Jetzt kommen wir zur voraussichtlich letzten Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt. Frau Kollegin Ulrike Müller von den FREIEN WÄHLERN hat das Wort.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Sicherung der Artenvielfalt und der Erhalt der Lebensräume werden in Bayern, in Deutschland und auch in Europa von vielen Seiten in Bedrängnis gebracht. In der Regel sind es die Menschen in ihrer Gesamtheit, die dieses hohe Ziel teilweise infrage stellen, oder
Da ist zum einen der verständliche Wunsch nach angemessenem Wohnraum; das viel zitierte Häuschen im Grünen ist nach wie vor das große Ziel vieler Einzelner, auf das man jahrzehntelang gespart hat. Zum anderen ist auch der Wunsch nach einer gut ausgestatteten Infrastruktur verständlich. Einen solchen Wunsch haben sowohl die Menschen, die von ihrem Wohnort zur Arbeit fahren müssen, als auch die Wirtschaft, die Güter und Dienstleistungen schnell und zuverlässig an die Kunden bringen möchte.
Um Waren herzustellen, müssen Arbeitsplätze geschaffen und Gewerbegebiete ausgewiesen werden. Wir alle wollen raus aus der Kernenergie; die nachwachsenden Rohstoffe sollen das Erdöl ersetzen, und damit hängt sowohl die stoffliche als auch die energetische Nutzung zusammen.
Wir wollen eine reiche Auswahl an Lebensmitteln. Den Wunsch nach etwas mehr als nach der sprichwörtlichen Schüssel Reis haben Abermillionen von Menschen auch in den Schwellenländern, und wer wollte ihnen das verdenken.
All diese berechtigten, nachvollziehbaren Bedürfnisse erzeugen zwangsläufig Zielkonflikte. Wenn immer mehr Fläche in Bayern versiegelt wird, ist es nicht sonderlich erstaunlich, dass auch die Anzahl der Individuen der einzelnen Arten im Rückgang begriffen ist. Daher ist und bleibt aus unserer Sicht die Eindämmung des immensen Flächenverbrauchs der wichtigste Schlüssel im Kampf um die Artenvielfalt.
Wir haben das Glück, auf einem schönen Fleckchen Erde zu leben, auf dem es hervorragende Voraussetzungen für eine nachhaltige Landbewirtschaftung gibt. Allerdings haben wir im Antragspaket der GRÜNEN für eine Biodiversitätsstrategie auch einige Anträge, die wir nicht mittragen können. Die Forderung nach dem Schutz der Verantwortungsarten in Tagesordnungspunkt 13 können wir nicht unterstützen, weil es hier um einen bundesweiten Ansatz geht. Ein bayerischer Sonderweg ist aus unserer Sicht wenig sinnvoll; er würde unnötige Diskussionen und langwierige Verfahren aufgrund fehlender rechtlicher Grundlagen auf der zuständigen Bundesebene hervorrufen.
Sehr erstaunt hat mich die Diskussion im Ausschuss über den Antrag zur Erfassung der Lebensräume und Arten in den sogenannten Natura-2000-Gebieten. Den Grundeigentümern wurde damals bei der Ausweitung der FFH-Gebiete suggeriert, dass es lediglich um ein Verschlechterungsverbot gehe. Gleichzeitig wurde suggeriert, dass nur besonders wertvolle Flächen nach Brüssel gemeldet würden. Ich habe die un
terschiedlichen Ausführungen im Protokoll gelesen und entnehme diesen, dass für große Teile der ausgewiesenen Gebiete nicht einmal die vorhandenen Arten und Lebensräume bekannt waren und es bis heute nicht sind. Dann drängt sich mir schon die Frage auf, wer über die Köpfe der Eigentümer hinweg mit welcher Legitimation diese Flächen nach Brüssel gemeldet hat.
Gerade vor dem Hintergrund des artenschützerischen Blindflugs muss gegenüber den Grundeigentümern in diesen Gebieten der Grundsatz der Beibehaltung der bisherigen Nutzung deutlich dargestellt und klargemacht werden, dass durch diese Nutzung das Vorhandensein dieser Arten letztendlich sichergestellt wurde. Unter dem Blickwinkel, dass hier offensichtlich im Blindflug und in blindem Aktionismus gemeldet wurde, macht zum jetzigen Zeitpunkt erneuter Aktionismus wenig Sinn.
Die Verwaltung arbeitet kontinuierlich an der Erfassung der Daten. Wir haben es gehört. Eine Million Euro werden dafür ausgegeben. Eine Datumsvorgabe ändert nichts an der Qualität der Fläche. Bei der Ausgestaltung der Managementpläne muss klar Qualität vor Geschwindigkeit gehen. Und zur Qualität gehört aus unserer Sicht natürlich die Akzeptanz der Grundeigentümer sowie der Bevölkerung vor Ort. Daher macht eine starre Datumsvorgabe aus unserer Sicht keinen Sinn. Kooperationen auf den Weg zu bringen, finden wir gut, aber nicht mit einem unnötigen Zeitdruck. Wir FREIEN WÄHLER stehen klar zur Kooperation; wir lehnen staatlichen Dirigismus und in diesem Falle gar blindwütigen Aktionismus ab.
Naturwaldreservate oder – in anderen Worten – Waldwildnisgebiete sind ohne Zweifel ein wichtiger Beitrag zur Sicherung der Biodiversität. Das dort vorhandene Totholz bietet insbesondere unzähligen Insektenarten und Pilzen einen wirklich wunderbaren Lebensraum. Aber bei der Schaffung solcher Gebiete muss aus Sicht der FREIEN WÄHLER die jeweilige Situation vor Ort und nicht eine starre Hektarvorgabe berücksichtigt werden.
Wir haben 160 Naturwaldreservate in Bayern, und wir sind froh, dass fast alle Waldgesellschaften hier jetzt bereits erfasst sind. Die Bemühungen, die fehlenden Bereiche noch einzubinden, sollten selbstverständlich verstärkt werden. Dazu bringt der vorliegende Antrag der Serie Nummer 8 aber keinen erkennbaren Nutzen. Auch im Privatwald sind bereits solche Naturwaldreservate eingerichtet worden, und möglicherweise können auf diesem Weg einige Lücken geschlossen werden. Auch hier fehlt die Kooperation mit den Grundstückseigentümern. Der Schlüssel zum Fortschritt in Umwelt- und Artenschutz kann nur in der
Die Sicherung der natürlichen Ressourcen ist die entscheidende Aufgabe bei der Gestaltung unserer Zukunft. Die staatliche Keule und der Zwang mögen zwar auf den ersten Blick schneller Erfolge bringen, Nachhaltigkeit setzt aber auch Überzeugungstäter voraus, und Überzeugungstäter entstehen durch Überzeugungsarbeit und verlässliche Zusammenarbeit.
Auf diesem Weg hat Bayern beachtliche Erfolge vorzuweisen; diese gilt es auszubauen und langfristig zu sichern. Wir FREIEN WÄHLER stehen zum Eigentum und zu den freiwilligen Vereinbarungen vor dem Ordnungsrecht. Die heutige Diskussion in der Aktuellen Stunde zum Hochwasser hat mich in einigen Bereichen schon erschreckt. Ich bin nämlich der Meinung, dass eine vernünftig landwirtschaftlich genutzte Fläche wesentlich mehr Wasser zurückhält als so manche verwahrloste Gammelfläche, die wir auch in einigen Regionen unseres Bayernlandes haben.
Hier nur in blindem Aktionismus auf die Landwirte einzudreschen, die jetzt wieder enorme Schäden mitzutragen haben, ist für mich ebenso wenig zielführend, wie im Bereich der CO2-Zertifikate oder des Klimaschutzes den Grünlandumbruch allein verantwortlich zu machen. Dann gucken wir doch bitte mal hin, wo wir selber stehen und was wir mit den Autos und durch den Verkehr tatsächlich an CO2-Belastungen produzieren. Mit gutem Vorbild könnten wir hier als Verantwortliche einiges besser machen und nicht nur auf Grünlandumbruch oder auf die Landwirtschaft zielen.
In diesem Sinne noch einmal klar und deutlich: Wir FREIEN WÄHLER stehen zum Eigentum, wir sind für die freiwilligen Vereinbarungen vor dem Ordnungsrecht.
Vielen herzlichen Dank. Nun hat sich zu Wort gemeldet Staatsminister Dr. Marcel Huber für die Staatsregierung. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich ist die Debatte quasi schon beendet. Da haben wir alle Argumente ausgetauscht. Ich denke, im Vergleich zu dem, was in den Ausschüssen tatsächlich debattiert worden ist, ist heute nicht wirklich Wesentliches hinzugekommen. Es ist eigentlich nur eine Wiederholung dessen gewesen, was man da schon ausführlich besprochen hat.
Aber den Eindruck, als sei alles so fürchterlich, die Staatsregierung tue nichts und in Bezug auf Artenschutz sei in Bayern nichts los, kann ich auch nicht stehen lassen. Aus diesem Grund habe ich mich noch einmal kurz zu Wort gemeldet und will an der Stelle positiv vermerken: Ich finde es toll, dass wir das gemeinsame Ziel haben, die bayerische Biodiversitätsstrategie voranzubringen. Das eint uns. Das ist auch mein Bestreben. Ich finde es klasse, wenn Sie unseren Artenschutzbericht von 2010 so aufmerksam studiert haben; das ist auch nicht selbstverständlich. Aber zum großen Teil
sind die Dinge, die heute hier vorgetragen worden sind, in unserem "Aktionsprogramm Bayerische Artenvielfalt" längst angegangen, umgesetzt oder in Umsetzung. Andere Dinge sind naturschutzfachlich nicht vordringlich, und wieder andere Dinge sind eigentlich etwas, was man dem Bund vortragen muss und nicht uns. - Also, so schlecht, wie Sie es hier zu vermitteln versuchen, ist die Bilanz gar nicht.
Die Anträge zielen auf etwas, was uns ganz besonders wichtig ist, nämlich den Schutz von Endemiten und Subendemiten. Dass der Schutz der Naturschönheiten und des Artenreichtums für uns eine ganz große Aufgabe ist, sieht man allein schon daran, dass 2008 Bayern das erste Land war, das eine Biodiversitätsstrategie beschlossen hat. Im August 2012 haben wir dann auch noch ein "Aktionsprogramm Bayerische Artenvielfalt" nachgeschoben, und ich darf an der Stelle sagen, es fließt viel Geld in Arten- und Naturschutz, aber auch in Landschaftspflege. Diese Summe haben wir gerade in diesem Haushalt noch einmal erhöht: eine Million Euro für den Naturschutz und Artenschutz und zwei Millionen Euro zusätzlich für Vertragsnaturschutz und Landschaftspflege.
Da geht es uns ganz speziell eben auch um die endemischen und subendemischen Arten. Ich will Sie jetzt nicht langweilen mit einer langen Liste vielfältiger Aktivitäten, aber wenn ich bloß an den Kiebitz denke, wenn ich an Tagfalterarten denke, die Bachmuschel, die Bewahrung von Obstsorten. Gerade das HuchenProgramm, bei dem wir über 500 Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerdurchgängigkeit machen, ist das, was der Huchen dringend braucht: Artenhilfsprogramme für Huchen in Niederbayern und Schwaben.
Nicht zuletzt nenne ich etwas, was ich mir vorletzte Woche noch einmal angeschaut habe, wobei ich auch Gelegenheit hatte, der Universität Regensburg einen Preis zu übergeben. Es geht nämlich um diese Genbank Bayern Arche, ein Projekt, bei dem wir versu
chen, heimische Gefäßpflanzen zu retten, indem wir nicht nur die Fortpflanzungsmöglichkeiten voranbringen, das heißt nachzüchten, sondern auch den Samen einfrieren und damit für kommende Generationen erhalten. Übrigens – ganz nebenbei gesagt – kostet das 500.000 Euro.
Darüber hinaus geht es uns bei den gezielten Artenschutzmaßnahmen darum, einzelne Arten zu erhalten, die besonders gefährdet sind. Auch hier Beispiele: Große Hufnase, Apollofalter -
- Entschuldigen Sie, dass ich heute ein bisschen unaufmerksam bin. Ich habe ein paar anstrengende Tage hinter mir. Sie mögen mir verzeihen, dass ich diesen Namen unkorrekt wiedergegeben habe.
Also: Flussperlmuschel – auch etwas, was uns besonders am Herzen liegt und was in vielfältiger Weise hier in Bayern vorangebracht wird. Es gibt zwölf eigene Projekte hierfür.
Dass wir an dieser Stelle nicht untätig sind, glaube ich an diesen Beispielen klar belegt zu haben. Allerdings reicht es nicht; denn wir leben in einer Zeit des Klimawandels. Das haben Sie heute auch schon mehrfach angesprochen. In einer Zeit des Klimawandels sind Arten gezwungen, sich zu bewegen, insbesondere dann, wenn dieser Klimawandel so schnell vorangeht, dass es für die Arten schwierig wird, Grenzen zu überspringen. Aus diesem Grund helfen nur Lebensraumvernetzung und Artenhilfsmaßnahmen. Das "BayernNetz Natur" hat hierfür allein 382 Projekte in Bayern laufen. Also, dieses Thema nehmen wir an.
Ich bin selber unglücklich darüber, dass die Zahl der Rote-Liste-Arten sich so entwickelt. Aber die Ursachen dafür sind vielfältig und nicht nur mit den zu geringen Investitionen der Staatsregierung zu begründen.
Ich danke an dieser Stelle übrigens ausdrücklich den vielen ehrenamtlichen Helfern, Fachleuten, die in diesem Bereich tätig sind. Bayern ist ein Land, in dem viele ehrenamtlich Tätige unterwegs sind. Die Roten Listen wären nicht erstellbar, hätten wir nicht so viele ehrenamtliche Naturschutzspezialisten unterwegs, die
Der FFH-Bericht, den wir der EU alle sechs Jahre vorlegen müssen, zeigt eben auch Fortschritte. Wir sind hier bezüglich der Meldung des Erhaltungszustands weitergekommen. Zurzeit sind es nur noch 23 Arten, während es 2007 noch 80 waren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, diese Dinge zeigen, dass wir ganz gut unterwegs sind. Ich verstehe auch, dass Sie bestimmte Dinge anmahnen. Mir geht es manchmal auch nicht schnell genug voran, nicht so schnell, wie ich es gerne hätte. Aber die Managementpläne können heutzutage eben nicht nur am grünen Tisch geschrieben werden. 255 Pläne haben wir fertig gestellt, 200 sind in Bearbeitung. An dieser Stelle möchte ich sagen: Mir ist es wichtig, dass diese Pläne nicht einfach vorgegeben werden. Sie haben sich ja gerade erst gegen ein Ordnungsrecht ausgesprochen. Wir wollen das mit den Menschen vor Ort machen, und für die Öffentlichkeitsbeteiligung am runden Tisch braucht man eben Zeit. Das ist auch nicht einem mangelnden guten Willen geschuldet, sondern dem Willen, es ordentlich zu machen. Naturschutz kann man nicht gegen die Leute, Naturschutz muss man mit den Leuten machen.
Zum Steigerwald ist schon so viel gesagt worden, dass ich dazu jetzt auch nichts mehr sagen möchte, außer Folgendem: Wenn Sie sagen, es gebe ein paar, die es haben wollten, dann ist es gut. Wäre es die Mehrheit, dann wäre ich bereit, es zu machen. Aber mein Eindruck und das Feedback ist: Der überwiegende Anteil der Menschen will es nicht haben. Solange das so ist, werden wir uns nicht eingehender damit befassen.
Ich fasse zusammen: Die Staatsregierung nimmt gerade das Thema Artenschutz ganz besonders ernst. Wir wissen, dass die Förderung der biologischen Vielfalt in Bayern ein wichtiges Thema ist, dem wir uns auch intensiv widmen wollen. Aus diesem Grund setzen wir auf starke Netzwerke mit Naturschutzbehörden, mit ehrenamtlichen Naturschützern in den Verbänden und glauben, dass wir so das Thema ausreichend voranbringen. Die Anträge, die Sie gestellt haben, bringen uns mit Sicherheit nicht wesentlich weiter. – Vielen Dank.