Protocol of the Session on January 31, 2001

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Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 58. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. – Ich würde mich freuen, wenn Sie Platz nehmen könnten. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde, Ihre Zustimmung vorausgesetzt, erteilt. – Soweit noch Gespräche zu führen sind, sollten sie außerhalb des Raumes stattfinden.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 5

Mündliche Anfragen

Wir haben heute für diesen Tagesordnungspunkt 90 Minuten Zeit. Die Staatsregierung hat darum gebeten, sachlich zusammengehörende Fragen gemeinsam beantworten zu können. Das betrifft zunächst die Fragen 1 bis 10 zum Thema Futtermittelkontrolle, die ich hiermit insgesamt aufrufe, da einige Kollegen noch nicht da sind.

Frage 1 von Frau Helga Schmitt, SPD: Ist es richtig, dass die Staatsregierung den bayerischen Bauern im Zuge der BSE-Krise zugesagt hat, auf Kosten des Freistaats Bayern die vorhandenen Kraftfutter-Bestände in den landwirtschaftlichen Betrieben testen zu können, die hierfür zugesagte Finanzhilfe jedoch nur für einen Bruchteil -zugesichert sind nicht einmal 150 Proben bayernweit – der notwendigen Probenziehungen und -analysen ausreicht?

Frage 2 von Gerhard Hartmann, SPD: Wie viele Mitarbeiter standen dem Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit bis zum Bekanntwerden des ersten BSE-Falls in Bayern für die Kontrolle von wie vielen Futtermittelfabriken in Bayern zur Verfügung?

Frage 3 von Harald Güller, SPD: Wann und wie viele Futtermittelkontrollen wurden im vergangenen Jahr durchgeführt, und wie viele Beanstandungen (Verunrei- nigung mit Tiermehl) haben sich ergeben?

Frage 4 von Frau Anne Hirschmann, SPD: Wird von der bayerischen Futtermittelindustrie, und wenn ja, in welchem Umfang, die freiwillige Selbstverpflichtung der offenen Deklaration von Futtermittel umgesetzt?

Frage 5 von Dr. Heinz Kaiser, SPD: Warum haben die zuständigen Überwachungsbehörden in Bayern nicht wie in Nordrhein-Westfalen bei bayerischen Futterfabriken auf getrennte Produktionslinien bestanden, um eine Verunreinigung von Tierfutter für Wiederkäuer mit Tiermehl zu vermeiden?

Frage 6 von Frau Irmlind Berg, SPD: Wurde, wie in der Regierungserklärung vom 09.01.2001 angekündigt, zusätzliches Personal zur Verstärkung der Futtermittelkontrollen eingestellt, wenn ja, in welchem Umfang, wenn nein, warum nicht?

Frage 7 von Wolfgang Gartzke, SPD: Trifft es zu, dass gezogene Futtermittelproben, die auf Mehl aus Fleisch von Säugetieren und Knochen (MMBM) untersucht werden sollen, an Labors außerhalb Bayerns verschickt werden müssen?

Frage 8 von Frau Karin Radermacher, SPD: In welcher Weise und zu welchem Zeitpunkt hat der Bayerische Bauernverband das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf verunreinigte Rinderfuttermittel hingewiesen?

Frage 9 von Heiko Schultz, SPD: Wie beurteilt die Staatsregierung, dass es offenbar verantwortet werden kann, mit der Preisgabe von Informationen im Zuge der BSE-Krise daten- und persönlichkeitsschutzrechtlich so unterschiedlich zu verfahren, dass die Betriebe und Inhaber der an BSE erkrankten Rinder namentlich genannt oder identifizierbar gemacht werden, während die Identität der Futtermittelhersteller offenbar aus wirtschaftlichen Interessen, insbesondere der Angst vor Schadensersatzforderungen seitens der betroffenen Bauern, geheim gehalten wird?

Frage 10 von Frau Dr. Hildegard Kronawitter, SPD: Bei welchen Futtermittelherstellern wurden Verunreinigungen des Futters mit Tiermehl gefunden; wie viele Chargen wurden aus dem Verkehr gezogen, und in welcher Form wurden die Bezieher der Ware und die Öffentlichkeit über diese Verunreinigungen informiert?

Herr Staatsminister Sinner, ich bitte Sie nun um die Beantwortung dieses ersten Fragenkomplexes. Bitte.

Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir eine kurze Vorbemerkung. Wie Sie wissen, habe ich vor nunmehr 13 Stunden mein Amt als Staatsminister für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz angetreten. Ich freue mich über das große Interesse an diesem Thema. Meine erste Amtshandlung ist es, Ihre Fragen zu beantworten. Ob es allerdings gleich 42 Fragen hätten sein müssen, lasse ich jetzt dahingestellt. Angesichts der Zahl der Fragen und der Kürze der für die Vorbereitung zur Verfügung stehenden Zeit bitte ich um Verständnis dafür, dass ich mich auf mein Haus verlassen musste und die Sachverhalte nicht aus eigener Kenntnis eruieren konnte.

(Zuruf des Abgeordneten Wahnschaffe (SPD) – Weitere Zurufe von der SPD)

Jetzt lassen Sie doch den Herrn Minister reden.

(Frau Radermacher (SPD): Das verträgt er schon! – Wahnschaffe (SPD): Zwischenfragen darf man doch stellen!)

Nicht bei der Fragestunde.

Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Ich beantworte zunächst die Frage der Kollegin Schmitt, die sich darauf bezieht, ob die Staatsregierung den bayerischen Bauern im Zuge der BSE-Krise zugesagt habe, auf Kosten des Freistaats die vorhandenen Kraftfutter-Bestände in den landwirtschaftlichen Betrieben zu testen. Diese Frage kann ich wie folgt beantworten: In Kapitel 08 03 Titel 671 01 sind außerplanmäßig zwei Millionen Mark zur Verfügung gestellt worden. Eine Begrenzung der Probenzahl ergibt sich durch verfügbare Laborkapazitäten. Im Februar können zwischen 600 und 900 Proben und in den weiteren Monaten bis zirka 1000 Proben mikroskopisch untersucht werden. Mit dem Bayerischen Bauernverband wurde für die Probenauswahl ein regionalisiertes Raster vereinbart. Die mikroskopische Untersuchung erfolgt nur auf verbotene tierische Bestandteile. Weitere Analysen sind in der Zusage der Kostenübernahme nicht enthalten. Sie sehen also, dass die Zusagen der Bayerischen Staatsregierung eingehalten werden.

Die zweite Frage, die vom Kollegen Hartmann stammt, bezieht sich darauf, wie viele Mitarbeiter dem Staatsministerium bis zum Bekanntwerden des ersten BSE-Falls in Bayern für die Kontrolle von Futtermittelfabriken in Bayern zur Verfügung standen. Ich beantworte sie wie folgt: Die Stelle, die für die Überwachung der Futtermittelherstellung – es handelt sich um 69 Betriebe – und des Futtermittelvertriebes in Bayern zuständig ist, ist die Landesanstalt für Ernährung. Diese war dem bisherigen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nachgeordnet. An der Landesanstalt stehen dem zuständigen Sachgebiet „Getreide und Futtermittel“ 3,5 Arbeitskräfte zur Verfügung.

(Wahnschaffe (SPD): Wie teilt sich die halbe Kraft auf?)

Nach dem Bekanntwerden des ersten BSE-Falles haben wir das Personal von 3,5 auf 20 Arbeitskräfte aufgestockt. Ich wiederhole: von 3,5 auf 20 Kräfte, die an den Ämtern für Ernährung und Landwirtschaft ausschließlich dafür zur Verfügung stehen. Labortechnische Angelegenheiten werden durch das Sachgebiet 5.3 „Futtermitteluntersuchung“ an der Landesanstalt für Ernährung erledigt. Dort stehen vier Arbeitskräfte aus dem höheren, gehobenen, mittleren und einfachen Dienst zur Verfügung.

Ich habe vorhin einen kleinen Fehler gemacht. 3,5 Arbeitskräfte an der Landesanstalt; 3,5 Arbeitskräfte ursprünglich draußen vor Ort wurden auf 20 aufgestockt. Das war die gleiche Zahl; deswegen bin ich da etwas aus dem Gleis gekommen.

40% der Proben werden bei den Herstellern gezogen, 40% der Proben beim Handel, und 20% auf den landwirtschaftlichen Betrieben. Soweit die Antwort zu dieser Frage.

Nun die Antwort auf Frage 3. Im Laufe des Jahres 1999 wurden insgesamt 2501 Proben gezogen. Hiervon wurden 92 Proben von Ergänzungsfuttermitteln für Milchkühe zur mikroskopischen Untersuchung gegeben. 23 davon waren ohne jeden tierischen Bestandteil. In zwan

zig Proben wurden Spuren tierischer Bestandteile in einer Konzentration von weniger als 1%, in 49 mit weniger als 0,5% gefunden. In keinem einzigen dieser Fälle konnten die Untersuchungsanstalten in Speyer und in Hameln das Vorkommen von tierischem Eiweiß, das von warmblütigen Landtieren stammte, eindeutig bestätigen. Deswegen ist es nicht möglich, rechtsförmliche Anordnungen zu treffen.

Zurückzuführen ist dies auf die Rechtslage, die, wie Sie wissen, von 1994 bis zum 1. Dezember 2000 bestand. Danach war nur die Beimengung tierischer Bestandteile von warmblütigen Landsäugetieren zu Futtermitteln für Wiederkäuer verboten. Dieses Material kann aber nur ab einer bestimmten Konzentration eindeutig von nicht verbotenen tierischen Bestandteilen – hier geht es in erster Linie um Material von Geflügel oder von Fischen – unterschieden werden.

Im Gegensatz dazu steht die seit 2. Dezember 2000 geltende Rechtslage. Danach ist die Fütterung von proteinund fetthaltigen Erzeugnissen aus Gewebe von warmblütigen Landtieren und von Fischen an Nutztiere zur Gewinnung von Lebensmitteln grundsätzlich verboten. Für einen rechtsbeständigen Bescheid und entsprechende Vollzugsmaßnahmen im Hinblick auf Nutztierfutter mit tierischen Bestandteilen muss also seit dem 2. Dezember 2000 nicht mehr unterschieden werden, von welcher Tierart die entsprechenden Beimengungen stammen.

Nun zu der von Frau Kollegin Hirschmann gestellten Frage 4. Meine Antwort darauf: Mit der Futtermittelwirtschaft haben Mitte Januar Gespräche zur freiwilligen Selbstverpflichtung hinsichtlich der offenen Deklaration von Futtermitteln stattgefunden. Die Vertreter der Futtermittelwirtschaft erklärten zwar ihre grundsätzliche Bereitschaft dazu; eine Vereinbarung konnte jedoch nicht getroffen werden. Ich beabsichtige, in Kürze weitere Gespräche mit Vertretern der Futtermittelwirtschaft zu führen. Im Übrigen tritt die Staatsregierung für die offene Deklaration ein. Der Entwurf für eine einschlägige Bundesratsentschließung wurde am 29. Januar 2001 im Agrarausschuss des Bundesrats behandelt. Das heißt: Die freiwillige Selbstverpflichtung wird eine gewisse Übergangszeit abdecken. Wir hoffen, dass die offene Deklaration durch die angestrebte Bundesratsentschließung obligatorisch wird.

Herr Kollege Dr. Kaiser hat Frage 5 gestellt. Ich sehe ihn im Augenblick nicht, beantworte aber gleichwohl seine Frage, weil ihn meine Antwort darauf offensichtlich interessiert. Diese Frage geht von einer falschen Annahme aus. Das ergibt sich aus Folgendem: In Nordrhein-Westfalen bestehen 40 Futtermittelwerke, die Ergänzungsfuttermittel oder Mineralfutter für Wiederkäuer herstellen. 32 dieser Betriebe verwenden für die Herstellung von Wiederkäuerfutter und für die von Futter von Nichtwiederkäuern dieselben Produktionslinien. In 19 dieser Betriebe wurde für die Herstellung von Futtermitteln für Nichtwiederkäuer auch Fleischknochenmehl verwendet, also in 48% der entsprechenden nordrhein-westfälischen Werke. Meine Damen und Herren, an diesen Zahlen können Sie sehen, dass das, was Herr Dr. Kaiser im Hinblick auf Nordrhein-Westfalen annimmt, nicht zutrifft.

Nun zu den Verhältnissen in Bayern. Hier stellen 51 Werke Futtermittel für Wiederkäuer her; 49 davon produzieren auch Futtermittel für Nichtwiederkäuer. 17 dieser Betriebe verarbeiten auch Fleischknochenmehl. 15 Werke stellen Futtermittel für Wiederkäuer und solches für Nichtwiederkäuer auf denselben Produktionslinien her. Dies entspricht etwa 30% der hiesigen entsprechenden Betriebe. Zwei Werke verfügen über vollständig getrennte Produktionslinien. Derzeit gibt es keine gesetzliche Grundlage dafür, getrennte Produktionslinien vorzuschreiben.

Herr Kollege Dr. Kaiser – jetzt wende ich mich direkt an Sie; vorhin habe ich Sie nicht gesehen –, vor dem dargestellten Hintergrund meine ich, dass sich Bayern durchaus mit Nordrhein-Westfahlen messen kann. Ich bedanke mich an dieser Stelle für Ihre Frage. Denn sie hat mir die Gelegenheit gegeben, einiges klarzustellen.

Frau Kollegin Berg hat Frage 6 gestellt. Meine Antwort darauf – ich wiederhole in dem Zusammenhang, was ich zu Frage 2 ausgeführt habe –: An der Bayerischen Landesanstalt für Ernährung wurde eine wissenschaftliche Fachkraft eingestellt. Das Einstellungsverfahren für drei Laborkräfte läuft noch. Bereits im Dezember 2000 wurden die zuvor 3,5 AK auf 20 AK, also 20 Probennehmer, aufgestockt. Die Arbeitskapazität des Futtermittellabors an der Landesanstalt für Ernährung wurde bis zur Einstellung der vorhin erwähnten Laborkräfte durch Personal aus anderen Landesanstalten verstärkt. Zur Intensivierung der Buchprüfungen in Tierkörperbeseitigungsanstalten und Futtermittelherstellungsbetrieben gemäß § 6 Absatz 2 Nr. 2 des Tierkörperbeseitigungsgesetzes wurden zeitweise zwei Dienstkräfte der Finanzverwaltung an das bisherige Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit abgeordnet. Parallel zu der dargestellten personellen Verstärkung erfolgte die Einrichtung eines Mikroskopierlabors. Sie sehen: Das Personal wurde in erheblichem Umfang aufgestockt.

Frage 7 kommt von Herrn Kollege Gartzke. Meine Antwort hierauf: Die Bayerische Landesanstalt für Ernährung lässt mikroskopische Untersuchungen von Futtermitteln natürlich auch bei den landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalten in Speyer und in Hameln durchführen; ich habe vorhin schon darauf hingewiesen. Für freiwillige Untersuchungen wurde ein Kontingent von 1000 pro Monat bei einem akkreditierten privaten Labor in Bremen vertraglich vereinbart. Neben Bayern lassen auch andere Bundesländer Futtermittelproben dort untersuchen, zum Beispiel in Niedersachsen die Bezirksregierung von Hannover und die von WeserEms sowie der Bremer Wirtschaftssenator.

Dennoch wurde im Dezember wegen der knappen Untersuchungskapazitäten der Aufbau eines eigenen mikroskopischen Labors an der Landesanstalt begonnen. Vier Kräfte sind inzwischen dort eingearbeitet und führen entsprechende Untersuchungen durch. Die Labors außerhalb der bayerischen Grenzen sind anerkannte Einrichtungen. Sie einzuschalten ist aus meiner Sicht nicht verwerflich. Denn es geht um die Durchführung einer großen Zahl von Proben im Interesse der Verbrauchersicherheit.

Nun zu Frage 8, die Frau Kollegin Radermacher gestellt hat: In welcher Weise und zu welchem Zeitpunkt hat der Bayerische Bauernverband das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf verunreinigte Rinderfuttermittel hingewiesen? Ich habe versucht, dieser Frage nachzugehen. Bisher ist festgestellt worden, dass es solche Hinweise dezidiert nicht gegeben hat. Ich werde der Frage weiter nachgehen. Mir ist bekannt, dass am 2. Juli 1996 ein Gespräch beim Bayerischen Bauernverband stattgefunden hat, über das eine Niederschrift gefertigt wurde, die den Beteiligten wohl zugegangen ist. So weit ich darüber referieren kann, handelt es sich dabei aber nicht um dezidierte Hinweise. Nur die allgemeine Problematik von Tiermehlen wurde angesprochen, daneben die freiwillige Selbstverpflichtung der Futtermittelindustrie. Ich werde das in das Gespräch einbeziehen, das ich vorhin angekündigt habe. Sollten sich Hinweise dahin gehend ergeben, dass tatsächlich gewarnt worden ist, werde ich Ihnen das Material gerne zur Verfügung stellen.

Die Frage 9 des Kollegen Schultz lautet: Wie beurteilt die Staatsregierung, dass es offenbar verantwortet werden kann, mit der Preisgabe von Informationen im Zuge der BSE-Krise daten- und persönlichkeitsschutzrechtlich so unterschiedlich zu verfahren, dass die Betriebe und Inhaber der an BSE erkrankten Rinder namentlich genannt oder identifizierbar gemacht werden, während die Identität der Futtermittelhersteller offenbar aus wirtschaftlichen Interessen, insbesondere der Angst vor Schadensersatzforderungen seitens der betroffenen Bauern, geheim gehalten wird?

Dazu meine Antwort: Die Identität des Herstellers, in dessen Futtermittel verbotene tierische Bestandteile festgestellt worden sind, wird keineswegs geheim gehalten. Die zuständige Landesanstalt für Ernährung trifft bei der Feststellung von verbotenem Tiermehl in jedem Fall Vollzugsmaßnahmen, und zwar unabhängig von der Höhe des häufig nur in Spuren nachweisbaren Gehalts. Mit einem sofort vollziehbaren Bescheid werden dem Hersteller und den Händlern das In-Verkehr-Bringen des beanstandeten Futtermittels untersagt und seine unschädliche Beseitigung angeordnet.

Darüber hinaus enthält der Bescheid die Verpflichtung, alle Abnehmer zu warnen und auf das Verfütterungsverbot hinzuweisen. Das gilt insbesondere für die Landwirte. Die Pflicht zur raschen und gezielten Warnung wird überprüft und nach den Feststellungen der Landesanstalt auch erfüllt. Ich darf darauf hinweisen, dass es sich bei den Futtermitteln meistens um relativ kleine Chargen handelt. In vielen Fällen sind nur zwischen einem und fünf Betrieben betroffen. Deshalb ist eine öffentliche Warnung nicht immer unbedingt erforderlich.

Die öffentliche Warnung durch die zuständige Behörde unter Angabe des Futtermittels und des verantwortlichen Unternehmens ist in § 19 a des Futtermittelgesetzes als letzte Maßnahme der Gefahrenabwehr vorgesehen. Erforderlich ist, dass nur durch die sofortige behördliche Warnung aller Abnehmer die konkrete Voraussetzung der Gefahrenabwehr als gegeben angesehen werden kann und andere ebenso wirksame Maßnahmen, insbesondere Warnungen durch den Hersteller, nicht getroffen

werden können. Voraussetzung ist also, dass man die Abnehmer nicht erreicht oder dass es sich um eine große Zahl handelt. Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer öffentlichen Warnung müssen im Hinblick auf ihre einschneidende und sehr weit reichende Wirkung in jedem konkreten Fall abgewogen werden. Ich habe keine Hinweise darauf, dass in anderen Ländern – wir haben versucht, das zu überprüfen – abweichend verfahren wird. Sollte allerdings ein Hersteller die Abnehmer nicht von sich aus wirksam warnen, würden bei Vorliegen einer positiven Zweituntersuchung das beanstandete Futtermittel und der Hersteller öffentlich bekannt gegeben.

Das Vorgehen der Futtermittelüberwachung richtet sich nach sachlichen Notwendigkeiten und rechtsstaatlichen Grundsätzen. Beweggründe, die Sie, Herr Kollege Schultz, vermuten, spielen dabei keine Rolle. Das zeigen auch die inzwischen abgeschlossenen besonderen Kontrollmaßnahmen gegenüber zwei großen Kraftfutterwerken in Bayern. Niemand kann sagen, dass hier Rücksicht genommen worden wäre.

Herr Kollege Schultz, Sie vergleichen in Ihrer Frage die Futtermittelhersteller mit den BSE-Betrieben. Eine Vorschrift zur Bekanntgabe von Bauernhöfen mit BSE-Fällen existiert nicht. Ich weise darauf hin, dass dies in der Zuständigkeit der Landratsämter liegt und dass in diesen Fällen ein sehr hohes öffentliches Interesse besteht. Bisher ist jeder Fall bekannt geworden und teilweise durch überzogene Aktionen sehr stark in das Medieninteresse gerückt worden. Ich denke dabei an den Einsatz von Polizei. Inzwischen ist sichergestellt, dass diese Aktionen der Polizei nicht mehr vorkommen. In solchen Fällen braucht man die Polizei nicht. Im Übrigen handhaben die Landratsämter BSE-Fälle unterschiedlich. Ich werde mich bemühen, bei weiteren BSE-Fällen ein koordiniertes und einheitliches Vorgehen zu erreichen, das auch dem Schutzbedürfnis der Landwirte Rechnung trägt.

Die Frage 10 der Frau Kollegin Dr. Kronawitter lautet: Bei welchen Futtermittelherstellern wurden Verunreinigungen des Futters mit Tiermehl gefunden; wie viele Chargen wurden aus dem Verkehr gezogen, und in welcher Form wurden die Bezieher der Ware und die Öffentlichkeit über diese Verunreinigungen informiert? Zur Rechtslage bei Verunreinigungen des Futters mit Tiermehl habe ich mich bereits bei der mündlichen Anfrage des Kollegen Güller geäußert. Deshalb als Antwort in aller Kürze: Von 1994 bis zum 1. Dezember 2000 waren in Futtermitteln für Wiederkäuer nur tierische Bestandteile von warmblütigen Landsäugetieren verboten. Diese konnten aber nur bei bestimmten Mindestgehalten eindeutig von nicht verbotenen Bestandteilen anderer Tiere, zum Beispiel Geflügel oder Fische, unterschieden werden. Deshalb war es bei Verunreinigungen in Spuren nicht möglich, rechtsförmliche Anordnungen zu treffen.

Seit dem 2. Dezember 2000, also seit Bestehen der neuen Rechtslage, ist das Verfüttern von protein- und fetthaltigen Erzeugnissen aus Gewebe warmblütiger Landtiere und von Fischen an Nutztiere zur Gewinnung von Lebensmitteln grundsätzlich verboten. Für einen rechtsbeständigen Bescheid und entsprechende Vollzugsmaßnahmen muss seither bei einem Nutztierfutter

mit tierischen Erzeugnissen nicht mehr unterschieden werden, von welcher Tierart die Erzeugnisse stammen. So weit die Rechtslage. Seit dem 2. Dezember 2000 sind in 57 von 884 amtlich gezogener Futtermittelproben verbotene tierische Bestandteile festgestellt worden. Stichtag war der 30. Januar 2001. Die beanstandeten Partien werden bereits aufgrund der ersten Untersuchung sofort aus dem Verkehr gezogen. Es liegen allerdings noch nicht alle Untersuchungsbefunde der gezogenen Proben vor. Bei den Gehalten, die gefunden wurden, handelt es sich in aller Regel um geringe Spuren. Bei der Zweitprobe bestätigen sich nur zwei Drittel der Erstbefunde.

Bei jeder Feststellung geht die zuständige Landesanstalt für Ernährung wie folgt vor: