wirtschaftlicher Aufschwung erreicht wurde und Arbeitsplätze entstanden sind.
Wir haben im Vorfeld des Antrages einige Diskussionen darüber gehabt, ob die Auswirkungen einer solchen Zukunftskonferenz überhaupt finanziell messbar sind. Ich möchte denjenigen, die etwas skeptisch waren, mit einer Weisheit von Rainer Maria Rilke antworten - ich zitiere -:
„Das ist im Grunde der einzige Mut, den man von uns verlangt: mutig zu sein zu dem Seltsamsten, Wunderlichsten und Unaufklärbarsten, das uns begegnen kann.“
Dann kann man anschließend feststellen: Das, was zunächst ganz anders schien als das, was man selber gedacht hat, kommt auch zu einem guten Ende.
Es ist daher wichtig, dass die Regionen die bisher bestehenden ungenutzten Möglichkeiten zur Kooperation besser nutzen. Wir erwarten, dass diese Zusammenarbeit bestehende Kooperationsdefizite beseitigt.
Dies hat übrigens auch schon eine andere Konferenz getan, die vom Finanzministerium ausgelobt wurde, wo es um die Best-Practice-Beispiele ging. Leider war es uns Abgeordneten damals nicht möglich, daran teilzunehmen, weil sie zeitgleich mit einer Landtagssitzung stattfand.
Aufgrund des bestehenden Charakters der Kooperation und der innovativen Ansätze halten wir es für angezeigt, dass der Landtag regelmäßig über die Ergebnisse der Kooperation unterrichtet wird und dass geprüft wird, inwieweit die Legislative darin eingebunden werden könnte.
Vielen Dank, Frau Wybrands. - Meine Damen und Herren! Bevor wir in die Debatte eintreten, hat für die Lan
desregierung wiederum der Staatsminister Herr Robra um das Wort gebeten. Bitte sehr, Herr Staatsminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der jetzt mit diesem Tagesordnungspunkt nun wirklich zu Ende gehenden Legislaturperiode konnte die Verflechtung Sachsen-Anhalts in die internationale und interregionale Zusammenarbeit erheblich gestärkt werden. Jüngstes Projekt ist die regionale Rahmenmaßnahme „Perspective 2007-2013“, die Mitte des vergangenen Jahres von der EU genehmigt und mit Finanzmitteln in erheblicher Höhe ausgestattet wurde und an der neben SachsenAnhalt die Regionen Valencia, als so genannter LeadPartner, Centre und Észak-Alföldi beteiligt sind.
Zu diesem Projekt gehört auch die Berufung einer Zukunftskommission, der unter anderem die Spitzen der Exekutiven, also die Ministerpräsidenten, angehören. Die formelle Einbindung der Parlamente war hierbei schwierig, weil es nicht in allen teilnehmenden Regionen solche Vertretungskörperschaften gibt.
Diese Kommission hat am 25. Januar 2006 erstmals in Magdeburg getagt. Am Folgetag fand ebenfalls in Magdeburg die erste von insgesamt drei Zukunftskonferenzen statt. Die Zukunftskommission hat eine gemeinsame Erklärung verabschiedet, die im Wesentlichen folgende Punkte umfasst:
Sie will ihre Zusammenarbeit in Schlüsselbereichen der Regionalentwicklung zum gemeinsamen Nutzen weiter ausbauen. Alle beteiligten Regionen stehen bei der künftigen Ausgestaltung der europäischen Strukturfonds vor ähnlichen Herausforderungen.
Im Rahmen des Projekts haben sich die Partner daher darauf verständigt, die interregionale Zusammenarbeit erstmals auch als Teil des Programmierungsprozesses für die nächste Förderperiode einzusetzen, also auch in dieser Phase gewissermaßen über den Gartenzaun hinwegzublicken. Dabei sollen auch bisher nicht oder unzureichend genutzte Möglichkeiten zur Zusammenarbeit ergriffen werden, unter anderem um Erfahrungen auszutauschen mit dem Ziel der Verbesserung öffentlicher Dienstleistungen, der Umsetzung innovativer Ideen und des Transfers von bewährten Praktiken.
Neben der Bildung der Zukunftskommission haben die Regionen zwei Arbeitsgruppen mit jeweils einem Förderfonds gebildet, um über Schlüsselthemen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und der Nachhaltigkeit zu diskutieren. Diese Arbeitsgruppen arbeiten bereits und haben vergleichende Studien und Trendanalysen veranlasst. Dabei geht es um die Themen Clustering, Automotiv, Entwicklung von Humanressourcen, regionale Vermarktung, erneuerbare Energien sowie Abfallentsorgung, also durchweg ganz praktische Dinge, die auch für uns und die Entwicklung unseres Landes in der Zukunft erhebliche Bedeutung haben können.
Ein ganz zentraler Punkt der Erklärung ist der Aufruf an alle interessierten Institutionen und an die Wirtschaft in den Regionen, sich aktiv an der Kooperation zu beteiligen und eigene Projekte zu entwickeln. Diesen Aufruf erneuere und vertiefe ich mit Blick auf die Akteure in unserem Land von dieser Stelle aus gern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Interesse des Landtags an diesem Projekt ist erfreulich und wird von der Landesregierung ausdrücklich begrüßt. Ich verweise auch auf Ihre Teilnahme, sehr geehrter Herr
Landtagspräsident Professor Dr. Spotka, und die Teilnahme weiterer Mitglieder des Landtages an der Zukunftskonferenz, für die ich ausdrücklich danke.
Vor diesem Hintergrund ist die Landesregierung selbstverständlich gern bereit, den Landtag über den weiteren Fortgang des Projekts zu unterrichten. Ich erlaube mir an dieser Stelle auch den Hinweis auf die Internetseite des Projektes „www.perspective2013.info“, die anlässlich der Zukunftskonferenz freigeschaltet wurde und von den Partnern in Valencia betreut wird. Hier finden sich, ständig ausgebaut, aktuelle Informationen über das Projekt und die einzelnen Aktivitäten.
Eine förmliche Einbindung des Landtags und gegebenenfalls auch der Vertretungskörperschaften der Partner werden wir gern prüfen, wenngleich ich derzeit noch nicht wirklich sagen kann, ob sich Ansatzpunkte für eine aktive Einbeziehung ergeben können. Hier bleibt die Periode der Entwicklung von Kooperationsprojekten abzuwarten. Dabei wird die Landesregierung den Wunsch des Landtages stets im Blick behalten. Wenn der Landtag seinerseits konkrete Vorstellungen erarbeitet, wird die Landesregierung diese selbstverständlich aufgreifen und mit den Partnern erörtern.
Der Zeitplan sieht vor, dass im Oktober 2006, also noch in diesem Jahr, die Kooperationsprojekte ausgewählt und begonnen werden. Bis Februar 2008 sollen Abschlussberichte vorgelegt werden. Ein letzter Höhepunkt wird die Zukunftskonferenz in Centre im April 2008 sein.
Ich bin davon überzeugt, dass wir bis dahin die Zusammenarbeit unter den vier beteiligten Regionen deutlich ausgebaut haben werden und auch über den Zeitrahmen des eigentlichen Projekts hinaus Kooperationen anschieben können, von denen Sachsen-Anhalt, wie ich denke, wirklich profitieren kann. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Staatsminister Robra. - Meine Damen und Herren! Damit können wir in die Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion eintreten. Zunächst hat für die Linkspartei.PDS die Abgeordnete Frau Dr. Klein das Wort. Bitte sehr, Frau Dr. Klein.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das ist ein Antrag, bei dem ich ernsthaft grübelte: Was soll mir dieser sagen?
(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS - Herr Gürth, CDU: Ach ja? Hat es sich gelohnt? - Herr Tullner, CDU: Frau Wybrands hat es erklärt!)
Zuerst dachte ich, Sie hatten Angst davor, dass die Tagesordnung der letzten Sitzung zu kurz sein könnte.
Oder sind Sie am Ende der Wahlperiode gar besonders romantisch verklärt, was die EU-Politik unseres Landes betrifft?
Frau Wybrands, Sie haben mich aufgeklärt: Es gab eine interessante Konferenz und es gibt ein interessantes Projekt.
Wenn bisher Interreg-IIIC-Gelder ungenutzt blieben und sie jetzt für Konferenzen und Gespräche mit drei anderen Regionen genutzt werden, dann ist das vernünftig, weil diese Gelder sonst wirklich verfallen und nicht einfach eingespart werden können.
Vielleicht können wir im Jahr 2008 mitjubeln, wenn aus dieser regionalen Maßnahme wirklich beträchtliche Chancen, wie es in dem Antrag heißt, erwachsen sind, wenn Pilotprojekte in den Bereichen Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit angefangen und zu Ende gebracht und die öffentlichen Dienstleistungen verbessert worden sind.
Es ist zwar nie zu spät, sich mit einem Thema zu beschäftigen, hier aber wäre es durchaus wünschenswert gewesen. Aber die Einbeziehung des Landtages stößt scheinbar in Ihren eigenen Reihen nicht unbedingt immer auf Zuspruch. Ansonsten hätten Sie in dem Antrag eine konkretere Forderung formulieren können. Der an die künftige Landesregierung gerichtete Wunsch ist doch sehr verschwommen: Man bittet zu prüfen, inwieweit der Landtag einbezogen werden könnte. - Bitte beziehen Sie uns ein, wenn der Austausch so bahnbrechend ist.
Fragen zu diesem Projekt hätten wir schon: Warum wurden gerade diese drei Regionen ausgewählt? Die begründeten gewissen Ähnlichkeiten kann man vielleicht noch finden, aber es gibt auch beträchtliche Unterschiede in Bezug auf das Einkommen und die Wirtschaftsentwicklung. Warum sind nicht Regionen einbezogen worden, mit denen wir schon Kontakte haben, wie etwa mit Masowien oder Plovdiv? Wir haben auch sehr gute Kontakte nach Schottland.