Ich eröffne die 28. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie, unsere Gäste sowie die Zuhörer und die Medienvertreter ganz herzlich. Besonders willkommen heiße ich die vielen jungen Damen, die heute auf Einladung der Fraktionen den Girls’ Day bei uns besucht haben. – Wir freuen uns, das Sie sich anschaulich und hautnah über die Berliner Landespolitik informieren. Herzlich willkommen, Girls, im Berliner Abgeordnetenhaus!
Dann habe ich die Freude, der Kollegin Ellen Haußdörfer zum Geburtstag gratulieren zu können. – Herzlichen Glückwunsch! Gute Gesundheit!
Nichts ist so schön, wie den Geburtstag im Abgeordnetenhaus zubringen zu können – wie wir zu sagen pflegen.
Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich Geschäftliches mitzuteilen. Korrektur einer Drucksache: Den Antrag der Fraktion der CDU über „Anpassung der Sportanlagennutzungsverordnung – Mehr Spielraum beim Betrieb von Vereinscasinos!“ Drucksache 16/1329, überwiesen am 10. April an den Ausschuss für Sport, ersetzt die korrigierte Fassung Drucksache 16/1329 Neu.
1. Antrag der Fraktion der SPD und der Linksfraktion zum Thema: „Zukunft der Jobcenter – Vermittlung und Unterstützung aus einer Hand sichern“,
2. Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Berlin vor dem Volksentscheid für den Flughafen Tempelhof“,
3. Antrag der Fraktion der Grünen zum Thema: „Auch für Angela Merkel wird in Tempelhof nicht mehr gestartet“,
Begründungen zu den genannten Themen werden nicht mehr gewünscht. Vielmehr ist mir von den Fraktionen signalisiert worden, dass man sich einvernehmlich auf das von der Fraktion der CDU vorgeschlagene Thema verständigt hat. – Das ist so. Damit haben die anderen beantragten Themen ihre Erledigung gefunden, und das Thema der CDU wird genommen.
Dann möchte ich Sie wieder auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht Ihre Zustimmung finden, bitte ich um entsprechende Mitteilung.
Für die heutige Sitzung lagen dem Ältestenrat folgende Entschuldigungen von Senatsmitgliedern vor: Senator Dr. Sarrazin wird ab 14.45 Uhr abwesend sein, um zur Sitzung der Kommission zur Modernisierung der BundLänder-Finanzbeziehungen zu gehen. Der Herr Regierende Bürgermeister wird ab ca. 16.30 Uhr abwesend sein, um am Empfang mit Gästebucheintrag für die Eishockeymeister und -pokalsieger 2008 teilzunehmen, denen wir auch von hier aus ganz herzlich gratulieren.
Der Regierende Bürgermeister wird außerdem ein Gespräch mit Oberbürgermeister Pajunen aus Helsinki führen sowie dem Konzert in der Philharmonie im Rahmen der Helsinki-Wochen 2008 beiwohnen. – So weit die geschäftlichen Mitteilungen.
Ich schlage vor, die Fragen zu den Nrn. 2, 8 und 10 zusammen zu behandeln, da sich diese Fragen alle auf die ELEMENT-Studie beziehen. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann können wir so verfahren. Die Fragen zu den Nrn. 4 und 11 können wir auch zusammen behandeln. Auch dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.
Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat Frau Abgeordnete Bayram von der Fraktion der SPD zu dem Thema:
1. Wie hat sich aus Sicht des Senats seit Beginn der Initiative Girls’ Day die Lage am Ausbildungsmarkt für junge Frauen und Mädchen verändert, und lässt sich eine Zunahme des Interesses der jungen Frauen und Mädchen für Berufe in männerdominierten Bereichen erkennen?
2. Welche Berufe werden heute im Vergleich zum Beginn der Initiative stärker von jungen Frauen und Mädchen ergriffen, wie wirkt sich dies auf das zu erwartende Einkommen der jungen Frauen aus, und wie plant der Senat, die Ausbildung junger Frauen und Mädchen in besser bezahlten Berufen zu fördern?
Danke schön, Frau Kollegin! – Der für Frauen zuständige Senator Wolf antwortet. – Bitte schön, Herr Wolf!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Girls’ Day zielt bekanntlich darauf ab, das Berufswahlspektrum von jungen Mädchen auf Berufe in naturwissenschaftlichen, mathematisch-technischen und handwerklichen Bereichen auszudehnen. Das ist momentan bekanntlich noch nicht der Fall. Von den 350 Ausbildungsberufen, die wir in Deutschland haben, konzentriert sich die Berufsorientierung von jungen Frauen und Mädchen zu 70 Prozent auf die 20 sogenannten frauenspezifischen Berufe, die sich vor allen Dingen dadurch auszeichnen, dass sie in der Regel schlechter bezahlt sind und weniger Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten mit sich bringen. Deshalb soll dieser Aktionstag Girls’ Day Interesse bei Mädchen und jungen Frauen wecken, die Berufsorientierung auf ein breiteres Spektrum auszudehnen. Es geht dabei auch um einen langfristigen Bewusstseinswandel, wo es nicht nur darum gehen kann, das an einem Tag im Jahr zu machen, sondern wo Schule, Berufsberatung und auch Eltern gefordert sind, an dieser Umorientierung mitzuwirken.
Wir können allgemein feststellen, dass das Interesse der Wirtschaft, was diesen Aktionstag angeht, gut und steigend ist. In Berlin ist die Anzahl der Veranstaltungen und Plätze am Girls’ Day im Lauf der Jahre deutlich gestiegen. Das heißt, eine wachsende Zahl von Unternehmen hat sich daran beteiligt.
Die Beteiligung der Schülerinnen, die die 5. bis 10. Klassenstufe besuchen, lag im vergangenen Jahr bei 8,8 Prozent. Insgesamt haben in Berlin in den vergangenen sechs Jahren rund 43 000 Mädchen an Veranstaltungen im Rahmen des Girls’ Day teilgenommen. Die Mädchen stehen aufgrund ihrer Altersstufe nicht unmittelbar vor ihrer Berufs- oder Studienwahlentscheidung, so dass große Veränderungen auf dem Ausbildungsmarkt – auch aus diesem Grund – noch nicht eintreten konnten. Bemerkenswert ist für Berlin, dass wir in diesem Jahr die Zahl der Plätze für den Girls’ Day um 12,5 Prozent auf ca. 8 400 steigern konnten.
Zu Ihrer zweiten Frage: Sowohl auf Bundesebene als auch für Berlin können wir folgende positiven Entwicklungen feststellen: 16 Prozent der Unternehmen und Betriebe gaben in einer Befragung zum Girls’ Day an, dass sich Mädchen, die bei ihnen im Vorjahr am Girls’ Day teilgenommen hatten, inzwischen um Praktikums- oder Ausbildungsplätze in technisch-handwerklichen oder informationstechnischen Berufen beworben haben. In 8 Prozent der Unternehmen sind junge Frauen aufgrund ihrer Teilnahme am Girls’ Day in diesen Berufen eingestellt worden. Ich halte das für eine relativ hohe Zahl, weil aufgrund der Jahrgangsstufen, die am Girls’ Day teilnehmen, viele der Mädchen noch zu jung für eine unmittelbare Aufnahme einer Ausbildung bzw. einer Studienwahlentscheidung sind.
In den Ingenieurwissenschaften gab es im Wintersemester 2007/2008 13 Prozent mehr Studienanfängerinnen als im Wintersemester 2006/2007 – auch hier erkennt man eine deutliche Steigerung und positive Entwicklung.
In der Metall- und Elektrobranche gibt es ebenfalls positive Entwicklungen: 7 Prozent der Ausbildungsverträge als Elektroniker oder Elektronikerin für Geräte und Systeme wurden 2006 von Frauen abgeschlossen; bei den Ausbildungsverträgen zur Mechatronikerin waren es 5 Prozent. Die Frauenquote in der Ausbildung zur KfzMechatronikerin steigt ebenfalls, und es gibt intensive Bemühungen der Kfz-Innung, den Prozentsatz von 2 Prozent auf 4 Prozent zu steigern. Das ist immer noch sehr wenig, aber immerhin können wir eine Steigerung verzeichnen.
In den technischen Berufen liegt der Frauenanteil bei 26,6 Prozent. Aussagen zu veränderten Einkommensentwicklungen bei Frauen aufgrund eines veränderten Berufswahlverhaltens stehen uns leider nicht zur Verfügung, außer der generellen Aussage, dass diese Berufe in der Regel besser bezahlt sind als die typischen Frauenberufe.
Der Senat wird auch weiterhin Veränderungsprozesse zur Erweiterung des Berufswahlspektrums von Mädchen fortführen, unter anderem durch die Finanzierung der Landeskoordinierungsstelle Girls’ Day und mit Hilfe des auf Landesebene angesiedelten Aktionsbündnisses Girls’ Day. Der Bildungsträger LIFE e.V., der im Bereich geschlechterbewusster Bildung und Ausbildung arbeitet, wird seitens des Senats weiterhin gefördert. Der Senat wird im Rahmen der Umsetzung des gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms die eingeleiteten Prozesse u. a. mit der Landesinitiative Chancengleichheit in der Berliner Wirtschaft forcieren.
Das hört sich schon gut an, ich möchte aber noch wissen, ob es Erkenntnisse dazu gibt, dass bislang männerdominierte Berufe bereits überwiegend von jungen Frauen ergriffen werden.
Derartige Erkenntnisse, dass in einem ehemals männerdominierten Beruf überwiegend junge Frauen die Ausbildung beginnen, liegen mir leider noch nicht vor. Das wäre zwar sehr erfreulich, doch liegen mir dazu keinerlei Informationen vor. In vielen Bereichen verzeichnen wir
formationen vor. In vielen Bereichen verzeichnen wir eine Steigerung des Frauenanteils, aber noch keine qualitative Veränderung, was das geschlechtsspezifische Rollenverhalten in der Berufswahl angeht.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Senator! Nachdem Sie uns klar gemacht haben, dass der Girls’ Day offensichtlich Sinn macht, frage ich Sie, wann es einen Boys’ Day in Berlin geben wird.
Sehen Sie persönlich eine Chance für einen Boys’ Day, oder rechnen Sie weiterhin mit einer Blockade, obwohl wir in dem SPD-regierten Bezirk Charlottenburg-Willmersdorf heute zum ersten Mal einen Boys’ Day haben – eingerichtet von einer SPD-Bürgermeisterin? Sehen Sie Chancen für einen landesweiten Boys’ Day?