Protokoll der Sitzung vom 16.10.2015

Meine Damen und Herren! In diesem Jahr gibt das Land Budgetmittel in Höhe von 329 Millionen € für die Hochschulen und Universitäten aus. Im nächsten Jahr steigt die Summe sogar auf knapp 335 Millionen € an. Allein der Zuschuss für die medizinischen Fakultäten beläuft sich in diesem Jahr auf 106 Millionen €, im Jahr 2016 sogar auf 108 Millionen €. Die Peripheriemittel steigen im nächsten Jahr von 116 Millionen € auf 133 Millionen €. Wir haben BAföG-Mittel in Höhe von 15 Millionen € an die Hochschulen weitergeleitet. Wir haben bei der Großgeräteförderung aufgesattelt und auch bei den Investitionsmitteln haben wir insgesamt 11 Millionen € draufgelegt. Unter dem Strich dürften die Hochschulen also recht ordentlich ausgestattet sein.

Herr Lange, wo Sie dabei verhängnisvolle Kürzungen erkennen wollen, wird Ihr Geheimnis bleiben.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Ich möchte auch nicht unerwähnt lassen, dass wir zu allen Hochschulstandorten stehen und natürlich auch zur Universitätsmedizin. Auch die Zahnmedizin wird weiterhin am Standort unterstützt. Der Landtag hat Mittel für die Sanierung der Zahnklinik freigegeben. Wir haben den Prozess mitverfolgen können, wie aus einem technischen Betriebsschaden eine völlig neue Zahnklinik entsteht. Das ist ein beredtes Zeichen dafür, wie die Landespolitik hier agiert und wie die Studienbedingungen deutlich verbessert werden, meine Damen und Herren.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU, und von Herrn Kurze, CDU)

Deswegen lassen Sie mich zum Schluss sagen: Das System ist nicht unterfinanziert; vielmehr müssen die Prioritäten durch die Hochschulen und Universitäten so gesetzt werden, dass man den nötigen finanziellen Spielraum für Forschung und Lehre hat.

Aber ich sage Ihnen auch ganz klar: Die Freiheit von Forschung und Lehre ist nicht grenzenlos. Sie muss sich immer am finanziellen Rahmen des Machbaren orientieren. Sie muss sich immer am finanziellen Rahmen des Machbaren orientieren, Herr Lange. Ich sage dies zweimal, weil Sie es mit den Zahlen manchmal nicht so einfach haben. Dies haben unsere Hochschulen verstanden und sie haben es gemeinsam mit der Landesregierung in die Zielvereinbarungen geschrieben.

Herr Lange, abschließend habe ich noch eine Bitte: Auch wenn wir uns - und Sie sich insbesondere - bereits im Wahlkampfmodus befinden,

(Frau Tiedge, DIE LINKE: Sie nicht, das ist klar!)

und Sie versuchen, bestimmte Dinge in unserem Land schlechtzureden, tragen Sie bitte nicht dazu bei, dass sich das Image unserer Hochlandschaft, dass sich das Bild unserer Universitäten nach außen hin falsch darstellt.

(Frau Bull, DIE LINKE: Wer hat denn damit angefangen?)

Ich fordere Sie auf, keinen Wahlkampf auf dem Rücken unserer Hochschulen, unserer Rektoren und unserer Studenten zu machen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU - Lachen bei der LIN- KEN)

Herr Kollege Thomas, wollen Sie eine Frage des Herrn Lange beantworten?

Herr Präsident, das möchte ich nicht. Ich möchte auch begründen, warum ich das nicht tun möchte. Wir führen gerade eine Aktuelle Debatte und über alles andere können wir im Ausschuss diskutieren. Dort haben wir genügend Zeit und Möglichkeiten. Ich denke, wir müssen dies heute nicht im Rahmen der Aktuellen Debatte besprechen. Deswegen werde ich die Frage jetzt nicht beantworten. - Vielen Dank.

Das ist Ihr gutes Recht. - Herr Lange hätte jetzt das Recht auf eine Kurzintervention. Er nutzt es.

Dann werde ich das so tun. Erstens. Nicht dass man darüber redet, dass ganze Bereiche an den Hochschulen abgebaut werden und dass Studienplätze abgebaut werden, verschlechtert das Image der Hochschulen, sondern diejenigen, die das tun, die dies zu verantworten haben, verschlechtern das Image der Hochschulen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens. Ich stelle fest - Herr Thomas wollte darüber nicht mit mir reden -, dass der Wissenschaftsrat natürlich vernünftige Aussagen über unsere Hochschullandschaft getroffen hat, insbesondere über die Ausgewogenheit. Er hat aber auch empfohlen, dass es in diesem Bereich nicht zu Kürzungen kommen darf. Er hat dies sogar sehr scharf angemahnt. Die Bernburger Vereinbarung läuft dem entgegen.

Drittens. Herr Thomas, ich würde gern mit Ihnen im Ausschuss diskutieren, allerdings höre ich dort von Ihnen sehr wenig.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Thomas möchte jetzt doch sprechen?

Herr Präsident, es ist eine Zwischenintervention. - Herr Lange, Sie würden mehr von mir hören, wenn Sie bis zum Schluss der Ausschusssitzungen anwesend wären.

(Zustimmung bei der CDU und von Staats- minister Herrn Robra - Unruhe bei der LIN- KEN)

Wir wollen es jetzt mit den Aussagen zur Ausschussbeteiligung nicht übertreiben. - Herr Lange.

Leider kann ich Herrn Thomas hier keine Frage stellen, aber er würde mir sicherlich darin zustimmen, dass ich bei den Punkten, die die Hochschulen betreffen, immer anwesend bin.

Anwesend ist auf jeden Fall Frau Professor Dalbert und sie hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. - Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns in einer Aktuellen Debatte über Hochschulkürzungen und Unterrichtsversorgung; es geht also um zwei zentrale bildungspolitische Bereiche.

In Bezug auf die Unterrichtsversorgung muss man einfach klar feststellen: Sie ist in diesem Land katastrophal.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Herr Minister hat - wenn ich mir das richtig mitgeschrieben habe - gerade gesagt, dass die Unterrichtsversorgung bei 101,4 % liegt. Das ist jenseits von Gut und Böse. Wir können uns darüber streiten, ob 103 % oder 105 % die richtige Größenordnung wäre. Wir sagen klar: 105 %. Aber die Unterrichtsversorgung in diesem Land ist weit entfernt von dem, wo Schule funktionieren kann. Es fällt in erheblichen Größenordnungen Unterricht aus. Den Totalausfall in unseren Schulen kann man inzwischen in Wochen messen. An den Schulen fällt für ein oder an den Gesamtschulen für zwei Wochen der Unterricht aus.

Man muss sich natürlich fragen: Warum ist das so? - Sie haben in diesem Zusammenhang mit vielen Zahlen jongliert. Aber warum dies so ist, kann man relativ einfach beantworten. Wir haben über Jahre hinweg Lehrer und Lehrerinnen ausgebildet. Ich habe seit dem Jahr 1998 selbst daran mitgewirkt. In den Schuljahren 1998 und 1999 habe ich die Verantwortung für round about 220 Lehrer und Lehrerinnen getragen. Zwischenzeitlich sind die Ausbildungszahlen auf bis zu 700 Lehrer angestiegen, die wir ausgebildet, gut ausgebildet haben. Aber wir haben sie nicht eingestellt. Wir haben sie für andere Länder ausgebildet.

Insofern haben wir ein Delta in der Unterrichtsversorgung und in der Anzahl der Lehrer und Lehrerinnen, das sich über Jahre aufgebaut hat. Wir starten in jedem Jahr mit einem Delta von mehreren Hundert Lehrern, die uns in den Schulen fehlen. Dieses Delta versuchen Sie jetzt auszugleichen. Aber Sie können das gar nicht ausgleichen, weil uns die Lehrer und Lehrerinnen gar nicht zur Verfügung stehen.

Die Frage, die ich Ihnen stelle und zu der ich nichts von Ihnen gehört habe, ist: Wie wollen Sie überhaupt an die Lehrer und Lehrerinnen kommen, die uns jetzt fehlen? - Der Markt an Lehrern und Lehrerinnen ist leer gefegt. Sie können auch über Facebook oder andere Medien suchen. Es ist aller Ehren wert, dass Sie jetzt alle Register ziehen, aber die Frage ist: Wie kommen wir an genug Lehrer und Lehrerinnen?

Ich möchte an dieser Stelle auch eines sehr deutlich feststellen: Wir reden über ein Problem bei der Unterrichtsversorgung, das die Landesregierung durch ihr Handeln verschärft hat. Das hat nichts, aber auch gar nichts mit den Flüchtlingskindern zu tun, die zu uns kommen; denn die Flüchtlingskinder kommen sozusagen noch obendrauf.

Dass wir - es wäre eine große Freude für uns, wenn sie hierbleiben würden - in diesem Jahr vermutlich 10 000 schulpflichtige Menschen mehr in unserem Land haben, das ist ein großes Glück für dieses Land, das müssen wir bewältigen. Aber die Unterrichtsversorgung, der Lehrermangel, über den wir im Moment reden, hat mit den Flüchtlingskindern nichts zu tun. Ich finde es ganz wichtig, dies zu sagen und dies auch nach außen zu sagen und diese beiden Dinge auseinanderzuhalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deswegen stelle ich die Frage: Was wollen Sie tun? Wollen Sie weiter die Stundentafel reduzieren? - Diesen Weg gehen Sie, bis dann die Leistungen immer schlechter und schlechter werden. Noch kompensieren die Schulen, die Lehrer und Lehrerinnen dies, aber das wird nicht auf Dauer gehen.

Zu weiteren bedarfsreduzierenden Maßnahmen, beispielsweise zur Streichung von Stunden für Sonderaufgaben, sage ich Ihnen: Unsere Lehrer und Lehrerinnen fahren schon jetzt auf Verschleiß. Sie können ihnen nicht noch mehr aufbürden.

Insofern frage ich Sie ernsthaft: Was wollen Sie tun? Sind Sie bereit, endlich beispielsweise EinFach-Lehrer als gleichwertige Lehrer an unseren Schulen anzuerkennen? Oder wollen Sie ein sächsisches Modell verfolgen? - Ich habe neulich in der Zeitung gelesen, dass in Sachsen inzwischen 40 % der Lehrer und Lehrerinnen Quereinsteiger seien. Ist dies Ihre Vision davon, wie wir die Unterrichtsversorgung sichern wollen? - Ich weiß es nicht. Ich habe darauf keine Antwort von Ihnen gehört.

Kommen wir zur Ausbildungskapazität. Erst einmal muss man feststellen, dass die Zahl der Einschreibungen für ein Lehramtsstudium gesunken ist. Waren es im Studienjahr 2013/2014 noch 746 Studenten, so waren es im Studienjahr 2014/2015 nur noch 596 Studenten. Die Zahl für das aktuelle Studienjahr liegt mir noch nicht vor.

Aber eines ist auch klar: Wenn uns 600, 700 oder 800 Lehrer und Lehrerinnen im Jahr fehlen - ich will mich jetzt nicht darüber streiten, ob es 600 oder 800 Lehrer sind -, dann reichen 700 Studienplätze doch nicht aus. Wir wissen doch, dass je nach Studienfach eine gewisse Anzahl von Studierenden in andere Studienfächer wechselt und das Studium nicht beendet. Damit produzieren Sie doch schon wieder den nächsten Engpass, abgesehen davon, dass das bei den Referendaren und Referendarinnen erst in fünf Jahren greift und noch später, nach sechseinhalb Jahren, dann mit dem zweiten Staatsexamen. Aber mit diesen Zahlen produzieren Sie schon wieder einen Engpass in der Versorgung mit Lehrern und Lehrerinnen.

Insofern hinterlassen Sie hiermit eine riesige Hypothek für alle, die nach Ihnen kommen; denn dies sind keine leicht zu lösenden Probleme. Man muss sich dann fragen: Woher bekomme ich Lehrer und Lehrerinnen? - Man muss die Ausbildungskapazität erhöhen, man muss mehr Lehrer und Lehrerinnen in die Schulen bekommen. Von Ihnen bekommen wir keine Antwort darauf. Ein Umsteuern wird sehr, sehr schwer werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Harms hat - - Nein, Herr Thomas, Entschuldigung. Für die CDU spricht hierzu oft Herr Harms, deswegen verzeihen Sie mir bitte diese Namensverwechslung. - Herr Thomas hat das Wort Qualität in den Mund genommen. Dazu muss ich sagen: In Bezug auf die Schule betreibt die Landesregierung Arbeitsverweigerung. Qualitätsdebatten werden hier nicht geführt.

Ich nenne nur zwei Themen. Seit mindestens drei Jahren mahne ich an, dass wir uns darüber unterhalten müssen, wie wir uns multiprofessionelle Teams in den Schulen vorstellen, wer dazugehören soll und wie wir sie finanzieren wollen, wenn die nächste EU-Förderperiode ausläuft. Was bekomme ich? - Irgendeine Excel-Tabelle. Aber es findet überhaupt keine Debatte darüber statt, was wir in den Schulen haben wollen und wie wir das am Ende finanzieren wollen.

Wir waren mit dem Ausschuss gerade in Helsinki. Dort gehören Schulsozialarbeit, Förderschullehrer, Schulpsychologen, Schularzt und Krankenschwester zum natürlichen Team an den Schulen.

(Herr Güssau, CDU: Aber nicht mehr lange!)

- Das gehört dort zu den Schulen. - Diese Debatte müssen wir führen. Wir führen sie nicht und die Landesregierung verweigert sich bei diesem Punkt.

Genauso verweigert sie sich bei der Frage, wie wir auf Dauer Inklusion in unseren Schulen hinbekommen, welche Teams wir dazu in den Schulen brauchen und ob wir uns auf Dauer zwei Systeme,

nämlich die inklusive Schule und die Förderschule, leisten können. Auch hierzu höre ich von der Landesregierung nichts. Auf uns kommen auch hierbei in der nächsten Legislaturperiode riesige Hypotheken und große Aufgaben zu.