Protokoll der Sitzung vom 20.06.2013

Der Berichterstatter zu beiden Gegenständen ist der Abgeordnete Herr Kollege Felke. Wir haben - daran will ich erinnern - eine Zehnminutendebatte vereinbart. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt und zur Regelung der Zuständigkeiten für die Marktüberwachung, ein Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drs. 6/1805, hat der Landtag in der 39. Sitzung am 21. Februar 2013 in den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr zur federführenden Beratung und in den Ausschuss für Finanzen zur Mitberatung überwiesen.

Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema „Bauordnungsrechtliche Hürden bei der Nutzung erneuerbarer Energien abbauen“ in der Drs. 6/1146 wurde in der 27. Sitzung des Landtags am 8. Juni 2012 zur Beratung an den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr überwiesen. Mitberatende Ausschüsse bestimmte der Landtag in diesem Fall nicht.

Inhalt des Antrags war, dass die Landesregierung aufgefordert wurde, dem Landtag einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Baugenehmigungsfreiheit bei bisher baugenehmigungspflichtigen Photovoltaikanlagen in oder auf Gebäuden vorsieht und auch gebäudeunabhängige Anlagen berücksichtigt.

In der 10. Sitzung des Ausschusses für Landesentwicklung und Verkehr am 22. Juni 2012 kam der Ausschuss überein, den Antrag zusammen mit der Novelle zur Bauordnung des Landes SachsenAnhalt zu beraten.

Der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr hat sich in der 17. Sitzung am 8. März 2013 erstmals mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung befasst. Er kam aufgrund der Bedeutung der Bauordnung überein, eine Anhörung durchzuführen und den mitberatenden Ausschuss für Finanzen dazu einzuladen.

In der 18. Sitzung am 5. April 2013 fand die Anhörung statt, zu der eine Vielzahl von verschiedenen Institutionen, Kammern und Verbänden eingeladen waren, die zum Teil Opposition zu dem Gesetzentwurf vorgetragen haben.

Der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr setzte seine Beratung über den Gesetzentwurf in der 19. Sitzung am 3. Mai 2013 fort. Dem Ausschuss lagen mehrere Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ein mehrere Einzelpunkte betreffender Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen und ein vergleichbar umfassender Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vor.

Gestatten Sie, dass ich mich in meiner Berichterstattung auf die wichtigsten Punkte konzentriere. Abgelehnt wurde ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der sich auf § 6

- Abstandsflächen, Abstände - bezogen hat, bei dem es um die Reduzierung der Abstandsflächentiefe von Windkraftanlagen ging.

Der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zu den §§ 8 und 29 wurde ebenfalls abgelehnt. Die Änderung in § 8 - Kinderspielplätze - sah vor, diesen um eine Art Kinderspielplatzablöse zu ergänzen. In § 29 - Brandwände - war vorgesehen, den im Gesetz geregelten Bruttorauminhalt von Gebäuden zur Tierhaltung von einer Größe von nicht mehr als 10 000 m³ auf eine Größe von nicht mehr als 5 000 m³ zu reduzieren.

Ein weiterer Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, in dem vorgeschlagen wurde, § 48 - Notwendige Stellplätze, Garagen - auf Abstellmöglichkeiten für Fahrräder zu begrenzen, wurde mit 8 : 1 : 4 Stimmen abgelehnt.

Abgelehnt wurden auch mehrere Vorschläge zu § 85 - Örtliche Bauvorschriften. Mit diesen Vorschlägen sollten der Umfang örtlicher Bauvorschriften und die Gründe für diese Bauvorschriften deutlich erweitert werden. Angenommen wurde der Vorschlag, Absatz 5 zu streichen. Dadurch soll die Befristung örtlicher Bauvorschriften aufgehoben werden.

Von den Änderungsvorschlägen in dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE wurden unter anderem die zu § 32 - Erster und Zweiter Rettungsweg - beschlossen. Diese basieren auf Erläuterungen des Feuerwehrverbandes in der Anhörung zu dem Gesetzentwurf. Einen identischen Änderungsantrag zu § 32 hatten die Koalitionsfraktionen vorgelegt.

Weiterhin wurde eine mit dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE begehrte Änderung des § 57 - Aufgaben und Befugnisse der Bauaufsichtsbehören - beschlossen. Diese Änderung basiert auf Erkenntnissen des Zeitweiligen Ausschusses Grundwasserprobleme, Vernässungen und das dazugehörige Wassermanagement. Die Änderung beinhaltet, dass die Baubehörden bei Kenntnis darauf hinzuweisen haben, dass das Baugrundstück bereits schädlichen Einflüssen gemäß § 13 ausgesetzt war, diesen gegenwärtig ausgesetzt ist oder künftig ausgesetzt sein könnte.

Die Fraktionen der CDU und der SPD hatten einen komplexen Änderungsantrag vorgelegt, der unter anderem Änderungen der §§ 13, 32, 59, 60, 67 und 68 beinhaltete. Mit den Änderungen, die zu § 13 - Schutz gegen schädliche Einflüsse - beschlossen wurden, sollen auch die Gefahren von im Boden befindlichen Kampfmitteln vom Regelungsgehalt der Bauordnung erfasst werden.

Einen weiteren Änderungsvorschlag unterbreiteten die Koalitionsfraktionen zu § 59 - Vorrang anderer Gestattungsverfahren -, die bauordnungsrechtlichen Aufgaben bei den unteren Bauaufsichts

behörden zu konzentrieren. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr stimmte diesem Änderungsvorschlag mit 12 : 0 : 1 Stimmen zu.

Zu § 59 lag auch ein weitergehender Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vor. Diesen hat der Ausschuss mehrheitlich abgelehnt.

Beschlossen wurden Änderungen in § 60 - Verfahrensfreie Bauvorhaben, Beseitigung von Anlagen. Damit soll geregelt werden, dass Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von bis zu 10 m und einem Rotordurchmesser von bis zu 3 m nur in Gewerbe- und Industriegebieten verfahrensfrei errichtet werden können.

Eine weitere Änderung bezog sich darauf, dass Gaststättenerweiterungen ohne eine Baugenehmigung um eine Außenbewirtschaftung erweitert werden dürfen, sofern die für die Erweiterung in Anspruch genommene Grundfläche eine Größe von 100 m² nicht überschreitet.

Einstimmig beschlossen wurde eine Änderung des § 67 - Bauantrag, Bauvorlagen. Danach soll es aufgrund der fortschreitenden technischen Entwicklung und zur Verfahrenserleichterung ermöglicht werden, den Bauantrag auch in elektronischer Form einzureichen.

Zu § 68 - Behandlung des Bauantrages - wurde unter anderem die Änderung beschlossen, dass für die Prüfung der Vollständigkeit der Bauunterlagen durch die Bauaufsichtsbehörde eine feste Zeitvorgabe von zwei Wochen festgeschrieben werden soll.

Weiterhin sind einzelne Vorschläge von Anzuhörenden, zum Beispiel des Städte- und Gemeindebundes, der Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt, der Industrie- und Handelskammern Halle/Dessau und Magdeburg, der Handwerkskammern, der Architektenkammer, des Allgemeinen Behindertenverbandes und des Feuerwehrverbandes, in die vorläufige Beschlussempfehlung eingeflossen.

Die vorläufige Beschlussempfehlung an den mitberatenden Ausschuss für Finanzen enthielt auch die Änderungsvorschläge, die zwischen dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst und dem Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr abgestimmt worden sind.

Den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu dem Thema „Bauordnungsrechtliche Hürden bei der Nutzung erneuerbarer Energien abbauen“ lehnte der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr in der 19. Sitzung am 3. Mai 2013 bei 1 : 11 : 0 Stimmen ab, da sich ein Teil der Änderungen bereits im Gesetzentwurf zur Novelle der Landesbauordnung niedergeschlagen hatte und beschlossen wurde, während ein anderer Teil, die gebäudeunabhängigen Photovoltaikanlagen betreffend, mehrheitlich abgelehnt wurde.

In der 39. Sitzung am 22. Mai 2013 hat sich der mitberatende Ausschuss für Finanzen mit dem Gesetzentwurf befasst und mit 6 : 0 : 6 Stimmen empfohlen, diesen in der Fassung der vorläufigen Beschlussempfehlung zu beschließen.

Als Anlage zur Beschlussempfehlung reichte der Ausschuss für Finanzen einen Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD an den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr, der in den Finanzausschuss eingebracht, von diesem aber nicht beschlossen wurde. Der Finanzausschuss bat den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr, über den Antrag zu beraten und darüber Beschluss zu fassen.

In der abschließenden Beratung des Ausschusses für Landesentwicklung und Verkehr am 24. Mai 2013 diente die vorläufige Beschlussempfehlung als Beratungsgrundlage. Außerdem lagen drei Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD vor.

Von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde beantragt, den Radius der Abstandsflächen für Windkraftanlagen zu reduzieren. Der Ausschuss lehnte den Änderungsantrag bei 1 : 9 : 2 Stimmen ab.

Der als Anlage zur Beschlussempfehlung vom Finanzausschuss vorgelegte Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD wurde von den Koalitionsfraktionen zurückgezogen, um das Baugenehmigungsverfahren nicht zu überfrachten.

Die in einem weiteren Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen beantragte Änderung des § 59 - Vorrang anderer Gestattungsverfahren - sollte in Absatz 2 einer eindeutigen Regelung der Kostenfolge dienen. Der Ausschuss folgte dem mit 11 : 0 : 1 Stimmen.

Ein weiterer Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bezog sich auf § 65 - Bautechnische Nachweise. Es ging darum, dass die Nachweispflicht im Hinblick auf den Wärmeschutz weiterhin Bestandteil der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt sein soll. Dieser Änderungsantrag wurde einstimmig angenommen.

Von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde nochmals beantragt, § 85 - Örtliche Bauvorschriften - neu zu fassen, damit der Umfang örtlicher Bauvorschriften und die Gründe für diese Bauvorschriften deutlich erweitert werden. Der Ausschuss lehnte die Änderung bei 1 : 7 : 4 Stimmen ab.

Während der Beratung zu § 85 verwies die Fraktion DIE LINKE auf den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE zu § 57 - Aufgaben und Befugnisse der Bauaufsichtsbehörden -, über den der Ausschuss bereits in der Sitzung am 3. Mai 2013 beraten hatte.

Den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE zu § 85 - Örtliche Bauvorschriften - nahm der Ausschuss mit 12 : 0 : 0 Stimmen an. Die Änderung besagt, dass Gemeinden örtliche Bauvorschriften erlassen können, wenn Teile der Gemeinde von schädlichen Einflüssen gemäß § 13 betroffen sind. Sie basiert auf Erkenntnissen des Zeitweiligen Ausschusses „Grundwasserprobleme, Vernässungen und das dazugehörige Wassermanagement“.

Meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr verabschiedete mit 7 : 1 : 5 Stimmen die Ihnen in Drs. 6/2131 vorliegende Beschlussempfehlung.

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir abschließend noch, mich bei Frau Kriener als Ausschusssekretärin und bei Herrn Vogt vom GBD für die gute Begleitung der Ausschussarbeit zu bedanken.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Felke. - Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Webel. Bitte schön, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ihnen liegt die Beschlussempfehlung zu einem Gesetzentwurf zur Änderung der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt und zur Regelung der Zuständigkeiten für die Marktüberwachung vor.

Der Regierungsentwurf wurde im Februar dieses Jahres eingebracht. Er basiert im Wesentlichen auf folgenden Überlegungen: Das Bauordnungsrecht sollte nach Möglichkeit weiter vereinfacht, vereinheitlich und dereguliert werden. Der Gesetzentwurf orientierte sich dabei insbesondere an der auf der Bauministerkonferenz im September 2012 in Saarbrücken beschlossenen Musterbauordnung. In die Änderung der Musterbauordnung sind sowohl die notwendigen EU-rechtlichen Regelungen als auch die Erfahrungen der Länder eingeflossen.

Die Änderung der Musterbauordnung bildet jedoch lediglich eine Grundlage für die Novellierung der Bauordnung; denn der Regierungsentwurf orientiert sich darüber hinaus auch an den Bauordnungen anderer Länder. Es soll erreicht werden, dass die Grundausrichtung des Bauordnungsrechts in den Ländern im Wesentlichen gleichförmig ausgestaltet wird.

Insbesondere die nach dem Jahr 2002 novellierten Landesbauordnungen zeichnen sich durch eine zwar unterschiedliche, im Ganzen aber wesentliche Mustertreue aus. Gerade im mitteldeutschen Bereich sollten schon allein aus Gründen der Prak

tikabilität und Anwenderfreundlichkeit keine zu großen Abweichungen der Landesbauordnungen voneinander bestehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die Erfahrungen der Bauaufsichtsbehörden haben im Regierungsentwurf Beachtung gefunden. Eine systematische Befragung hat gezeigt, dass keine Bauaufsichtsbehörde von besonderen Schwierigkeiten, Rechtsunsicherheiten oder der Notwendigkeit vermehrten bauaufsichtlichen Einschreitens berichtete.

Die Auswertung der Ergebnisse der Befragung ließ insbesondere den Schluss zu, dass sich die mit dem Dritten Investitionserleichterungsgesetz eingeführten Erleichterungen und die Reduzierung der Regelungsdichte bewährt haben. Dies spiegelt sich auch in der vorliegenden Beschlussempfehlung wider.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem uns nun die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Landesentwicklung und Verkehr vorliegt, zeigt sich, dass die Mehrheit dem Regierungsentwurf in den wesentlichen Punkten gefolgt ist.

Besonders begrüßenswert ist, dass das von der Bauordnung vorgegebene Schutzniveau beibehalten worden ist. Der vorrangige Zweck der Bauordnung, die Gefahrenabwehr, kann damit weiterhin auf dem Niveau der geltenden Rechtslage verfolgt und erreicht werden. Auch die einzelnen wichtigen Änderungen, die in dem Regierungsentwurf vorgesehen waren, wurden in den Ausschussberatungen bestätigt. Hervorzuheben sind insbesondere die Anforderungen an die Barrierefreiheit.

Die Beschlussempfehlung sieht vor, dass die bisher in der Bauordnung geregelten Detailanforderungen nunmehr dem deutschlandweit abgestimmten Regelwerk der technischen Baubestimmungen entnommen werden sollen. In Wohnungen, die auch nach der geltenden Rechtslage barrierefrei auszugestalten sind, soll künftig neben der barrierefreien Erreichbarkeit auch die barrierefreie Nutzbarkeit gewährleistet sein.

Ihnen liegt zu dem Thema Barrierefreiheit auch ein Antrag der Fraktion DIE LINKE vor. Inhalt des Antrages ist unter anderem die Ausweitung der Barrierefreiheit in öffentlich zugänglichen Gebäuden auf das gesamte Gebäude. Dieser Regelungsgehalt geht viel zu weit. In der Bauordnung kann schon aus Gründen vorrangigen Bundesrechts nicht die Barrierefreiheit des gesamten Gebäudes geregelt werden. Beispielsweise werden im Arbeitsstättenrecht eigene Regelungen getroffen.