(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, BIW, Abgeordneter Patrick Öztürk [SPD, fraktionslos], Abgeordneter Schäfer [LKR], Abge- ordnete Wendland [parteilos])
Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Bericht der staatlichen Deputation für Soziales, Jugend und Integration, Drucksache 19/1949, Kenntnis.
Jugend im Parlament 12. bis 16. November 2018 Bericht des Präsidenten der Bremischen Bürgerschaft vom 21. Dezember 2018 (Drucksache 19/1984)
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! „Jugend im Parlament“ hat nun zum zehnten Mal stattgefunden und das, wie ich finde, ausgesprochen erfolgreich. Die Veranstaltung ist zu einem festen Bestandteil der parlamentarischen Arbeit geworden mit dem Ziel, Beteiligung in der Bevölkerung zu organisieren. Konkret mit dem Ziel, mit möglichst authentischer Arbeit Schülerinnen und Schülern die Organisation von Demokratie durch Parlamentarismus näher zu bringen. Dafür gebührt zuerst der Bürgerschaftskanzlei Dank, die hierzu wiederum keine Mühen gescheut hat.
Dafür gebührt zum Zweiten den Schülerinnen und Schülern Dank, die sich, länger als eine Schulwoche ausmachen würde, Zeit genommen haben um vielfältige Themen zu bearbeiten und Forderungen durch Beschlüsse zu formulieren, die in der Tat ganz nah an unserer Arbeit sind. Lassen Sie mich zum Dritten aber auch sagen, dass sich die Arbeit der Institution „Jugend im Parlament“ in dieser Bremischen Bürgerschaft ziemlich genau auf die letzten 20 Jahre und damit auf die Amtszeit unseres verstorbenen Bürgerschaftspräsidenten bezieht. Auch dafür herzlichen Dank, Christian Weber!
Es ist sicher kein Zufall, dass das erste Themenfeld Bildung heißt. Ein Bereich, der Schülerinnen und Schüler nicht nur aus politischen Gründen interessieren dürfte, sondern auch ganz persönlich betrifft. Hier wurden unter den Stichworten Digitalisierung und Lehrerinnen- und Lehrermangel zwei ganz zentrale Zukunftsherausforderungen herausgegriffen, die es unbedingt wert sind, hier und jetzt nochmals thematisiert zu werden.
Zunächst zur Digitalisierung, die meines Erachtens zu Recht als ein zentrales Handlungsfeld identifiziert wurde und bei der die Politik aufgrund des inzwischen vereinbarten Digitalpaktes – man ist versucht zu sagen endlich – handlungsfähig ist um die in der Tat, Zitat: „signifikanten Rückstände in unseren Schulen“ zu beseitigen. Über dieses Ziel, und da reiht sich der Beschluss der Schülerinnen und Schüler in die auch in diesem Hause mutmaßlich vorherrschende Meinung ein, gibt es wohl keinen Streit. Hier haben wir eher ein Problem mit zu langsamer Umsetzung, zum Beispiel bei der Hardware einerseits und der Aus- und Weiterbildung der Lehrenden andererseits. Ein Stand und eine Entwicklungsgeschwindigkeit, die mit dem Fortschritt außerhalb der Schulen zurzeit einfach nicht Schritt hält. Das, so auch meine Meinung, meine Damen und Herren, muss anders werden.
Einen bemerkenswert dargestellten Zusammenhang zwischen Digitalisierung und Möglichkeiten der Reduzierung von Unterrichtsausfall möchte ich hier nicht unerwähnt lassen. Digitalisierung wird, wie meines Erachtens zutreffend angemerkt wird, unterrichtsunabhängiger von Zeit und Raum, vielleicht auch von der jederzeitigen persönlichen Gegenwart des oder der Lehrenden machen. Digitalisierung wird deshalb sicher in unterschiedlicher Form helfen, Unterrichtsausfall reduzieren und die Möglichkeiten individualisierten Lernens erhöhen. Dennoch wird mit den Beschlüssen zum Lehrerinnen- und Lehrermangel aus sehr guten Gründen auf einen zweiten Bereich Bezug genommen, der uns jetzt und erst recht in überschaubarer Zukunft beschäftigen wird.
Ein Blick auf die Zahlen zur Personalausstattung verdeutlicht dieses. Selbst wenn man in der Kommune Bremen alle 300 Kräfte der Stadtteil-Schule e.V. voll einberechnet, und Vertretungsnotwendigkeiten weitgehend außer Acht lässt, fehlen am Ende noch gut 30 Vollzeitlehrkräfte für unsere Schulen. Nur so ist übrigens auch zu erklären, warum außerhalb des Personals Projekte wie WISO pro Schule oder wahrscheinlich, zumindest zum Teil, die Kitabeitragsfreiheit vom Bildungsressort aus Personalmittel bezahlt werden könnte. Höchstwahrscheinlich am Ende zu Lasten einer selbst für notwendig gehaltenen, aber real nicht vorhandenen Personalausstattung. Stichworte wie verstärkte Aus- und Weiterbildungsanstrengungen, Seiteneinstieg und Stärkung der Attraktivität des Berufsbildes Lehrerinnen und Lehrer gehören deshalb
ganz oben auf die Agenda. Die von uns im Bildungskonsens vereinbarten 105 Prozent Personal in den Schulen dürfen kein Papiertiger sein, sie müssen Realität werden, meine Damen und Herren!
Lassen Sie mich kurz einen letzten Aspekt aus den Beschlüssen der Schülerinnen und Schüler herausgreifen, das so genannte Kooperationsverbot, das uns in den letzten Jahren immer wieder beschäftigt hat und das zuletzt im Zusammenhang mit dem Digitalpakt wieder Thema geworden ist. Aus Bremer Sicht ein Streit übrigens eher in Richtung anderer Bundesländer, weniger zwischen den hier vertretenen Parteien. Ein Streit allerdings, der Zeit kostete und an dem auch der Senat, für Bremen politisch umstritten, beteiligt war. Auch wenn nachdrücklich festzuhalten ist, dass der Verweis auf andere Länder oder den Bund nicht zur Relativierung der eigenen Regierungsverantwortung taugt, bleibt festzuhalten, dass wir in der Zukunft einen Föderalismus gewährleisten müssen, der auch von kommenden Generationen –
ich komme gleich zum Schluss – als Stärke empfunden wird. Der nicht Fortschritt schwieriger macht, sondern zeitgemäß fördert, der gleichwertige Entwicklungschancen im gesamten Bundesgebiet im Auge hat. Der Kooperation in gemeinsamen Anliegen –und Digitalisierung ist ein solches – nicht lebensfremd und quälend langsam, sondern effektiv und nah an den Bedürfnissen der Menschen ermöglicht und begleitet. Nur so – und auch das machen die vorliegenden Beschlüsse der Schülerinnen und Schüler für mich unmissverständlich klar – wird es zukünftig Unterstützung für unseren föderalen Staatsaufbau und die eigenständigen Verantwortlichkeiten der Länder bei uns geben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor zwei Jahren bedauerte ich an dieser Stelle, dass „Jugend im Parlament“ nur alle zwei Jahre stattfindet. Ich weiß, dass Christian Weber dies ebenso sah und dass ihm die Veranstaltung immens wichtig war. Damals machte ich den Vorschlag, die Jugendlichen ihre Resolutionen in der heutigen Bürgerschaftssitzung selbst vorstellen zu lassen. Christian Weber antwortete, man müsse sehen, welche Ideen man umsetzen könne. Dass sich diese Veranstaltung überhaupt in diesem Hause etabliert hat, ist schon sensationell.
Sensationell ist die großartige Art und Weise, wie ihr Jugendlichen hier politisches Engagement zeigt. Ihr setzt euch mit vielen, selbst gewählten politischen Themen auseinander und liefert uns Parlamentariern somit Impulse für unsere politische Arbeit. So wie meine Kolleginnen und Kollegen habe ich mich gern an den Diskussionen beteiligt, wenn ich auch gestehen muss, dass es mir manchmal schwer fiel, mich dem strengen Protokoll zu unterwerfen.
Wir danken den Jugendlichen für ihre Beteiligung und die ernsthafte Auseinandersetzung mit so wichtigen Themen. Von den 52 Jugendlichen kamen 15 aus Bremerhaven und sie achteten in den Diskussionen sehr darauf, dass auch die Themen aus ihrer Heimatstadt nicht zu kurz kamen. Großartig!
Schade, dass es noch nicht gelang, Auszubildende einzubinden. Vielleicht können für die nächste Veranstaltung die Berufsschulen helfen, dass sich ein interessierter Personenkreis findet. Ich bin mir sicher, dass auch die Auszubildenden Themen haben, die es wert sind, diskutiert zu werden.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beschäftigen sich mit einem breiten Themenfeld. Ich selbst nahm an der aktuellen Stunde zum Thema Digitalisierung an Schulen teil. Eine lange Liste von nachvollziehbaren Forderungen wurde erarbeitet und besonders der Schlusssatz hat mich beeindruckt, ich zitiere: „Dies sind unsere Lösungsmaßnahmen für
das Einbringen der digitalen Lehrmittel an Schulen sowohl an staatlichen als auch an privaten, um die Motivation der Schülerinnen und Schüler zu steigern und den Bildungsstandards der heutigen Zeit gerecht zu werden.“ Der in der vergangenen Woche unterschriebene Digitalpakt eröffnet hier neue Möglichkeiten und ich hoffe sehr, dass Schülerinnen und Schüler die als digital natives oft mehr von dem Thema verstehen als einige von uns, in Entscheidungsprozesse eingebunden werden.
Alle behandelten Themen sind aktuell und hoch spannend. Es sind Themen, die jeden von uns bewegen. Wie wichtig sie besonders für die Jugend der Welt sind und dass auch ein einzelner Jugendlicher etwas bewegen kann, zeigt uns Greta aus Schweden. Im Bereich Soziales haben die Jugendlichen eine ganze Reihe an Forderungen aufgestellt. Alle haben sie gemeinsam, dass sie uns Politikern etwas mitgeben, das sonst schwer für uns zu bekommen ist, nämlich den Blick der nächsten Generation auf soziale Gerechtigkeit. Ein Thema, das uns allen besonders am Herzen liegt, ist die Bekämpfung von Kinder- und Jugendarmut. Die Notwendigkeit, dass sich hier etwas grundsätzlich ändert und die große Bedeutung von Bildung in diesem Zusammenhang, muss ich nicht betonen. Ihr fordert mit Recht tatsächliche Lehrmittelfreiheit im Land Bremen. Hier müssen wir nach Ideen suchen, wie diese auch finanziert werden kann. Die Ausweitung des Bremer Passes auf Bremerhaven ist eine erstrebenswerte Maßnahme und sollte bald umgesetzt werden. Beim Zuverdienst halten wir Freien Demokraten eine Anhebung der Grenze für sinnvoll, wir setzen uns auch auf Bundesebene dafür ein.
Wir wollen aber mehr. Wir wollen, dass jedes Kind, jeder Jugendliche einen eigenen Anspruch auf Förderung unabhängig davon hat, aus welcher Familie er kommt. Wir Freien Demokraten haben den Antrag gestellt, ein Kinderchancengeld einzuführen, um Kinderarmut aktiv zu bekämpfen, ihr habt uns soeben darüber diskutieren gehört. Und natürlich würden wir uns, genauso wie alle anderen Fraktionen, freuen, wenn ihr uns besucht und euch weitere Informationen von uns dazu geben lasst.
Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass das Thema Politik in den Schulen den notwendigen Raum erhält, denn eines macht „Jugend im Parlament“ deutlich: Politikverdrossenheit ist nicht angeboren und es ist in unserer Verantwortung, dass
Schließen möchte ich mit einem Appell an euch: Dieses Engagement, die Leidenschaft und die fachliche Tiefe, mit der ihr hier diskutiert, debattiert und gearbeitet habt, all das braucht unser Bundesland, um Zukunft zu gestalten. Bleibt daran, nutzt eure Stimme und engagiert euch weiterhin so zahlreich und leidenschaftlich politisch für Bremen. Die Zukunft unseres Bundeslandes liegt in euren Händen. Macht etwas daraus! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Unter dem Titel: Schülerinnen und Schüler aller Klassen politisiert euch, hat „Jugend im Parlament“ folgende Resolution verabschiedet: „Jugend im Parlament“ verlangt die Förderung eines nachhaltigen politischen Interesses bei jungen Menschen durch die Schule, um eine freie Meinungsbildung zu gewährleisten. Dieses soll durch einen einmal pro Halbjahr stattfindenden Workshoptag bewerkstelligt werden. Dieser interaktive Workshop findet mit Beginn der Sekundarstufe 1 bis zum Ende der Schullaufbahn an allen Schulen im Bundesland Bremen statt. Die Workshops sind an allen allgemein bildendenden sowie Berufsschulen verpflichtend.
In meinem Debattenbeitrag, der von mir eingefordert worden ist, habe ich ausgeführt, das wäre eine Form von elaboriertem Politikunterricht, ob wir so etwas wirklich brauchen weiß ich nicht. Ich bin davon ausgegangen, dass Politisierung im Regelfall nicht in der Schule, sondern entlang gesellschaftlicher Konflikte stattfindet. So haben, glaube ich, auch viele, die hier sitzen ihren Zugang zu Politik gefunden.