Protokoll der Sitzung vom 17.02.2006

Ich möchte sagen, im Laufe der vier Jahre haben wir gemeinsam einiges auf den Weg gebracht. Wir sind für die Zukunft gut aufgestellt. Ich darf mich für die Zusammenarbeit der europapolitisch Interessierten im Landtag von Sachsen-Anhalt bedanken.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Es gab viele Debatten, aber am Ende waren wir uns alle darin einig, dass wir unser Land nach vorn bringen wollen. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Frau Wybrands, für dieses versöhnliche Wort.

Wir stimmen jetzt über den Antrag der CDU- und der FDP-Fraktion in der Drs. 4/2622 ab. Wer diesem Antrag die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei der SPD-, bei der CDU- und bei der FDP-Fraktion. Gegenstimmen? - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Bei der Linkspartei.PDS. Damit ist dieser Antrag mehrheitlich angenommen worden und der letzte Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, noch einen Moment sitzen zu bleiben. Ich möchte noch ein Schlusswort sagen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem soeben abgeschlossenen Tagesordnungspunkt ist nun der letzte planmäßige Akkord des Landtages der vierten Wahlperiode erklungen. Diese zweitägige Sitzung mit der Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten und der Aussprache der Fraktionen darüber, mit den zahlreichen Gesetzesbeschlüssen und Antragsberatungen sowie nicht zuletzt mit dem stimmungsvollen gestrigen Abend - einigen hat man das noch angemerkt - hallt bereits nach.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Wir Mitglieder des Landtages der vierten Wahlperiode werden so in diesem Raum bis zur Wahl am 26. März 2006 wohl nicht wieder zusammenkommen. In Momenten wie diesen spürt man, was es heißt, ein politisches Mandat auf Zeit übertragen zu bekommen.

Meine sehr gehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine arbeitsreiche und politisch spannende Wahlperiode liegt nun hinter uns. Die Bilanz unserer Arbeit, so meine ich, kann sich sehen lassen, auch wenn der politische Standort wie bereits der entfachte Wahlkampf natürlich auch die Beurteilung dieser Bilanz prägen.

Die vergangenen vier Jahre hatten viele parlamentarische Höhepunkte. Für mich war es vor allem die erste Änderung unserer Landesverfassung, die ich als Ausweis einer angenommenen Verantwortung vor den in ihr vereinten Grundregeln unseres Zusammenlebens empfunden habe.

Es ist hier nicht der Ort, eine lückenlose Bilanz zu ziehen. Die Landtagsverwaltung wird Ihnen diese, wie Sie wissen, traditionell mit dem Bericht über die Wahlperiode noch vorlegen. Darin werden Sie auch lesen können, dass wir uns im Plenum in 74 Sitzungen mit 819 Tagesordnungspunkten befasst, dabei 136 Gesetze beschlossen und 314 Beschlüsse einschließlich der heutigen gefasst haben.

Etwas 25 000 Bürgerinnen und Bürger haben uns im Plenum über die Schulter bzw. auf die Tische geschaut. Insgesamt konnte der Landtag in den vergangenen vier Jahren 56 000 Gäste begrüßen. Die zahllosen Gäste am Sachsen-Anhalt-Tag sind hierbei sicherlich nicht mit eingerechnet worden.

Erinnern möchte ich daran, dass wir das Volksabstimmungsgesetz geändert und ein Landtagsinformationsgesetz verabschiedet haben. Die Kreisgebietsreform und die Bestimmung der Kreissitze ließ verständlicherweise die Wogen hoch schlagen, wie auch die Auseinandersetzungen um die Betreuung und Förderung der Kinder zu Landtagsdebatten führten, die schließlich in das erste Volksbegehren und den ersten Volksentscheid einmündeten.

Allein, meine Damen und Herren, diese knappe summarische Bilanz zeigt, der Landtag von Sachsen-Anhalt war ein leistungsstarkes und arbeitsames Parlament, bei dem die inhaltlich-substanzielle Auseinandersetzung und die manchmal auch durchaus leidenschaftlich vorgetragene Werbung um Zustimmung für politische Lösungsalternativen im Vordergrund stand, ohne dass es Entgleisungen oder persönliche Verletzungen gab.

Sie haben, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, dem Präsidium die Sitzungsleitung nie schwer gemacht. Ich und auch die Vizepräsidenten, meine ich, haben in dieser Legislaturperiode keinen einzigen Ordnungsruf erteilen müssen. Kürzlich hat mich der Landtagspräsident von Sachsen Herr Iltgen besucht. Was er an Ordnungsrufen allein innerhalb einer Plenarsitzung erteilen musste, das ist schon sagenhaft.

Ich darf Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, für diese Fairness, aber auch für die engagierte Arbeit allen herzlich danken.

(Lebhafter Beifall im ganzen Hause)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in den vergangenen vier Jahren aus unterschiedlichen Anlässen über Macht oder Ohnmacht des Parlaments debattiert

und nicht selten den Machtverlust der Vertretungen der Bürgerinnen und Bürger beklagt. Wir haben aber auch an der Reform der föderalen Ordnung mitgearbeitet.

Die Verabschiedung der Föderalismusreform, für die jetzt angesichts der doppelt großen Koalition eine einmalige Chance besteht, wird zu einer Neuverteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern führen und die Stellung der Landtage stärken. Sie darf nicht scheitern. Wir sind hier zum Erfolg verurteilt. Wie ich heute der Presse entnehmen konnte, ist auch die letzte Hürde genommen. Der Einbringung des Reformpaketes im März 2006 steht nun nichts mehr im Wege.

Es wird also die große Staatsreform geben. Die Länder und damit die Landesparlamente werden neue Spielräume erhalten. Damit werden natürlich auf den neuen Landtag auch neue und größere Aufgaben zukommen.

Wir brauchen in den nächsten Jahren ebenfalls, meine Damen und Herren, eine Diskussion über das, was uns, was Sachsen-Anhalt künftig ausmachen soll. Eine Zukunftsdebatte haben wir angestoßen. Alle Fraktionen haben Zukunftspapiere erarbeitet. Ich meine, das ist gut so. Es macht mir Hoffnung, dass politische Verantwortung auf einer sachlichen Grundlage angenommen wird und dass anstelle der Verwaltung des Augenblicks Langfristigkeit im Denken unser politisches Handeln dominieren wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Ende der Legislaturperiode stehen Wahlen bevor. Diese Wahlen bedeuten eine Zäsur; denn viele von uns, die seit dem 28. Oktober 1990 dabei sind, werden dem Landtag der fünften Wahlperiode nicht mehr angehören. Sein Gesicht wird also ein anderes, wohl vor allen Dingen ein jüngeres sein. Eine Generation von Abgeordneten tritt ab, nicht ohne einige wenige Repräsentanten der Gründungsmütter und -väter unseres Landes wieder in das Parlament zu entsenden. Einige davon sind erfrischend jung. Ich sehe Frau Budde, ich sehe Herrn Felke, ich sehe Herrn Gürth und andere.

(Herr Bischoff, SPD: Frisch! - Herr Dr. Polte, SPD: Herrn Püchel nicht übersehen! - Heiterkeit)

Die Gründergeneration wird also erhalten bleiben. - Herrn Dr. Püchel habe ich ganz vergessen.

(Heiterkeit)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aufhören können, loslassen können und gehen können, wenn es für einen selbst der richtige Zeitpunkt ist, um noch einmal neue Schwerpunkte für einen neuen Lebensabschnitt zu setzen und um vielleicht noch einmal zu lernen, was man bisher versäumt hat, ist nicht nur ein Akt der Selbstbestimmung, sondern auch eine Stärke, von der unsere auf befristeten Mandaten fußende parlamentarische Ordnung lebt.

Aber dieses Aufhören-Können hat seinen Preis. Sieht man sich die Liste derer, die definitiv nach 16 Jahren Parlamentszugehörigkeit ausscheiden werden, im Einzelnen an, so sind viele Frauen und Männer darunter, die dem Parlament, die ihren Fraktionen und die der Landespolitik insgesamt ihren Stempel aufgedrückt haben.

Kollege Höppner hat sich von uns bereits in der Sitzungsperiode im Januar verabschiedet. Sein parlamentarischer Wirkungskreis hatte in der frei gewählten Volks

kammer begonnen. Sein politisches Wirken fand zweifellos in den Verfassungsarbeiten der ersten Wahlperiode und schließlich im Amt des Ministerpräsidenten des Landes in den Jahren von 1994 bis 2002 seinen Höhepunkt. Wie er werden unter anderem die Kollegin Hajek sowie die Kollegen Kühn, Oleikiewitz und Reck nach vier Wahlperioden nicht mehr dem Haus und der Fraktion der SPD angehören.

In der Fraktion der Linkspartei.PDS ist besonders Frau Kollegin Hein zu nennen, die sich ebenfalls nach 16 Jahren Landtagszugehörigkeit nicht wieder um ein Mandat bewirbt. Mit ihr verliert das Haus eine der profiliertesten Bildungspolitikerinnen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

In der FDP-Fraktion, die im Jahr 2002 nach zwei Wahlperioden Landtagsabstinenz wieder in das Haus einzog, wird Kollege Lukowitz, der bereits von 1990 bis 1994 Abgeordneter war, definitiv ausscheiden. Er hat sich im Parlament und in der Regierung insbesondere um die wirtschaftliche Entwicklung Sachsen-Anhalts verdient gemacht. Genauso verdient gemacht hat sich sein Kollege Rehberger, Wirtschaftsminister in der ersten und Abgeordneter und Wirtschaftsminister in dieser Wahlperiode.

Damit komme ich zu meiner Fraktion. Die Liste der nach 16 Jahren das Haus verlassenden Kolleginnen und Kollegen ist lang. Sie verdeutlicht den bevorstehenden Generationswechsel, der, wenn ich so in die Reihen schaue, ganz offensichtlich bereits im Jahr 2002 eingeleitet worden ist. Wenn man die Namen etwa der nunmehr ausscheidenden Kollegen - ich nenne nur einige wenige - Becker, Daehre, Schomburg und Sobetzko, aber auch den der Kollegin Fischer - seit dem Jahr 1994 im Hause - hört, wird deutlich, dass ein erheblicher Kompetenzverlust entstehen wird, den auszugleichen jetzt Jüngere übernehmen müssen und, darin bin ich mir sicher, auch übernehmen werden.

Ich glaube

(Der Präsident nimmt einen Schluck Wasser zu sich)

- die Rede ist sehr trocknen, meine Damen und Herren -

(Heiterkeit)

als selbst Betroffener auch im Namen der anderen sich verabschiedenden Kolleginnen und Kollegen sagen zu dürfen: Wir gehen einerseits gern. Aber wir werden dieses Haus, diese hochinteressante und verantwortungsvolle Tätigkeit und vor allem Sie, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ein Stück weit vermissen, weil bei allem Dissens in tagespolitischen Fragen die Arbeitsatmosphäre in diesem Hause sehr kollegial und die persönlichen Kontakte über Fraktionsgrenzen hinweg durchaus freundschaftlich waren. Weil dies eine schöne und verantwortungsvolle Aufgabe war, ist mit der Beendigung dieser Aufgabe natürlich auch eine gewisse Wehmut verbunden.

Zwar hat der kluge Hans Magnus Enzensberger in seiner Handreichung „Erbarmen mit den Politikern“ formuliert - ich zitiere -: „Politik ist der Abschied vom Leben, der Kuss des Todes.“ Ich habe das im Jahr 1990 ganz anders erlebt. Für mich war es wie eine Wiedergeburt. Ich bin davon überzeugt, wir alle haben ähnliche Erfahrungen gemacht.

Ich erlaube mir, dazu aus einem kleinen Brief zu zitieren - der Briefschreiber sitzt unter uns, ich nenne ihn bewusst nicht -, den ich vor Kurzem erhielt:

„Nach mehr als 15 Jahren politischer Tätigkeit werde ich in wenigen Wochen dem Parlament adieu sagen. Das wird für mich kein leichter Moment werden, war ich doch mit Leib und Seele Parlamentarier. Was bleibt, ist die Erinnerung an eine schöne Zeit. Was bleibt, ist die Erinnerung an persönliche und politische Erfolge und Niederlagen. Ich habe in meinem beruflichen Leben vor der Wende viele schöne Erfahrungen gemacht und auch berufliche Erfolge erzielt. Aber die Zeit vor und nach der Wende, vor allem aber die Zeit im Landtag war für mich die prägendste. Dafür bin ich meinem Schicksal dankbar.“

Ich glaube, das sagen alle ausscheidenden Kolleginnen und Kollegen. Treffender, Herr Oleikiewitz, kann man es nicht ausdrücken.

(Heiterkeit und Beifall im ganzen Hause)

Dass wir diese Zeit erleben durften, erfüllt uns alle mit Dank. Ich wünsche allen scheidenden Kolleginnen und Kollegen und ihren Familien alles Gute, Gesundheit, einen gelingenden selbst gestalteten Übergang in einen neuen und ebenso erfüllten Lebensabschnitt sowie viele Chancen für eine interessante nachberufliche Betätigung.

Ich danke aber auch allen Kolleginnen und Kollegen, die sich einer erneuten Kandidatur stellen. Vor Ihnen liegt ein kurzer und trotzdem intensiver Wahlkampf um die Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger am 26. März. Ich wünsche Ihnen allen, die sich erneut einer Kandidatur stellen, viel Kraft für die bevorstehende Terminhatz bis zum Wahltag, starke Nerven, einen fairen Wahlkampf und die Anerkennung Ihrer bisher geleisteten sehr guten Arbeit durch den Souverän.

Wenn ich noch eine Bitte an Sie anfügen dürfte: Versuchen Sie bitte in den ungezählten Gesprächen nicht nur für Ihre Mannschaft und Ihr politisches Programm zu werben, sondern auch Werbung für das Parlament und für unsere freiheitliche Demokratie zu machen. Auch darum geht es, meine Damen und Herren, bei der Entscheidung am 26. März 2006.

Ich kann alle wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger nur aufrufen, an diesem Tag wählen zu gehen und rechtzeitig vor ihrem Votum im Wahllokal die politischen Programme der Parteien und die zur Wahl stehenden Personen genau zu wägen. Unsere Welt ist nicht einfach, sie ist vielmehr komplex und deshalb kompliziert, weshalb auch die Antworten auf die Fragen nach dem Heute und Morgen keine einfachen, platten Parolen sein dürfen. Lassen Sie sich nicht für dumm verkaufen und

wählen Sie aufgeklärt, liebe Bürgerinnen und Bürger. Mehr darf ich von dieser Stelle aus leider nicht sagen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir bleibt zum Schluss ein Wort in eigener Sache. Auch ich werde dem nächsten Landtag nicht mehr angehören. Unmittelbar nach meiner Wahl am 16. Mai 2002 zu Ihrem Präsidenten habe ich Ihnen bedeutet, dass ich als Neuling in diesem Amt möglicherweise nicht von Anfang an alles richtig oder es allen recht machen werde, aber mein Bestes geben wolle, um dieses Amt fair, gut und überparteilich, eben als Präsident aller Abgeordneten, zu erfüllen. Ob und inwieweit mir das gelungen ist, will ich hier nicht beurteilen müssen. Mein Bestes habe ich allerdings versucht zu geben.