Protocol of the Session on June 27, 2000

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Meine sehr geehrten Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 41. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde, Ihre Zustimmung vorausgesetzt, erteilt.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, bitte ich Sie, eines ehemaligen Kollegen zu gedenken.

(Die Anwesenden erheben sich)

Am 4. Juni verstarb Herr Alfons Adelberger im Alter von 75 Jahren. Er gehörte dem Bayerischen Landtag von 1966 bis 1970 an und vertrat für die CSU den Stimmkreis Alzenau/Gemünden/Lohr am Main. Als langjähriger Rektor der Edith-Stein-Realschule in Alzenau und als Kommunalpolitiker konnte er seine Erfahrungen im Ausschuss für Fragen des Beamtenrechts und der Besoldung einbringen. Er setzte seine ganze Kraft und Persönlichkeit für die Menschen in der Aschaffenburger Region und im Freistaat Bayern ein.

Der Bayerische Landtag wird dem Verstorbenen ein ehrendes Gedenken bewahren.

Sie haben sich zu Ehren des Toten von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.

Und nun, verehrte Kolleginnen und Kollegen, darf ich noch einige Glückwünsche aussprechen. Runde Geburtstage feierten: Frau Kollegin Annemarie Hecker am 25. Mai, Herr Kollege Herbert Fischer am 6. Juni sowie Frau Kollegin Johanna Werner-Muggendorfer und Herr Kollege Wolfgang Vogel am 22. Juni. Halbrunde Geburtstage konnten begehen: Frau Kollegin Petra Münzel am 27. Mai und Herr Kollege Johann Neumeier am 7. Juni. Frau Kollegin Monica Lochner-Fischer feiert heute Geburtstag. Ich gratuliere den Genannten im Namen des Hohen Hauses und persönlich und wünsche ihnen für das neue Lebensjahr alles Gute, vor allem Gesundheit und viel Erfolg bei der Erfüllung ihrer parlamentarischen Aufgaben.

(Allgemeiner Beifall)

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, gebe ich das Ergebnis der in der Plenarsitzung am 18. Mai durchgeführten namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion betreffend „Entschließung – Verstärkte Förderung erneuerbarer Energien und Energiesparpotenziale auch in Bayern“ auf der Drucksache 14/3575 bekannt: 58 Abgeordnete haben Ja-Stimmen abgegeben. Mit Nein haben 80 Abgeordnete gestimmt. Stimmenthaltungen gab es nicht. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt worden.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 1)

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

Energiekonsens – Konsequenzen für Bayern

Für die heutige Sitzung war die Fraktion der SPD vorschlagsberechtigt. Sie hat eine Aktuelle Stunde zum vorgenannten Thema beantragt. In die Beratung beziehe ich im Einvernehmen mit den Fraktionen den folgenden zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsantrag ein:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Paulig, Kellner, Dr. Runge und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Energiewende in Bayern umsetzen! (Drucksache 14/3851)

In der Aktuellen Stunde dürfen die einzelnen Redner grundsätzlich nicht länger als fünf Minuten sprechen. Auf Wunsch einer Fraktion kann einer ihrer Redner zehn Minuten sprechen; dies wird auf die Gesamtredezeit der jeweiligen Fraktion angerechnet. Wenn ein Mitglied der Staatsregierung kraft seines Amtes das Wort nimmt, wird die Zeit seiner Rede nicht mitgerechnet. Ergreift allerdings ein Mitglied der Staatsregierung das Wort für mehr als zehn Minuten, erhält auf Antrag einer Fraktion eines ihrer Mitglieder Gelegenheit, fünf Minuten ohne Anrechnung auf die Zeit der Dauer der Aussprache zu sprechen. Ich bitte Sie, jeweils auf mein Signal zu achten.

Als erster Redner hat der Kollege Maget das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der in Berlin gefundene Energiekonsens ist von großer und grundsätzlicher Bedeutung für unsere Nation und auch für unser Land Bayern. Es ist der Bundesregierung gelungen, in der Energiepolitik die Lösung zu finden, die wir den zukünftigen Generationen schuldig sind. Es gelang im Konsens eine neue Weichenstellung durchzusetzen, eine Abkehr von der Atomenergie und eine Hinwendung zu den erneuerbaren, zukunftsfähigen und ökologisch und ökonomisch sinnvollen neuen Energien.

(Beifall bei der SPD)

Diese Wende war notwendig für unser Land, weil Atomkraftwerke niemals vollständig durch den Menschen beherrschbar waren, weil sie niemals wirklich sicher waren, wie große Unfälle und kleinere Störfälle immer wieder bewiesen haben, und weil wir für die nachfolgenden Generationen tonnenweise verseuchten Atommüll aufgehäuft haben, ohne je die Entsorgungsfrage gelöst zu haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt haben wir mit der Umkehr begonnen und – was wichtig ist – wir haben sie im Konsens von Wirtschaft und Politik geschafft.

(Hofmann (CSU): Da sieht man, was herauskommt, wenn man vom Thema nichts versteht!)

In ganz Deutschland herrscht darüber große Gelassenheit. Die einzigen Panikmacher sitzen in diesem Hause. Das ist die Truppe von Edmund Stoiber, –

(Hofmann (CSU): Das ist die erfolgreiche Truppe von Stoiber!)

den diese Frage aber offensichtlich nicht so sehr interessiert, denn sonst würde er an dieser Diskussion teilnehmen.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihn interessiert diese Sachfrage aber nicht, sondern er wollte nur die Industrie instrumentalisieren und er hat sie beschwätzt, sich jedem Konsens mit der Bundesregierung zu verweigern, weil er dieser Bundesregierung den politischen Erfolg nicht gönnt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Er wollte blockieren und ist dabei abgeblitzt.

Ich prophezeie Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, dass es Ihnen in der Energiepolitik so geht wie damals in Wackersdorf. Da haben Sie die Fahne der Atomenergie noch hochgehalten, als sich die Wirtschaft schon längst davon verabschiedet hatte,

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hoderlein (SPD): So war es!)

und so ist es auch beim Betrieb von Atomkraftwerken. Sie, meine Damen und Herren, und Ihr Ministerpräsident sind die letzten Mohikaner in dieser Frage. Die Energiewirtschaft hat sich schon längst auf eine zukunftsfähige Orientierung eingestellt, und ich sage deshalb „schon längst“, weil in Deutschland seit 16 Jahren kein einziges Kernkraftwerk mehr gebaut wurde. Heute schauen alle in die Zukunft und sprechen vom Einstieg in eine neue Form der Energieversorgung.

Wir in Bayern müssen jetzt unsere Hausaufgaben machen. 30 Jahre Restlaufzeit heißt: eine Menge Zeit, aber auch höchste Eisenbahn, jetzt die alternativen Energiestrukturen aufzubauen, in den ökologisch sinnvollen neuen Technologien auch wirtschaftspolitisch Weltmarktführer zu werden und unsere exportorientierte Industrie zu stärken. Denn der Aufbau alternativer Energien ist eine Jobmaschine.

Ihre Aufgabe, die Aufgabe der Mehrheit in diesem Parlament und der Staatsregierung, ist es, jetzt das zu erfüllen, was Sie dem Wähler schon für das Jahr 2000 versprochen hatten, nämlich den Anteil der alternativen Energien zumindest auf 13% zu erhöhen.

(Renate Schmidt (SPD): Das war schon für 1998 versprochen!)

Dieses Versprechen haben Sie nicht gehalten, Sie sind jetzt bei 9%. Das ist zwar nicht schlecht im Ländervergleich,

(Glück (CSU): Das glaube ich auch!)

aber es ist weit weniger, als Sie versprochen hatten, und zumindest Ihr Versprechen sollten Sie halten.

(Glück (CSU): Das ist Spitze im Ländervergleich! – Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das wissen wir doch, Herr Glück!)

Die Menschen in Bayern wollen das. Die Menschen in Bayern haben ein besonderes Gespür für Landschaft und für Ökologie.

(Hofmann (CSU): Aber die SPD lehnt ja alles ab!)

Das wird auch dadurch bewiesen, dass für das 100000-Dächer-Programm der Bundesregierung – ein Programm, das Sie nie zuwege gebracht hätten – über 40% der Anträge aus Bayern kommen. Das ist ein positives Zeichen für die Menschen in diesem Land: Wir wollen eine neue Energieversorgung, die zukunftsorientiert ist, die ökologisch ist und die wirtschaftspolitisch vernünftig ist.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächster hat Herr Kollege Dinglreiter das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Energie ist eine wichtige Voraussetzung zum Leben, und sie ist auch bedeutsam für die Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft in einer globalisierten und digitalisierten Welt.

Wenn wir diese Entwicklung positiv für die Zukunft unseres Landes gestalten wollen, sind angemessene und langfristige energiepolitische Konzepte notwendig. Der Energiekonsens, auch wenn Sie ihn als einen mit großer Bedeutung gewürdigt haben, ist diese Leitlinie nicht. Die Vereinbarung zum Ausstieg ist eine Zielsetzung, die weder ökologisch noch ökonomisch Sinn macht, ökologisch schon gar nicht, weil sie die vereinbarten Klimaschutzziele – das sagen alle Fachleute – völlig außer Acht lässt. Sie sind mit diesem Konzept nicht zu erreichen.

Berechenbare und nachhaltige Energiepolitik, die auch in einem liberalisierten Markt Bestand hat und die Produktion von Energie im eigenen Land sichert, muss folgende Kriterien erfüllen: Sie muss versorgungssicher sein, sie muss umweltfreundlich sein, und sie muss auch wettbewerbsfähig sein. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist die Energiepolitik von Rot-Grün nicht glaubwürdig und auch nicht überzeugend.