Sie behaupten ja immer, Sie wären Spitze. Wenn ich aber sehe, wie dieses Thema im Bundestagswahlkampf von Ihrem Kandidaten verkauft wurde, muss ich feststellen – dazu zitiere ich die „Süddeutsche Zeitung“ –:
Bei der Bundestagswahl im Herbst vorigen Jahres wirkte die Versicherung des Kanzlerkandidaten und Ministerpräsidenten Stoiber, in Bayern sei der Umweltschutz Chefsache, auf viele Wähler eher abschreckend.
Das hat wohl auch zum Ergebnis dieser Wahl geführt. – Sie haben in der Tat in Ihrem Programm einige Vorschläge aufgegriffen, die aufhorchen lassen: Die Steuer für transnationale Devisengeschäfte, die CO2-Primärenergiesteuer, Programme zur Markteinführung erneuerbarer Energien, und zwar degressiv, wie es die GRÜNEN machen, Gebäudesanierung, Umlage auf Mieter, Entlastung im Erbschaftsfall, wenn Wärmesanierung durchgeführt wird. Das sind richtige Vorschläge, aber Sie haben immer wieder Angst davor, sie zu realisieren; das hat zum Beispiel auch die Energie-Enquete-Kommission gezeigt.
Ein früheres Mitglied des Landtags, das jetzt im Bundestag ist, Josef Göppel, hatte mit seiner Position als Vorsitzender des CSU-Umweltarbeitskreises nichts anderes als eine Feigenblattfunktion.
Ein Umweltminister Schnappauf ist nichts anderes als ein Tänzer im luftleeren Raum. Hier gibt es nichts anderes als leere Versprechungen, und niemand steht dahinter. Dieses Umweltministerium ist ein SchnappaufSchrumpfministerium, und in der Umwelt- und Naturschutzpolitik haben andere im Lande das Sagen: nicht nur der Bauernverband, sondern natürlich auch Wiesheu und Beckstein. Genau hier werden die Stellschrauben gestellt, und deswegen kommen Sie auch bei konsequenter Umweltpolitik nicht voran.
Angesichts der Bedeutung dieses Umweltministers ist die Debatte darüber, ob dieser Umweltminister zurück
Ich möchte noch auf einen Punkt Ihres Programms zu sprechen kommen. Ihr Umweltprogramm, das Sie nicht verabschieden, enthält eine lange Wertedebatte – gut so. Ich darf aber daraus Folgendes zitieren: „Gemessen werden wir letzten Endes allerdings an dem, was wir tatsächlich in praktische Politik umsetzen.“ Da muss man feststellen: Ihr Umweltminister ist ein Minister der leeren Worte; die Praxis sieht anders aus.
Das bayerische Klimaschutzprogramm, das im Oktober 2000 verabschiedet wurde und noch nicht an die steigenden CO2-Emissionen angepasst wurde, fällt weit, weit hinter das Kyoto-Protokoll zurück. Da frage ich mich schon, wie wir in Bayern, mit diesem Klimaschutzprogramm Staat machen wollen. Schauen wir uns doch die Verkehrspolitik an! Klimaschutz muss in die Verkehrspolitik integriert sein; denn gerade durch den Verkehr steigen die CO2-Emissionen in Bayern. Was aber fordert Bayern? – Sie melden zum Bundesverkehrswegeplan 360 Projekte an; aufgeteilt sind es sogar 450. Sie lamentieren darüber, wie wenig Mittel aus dem Bundesverkehrswegeplan nach Bayern fließen: 13,8% sind noch lange nicht genug, nein, Sie brauchen 17%, um Bayern ordentlich in Beton und unter Straßen versinken zu lassen. Die steigenden CO2-Emissionen sind Ihnen völlig egal.
Herr Schnappauf, Sie beklagen mit Krokodilstränen das Scheitern des Ziels im Klimaschutz unter Kohl, nämlich die Reduktion der CO2-Emissionen um 25% bis 2005. Dazu muss ich Ihnen sagen: Bayern trägt seinen Teil dazu bei, dass diese Emissionen nicht in dem Maße gesenkt werden, wie es notwendig wäre. Der Hinweis sei erlaubt: Das Ziel im Kyoto-Protokoll der Senkung um 21% bis zum Jahr 2012 ist jetzt zu über 19% erfüllt: Eine Senkung von nur 4% unter Rot-Grün kann sich sehen lassen.
Lassen Sie mich noch etwas zur Verkehrspolitik sagen. Das war ja so schön: Da wird der Super-Flüsterasphalt auf unseren Straßen gefordert. Erst bauen wir so viele Straßen, dass jede Ecke Bayerns mit Lärm angefüllt ist, und dann kommt das Programm für den Super-Flüsterasphalt.
So ist es leider. Sogar aus dem fernen China meldet sich Herr Wiesheu und fordert mehr Regulierung beim Fluglärm. Zum einen wird hier Deregulierung gefordert, Wiesheu aber fordert mehr Regulierung gegen Lärm. Das ist auch richtig. In diesem Jahr wird es noch ein Lärmgesetz geben.
gramm eine Vorrangfläche für die dritte Start- und Landebahn auf. Die Menschen werden sich freuen, wenn auf diesem Weg die Lärmbelastung geringer werden soll. Das ist doch eine Bankrotterklärung Ihrer Umweltpolitik, Ihres Klimaschutzes und Ihrer angeblichen Fürsorge für bayerische Bürger vor mehr Lärm. Sie bauen mehr Straßen, eine dritte Start- und Landeplan, und irgendwann kommt noch der Superflüsterbelag. Ich kann es nicht mehr glauben.
Betrachten wir doch die Subventionen im Flugverkehr. Es gibt Zuschüsse für das Tanken im Erdinger Moos. Es gibt Subventionen für die Flüge von Hof nach Frankfurt. Die Rückzahlung von Zins und Tilgung bei den Investitionsdarlehen für den Bau des Flughafens haben Sie auf die lange Bank geschoben. Das alles ist Ihnen ganz egal. Sie subventionieren den Flugverkehr, wo es nur geht. Sie wollen den Autoverkehr wesentlich stärker erhöhen, und dann weisen Sie auch noch auf ein Klimaschutzprogramm vom Oktober 2000 hin. Die Kyoto-Forderungen erfüllen Sie damit aber leider nicht! Das sagen Sie nicht dazu.
Betrachten wir doch das Landesentwicklungsprogramm, welches in diesem Jahr verabschiedet wurde. Wie haben Sie es da mit Ihren Forderungen gehalten? Nichts Konkretes wurde zum Bodenschutz oder zum Klimaschutz in dieses Landesentwicklungsprogramm aufgenommen. Dort wollen Sie sich nicht an irgendwelchen Zielen messen lassen, damit nachher festgestellt werden kann, ob Ihre Politik Erfolg gebracht hat oder nicht.
Schauen wir uns die Energiepolitik an. Den Atomausstieg gibt es bei Ihnen immer noch nicht. Sie pochen im LEP immer noch auf den Bau weiterer Atomkraftwerke an den bestehenden Standorten. Diese Forderung zu streichen, wäre in der Tat eine Leistung gewesen. Sie verweigern dem Bund das Gespräch mit dem TÜV über Isar I, ein sehr marodes Kraftwerk in der An- und Abflugzone des Flughafens München. Sie sind völlig ruhig, wenn über völlig überdimensionierte Zwischenlager gesprochen wird. Sie beantworten nicht die Frage, warum das Atomkraftwerk Gundremmingen im Jahr 2001 bundesweit die meisten radioaktiven Emissionen hatte. Ich höre keine warnende Stimme angesichts der Provokation des Kernkraftwerkbetreibers in Grafenrheinfeld, zu Kriegsbeginn einen Transport mit Castoren, gefüllt mit abgebrannten Brennelementen, nach La Hague auf Straße und Schiene zu setzen. Das war wohl die höchste Provokation des Kraftwerkbetreibers. Die Staatsregierung aber schwieg dazu.
Nach wie vor, um bei Krieg und Frieden zu bleiben, setzen Sie beim Forschungsreaktor in Garching auf waffentaugliches, hoch angereichertes Uran. Das ist Ihr Beitrag zur Friedenspolitik.
Wir wissen genau, dass Klimaschutz, seine konsequente Umsetzung und die Gestaltung des Solarzeitalters Friedenspolitik sind. Deshalb verstehe ich einige Äußerungen, die Ihre politischen Kolleginnen und Kollegen in den letzten Wochen gemacht haben, überhaupt nicht.
Lassen Sie mich ein paar Fakten nennen. Im Irak liegt das weltweit zweitgrößte Erdölvorkommen. Die USA importieren in steigendem Maße Erdöl. 1985 waren es noch 30% Importe, heute sind es schon 60%. Die Ausbeutung der Erdölvorkommen hat ihren Gipfel erreicht. Ab jetzt wird es abwärts gehen. Das wissen Sie alle, trotzdem aber setzen Sie auf eine völlig unzureichende Klimaschutz- und Energiepolitik. Wir wissen, dass eine Energieversorgung für Deutschland mit 100% erneuerbaren Energien, mit Energieeinspar- und -effizienztechnologien bis 2050 möglich ist. Gleichzeitig können wir damit das Ziel erreichen, die Treibhausgase um 80% zu reduzieren. Für diese Option lohnt es sich zu kämpfen, und diese Option hat der Bundestag bestätigt.
Lassen Sie mich noch einmal auf unsere Potentiale in Bayern ohne Atomenergie und unter Nutzung erneuerbarer Energien hinweisen. Ich nenne nur Sonne, Wasser, Wind, Biomasse, Geothermie oder den Ausbau der Wasserstofftechnologie. Diese Programme sollten Sie umsetzen und nicht zaghaft darunter wegtauchen und eine zukunftsfähige Wirtschaftspolitik verspielen.
Sie haben heute angemahnt, dass sich bei der Biomasse endlich die Fördersätze ändern müssen. Ich mahne an, dass die CSU auf Bundesebene endlich einmal dem EEG zustimmt. Ihr Kollege Göppel macht hierbei ja etwas Druck. Wir werden es noch sehen. Nach dem EEG sollen auch die Fördersätze für kleinere Biomasseanlagen erhöht werden. Dagegen dümpelt das bayerische Diversifizierungsprogramm des Landwirtschaftsministeriums nur so dahin. Ich glaube, dass bisher nicht einmal fünf Projekte damit gefördert wurden.
Zum Wind. Natürlich haben wir nicht die Windpotentiale, die Schleswig-Holstein hat. Allerdings fordern wird – und dazu liegt heute ein Antrag vor –, dass Bayern die Windenergie wenigstens bis zum Durchschnitt der Binnenländer ausbaut und weiterentwickelt. Das wäre doch ein realistisches Ziel, an dem Sie sich einmal messen lassen könnten.
Die wirtschaftliche Entwicklung setzt auf erneuerbare Energien. Die Firma Enercon ist zum Beispiel einer der bedeutendsten Windkraftanlagenhersteller. 150 Firmen aus Bayern sind Zulieferer für Enercon, also für den Bau von Windkraftanlagen. Hier sehen Sie doch, wo das Wirtschaftspotential liegt.
Die Windenergie ist in Deutschland zum Beispiel der zweitgrößte Stahlabnehmer. Was aber war mit der Maxhütte? Eine Pleite war es. Die Windenergie bringt die Stahlindustrie voran. Deutschland ist inzwischen Weltmeister bei der Windenergie und steht bei der Fotovoltaik an zweiter Stelle. Diese Fakten können sich sehen lassen. 150000 neue Arbeitsplätze sind auf diesem Gebiet entstanden. Die Investitionen für diese Bereiche haben sich verdoppelt. Derzeit können bundesweit 6 Mil
lionen Menschen mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt werden. Das sind zusammengenommen drei große Städte – Berlin, Frankfurt und Stuttgart. So hoch ist inzwischen die Stromversorgung aus erneuerbaren Energien. Sie wurde unter der rot-grünen Bundesregierung mehr als verdoppelt.
Sicher fehlt die direkte Umsetzung, aber das Potential ist vorhanden. Sie fordern beim Strom die Grundlast. Dann bauen Sie doch endlich die Geothermie und die Biomasse aus. Dort haben Sie die großen Potentiale, die Sie umsetzen können.
Sie haben bei Ihrer Energiepolitik einfach keine Ziele. Als Beispiel nenne ich die Reduktion des Primärenergieeinsatzes. Wir fordern bis 2010 eine Reduktion um 40% gegenüber 1995. Bis 2010 fordern wir beim Primärenergieverbrauch eine Verdoppellung der erneuerbaren Energien. Wir fordern eine Verdoppelung der Stromerzeugung aus Kraftwärmekopplung. Im Verkehr fordern wir eine Senkung des Energiebedarfs um 10% bis 2010. Auf dem Gebäudesektor, bei der energetischen Sanierung, fordern wir eine Senkung des Energiebedarfs um 10%. Alle diese Ziele sind notwendig für eine wirtschaftliche Entwicklung, für Klimaschutz, für Friedenspolitik, und hier ist bei der CSU absolute Fehlanzeige.
Schauen wir noch einmal auf das Landesentwicklungsprogramm. Nachhaltigkeit war beim Landesentwicklungsprogramm Ihre angeblich große Tat. Auch beim Bodenschutz sagen Sie nicht, wie Sie den Bodenverbrauch reduzieren wollen. Zahlreiche Anträge haben wir hierzu eingebracht. Ein paar haben Sie durchgehen lassen, nämlich drei von 16 Anträgen. Es waren allerdings nur die Anträge, die nicht wehtun. Eine ordentliche und signifikante Bedarfsprüfung durch die Bezirksregierungen haben Sie abgelehnt, wobei ich auch noch nicht weiß, ob diese Bedarfsprüfungen allein das Heilmittel sind. Auch die Regierungen sind CSU-hörig. Stattdessen lassen Sie im LEP Einkaufsmärkte auf der grünen Wiese und jede Menge an Straßen zu. Das beste in der Deregulierungsdebatte war allerdings, dass Herr Stoiber vom erleichterten Bauen im Außenbereich nach § 35 des Baugesetzbuches sprach. Wenn das Deregulierung ist, wissen wir, wie die Ziele des Flächenschutzes in Bayern erreicht werden.
Schauen wir auf den Hochwasserschutz. Wir begrüßen es, dass es endlich die Möglichkeit gibt, Vorranggebiete auszuweisen. Wir würden es begrüßen, wenn dieses Ziel zügig in den Regionalplänen verankert wird. Wie aber setzen die Kommunen diese Vorgaben um? Wie zurückhaltend sind Sie dabei selbst, auch wenn Sie heute von 600 Projekten gesprochen haben? Ich darf Ihnen kurz die Zahlen nennen.
Sie haben am 10. Oktober 2002 im Umweltausschuss ein Papier vorgelegt, wonach das Gesamtpotenzial natürlicher Rückhalteräume in Bayern – Donau- und Maingebiet – 250 Millionen m3 Wasser umfasse. – Ein super Retentionsvolumen. Bei den konkreteren Planungen liegen wir schon bei 40% und bei den Planungen zur gesteuerten Retention sind wir gerade einmal bei 66 Millionen, das macht 25%. Unter dieser Planung steht der lapidare Satz: „Hier gibt es jedoch teilweise heftige Widerstände in den Anliegergemeinden.“ – Ich kann mir gut vorstellen, was die CSU-Bürgermeister in diesen Gemeinden machen.