Protokoll der Sitzung vom 11.12.2013

Mehr als 40 000 Menschen in diesem Land haben gesagt: Wir müssen einen Weckruf starten. Wir müssen dieser Landesregierung ein Zeichen setzen. Wir müssen sagen: Halten Sie inne mit Ihrer

Politik des Kürzens im Bereich der Theater und Orchester! Ich bin Ihnen und allen Unterstützern dafür überaus dankbar.

(Starker Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Der Erfolg dieser Initiative reiht sich ein in eine ganze Abfolge von Ereignissen, die uns seit dem Frühjahr dieses Jahres begleiten: Demonstrationen im Monatsrhythmus in Halle, Dessau und Magdeburg gegen Kürzungen der Hochschuletats, gegen Kürzungen im Theater- und Orchesterbereich, Aktionen, bei denen die Bürgerinnen und Bürger ihre Theater „am Boden festbinden“, damit die Landesregierung ihr Theater nicht „kürzt“, Aktionen, bei denen die Bürgerinnen und Bürger ihr Theater umarmen, damit es ihnen erhalten bleibt. Sachsen-Anhalt ist in der Tat ein Kulturland.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Die Menschen hier im Land haben ganz offensichtlich ein sehr klares Verständnis davon, was die Theater und die Orchester für das Land bedeuten. Wir bekommen im Wochenrhythmus Briefe von Bürgermeistern, von Aktionsbündnissen, von einzelnen Bürgerinnen und Bürgern, die sagen: Lasst uns doch unsere Theater und Orchester. Theater und Orchester sind für uns unverzichtbar. Theater und Orchester, das ist doch das, was die Städte und unser Land so lebenswert macht. Theater und Orchester, das ist doch ein zentraler Wirtschaftsfaktor.

Besser als die Volksinitiative es getan hat, kann man es nicht formulieren. Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich aus dem Unterschriftsbogen der Volksinitiative:

„Unsere Theater, Opernhäuser und Bühnen sind kulturelle Substanz, Lebensgrundlage und Bildungseinrichtung für unsere Bürgerinnen und Bürger und deren Kinder. Sie stärken unseren Tourismusstandort und sind Grundlage für Wirtschaftswachstum.“

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wie ist aber die aktuelle Situation? Es wurde bereits mehrfach erwähnt: Heute Morgen wurde der Ausschuss für Bildung und Kultur auf Antrag von fünf Abgeordneten - vier Ausschussmitgliedern von der Fraktion DIE LINKE und von mir für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - einberufen, um unter anderem über die Kürzungen im Bereich der Theater und Orchester im Land sprechen zu können. Es geht um Mittelkürzungen in Höhe von rund 6,3 Millionen €, die im Haushaltsplan für das Jahr 2014 vorgesehen sind.

Der Ausschuss hat heute Morgen sehr eindrücklich und sehr substantiiert von den Trägern in Halle und Dessau gehört, dass diese Städte genau das

getan haben, was die Landesregierung einfordert: Sie haben einen Plan dafür vorgelegt, wie sie auf Ausgabenreduzierungen kommen wollen.

Die Stadt Halle zeigte auf, wie sie auf die eingeforderten 2,9 Millionen € kommen will, dies jedoch im Verlauf von mehreren Jahren. Die Stadt Dessau konnte das für den Betrag, der von der Landesregierung eingefordert wurde, noch nicht vollumfänglich darlegen, sieht aber doch substanzielle Kürzungen vor, die unter anderem mit einem Einschnitt um 80 Stellen einhergehen.

Die Landesregierung hat immer gesagt: Wenn uns belastbare Zahlen vorliegen, dann wollen wir die Träger unterstützen. Dazu sage ich dem Herrn Minister und auch Herrn Güssau:

(Herr Güssau, CDU: Hier ist er!)

Respekt, Anerkennung - all das ist eine nette Begleitung. Das, was die Träger aber wirklich brauchen, ist eine verlässliche finanzielle Zusage, um wieder handlungsfähig zu werden.

(Beifall bei den GRÜNEN - Oh! bei der CDU - Herr Borgwardt, CDU: Das reden Sie jetzt!)

Wir haben heute Morgen im Ausschuss für Bildung und Kultur den Antrag gestellt - -

(Zuruf von Herrn Borgwardt, CDU)

Besser gesagt: Ich habe heute Morgen im Ausschuss einen Antrag gestellt und er wurde von der Fraktion DIE LINKE unterstützt. Darin haben wir gesagt: Auf der Basis dieser Eckdaten, die uns vorgelegt wurden, bitten wir die Landesregierung, in Vertragsverhandlungen mit den Trägern einzutreten und vor diesem Hintergrund den Trägern auch Haushaltssicherheit zuzubilligen.

Das ist heute Morgen abgelehnt worden. Das heißt: Wir stehen wenige Tage vor dem 31. Dezember und die Träger in Halle und Dessau wissen nicht, wie es überhaupt weitergehen soll. Ich finde, das ist ein unhaltbarer Zustand. Ich verstehe die mehr als 40 000 Menschen im Land, die sagen: So geht das nicht!

(Starker Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

In Eisleben ist ohnehin die Kürzung vorgesehen - weg von einem Theater, hin zu einer Kulturfabrik. Das scheint schon beschlossene Sache zu sein, weshalb ich das an dieser Stelle nur noch einmal erwähnen möchte.

Die Menschen in diesem Land sagen ganz klar: Kultur, das ist für uns eine Lebensgrundlage, das ist Nahrung, das brauchen wir. Doch das, was die Landesregierung unter Ministerpräsident Haseloff tut, ist, dass sie den Menschen in diesem Land diese kulturelle Nahrung nicht geben will. Kultur und Bildung, das sind die Zutaten für eine strahlende Zukunft des Landes. Sie und Ihre Landes

regierung, Herr Haseloff, wollen diese Zukunft verdunkeln. Und dagegen wehren sich die Menschen in diesem Land.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Die Menschen in diesem Land richten sich an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und der CDU; denn Sie sind mit uns gemeinsam der Haushaltsgesetzgeber. Die Landesregierung kann nur das umsetzen, was wir im Haushaltsplan genehmigen.

Deswegen heute noch einmal das Zeichen unserer Bürgerinnen und Bürger, die sagen: Halten Sie ein! Stoppen Sie die Landesregierung, die sich in einen Kürzungszwang einmauert! Nutzen Sie den Tag, um dem Land eine Chance für eine lebenswerte und kulturreiche Zukunft zu geben. Bereiten Sie heute bitte der Demokratie und der Kultur in diesem Land keine Niederlage.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Danke schön, Frau Kollegin Dalbert. - Wir fahren in der Aussprache fort. Es spricht für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Miesterfeldt.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Pieper! Sehr geehrte Vertreter der Volksinitiative! Die Kultur in diesem Land ist ins Gerede gekommen; und das ist gut so.

(Frau Bull, DIE LINKE: Sehr gut!)

Man hat selten so viel über Kultur geredet wie in der letzten Zeit, zumindest seit der Einrichtung des Kulturkonvents. Das Volk ist initiativ geworden. Das ist noch viel besser und

(Zurufe von der CDU: Ja! - Das ist auch gut so!)

ausschließlich und ausdrücklich zu loben. Auch dafür, dass das so möglich ist, sind im Jahr 1989, vor 24 Jahren, viele von uns auf die Straße gegangen.

(Zustimmung von Herrn Güssau, CDU, und von Herrn Bommersbach, CDU)

Lieber Herr Schöder, nicht wie 1989, sondern weil es 1989 gegeben hat. Sie sehen, ich habe Ihre Rede bei offenem Fenster vorhin gehört.

(Zustimmung von Frau Budde, SPD - Zuruf von der LINKEN)

- Herr Schröder war gemeint. - Darf man eine solche Würdigung der Volksinitiative vornehmen, auch wenn man ihr nicht 1 : 1 folgt?

(Zuruf von Herrn Gebhardt, DIE LINKE)

Diese Frage bleibt bestehen. Sie ist nur damit zu beantworten - ich wiederhole an dieser Stelle gern eine Passage aus meiner Rede in der letzten Sitzung des Landtages -, dass wir in der Politik, in diesem Hohen Hause und in der Landesregierung außer der Kultur weitere wesentliche Politikfelder zu beraten, zu besprechen und zu bearbeiten haben.

Wir alle sind uns sicherlich darin einig, dass es auch Volksinitiativen zu Themen der Umwelt, des Deichbaus, der Bildung usw. geben könnte, die genauso zu begrüßen und zu unterstützen wären. Dennoch müssten wir am Ende unsere Entscheidungen treffen. Politik wird sicherlich dann am konkretesten, wenn wir, wie es heute der Fall ist, einen Haushaltsplan beschließen. Politik ist eben unter anderem ein Interessenausgleich. Das werden wir immer wieder schmerzhaft erfahren, besonders dann, wenn wir in bestimmten Bereichen kürzen.

Ja, Sachsen-Anhalt ist reich an Kultur. Aber Sachsen-Anhalt ist kein reiches Kulturland. SachsenAnhalt wird auch nach dem Beschluss über den Haushaltplan 2014 reich an Kultur bleiben.

(Starker Beifall bei der SPD und bei der CDU - Zustimmung von der Regierungs- bank)

Wer etwas anderes behauptet, der betreibt billige Demagogie.

Ich werde auf die Keinen-Cent-mehr-Rede keine Rede von keinem Cent weniger halten. Aber auch kein Cent weniger ist angesichts der Haushaltslage, wie wir sie zu verantworten haben - ich unterstreiche die Worte: zu verantworten haben -, eine ausgezeichnete Leistung.

Kultur ist nicht nur Theater und Orchester. Auch Bibliotheken, Museen, Denkmale, Bildung, Kleinkunst und die von Herrn Schöder aufgezeigten Persönlichkeiten, die es in diesem Lande besonders zu würdigen gilt, gehören uneingeschränkt zur Kultur.

Auch in dem Bereich der Kultur kommen wir nicht aus der Verantwortung heraus, immer wieder Interessenausgleiche herzustellen. Das ist, meine Damen und Herren, keine neue Erkenntnis. Es ist ärgerlich und schmerzlich, insbesondere für die im politischen oder im ganz privaten Sinn persönlich Betroffenen. Aber ich kann verschiedene meiner Vorredner nur unterstützen: Es wird mit dem Haushaltsplan 2014 keinen kulturpolitischen Kahlschlag geben.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vermutlich gehöre ich nicht zu denen, die allzu häufig den Präsidenten des Landesrechnungshofes zitieren. Heute möchte ich es mit einem Satz tun. In der Ausgabe der „Volksstimme“ vom 9. Dezember 2013 wird der Präsident des Landesrech

nungshofes wie folgt zitiert: „Die Sparbemühungen sind zwar erkennbar, aber zu wenig ambitioniert.“