Protokoll der Sitzung vom 12.12.2014

Partei zur Flucht gedrängt wurden und dass in zweistelliger Zahl Menschen, die sich in der CDU engagiert haben, dafür durch Vollstreckung eines Todesurteils in der DDR mit ihrem Leben bezahlt haben.

Das sind Fakten, die man hier einmal nennen muss. Nun mag es sicherlich sein, dass führende Köpfe in der damaligen CDU hin und wieder am Tisch der SED gesessen haben.

(Zuruf von Herrn Meister, GRÜNE - Unruhe)

Aber die vielen Mitglieder - -

(Unruhe)

Ich würde jedem Abgeordneten hier im Parlament ganz emotionslos empfehlen, in die Bibliothek zu gehen und sich das Volkshandbuch der ersten und der zweiten Legislaturperiode anzuschauen. Daran wird man erkennen, dass die Hälfte der Abgeordneten der CDU-Fraktion in der ersten Legislaturperiode aus dem Amt gedrängt wurde, dass sie verfolgt wurde, dass sie im Gefängnis gelandet ist. Dies betraf nicht nur die Kollegen der CDU, sondern auch die Kollegen der damaligen LDP, also die Liberalen.

Wenn man sich das einmal emotionslos anschaut, dann kann man sich nicht hier vorn hinstellen und alle Mitglieder der Blockparteien in einen Topf werfen. Dagegen verwahre ich mich.

(Zuruf von Frau Budde, SPD - Unruhe)

Ich wollte das hier einmal festhalten, damit es am Ende im Protokoll steht.

Ich bin, wie gesagt, seit 20 Jahren Mitglied der CDU und kenne dies aus meiner persönlichen Erfahrung heraus auch nicht. Ich habe es recherchiert und Zeitzeugen befragt. Diejenigen, die es nicht erlebt haben, weil sie hier nicht gewohnt haben, sollten sich mit einer Beurteilung dieser Sache wirklich ernsthaft zurückhalten. - Danke.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Kollege Schröder.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin meinen letzten Vorrednern dankbar dafür, dass wir bei aller Polemik und Emotionalität in der Debatte den sachlichen Konsens unter den Demokraten hervorgehoben haben, nämlich dass die Aufklärung in dieser Frage zwingend ist und dass es für Wahlfälschung in der Demokratie keinen Platz geben darf und dass Wahlfälscher auch keinen Platz in demokratischen Parteien haben.

(Zustimmung von Herrn Kurze, CDU)

Diesen Grundkonsens will ich betonen und auch für meine Fraktion erklären.

Ich bin jetzt aus zwei Gründen hier vorn. Meine Kollegen Fraktionsvorsitzenden haben zuvor gesprochen und haben sich direkt auf meine Intervention bezogen. Deshalb möchte Folgendes sagen: Natürlich ist das Vorhandensein von Blockparteien keine Legende; denn es gab sie. Ich bin Frau Budde ausgesprochen dankbar dafür, dass sie den differenzierten Blick gewählt hat, den alle Parteien verdienen.

Auch die Mitglieder CDU in der DDR waren nicht alle Widerstandskämpfer - keine Frage. Aber Grußadressen von Blockflöten zu zitieren und zu unterstellen, das seien jetzt die Profiteure der SEDDiktatur, wird dieser Geschichte einer freien Parteigründung nach dem Krieg, der Verfolgung einzelner Mitglieder, des Zwangs, sich in der Nationalen Front gleichschalten zu lassen, nicht gerecht. Denn die freie Parteigründung hatte zur Folge, dass die CDU zur Blockpartei degradiert wurde. Es ist genau dieser differenzierte Blick, den wir einfordern sollten.

Der Zwang, sich mit der KPD zu verbünden, dem die SPD ausgesetzt war, entsprach genau jenem Zwang, dem CDU oder LDPD gegenüber der SED ausgesetzt waren, sich zu dieser Blockpartei degradieren zu lassen.

Die Legende ist nicht, dass es eine Blockpartei gegeben hat, die CDU hieß, sondern die Legende ist, die CDU habe sich zu einem Profiteur der SEDDiktatur gemacht, weil sie dort fleißig mitgemacht habe. Dann verkennt man den Druck und die Repressalienstruktur der ehemaligen DDR.

Vielleicht noch ein letztes Beispiel, um diese Differenzierung zu betonen: Manfred Püchel, ehemaliger Minister dieses Landes - zweifellos ein Ehrenmann -, und Thomas Webel, für den das Gleiche gilt - ebenfalls ein Ehrenmann -, waren beide zu DDR-Zeiten in der Bauernpartei. Manfred Püchel ging sehr schnell in die SPD, Thomas Webel hat es neun Tage in der SDP ausgehalten und trat dann Anfang 1990 in die CDU ein.

(Herr Miesterfeldt, SPD: Kein Stehvermögen!)

Wenn man der Legende folgte, dann wäre der SPD-Mann Püchel - beide, Püchel und Webel, waren in der Bauernpartei - selbstverständlich noch heute der Ehrenmann. Wenn man der Legende folgte, dann wäre Thomas Webel sozusagen die von Kohl gekaufte Blockflöte.

(Beifall bei der CDU)

Und solange ich Mitglied in diesem Parlament bin, werde ich immer hier vorn stehen und sagen: Das geht nicht! Dieser Legende werden wir widersprechen.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte eine zweite Sache dazu sagen, wie hier vorn trotz des Konsenses in der Sache, dass

wir das schonungslos aufklären müssen, argumentiert wird. Ich möchte nur ein Beispiel nennen: Es läuft ein Ermittlungsverfahren - ich danke der Presse, dass auch darüber berichtet wird; ich weiß es zumindest aus den Medien - wegen der Fälschung der Europawahl im Wahlbezirk Halle. Dort wurden 101 Stimmen mehr ausgezählt als abgegeben worden waren. Beim Auszählen wurde offenbar - so die Vermutung - das Vieraugenprinzip verletzt. Die handelnden Personen gehören Ihrer Partei an, Herr Gallert.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Falsch! - Herr Knöchel, DIE LINKE: Falsch! - Zuruf von Frau Brakebusch, CDU - Herr Gallert, DIE LINKE: Sie lügen!)

- Dann wiederhole ich die Aussage, die in den Medien steht: Die zu viel ausgezählten Stimmen kannten nur einen Profiteur, nämlich die LINKEN.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der LIN- KEN: Das ist ja ganz was Neues!)

Die haben von den zu viel ausgezählten Stimmen besonders profitiert. Dem können Sie sicherlich nicht widersprechen. Ich möchte Ihnen eines zugute halten: Wir haben deswegen keine Aktuelle Debatte beantragt, weil ich, ehrlich gesagt, nichts weiß; denn das Ermittlungsverfahren läuft noch und der Nachweis ist nicht erbracht.

(Herr Henke, DIE LINKE: Das Verfahren ist beendet!)

Ich weiß nicht, wie viel Vorsatz oder wie viel Schlamperei darin steckt. Es gilt auch dabei die Unschuldsvermutung. Ich glaube, es sollte uns klar sein, dass all diesen Dingen nachzugehen ist. Man sollte von dem hohen Ross heruntersteigen. Diesen Konsens bitte ich einfach zu betonen. All diese Dinge gehören aufgeklärt, egal, wer davon profitieren würde oder profitiert hätte. Diese Dinge sind zu ahnden, sowohl wahlrechtlich als auch strafrechtlich; denn das ist kein Kavaliersdelikt. Das sollte unter uns Konsens bleiben. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt erfolgt eine Kurzintervention des Abgeordneten Herrn Knöchel.

(Oh! bei der CDU)

Ich erlaube mir einige Bemerkungen, weil gerade die Medien versuchen, etwas zu kolportieren, was nicht so ist,

(Zurufe von der CDU - Unruhe)

und weil Herr Schröder hier wieder in Unkenntnis etwas behauptet hat, was falsch ist.

Punkt 1. Das Verfahren, von dem Herr Schröder sprach, das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren, ist eingestellt worden.

Punkt 2. DIE LINKE war nie Gegenstand dieses Verfahrens, das kann ich Ihnen als gesetzlicher Vertreter und als Vertrauensperson hier deutlich sagen.

Punkt 3. Derjenige, gegen den ermittelt worden ist, war Mitglied einer anderen Partei, nicht der Partei DIE LINKE.

Punkt 4. Es gab den Umstand - das ist das Problem der medialen Berichterstattung, deswegen war sie einseitig -, dass der Herr, der sich in den Medien sozusagen als Aufklärer betätigte, Herr Schwarz war, jahrelanger Sprecher der CDU-Mittelstandsvereinigung. Dieser Umstand ist von den Medien regelmäßig weggelassen worden, deswegen war es eben keine objektive Berichterstattung.

Des Weiteren haben die Medien weggelassen, dass es in Halle zu einem weiteren - ich will nicht sagen Unregelmäßigkeit - Fehler kam: In einem weiteren Wahlraum wurden sämtliche Stimmen der Partei DIE LINKE der SPD zugerechnet. Ich nehme an, es war ein Fehler. So haben wir das auch behandelt. Wir haben eine Neuauszählung beantragt und die Sache war erledigt. Es war genau wie bei dem, was in diesem Wahlraum in Halle-Neustadt geschehen: Sofort bei Eingang der Meldung wurde das vom Kreiswahlleiter erkannt und es wurde von diesem eine Neuauszählung veranlasst.

Sie haben heute wieder versucht, den bösen Schein hervorzukramen, der aufgeklärt ist, und haben die einseitige Berichterstattung des Mitteldeutschen Rundfunks, der tatsächlich versucht hat, durch Weglassen bestimmten Dingen einen unterstellenden Charakter zu geben, hier wieder instrumentalisiert. Aus diesem Grunde war die Richtigstellung notwendig.

(Beifall bei der LINKEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann schließe ich die Aktuelle Debatte. Beschlüsse in der Sache werden nach § 46 unserer Geschäftsordnung nicht gefasst.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Beratung

Briefwahlverfahren prüfen

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/3646