Protocol of the Session on April 25, 2001

Login to download PDF

Wenn wir über Kinderbetreuung sprechen – insbesondere über die aus Sicht der CDU –, dann lohnt es sich, einen Blick in die Länder zu werfen, in denen die CDU oder die CSU die Regierungsverantwortung tragen.

(Helga Christel Röder CDU: Es ist nichts zu verste- hen hier! Langsamer!)

Ich wiederhole langsam: Wenn man wissen möchte, wie Kinderbetreuung in CDU- oder CSU-regierten Ländern stattfindet, dann sollte man einmal dort hinschauen, wo diese Regierungsmehrheiten vorhanden sind.

Wenn man beispielsweise in Bayern, Hessen oder BadenWürttemberg einen Krippenplatz für ein zweijähriges Kind sucht, dann muß man viel Glück haben, Herr Harlinghausen, denn die Versorgungsquote liegt dort unter 2 Prozent. Das ist eine neue Form der Süddeutschen Klassenlotterie.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

(Rolf Harlinghausen CDU)

Wer glaubt, bei der Hortversorgung auf bessere Zahlen und Daten zu stoßen, wird auch enttäuscht. Hessen bietet für seine Schüler Hortplätze von 4,7 Prozent an, nicht mehr.

(Holger Kahlboom SPD: Hört mal zu, dann könnt ihr etwas lernen!)

Herr Harlinghausen, ich nenne Ihnen die Hamburger Zahlen: Hier werden fünfmal mehr Hortplätze und neunmal mehr Krippenplätze als in den von mir genannten Ländern Bayern, Hessen und Baden-Württemberg angeboten.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wenn Sie glauben, diese Aussage sei eine plumpe Wahlpropaganda, so stimmt das nicht. Es sind amtliche Zahlen aus der Übersicht der Landesjugendämter, zu der auch die vorgenannten Länder ihre Zahlen liefern.

Von der CDU ist in den letzten Wochen und Monaten vor allem nach den Karlsruher Richtersprüchen zur Pflegeversicherung und zum Familienlastenausgleich viel über Familienpolitik geredet worden: Stoiber bietet 1000 DM als Babyprämie für die ersten drei Jahre an, Angela Merkel legt noch einmal 200 DM oben drauf und verspricht – hören Sie bitte zu, Herr Harlinghausen – bei gleichzeitiger Standardabsenkung einen Ausbau von Kita-Plätzen.

Wenn man sich unter www.CDU.de einklickt, dann findet man dort im Zusammenhang mit dem Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz den bemerkenswerten Satz:

„Die Senkung überzogener Standards ist eine wichtige Aufgabe.“

Herr Harlinghausen, das ist keine Familienpolitik, sondern eine Katastrophe.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Sie müssen uns erklären, was Sie von der real existierenden CDU-Wirklichkeit auf Hamburg übertragen wollen.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Die SPD-Wirklichkeit ist auch nicht besser!)

Zu Herrn Stoiber. Mit einem kurzem, dreijährigen Familiencash ist keiner Familie gedient. Familien brauchen Sicherheit und Verbindlichkeit, Kinder und Beruf unter einen Hut zu bringen. Ein Paar, das heute überlegt, eine Familie zu gründen oder ein weiteres Kind zu bekommen, läßt sich mitnichten von einer Babyprämie überzeugen, sondern nur von einer verläßlichen und qualitativ hochwertigen Kindertagesbetreuung.

(Karen Koop CDU: Und einer kostenlosen!)

Das haben wir in Hamburg schon erkannt, bevor Karlsruhe zu mehr Familienfreundlichkeit gemahnt hat. Dafür stehen seit den letzten zehn Jahren 20 000 zusätzliche Kindergartenplätze und die Verläßliche Halbtagsschule in Hamburg. Sie ist ein Exportschlager aus Hamburg, sie kommt nicht aus Bayern, Baden-Württemberg oder Hessen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Dafür steht auch die im Bundesvergleich trendsettende Entwicklung und Überlegung im Zusammenhang mit der Kita-Card, mit dem klaren Ziel – hören Sie zu, Herr Harlinghausen –, bis 2005 für alle Kinder, deren Eltern arbeiten und die einen besonderen pädagogischen Bedarf haben, eine passende Kinderbetreuung guter Qualität anzubieten.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Wo liest du das ab? Aus dem SPD-Wahlpro- gramm?)

Ja, ich lese das auch vom SPD-Wahlprogramm ab. Das ist ein Grund, die SPD zu wählen.

(Beifall bei der SPD)

Damit stehen wir wirklich vor der epochalen...

(Zuruf von Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Sudmann, wenn du deine Redezeit einteilst, kannst du alles gleich von hier oben sagen.

(Beifall bei der SPD)

Es wird eine Garantie auf Kinderbetreuung geben, die weit über den bisherigen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz hinausgeht. Alle Kinder, deren Eltern in Hamburg berufstätig sind oder sich in der Ausbildung befinden, werden einen Anspruch auf eine Kinderbetreuung haben. Wer ganztags arbeitet oder lernt, kann für seinen Nachwuchs auch mit einem Ganztagsplatz rechnen.

Auf dem langen Weg zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Herr Harlinghausen, werden wir spätestens 2005 in die europäische Spitzengruppe vorgedrungen sein.

Als wir vor zwei Jahren das Projekt Kita-Card begonnen haben, war noch nicht klar, daß das Ziel der bedarfsgerechten Platzversorgung nur durch einen weiteren Platzausbau zu erreichen sein wird. Die sinkenden Kinderzahlen sprachen seinerzeit dagegen. Heute wissen wir, daß es mit einer besseren Verteilung der Plätze und mit mehr Flexibilität allein nicht getan ist. Wir müssen die Versorgung ausbauen, und die SPD ist dazu bereit.

Wenn es sein muß, werden wir in diesem Bereich zu den knapp 600 Millionen DM noch einmal 100 bis 150 Millionen DM pro Jahr draufsatteln.

(Beifall bei der SPD – Rolf Harlinghausen CDU: Und vorher haben Sie um 40 Millionen DM gedrückt!)

Wir werden also noch einmal die Mittel für den Kita-Bereich aufstocken müssen, mit den Mehreinnahmen bei den Elternbeiträgen allein, so wie oft vermutet wurde, ist ein solches Programm nicht zu wuppen. Auch wenn die Mehreinnahmen aus den Elternbeiträgen nur einen Bruchteil der Finanzierung ausmachen, können wir nicht darauf verzichten. Die Mehreinnahmen bei den Elternbeiträgen verdanken wir unter anderem einer guten Konjunktur. Wir haben heute in Hamburg 30 000 Arbeitslose weniger als 1998. 20 000 Menschen, die bisher von Sozialhilfe lebten, wurden in den letzten Jahren in Arbeit gebracht. Wir haben auch durch das neue Elternbeitragssystem für eine größere Beitragsehrlichkeit gesorgt. Es gibt also aus Sicht der SPD keinen Anlaß, die Elternbeiträge wegen einer guten Arbeitsmarktpolitik und mehr Beitragsgerechtigkeit abzusenken.

Solange in Hamburg Familien nach einem richtigen Kindergartenplatz für ihre Kinder suchen, hat der Platzausbau erste Priorität. Die Beiträge zu senken, Herr Harlinghausen, und gleichzeitig das Platzangebot zu vergrößern, geht allenfalls in Ihrer virtuellen Welt.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich komme auf das, was in einer großen Hamburger Zeitung nachzulesen war. Die Hamburger Preise von 40 Pfen

(Thomas Böwer SPD)

nig bis maximal 4 DM für eine Stunde Kinderbetreuung sind aus meiner Sicht nicht zu hoch.

Eltern tragen in Hamburg circa 16 Prozent der gesamten Kita-Kosten. Damit ist Hamburg entgegen den Berichten von Herrn Harlinghausen in der „Bild“-Zeitung noch längst nicht Spitzenreiter.

Lassen Sie mich noch einmal in die CDU-/CSU-regierte Wirklichkeit schauen: Die wenigen Auserwählten, die in Bayern einen Krippenplatz ergattern, müssen im Durchschnitt 600 DM monatlich zahlen. Die Höchstsätze – so schätzt Familienfreund Stoiber –

(Rolf Harlinghausen CDU: Sagen Sie mal was zu Frankfurt, Stuttgart, München und Leipzig!)