Protokoll der Sitzung vom 25.02.2022

Damit man dem Jahr 2030 sehr vorausschauend begegnet, haben vor diesem Hintergrund nicht nur Sie sich mit der KZV ausgetauscht, sondern auch wir im Ministerium. Wir haben geschaut, wie auch mithilfe der KZV die vertragszahnärztliche Versorgung langfrisƟg sichergestellt werden kann. Entsprechende Maßnahmen werden

derzeit von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt akƟv umgesetzt.

Zu diesen Maßnahmen gehört zuvörderst eine engagierte Nachwuchsförderung. Um das zahnmedizinische Studium an der MarƟn-LutherUniversität in Halle noch atrakƟver zu machen, wurde im Oktober 2020 das Zahnforum eröffnet. Ich glaube, wir beide waren auch zur Eröffnung. Dort erfahren Studierende Unterstützung und Begleitung im Studium und können bereits frühzeiƟg über Potenziale und Karrierewege in der vertragszahnärztlichen Versorgung in Sachsen-Anhalt informiert und beraten werden.

Seitdem hat die Kassenzahnärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt weitere Maßnahmen ini- Ɵiert, die allesamt einen entscheidenden Beitrag dafür leisten können, dass auch die länd- lichen Regionen unseres Landes für junge ZahnärzƟnnen und Zahnärzte interessant bleiben. Mit dem im Jahr 2021 eingerichteten Strukturfonds als Finanzierungsgrundlage für eine bedarfsgerechte Nachwuchsgewinnung begegnet sie den Herausforderungen des demogra- fischen Wandels.

Darüber hinaus hat die Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung SachsenAnhalt im November 2021 den Weg dafür freigemacht, beginnend mit dem Wintersemester 2022 an der ungarischen Universität in Pécs ein SƟpendienprogramm für jährlich bis zu zwölf Studierende der Zahnmedizin auszuloben. Die Studierenden erklären sich bei Erhalt des SƟpendiums dazu bereit, nach Abschluss des jeweils zehnsemestrigen Studiums für mindestens fünf Jahre in Sachsen-Anhalt als ZahnärzƟnnen und Zahnärzte täƟg zu werden. Die Landkreise und kreisfreien Städte unterstützen dieses SƟpendium.

Gleichfalls vergibt die Kassenzahnärztliche Vereinigung ab dem Wintersemester 2022 SƟpendien für Studierende der Zahnmedizin an deutschen Hochschulen, wenn die Studierenden ver-

bindlich planen, nach dem Studienabschluss für eine besƟmmte Zeit in Sachsen-Anhalt zahnärztlich täƟg zu werden.

Ich will noch einmal deutlich machen, dass in den KoaliƟonsvertrag, wie gewünscht, eine Zahnarztquote aufgenommen wurde. Wir haben allerdings in den Beratungen schon zu bedenken gegeben, dass dafür die Bundeszulassungsverordnung bezüglich der Verteilung der Studierenden geändert werden muss. Wir haben von unserer freien Quote - wenn ich das mal so sagen darf - bisher die Landarztquote genommen, die Quote für den öffentlichen Gesundheitsdienst. Wenn es bei dieser Quote bleiben würde, würden wir nur zwei Studierende über diesen Weg hineinkommen. Dafür müsste die KZV ein Auswahlverfahren machen. Das ist sehr aufwendig, sehr teuer und wäre an dieser Stelle nicht zielführend. Dazu müsste man im Bund noch einmal etwas in Bewegung setzen.

Wir sind also dabei und tun auch eine ganze Menge, damit das, was Sie hier geschildert haben, ab 2030 nicht eintrit. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung)

Ich sehe keine Fragen. - Dann können wir in die Debate der FrakƟonen eintreten. Für die CDUFrakƟon spricht der Kollege Krull. - Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Überalterung ärztlicher FachkräŌe in Sachsen-Anhalt ist ein Phänomen, das nicht nur den Kreis der Haus- und FachärzƟnnen und -ärzte betriŏ, sondern auch den Kreis der ZahnärzƟnnen und

Zahnärzte sowie Kieferorthopädinnen und Kieferorthopäden.

Die Kassenzahnärztliche Vereinigung sowie die Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt haben die ThemaƟk auf unterschiedlichen Wegen in die Öffentlichkeit und auch in die PoliƟk getragen. Als ReakƟon darauf ist im KoaliƟonsvertrag der CDU, der SPD und der FDP verankert worden, dass Maßnahmen wie die Landarztquote analog für diesen Bereich ergriffen werden sollen. Aber auch die Einführung einer solchen Quote allein wird nicht dazu führen, dass die bestehenden Defizite abgebaut werden. Dafür sind aus der Sicht meiner FrakƟon eine ganze Anzahl unterschiedlicher Maßnahmen erforderlich.

Diejenigen, die dem Landtag schon länger angehören, werden sich an die Diskussion um den baulichen Zustand der alten Zahnklinik des Uniklinikums der MarƟn-Luther-Universität in Halle (Saale) erinnern.

(Zuruf: Richtig!)

In diesem Fall war es mit viel bürgerlichem Engagement und poliƟscher Unterstützung, allen voran die CDU, möglich, die neuen Räumlichkeiten auf den Weg zu bringen und im Jahr 2017 mit einer Topausstatung zu eröffnen. Damit wurden opƟmale Rahmenbedingungen dafür geschaffen, das Zahnmedizinstudium in Sachsen-Anhalt zu absolvieren.

(Zustimmung - Zuruf: Ja!)

Leider bleiben nicht all diejenigen, die ein entsprechendes Studium in Halle (Saale) absolvieren, auch dem Land Sachsen-Anhalt treu. Genauso wie Landeskinder für ein Studium unser Land verlassen, kommen Menschen aus anderen Teilen Deutschlands für ein Studium zu uns. Es gilt also, Maßnahmen zu ergreifen und akƟv Werbung für den Standort Sachsen-Anhalt als Lebens- und Arbeitsort zu betreiben. Hierfür leistet aus meiner Sicht die Kassenzahnärztliche Vereinigung bereits sehr gute Arbeit.

Auf das Zahnforum Halle wurde bereits verwiesen. Dies ist ein Ort, an dem sich StudenƟnnen und Studenten nicht nur untereinander verständigen, sondern vor allem auch Beratung und Unterstützung erfahren, auch was die eigene berufliche Karriere in Sachsen-Anhalt angeht, z. B. durch die Vermitlung entsprechender PrakƟka und die Kontaktvermitlung zu Praxisinhabern und Praxisinhaberinnen, die nach Nachfolgerinnen und Nachfolgern suchen.

Die Kassenzahnärztliche Vereinigung geht aber noch einen Schrit weiter. Es wurde auf das SƟpendienprogramm verwiesen. Darüber hinaus stellen auch verschiedene Kommunen Überlegungen dazu an, SƟpendienprogramme selbst aufzulegen oder diese zu unterstützen.

Weitere Anstrengungen zielen darauf, dass junge ZahnärzƟnnen und Zahnärzte sowie Kieferorthopädinnen und Kieferorthopäden erst einmal im Angestelltenverhältnis täƟg sind, um ihnen eine PerspekƟve zu geben und ihnen einen gewissen Geschmack auf die Selbstständigkeit zu machen, ohne dass sie gleich von Anfang an mit einer gewissen finanziellen Belastung in ihre berufliche Karriere starten.

All diese Maßnahmen sind richƟg und wichƟg. Vermutlich werden wir nicht darum herumkommen, weitere zusätzliche Studienplätze im Bereich der Zahnmedizin einzurichten. Dafür müssen aber auch die richƟgen Rahmenbedingungen vorliegen, also neben den fakƟschen Möglichkeiten, räumlich wie personell das Studium zu absolvieren, auch dessen Finanzierung. Die Verantwortung allein beim Land zu sehen, überfordert die bestehenden finanziellen Ressourcen des Landes; denn diese sind begrenzt bzw. ein knappes Gut.

Genau wie Ihre Redezeit, Herr Krull. Deswegen jetzt ein letzter Satz.

(Lachen und Zustimmung)

Daher fordern wir auch die Ampel-KoaliƟon im Bund auf, ihrer Verantwortung nachzukommen; denn der Ärztemangel ist kein Problem des ländlichen Sachsen-Anhalts, sondern eines in ganz Deutschland. - Vielen Dank.

(Beifall)

Ich sehe keine Fragen an den Redner. - Danke, Herr Krull. - Dann können wir forƞahren, und zwar spricht für die AfD-FrakƟon nun Herr Siegmund.

(Unruhe)

Herr Siegmund, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kollegen! Die ÄrztesituaƟon, vor allem im ländlichen Raum, dürŌe jedem bekannt sein. Jeder, der hierzulande einen Hausarzt besucht, kann erst einmal zwei bis drei Stunden Wartezeit ein- planen.

(Unruhe)

- Auch, wenn das anscheinend niemanden von der CDU-FrakƟon interessiert; sie finden das natürlich alles witzig.

Wenn Sie sich bei uns einen Facharzt suchen wollen, können Sie mit Wartezeiten von vielen, vielen Monaten rechnen. Auch bei den Zahnärzten und bei den Kieferorthopäden wird die SituaƟon immer dramaƟscher.

Das ist eine Entwicklung, die absehbar war. Mehr als die HälŌe aller Ärzte in diesem Land

wird in den nächsten zehn Jahren in Rente gehen. Ich weiß nicht, ob jedem in diesem Raum die Tragweite bewusst ist. Das ist eine Größenordnung, die uns alle richƟg hart einholen wird. Hierzulande werden die Lichter ausgehen, was die medizinische Versorgung angeht. Das ist eine dramaƟsche SituaƟon. Das kann man auch nicht mehr schönreden. Das Traurigste an der ganzen SituaƟon ist, dass das rechnerisch seit vielen Jahren absehbar war. Das gehört zur Wahrheit dazu.

Es gibt in Gänze viele, viele Probleme, die dazu geführt haben. Es gibt einmal das Problem, dass man die Berechnung, wie viele Ärzte man später braucht, komplet falsch angesetzt hat, einfach aus dem Grund, weil sich die ProdukƟvität der Ärzte geändert hat. Ärzte haben heute eine andere Vorstellung von ihrem Arbeitsalltag. Viele wollen in Teilzeit arbeiten. Viele wollen in ein Angestelltenverhältnis gehen. Viele haben nicht mehr den Mut, sich niederzulassen.

Ein niedergelassener Arzt von damals ist teilweise doppelt so produkƟv wie heutzutage zwei ausgebildete Ärzte, die sich in einem Teilzeit- oder in einem Angestelltenverhältnis befinden. Das ist eine SituaƟon, die einem Ärzte gerade auf dem Land, die sich schon vor Jahrzehnten niedergelassen haben, immer wieder bestäƟgen. Das ist eine riesengroße ProblemaƟk.

Hinzu kommt die demografische SituaƟon in diesem Land. Wir haben viel zu wenige Kinder, die nachkommen, die die Versorgung sicherstellen können.

Auch die Anzahl der Arztkontakte ist bei Menschen altersabhängig. Ein jüngerer Mensch, bspw. ein 25-jähriger Mann, geht vielleicht fünf- bis sechsmal im Jahr zu einem Arzt. Ein 70-jähriger, 80-jähriger Mann geht zehnmal so oŌ zu einem Arzt. Diese Größenordnung muss irgendwo medizinisch aufgefangen werden.

(Zuruf: Siebzigmal zum Arzt!)

- Ja, die Anzahl der Arztkontakte liegt bei einem 80-jährigen Mann bei ungefähr 70 Arztkontakten. - Das können Sie sich ansehen. Das geht über verschiedene Fachbereiche hinweg. Das wird mir die Frau Ministerin vielleicht sogar bestäƟgen können. Das haten wir im Ausschuss schon öŌer. Ja, das sind Zahlen, die sind der Hammer. Das muss man alles bei der Bedarfsplanung einkalkulieren.

(Zurufe)

Deswegen komme ich jetzt auch zu der Lösung. Normalerweise häte man schon vor vielen Jahren dieser Entwicklung entgegensteuern müssen. Man häte verhindern müssen, dass Ärzte, die wir schon haben, aus unserem Land abwandern. Wir häten viel mehr Studienplätze schaffen müssen, um viel mehr Ärzte auszubilden. Genau darin liegt das Problem. Das kostet nun einmal Geld. Das war es dieser Landesregierung nicht wert. Das war es auch anderen Landes- regierungen nicht wert. Das ist das Problem dahinter.

Zum Schluss noch etwas, das ich überhaupt nicht nachvollziehen kann. Wir haben eine Erhöhung der Anzahl an Medizinstudienplätzen, also die Lösung dieses ganzen Problems, schon zweimal in diesem Landtag beantragt, vorher schon. Beide Male wurde das abgelehnt und blockiert durch die FrakƟon, die sich heute hier hinstellt und sagt: Wir themaƟsieren das durch DIE LINKE.

(Zustimmung)

Sie haben es akƟv mit blockiert, dass wir hier schon vor vielen Jahren eine Verbesserung hätten herbeiführen können, Herr Lange. Wenn ich Sie dazu etwas fragen möchte, sind Sie nicht in der Lage, sich einer inhaltlichen Debate zu stellen. Sie setzen sich hin. Das beweist doch, dass es Ihnen gar nicht um eine Lösung geht, dass es Ihnen gar nicht um die Versorgung geht, dass es Ihnen nicht um die Menschen geht. Ihnen geht es um reinen Populismus. Das haben Sie heute wieder bewiesen.

(Beifall)

Das ist sehr, sehr schade. Wir reichen hier jeder FrakƟon die Hand; denn die medizinische Versorgung ist ein Thema - -

Herr Siegmund.

Ich habe noch - -