Ich bitte, die Plätze einzunehmen. - Ich eröffne die 121. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt. Wenn alle ihre Plätze eingenommen haben, können wir fortfahren.
Meine Damen und Herren, bevor ich in die Tagesordnung eintrete, möchte ich zwei Geburtstagsglückwünsche aussprechen. Jeweils einen runden Geburtstag feierten am 22. Februar Frau Kollegin Sylvia Stierstorfer und am 28. Februar Herr Kollege Konrad Kobler. Ich wünsche Ihnen im Namen des gesamten Hauses und persönlich alles Gute und weiterhin Erfolg für Ihre parlamentarische Arbeit.
Regierungserklärung des Staatsministers für Umwelt und Gesundheit "Gut.Leben.Bayern - intakte Umwelt, gesundes Leben"
Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich allen, die hier sitzen, einen herzlichen Dank aussprechen, dass Sie trotz dieses herrlichen Wetters geneigt sind, meiner Regierungserklärung zu lauschen.
In Bayern leben heute so viele Menschen wie nie zuvor, und es werden im Gegensatz zu anderen Bundesländern immer mehr. Allein 2011 sind fast 130.000 Menschen aus ganz Deutschland zu uns gezogen. Ich werte das als ein Kompliment für Bayern. Warum leben die Menschen so gerne bei uns in Bayern? Die Kollegen werden unterschiedliche Antworten geben. Bayern ist wirtschaftlich stark. Bayern bietet Beschäftigung. Bayern bietet Sicherheit. Bayern ist das Land, in dem Bildung groß geschrieben wird und man mit Geld ordentlich umgeht.
Ich spreche jetzt von meinem Verantwortungsbereich. Die Menschen schätzen die gute Gesundheitsversorgung mit hoch qualifizierten Ärzten und Krankenhäusern. Sie lieben in Bayern vor allem die intakte Natur und die wunderschönen Landschaften. 94 % der Bayern sagen, dass gerade diese schönen Landschaften und die Natur ihre Heimat ausmachen. Diese lebensund liebenswerte bayerische Heimat wollen wir für
uns und unsere Kinder und Enkel bewahren. Das empfinde ich als Auftrag der bayerischen Umwelt- und Gesundheitspolitik.
Bayern steht für sauberes Wasser, klare Luft, gute Bodenqualität und für eine erstklassige Gesundheitsversorgung. In Bayern geht es uns gut. Dafür haben wir viel getan. Wir müssen aber auch an morgen denken; denn die Welt verändert sich ständig. Aktuell stehen wir vor großen Herausforderungen. Wir müssen zum Beispiel unseren Teil dazu beitragen, dem Klimawandel entgegenzutreten. Wir müssen uns schon heute klug an seine Folgen anpassen.
Eng mit dem Klimaschutz verbunden ist ein planvoller Umbau unserer Energieversorgung. Wir müssen dabei eine schwierige Balance finden. Dieser Umbau muss sozialverträglich, aber auch klimaverträglich sein. Wir müssen außerdem darauf achten, dass Natur und Landschaftsbild bestmöglich geschont werden.
Nicht zuletzt fordert uns im Bereich Gesundheit der demografische Wandel. Die steigende Lebenserwartung der Menschen ist erfreulich. Sie erfordert aber auch frühzeitige Anpassung vor allem auf dem Gebiet der Gesundheitsversorgung. Mit unserer bayerischen Umwelt- und Gesundheitspolitik arbeiten wir heute für das lebenswerte Bayern von morgen. In den Jahren 2013 und 2014 investieren wir in Umwelt und Gesundheit insgesamt über 1,6 Milliarden Euro.
Wenn wir uns ans Werk machen, beachten wir drei große Wegweiser. Der erste Wegweiser, Generationengerechtigkeit, bedeutet für mich: Heute gut leben, aber auch unsere Kinder und Enkel morgen noch gut leben lassen. Der zweite Wegweiser ist die öffentliche Verantwortung für die Umwelt und ihre Naturschätze. Sie dürfen nicht zur reinen Handelsware werden. Der dritte Wegweiser besteht in der Vereinigung wirtschaftlicher und ökologischer Interessen. Die Donau steht für eine neue Leitidee für intelligentes Wachstum: optimieren statt maximieren.
Heute möchte ich Ihnen unsere Strategien für Klimaschutz und Energiewende, Umweltschutz und Gesundheit anhand konkreter Maßnahmen exemplarisch aufzeigen. Gleichzeitig muss ich sagen: Mein Haus ist so reich an Themen, dass ich in der Kürze der Zeit nur wesentliche Schlaglichter setzen kann. Für eine Vertiefung stehen Ihnen unsere Broschüre "Gut.Leben.Bayern" und unser Internetangebot zur Verfügung.
Der Klimawandel ist keine abstrakte Hypothese mehr. Er ist ein global erkennbares Faktum. Wir haben uns aus diesem Grund schon vor Jahren ehrgeizige CO2Einsparungsziele gesetzt und bauen unsere Energie
versorgung aktiv um. Der beschlossene Kernkraftausstieg bis 2022 erfordert hierfür zusätzliche Anstrengungen und ein noch ambitionierteres Handeln.
Bayern zählt mit weitreichenden Klimaschutzmaßnahmen schon heute weltweit zu den klimafreundlichsten Industrieländern. Der energiebedingte CO2-Ausstoß liegt mit sechs Tonnen pro Kopf und Jahr ein Drittel unter dem Bundesdurchschnitt von neun Tonnen. Bis 2020 wollen wir diesen Wert trotz gleichzeitigen Kernkraftausstiegs auch deutlich unter sechs Tonnen reduzieren. Bis 2030 könnte ich mir sogar fünf Tonnen vorstellen. 2013 und 2014 stellen wir im Haushalt des Ministeriums insgesamt 53 Millionen Euro für Klimaschutz und Energiewende bereit. So geben wir allein für die Renaturierung von Mooren als wichtige CO2Speicher 2013 und 2014 je 2,5 Millionen Euro aus.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nächste Woche jährt sich das fürchterliche Unglück von Fukushima zum zweiten Mal. Mit unserem bayerischen Energiekonzept, das wir gemeinsam mit Kollegen Zeil und seinem Haus erarbeitet haben, haben wir bereits damals die Weichen zur regenerativen Energieversorgung ohne Kernkraft gestellt. Bayern soll ein Modell für ein neues Energiezeitalter werden. Energie der Zukunft heißt für uns: versorgungssicher, umweltverträglich und bezahlbar.
Erstens treiben wir Energiesparen und Energieeffizienz voran. Wir wollen bis 2020 den Stromverbrauch in Bayern um 20 % reduzieren. Gemeinsam setzen wir dazu einen Zwölf-Punkte-Aktionsplan "Klimaschutz durch Energiesparen" um, den wir mit dem Bund Naturschutz und dem Landesbund für Vogelschutz erarbeitet haben.
Zweitens bauen wir die erneuerbaren Energien aus. Bis 2021 sollen sie 50 % unseres Stromverbrauchs decken. Bayern kommt damit gut voran. Bereits heute liegt ihr Anteil am Stromverbrauch bei über 33 %. Das ist ein bedeutender Erfolg. Zum Vergleich: Beim Bund sind es heute etwa 23 %.
Ich will aber nichts beschönigen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir sind in einer schwierigen Phase. Wir erleben einerseits eine breite, abstrakte Zustimmung der Bevölkerung zu Energiewende und Kernkraftausstieg. Andererseits gibt es erhebliche Widerstände gegen lokale Projekte. Wir brauchen für die Energiewende die Akzeptanz der gesamten Bevölkerung, einen breiten Mix aller regenerativen Energien und eine kluge Balance zwischen den Schutzgütern Mensch, Natur und Landschaft.
Der Freistaat Bayern macht dabei seine Hausaufgaben. Wir steuern den Ausbau der erneuerbaren Energien verträglich für Umwelt und Landschaftsbild. Aber auch der Bund muss das Seinige dazu tun. Wir müssen bundesweit genau die Energieformen ausbauen und fördern, die wir für die Energieversorgung der Zukunft brauchen. Dazu ist ein neues Strommarktdesign nötig, das zügig entwickelt werden muss. Und wir müssen darauf achten, dass wir für die erneuerbaren Energien nicht mehr bezahlen als nötig, ohne dabei gleichzeitig den Ausbau zu behindern. Als Sofortmaßnahme zur Dämpfung des Strompreises sollte der Bund unter anderem eine deutliche steuerliche Entlastung vornehmen.
Bayerns schöne Landschaft und die vielfältige Natur sind für uns ein großer Reichtum. Mit seiner Biodiversitätsstrategie hat der Freistaat eine Vorreiterrolle übernommen. Wir wollen den Rückgang der Artenvielfalt bis 2020 stoppen. Wir gehen sogar noch weiter: Bis 2020 soll sich für 50 % der Arten die Gefährdungssituation um mindestens eine Stufe verbessert haben.
Um diese Ziele zu erreichen, investieren wir in den nächsten zwei Jahren insgesamt 90 Millionen Euro in Naturschutz und Landschaftspflege. Dabei können wir uns auf hoch kompetente und engagierte Partner verlassen.
Den bayerischen Weg eines kooperativen Naturschutzes zusammen mit Naturschutzverbänden und Landschaftspflegeverbänden, aber auch mit den Landwirten gehen wir ganz bewusst weiter. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle bei den vielen Ehrenamtlichen, die ihren Beitrag dazu leisten, herzlich bedanken.
Neu ist: Mit einem "Aktionsprogramm bayerische Artenvielfalt" geben wir unserer Biodiversitätsstrategie zusätzlichen Schwung. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf endemischen und stark bedrohten Pflanzenarten.
Wir bauen das "BayernNetz Natur" weiter aus. Wir sichern die Zukunft unserer beiden Nationalparks und der Naturschutzgebiete und machen sie noch attraktiver. Etwas Besonderes: Wir haben die große Freude, im Mai dieses Jahres im Nationalpark Berchtesgaden das neue "Haus der Berge" eröffnen zu können. Wir investieren hier 19 Millionen Euro in eine hochkarätige Attraktion des Nationalparks. Es wird auch ein Leuchtturm für unsere starke bayerische Umweltbildung
sein, mit der wir die Menschen für Bayerns Naturschätze begeistern wollen. Es gilt nämlich die Regel: Nur wenn sich die Menschen der Schätze bewusst sind, die wir in Bayern haben, helfen sie auch mit, sie zu schützen.
Dazu soll auch ein anderes Großprojekt dienen, das besonders aktuell ist. Wir erweitern das UNESCO-Biosphärenreservat Rhön um gut 57.000 Hektar auf 130.000 Hektar. Diese Erweiterung wurde nur möglich mit Hilfe der Landkreise und Gemeinden, die dies als Herzensanliegen schon lange definiert haben. Gleichzeitig weisen wir die seit Langem erforderliche Kernzone aus, sichern damit zum einen den vorhandenen Teil des Biosphärenreservats und machen es zum anderen möglich, einen Antrag für die Erweiterung zu stellen.
Der Weg dorthin war übrigens nicht leicht. Gemeinsam mit Landkreisen, Gemeinden und dem Bund ist es mit einem großen Beitrag des Freistaats Bayern nunmehr gelungen, die notwendigen 3.915 Hektar für eine nutzungsfreie Kernzone fristgerecht bereitzustellen. Die abschließende Entscheidung ist justament heute Morgen im Ministerrat gefallen. Dies ist also eine topaktuelle Nachricht.
Die Erweiterung ist ein großer Erfolg für den Naturschutz, und sie ist auch für die ganze Region von Bedeutung. Das Biosphärenreservat ist nicht nur für die Natur wichtig, sondern auch für die Entwicklung und Attraktivität der Region, insbesondere für den Tourismus. Es ist nebenbei das größte Naturschutzprojekt dieser Legislaturperiode, und es ist auch ein Beispiel dafür, wie Großprojekte des Naturschutzes im Konsens aller und gemeinsam mit den Bürgern gelingen. Ein herzlicher Dank gilt allen Beteiligten, insbesondere den Bayerischen Staatsforsten, die zweieinhalbtausend Hektar und damit den größten Brocken beigesteuert haben, aber auch den Landkreisen und Gemeinden, die sich aktiv bemüht haben, und natürlich auch an die Bundeswehr und die Bundesvermögensverwaltung. Sie alle haben ihren Teil dazu beigetragen.
Beim heiß diskutierten Thema "naturschutzrechtlicher Ausgleich bei Eingriffen" stehen wir ebenfalls vor einem wichtigen Durchbruch. Wir haben hier eine neue, zukunftsweisende Konzeption erarbeitet. Sie stellt den Ausgleich auf eine neue Basis, zumindest was das Bundesnaturschutzgesetz angeht. Mit dieser Konzeption ist Bayern bundesweit Schrittmacher. Das Zauberwort, das dahintersteht, heißt Flexibilisierung. Wir konzentrieren uns nicht mehr auf die unmittelbare Nachbarschaft einer Eingriffsfläche, sondern betrach
ten die ökologischen Zusammenhänge in einem größeren Bereich. Das eröffnet uns zusätzliche Möglichkeiten für den Ausgleich. Der oberste Grundsatz wird künftig sein: Qualität vor Quantität. Je hochwertiger der Ausgleich, desto weniger Fläche wird fällig.
Über Ökokonten entzerren wir den Ausgleich auch zeitlich. Mit alledem machen wir einerseits den Ausgleich qualitativ noch besser, noch gezielter, das heißt: Wir schaffen mehr Ökoprofit, wie man es heute nennt. Andererseits schonen wir gerade unsere ertragreichsten und wertvollsten Ackerböden. Mit dieser Herangehensweise gewinnen meiner Meinung nach alle: Natur, Vorhabensträger und Landwirte.
Dabei bleibt der Grundsatz ähnlich wie bei der Energie erhalten: Die beste Fläche ist die, die wir nicht zubauen. 18 Hektar pro Tag in Bayern sind immer noch zu viel. Hier werden wir unsere Anstrengungen intensivieren. Aber auch die Kommunen müssen mitmachen.
Den dicksten Knoten haben wir zweifellos beim Donauausbau durchschlagen. Nach Jahrzehnten oft harter Auseinandersetzung schien das kaum noch im Konsens lösbar. Die Menschen vor Ort haben uns zuletzt bei der Donaubereisung des bayerischen Ministerpräsidenten überzeugend und glaubwürdig gesagt: "Die frei fließende Donau ist für uns Heimat und ein großer Schatz. Wir werden dafür kämpfen." Ich glaube, sie haben recht. Ich sage das nicht nur, weil eine Umfrage zeigt, dass 74 % der Bayern eine ähnliche Position vertreten, sondern auch deswegen, weil ich davon überzeugt bin, dass der bayerische Donauraum in der Tat ein deutschlandweit einzigartiger Naturschatz ist. Die niederbayerische Donau ist ein wahrer Hotspot der Artenvielfalt. Bayern hat die Pflicht, diesen ökologischen Schatz zu bewahren.
Aber es geht nicht nur um Ökologie, sondern es gibt auch einen wirtschaftlichen Aspekt. Mit unserer bayerischen Entscheidung ergreifen wir die historische Chance, ein wirtschaftliches Großprojekt im gesellschaftlichen Konsens zu realisieren. Wir erfüllen das mit Leben, was ich vorher als neue Leitlinie für intelligentes Wachstum benannt habe: optimieren statt maximieren, um ökonomisch stark und zugleich ökologisch reich sein zu können.
Wir ertüchtigen die Donau für den Schiffsverkehr und verzichten dabei auf Staustufe und Kanal. Eines ist mir dabei ganz besonders wichtig: Wir starten schon jetzt mit voller Kraft durch beim dringend notwendigen Hochwasserschutz für die Menschen vor Ort. Bereits in diesem Jahr 2013 beginnen wir mit dem Bau vorgezogener Hochwasserschutzprojekte, und wir legen für die Donau eigens ein Sonderfinanzierungsprogramm
mit 315 Millionen Euro auf. Für 2014 steht ein Startpaket mit 100 Millionen Euro für Planung und Bau von Hochwasserschutzmaßnahmen an der Donau zur Verfügung. Wir machen das ausdrücklich als separates Projekt. Diese Sondermittel für die Donau sollen nicht zulasten anderer dringender Hochwasserschutzmaßnahmen in Bayern gehen. In den Jahren 2013 und 2014 halten wir für die übrigen Maßnahmen mit 115 Millionen Euro ein gleich hohes Niveau.
Die Donau steht also stellvertretend für ein Großprojekt, das man durchsetzen kann, aber auch noch für etwas anderes, nämlich den großen Wert, der in Bayern den Gewässern und generell dem Wasser zugebilligt wird. Wasser als Lebensmittel Nummer eins gehört zu den wichtigsten Dingen, um die wir uns kümmern müssen. Bayern schützt seine wertvollen Gewässer für ökologisch gesunde und saubere Flüsse und Seen. Dafür investieren wir jedes Jahr 40 Millionen Euro.
Am meisten beschäftigt uns derzeit die Zukunft unseres bayerischen Trinkwassers. Die kommunalen Wasserversorger liefern uns erste Qualität. Bayern hat faire und bundesweit die niedrigsten Preise. Das muss auch so bleiben. Deswegen sagen wir ausdrücklich Nein zur Liberalisierung und Privatisierung unserer Trinkwasserversorgung.
Die Wasserversorgung muss von der Konzessionsrichtlinie vollständig ausgenommen werden. Aus demselben Grund stelle ich mich persönlich auch gegen neuartige Gasfördermethoden, solange ein Restrisiko für unser Trinkwasser nicht zu 100 % ausgeschlossen werden kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine gesunde Umwelt und eine intakte Natur sind die Grundlagen für ein gutes und gesundes Leben. Aber das allein reicht natürlich nicht aus. Zum Leben gehören auch gesunde Lebensmittel. Die derzeit circa 850 Lebensmittelkontrolleure und Amtstierärzte in Bayern − dabei spreche ich nicht einmal von den circa 900 amtlichen Tierärzten, die noch in der Fleischbeschau tätig sind − nehmen ihre Wächterfunktion kompetent und hoch engagiert wahr. Dafür möchte ich ihnen an dieser Stelle ausdrücklich danken.