Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Verehrter Herr Minister Dr. Aeikens! Werter Kollege Czeke von der Linkspartei, ich freue mich sehr, dass Sie die Initiative ergriffen haben und gegen die Verschwendung von Lebensmitteln vorgehen wollen.
Mit Ihrem Antrag fordern Sie die Landesregierung auf, sich im Bundesrat für eine Weiterentwicklung des Lebensmittelsystems einzusetzen und das System des MHD, des Mindesthaltbarkeitsdatums, zu verbessern. Allerdings nur etwa ein Drittel der weggeworfenen Lebensmittel trägt überhaupt ein Mindesthaltbarkeitsdatum. Es ist nicht zu erwarten, dass die Kennzeichnungspflicht der Lebensmittelverschwendung Einhalt gebietet. Ferner regen Sie
an, ein Paket des Landes zur Verringerung der Lebensmittelverschwendung zu schnüren, und nennen dazu gleich noch einen Termin.
Ich möchte jedoch zu bedenken geben, dass Ihr Einsatz ein wenig zu weit geht. Sie wollen dieses Problem angehen. Allerdings kann dieses Problem nicht auf Länderebene gelöst werden. Es kann nicht durch die Politik gelöst werden. Unser Minister sprach gerade darüber, dass jeder einzelne Verbraucher selbst entscheiden muss, wie er mit der Bevorratung und dem Verbrauch von Lebensmitteln umgeht.
Eine Verbraucheraufklärung über nachhaltige Ernährung und den wertschätzenden Umgang mit Lebensmitteln ist daher sehr wichtig, kann aber nur ein kleiner Baustein eines möglichen Konzeptes sein.
Wir sind uns sicherlich einig, dass Lebensmittel nicht verschwendet werden dürfen und ihrem Namen nach eben auch überlebenswichtig für die Menschen sind. Diese Verschwendung einzudämmen und der Wegwerfgesellschaft einen Riegel vorzuschieben, ist die Aufgabe eines jeden Einzelnen. Wir können und wollen den Menschen nicht vorschreiben, wie sie ihr Leben führen sollen. Das haben die GRÜNEN bereits im Bundestagswahlkampf mit der Einführung eines Veggiedays versucht und sind dabei kläglich gescheitert.
Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz mit unserer Ministerin Ilse Aigner hat diesbezüglich bereits eine Initiative gestartet. Die Kampagne trägt den Namen „Zu gut für die Tonne!“ und zielt auf das Verantwortungsbewusstsein der Bürger ab. Hierin werden alle kritischen Punkte bereits thematisiert. Unter anderem wird der Verbraucher angehalten, möglichst nach Bedarf zu kochen, keine unnötigen Großpackungen zu kaufen und die Haltbarkeit von Lebensmitteln nach sensorischen Gesichtspunkten und nicht nach dem MHD zu beurteilen.
Ein weiterer Aspekt ist die Nutzung von Lebensmittelüberschüssen. Qualitativ einwandfreie Lebensmittel können an soziale Einrichtungen wie die Tafeln weitergegeben werden. Wir hörten soeben davon. Vielen Dank noch einmal an meine Kollegin Brakebusch. Das muss natürlich unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Lebensmittelsicherheit erfolgen. Wir sind davon überzeugt, dass sich die Menschen sehr wohl bewusst sind, wie sie mit ihren Nahrungsmitteln umzugehen haben, und sollten ihnen auch diese Freiheit zugestehen.
Der hier in Rede stehende Antrag der geschätzten Kollegen der Linkspartei geht aus unserer Sicht zu weit. Die Europäische Kommission greift schon
Sie fordern nun das Land Sachsen-Anhalt auf, welches wiederum über den Bund die EU auffordert, in weitere persönliche Bereiche einzugreifen. Das ist eine schöne Initiative, aber aus unserer Sicht bleibt es dabei: Der Staat kann nur die Rahmenbedingungen gestalten und Akzente setzen. Sinnvoll ist es aber, dass sich der Bund engagiert, da es sich um ein gesamtgesellschaftliches Problem handelt und nicht jedes Bundesland seine eigene Suppe kochen muss.
Unser Änderungsantrag zielt daher darauf ab, dass die Landesregierung zunächst in den zuständigen Ausschüssen berichtet. Das wird voraussichtlich im ersten Quartal 2014 zu erwarten sein. Wir schlagen Ihnen deshalb vor, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. Lassen Sie uns darüber im Ausschuss weiterhin zielführend beraten. - Vielen Dank.
Danke, Herr Kollege Czapek. - Es gibt eine Anfrage der Abgeordneten Frederking. Herr Kollege Czapek, möchten Sie diese beantworten?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ist es angemessen, in der Weihnachtszeit über Lebensmittelverschwendung zu sprechen?
Ja, meine Herren und Damen. Weihnachten ist nicht nur die Zeit der Plätzchen, der Stollen und der Braten, sondern sollte auch die Zeit der Besinnung, des Nachdenkens darüber sein, wie wir mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen umgehen.
Die Nahrungsaufnahme ist zunächst einmal eine physische Notwendigkeit. Essen ist Bestandteil unserer Kultur. Der Umgang mit Lebensmitteln ist aber auch eine ethische Frage. Ich greife dazu die Zahlen, die Sie genannt haben, noch einmal auf: 89 Millionen t Lebensmittel wandern in Europa jährlich in den Müll, davon 20 Millionen t in Deutschland. Im krassen Gegensatz dazu:
Kritikwürdig ist aus der Sicht meiner Fraktion, dass bei der Lebensmittelproduktion die Vernichtung einkalkuliert wird.
Die Folgen sind unnötiger Flächenverbrauch, eine intensive Landwirtschaft, eine industrielle Tierhaltung, die Verschwendung von Ressourcen und die Umweltzerstörung.
Die Wertschöpfungskette von Lebensmitteln und Getränken ist verantwortlich für 17 % der direkten Treibhausgasemissionen und 28 % des Verbrauchs materieller Ressourcen.
Hier muss gegengesteuert werden. Deshalb ist eine Formulierung von landesspezifischen Umsetzungsmaßnahmen unserer Meinung nach dringend erforderlich.
Um im Bild zu bleiben: Schauen wir über den Tellerrand hinweg. In NRW gibt es einen runden Tisch aller Beteiligten, um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Ich nenne nur wenige Punkte, da meine Redezeit begrenzt ist: Die Förderung regionaler Kreisläufe und die Förderung des Biolandbaus sind hier zu nennen, das heißt, kurze Wege zwischen Produzent und Verbraucher. Eine bedarfsorientierte Bereitstellung von Lebensmitteln kann auch hierbei weiterhelfen. Hierzu wurden zum Beispiel die Bedientheken, der lose Verkauf und der Einzelverkauf von Obst und Gemüse schon genannt.
Die große Zahl von Singlehaushalten kann mit den Großverpackungen in den meisten Fällen nichts anfangen. Aber auch die Sensibilisierung der Verbraucherinnen und Verbraucher für diese Thematik kann nicht früh genug beginnen. Wir plädieren für eine Ernährungsbildung von klein auf.
Die EU-Kommission verknüpfte mit diesem Konsultationsverfahren mehrere Erwartungen: die Verschwendung von Lebensmitteln zu verhindern, aber auch nachhaltige Erzeugung und veränderte Verbrauchsmuster zu fördern, um hierbei Prioritäten zu erarbeiten. Dieses Verfahren lief bis zum 1. Oktober 2013, und die Auswertung - das wurde bereits gesagt - erfolgt im ersten Quartal 2014.
Genau aus diesen Gründen findet meine Fraktion, dass es zu früh wäre, sofort über den Antrag abzustimmen. Wir beantragen die Überweisung in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, um die diesbezügliche Auswertung der EU-Kommission einzubeziehen.
Dem Antrag der Koalitionsfraktionen können wir nicht zustimmen, da keine konkreten landesspezifischen Umsetzungsmaßnahmen formuliert wurden. - Vielen Dank.
Danke schön, Frau Kollegin Wicke-Scheil. - Als Nächster spricht für die Fraktion der SPD Kollege Barth.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich natürlich auch, dass wir dieses Thema heute im Landtag aufgreifen, und auch darüber, dass meine Vorredner vieles von dem, was ich sagen wollte, schon gesagt haben. Vor diesem Hintergrund und aufgrund der Tatsache, dass wir dieses Streitgespräch in den Ausschüssen fortführen können, werde ich meine Rede gleich beenden.
Ich habe aber noch einen Weihnachtswunsch: In Vorbereitung auf diese Rede musste ich wieder einmal feststellen, dass es in unserem Land zwischen zwei Ministerien, was den Verbraucherschutz betrifft, doch wieder ein Kompetenzgerangel gibt. Vielleicht wäre es für die Zukunft wünschenswert, ein Verbraucherschutzministerium zu installieren.
Danke schön, Herr Kollege Barth. - Zum Schluss der Aussprache hat noch einmal Herr Abgeordneter Czeke das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Dr. Aeikens, uns war das Thema zu wichtig, um wieder die Vokabel „Skandal“ einzubauen. Aber ich sehe: Wie man es macht, macht man es verkehrt. Lässt man